Ziemlich gute Leute heißt nicht, dass das gute Leute sind, sondern das sind Leute, die Ihre Ideologie in die Behörden tragen und das umsetzen sollen, was Sie hier politisch vermurkst haben.
Das ist ein Fehler, und das muss man sicherlich rückgängig machen. Wir brauchen wieder eine ansprechende Position der Berliner Polizei als Arbeitgeber. Da helfen auch die Forderungen der Grünen Jugend nicht, die Berliner Polizei aufzulösen, die Polizei im Allgemeinen, und dafür Streetworker rauszuschicken. Da sollte sich jeder überlegen, der nächstes Jahr sein Kreuz bei den Grünen macht, ob er Streetworker oder die Polizei will. Ich
möchte gerne eine gut ausgestattete, gut ausgebildete Polizei im Einsatz haben, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung jeden Tag verteidigt. Ich bedanke mich bei Ihnen, dass Sie das jeden Tag für uns tun, liebe Berliner Polizeibeamtinnen und -beamte, vielen Dank! – Und vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nunmehr Frau Kapek das Wort. – Bitte schön, Frau Kollegin!
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! In den letzten Wochen haben mich immer wieder Menschen gefragt: Kennst du eigentlich jemanden, der an Corona erkrankt ist? – Die Frage, die dahinter steht, ist natürlich eine andere, nämlich: Gibt es Corona eigentlich wirklich?
Die Antwort ist einfach: Natürlich gibt es Corona. Diese Pandemie ist echt, und sie ist verdammt gefährlich.
Ich persönlich kenne nicht nur Menschen, die an Corona erkrankt sind, ich kenne auch Menschen, die ihre Liebsten durch dieses Virus verloren haben, und ich finde es unerträglich, dass am vergangenen Samstag so viele Menschen auf die Straße gegangen sind, um das infrage zu stellen.
Frau Kollegin! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Woldeit von der AfD zu lassen.
Nein, vielen Dank! Das Vergnügen erspare ich uns. – Trotzdem verstehe ich, dass viele Menschen nicht auf ihre Freiheiten verzichten wollen. Ja, das Coronavirus hat uns als Gesellschaft vor immense Herausforderungen gestellt.
Viele sind in Kurzarbeit gegangen oder – schlimmer noch – haben ihren Job verloren, bangen um ihre Existenz oder kämpfen mit Einsamkeit und Isolation oder erfahren sogar Gewalt. Aber das Schlimmste und Gefährlichste, was uns allen passieren kann, ist das Leugnen des Virus und seiner Gefahr. Wohin das führt, sehen wir Tag
[Marc Vallendar (AfD): Das ist eine Politik der Angst, das hat mit Vernunft nichts zu tun! – Zuruf von der AfD: Panikmache!]
Gott sei Dank haben wir hier schnell und konsequent gehandelt und haben damit das Leben von Menschen in Berlin und Deutschland geschützt.
Das haben wir gemeinsam geschafft, und wir werden deshalb auch gemeinsam das Mammutprojekt Wiederaufbau schaffen.
Denn das Gute ist: Die absolute Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner steht bis heute hinter den Coronamaßnahmen, denn sie wissen, diese Pandemie muss ich nicht nur ernst nehmen,
Und dafür, finde ich, gebührt ihnen Dank und Respekt. Aber gerade, weil die Maßnahmen so einschneidend sind, muss es, finde ich, auch möglich sein, gegen diese zu demonstrieren. Wir haben uns deshalb von Anfang an gegen eine unverhältnismäßige Einschränkung der Versammlungsfreiheit ausgesprochen, denn Demokratie lebt von der Auseinandersetzung. Aber: Für diese Auseinandersetzung gelten Regeln, und zwar für alle und überall. Das heißt, ich darf zwar auf die Straße gehen, um gegen eine Abstandspflicht oder eine Maskenpflicht zu demonstrieren, aber ich darf sie nicht gleichzeitig eigenmächtig außer Kraft setzen, denn Gesundheitsschutz ist auch ein Schutz von allen und meinen Mitbürgern.
[Marc Vallendar (AfD): In Ihrer Rechtsverordnung stand überhaupt nichts von Maskenpflicht! Die haben Sie selber geschrieben!]
