Herr Innensenator Geisel, die Feinde der Demokratie sind vielfältig. Und die Feinde der Demokratie mit der Einschränkung der Freiheit zu bekämpfen, ist ein Fehler, denn damit machen Sie ihr Geschäft, und das wollen wir alle nicht.
Die Bilder vor dem Reichstag hätten wir alle nicht sehen wollen. Ich glaube, da sind wir uns einig, das waren Bilder, die diesem Land und dieser Stadt nicht zu Ehre gereichen.
Das muss man ganz klar festhalten. Es ist polizeitaktisches Versagen gewesen, dass da nur drei Polizistinnen und Polizisten standen. Das muss man auch festhalten.
Es ist doch wirklich fraglich, wie es sein kann, dass auf einer Demonstration vor dem Reichstag zum Sturm des Reichstags aufgerufen wird und nicht sofort Verstärkungskräfte losgeschickt werden. Wie kann so etwas passieren, Herr Geisel?
Diese Verantwortlichkeiten müssen wir klären. Wir müssen uns die Einsatzkonzeption noch einmal genau anschauen. Wir müssen gucken: Wer hat die Verantwortung vor Ort für die Entscheidungen getragen, und wie wurde politisch Einfluss genommen? Das sind Sachen, die wir im Innenausschuss noch klären werden. Wir haben in der ersten Runde nicht alle Fragen beantwortet bekommen. Ich habe zwei Mal nach den Kräftebewegungen vor dem Reichstag gefragt und nicht einmal eine Antwort bekommen, wahrscheinlich weil es ihnen peinlich ist, wie Sie dort vor Ort versagt haben.
Wir sprechen ja in dieser Aktuellen Stunde auch über das Thema innere Sicherheit und Stadtsicherheit für die Berliner Bürgerinnen und Bürger. Und da kommen wir zu dem nächsten Missverständnis Ihres Senats. Sie versuchen immer wieder, mit Initiativen etwas an der Sicherheitsarchitektur dieses Landes zu verändern. Wenn man gutgläubig ist, will man Ihnen gute Absicht unterstellen. Sie erreichen aber genau das Gegenteil mit all dem, was Sie dort tun. Sie verabschieden ein Landesantidiskriminierungsgesetz, das ein Misstrauensgesetz gegen alle Vollzugsbeamten dieser Stadt ist. Sie demotivieren damit Polizistinnen und Polizisten,
die jeden Tag für diese freiheitlich-demokratische Grundordnung kämpfen. Sie doktern jetzt an einem Versammlungsrecht rum, wo Sie das Uniformierungsverbot aufheben, wo Sie auch Maskierung definitiv erlauben wollen.
Sie wollen den schwarzen Block maskiert durch diese Stadt ziehen lassen und die Strafverfolgung damit verhindern.
Es fehlen aber auch Regelungen. Es ist ja nicht nur so, dass Sie vieles kaputtmachen, Sie regeln manche Sachen auch nicht. Zum Beispiel ein Tasereinsatz, der Einsatz einer nicht tödlichen Waffe, der helfen kann, gefährliche Situationen für Polizistinnen und Polizisten zu beenden, wird von Ihnen nicht geregelt.
Wir müssen doch Berliner Polizistinnen und Polizisten alles zur Hand geben, damit sie erfolgreich arbeiten können, aber hier versagen Sie, Herr Innensenator!
Und dann fragen wir uns: Warum kriegen wir nicht genügend qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber für die Berliner Polizei? – Sie haben gerade zugehört, das sind sicherlich Gründe dafür, aber auch: Wie gehe ich denn mit meinen Beamtinnen und Beamten um? Was mache ich denn für meine Berliner Polizistinnen und Polizisten, die jeden Tag für Berlin auf der Straße stehen? Was macht denn Berlin für diese Polizistinnen und Polizisten, wenn sie im Dienst verletzt werden, wenn sie in verseuchten Schießanlagen stehen und schwer erkranken? Wie kümmert man sich denn da um seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Es bedurfte größter Kraftanstrengungen dieses Hauses, dass die sogenannte Schießstandaffäre überhaupt auf den Tisch gekommen ist. Es bedurfte großer Anstrengungen, dass es überhaupt zu Entschädigungszahlungen kommt, die bei Weitem nicht ausreichend sind, Herr Senator Geisel!
Wie Sie mit Ihren Beamtinnen und Beamten umgehen, ist keine Empfehlung für Bewerberinnen und Bewerber auf diese Jobs, und wir brauchen sie dringend.
Herr Abgeordneter Fresdorf! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schrader zulassen.
Ich hatte mich gefragt, wegen Ihrer Bemerkungen vorhin, ob so neue Waffen wie der Taser oder ein schärferes Versammlungsrecht der neue Liberalismus sind.
Herr Schrader! Es geht gar nicht um ein schärferes Versammlungsrecht. Wir sind der Meinung, dass das Versammlungsrecht abschließend durch den Bund geregelt ist, im Gegensatz zu Ihnen.
Sie wollen das ja aufweichen, was an Regelungen vorhanden ist. Als Freier Demokrat sage ich ganz klar: Wir brauchen einen Staat, der da stark ist