Sieht irgendwie nicht schön aus! – Das Grundrecht auf Versammlungen enthebt den Einzelnen dann auch nicht der Verantwortung, trotzdem genau zu schauen, mit wem ich mich dort auf der Straße gemein mache. Denn eins ist klar: Wenn ich Seit an Seit mit Rechtsextremisten, Reichsbürgern, Identitären und Antisemiten demonstriere, ja, wenn ich die Friedens- oder Regenbogenflagge neben einer Reichsflagge wehen lasse, dann mache ich mich zum Steigbügelhalter der Rechtsextremen.
[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zurufe von Thorsten Weiß (AfD) und Marc Vallendar (AfD)]
[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Heiterkeit bei den GRÜNEN und der SPD]
Beziehungsweise: Wer für Frieden und Freiheit kämpft, der darf nun mal nicht mit Nazis auf die Straße gehen, Punkt.
Und trotz alledem gilt: Jede Einschränkung der Versammlungsfreiheit muss gut begründet sein. Und ja, es stimmt: Die Verbotsdebatte im Vorfeld der Demo hat die Stimmung aufgeheizt. Und ja, ich verstehe auch, dass Wut darüber geäußert wurde, dass teilweise die Polizei am vergangenen Samstag auf verlorenem Posten stand. Dass sie ihre Aufgabe dennoch unbeirrt ausgefüllt hat, ist ein Grund, ihr zu danken, vor allem den Polizisten vor dem Brandenburger Tor und vor dem Reichstag, um ihn zu schützen. Dafür danken wir ihnen alle.
Aber spätestens nach diesem Wochenende müsste jedem Polizisten und jeder Polizistin eins klar sein: Die wahren Feinde der Demokratie stehen rechts.
[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Sitzen da! Da drüben! – Georg Pazderski (AfD): Das ist Ihr Koalitionspartner! Hören Sie zu, was die sagen! – Zuruf von Anne Helm (LINKE)]
Wissen Sie, es geht ja hier auch viel um Schutz, Herr Pazderski, und ich habe große Angst und mache mir Sorgen um Ihre Gesundheit und den Schutz Ihres Herzens. Vielleicht fahren Sie mal eine Stufe runter, Monsieur!
Klar ist auch: Wer Mist baut, muss dazu stehen. Deshalb erwarte ich, dass wir die Fehler nicht nur aufarbeiten, sondern unsere Sicherheitsstrategie anpassen. Das bedeutet jetzt allerdings nicht, dass wir reflexhaft in eine Verbotsdebatte verfallen oder unsere Parlamente hermetisch abriegeln müssen – nein, der Bundestag ist keine Festung.
Ein zwischen Berlin und Bund abgestimmtes Sicherheitskonzept und eine Anpassung der Einsatzstrategie müssen reichen, um den Reichstag zu schützen und ihn gleichzeitig als ein offenes und demokratisches Haus zu erhalten.
Und ja, die Bilder vom Wochenende sind erschütternd, aber sie sind in erster Linie genau das: Bilder. Wir als Gesellschaft haben es in der Hand, darüber zu entscheiden, welche Macht wir diesen Bildern geben. Und deshalb behaupte ich, dass unsere Demokratie am Samstag nicht mehr oder weniger bedroht war als sonst. Denn das größte Problem, das wir haben, sind nicht Rechtsextreme auf einer Treppe, nein, das sind die Faschisten in den deutschen Parlamenten.
[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Georg Pazderski (AfD): Kommunistensprech! Da sind die Kommunisten, da drüben!]
Und deshalb sollten wir auch gemeinsam daran arbeiten, sie wieder vor die Tür zu setzen, das wäre ein wichtiger Beitrag zu Schutz und Sicherheit unserer Bürger.
[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Georg Pazderski (AfD): Och!]
Vor allem dürfen wir sie aber nicht unterschätzen. Wenn Verschwörungsmythen salonfähiger werden und Hass und Hetze zunehmen, dann ist das tatsächlich ein Nährboden für rechtsextreme Tendenzen. Und auch wenn die Bilder am Samstag neu waren – das Phänomen ist es leider nicht. Mit Halle, Hanau und auch Neukölln, müssen wir feststellen, sind wir mittendrin in einem Kampf um unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung.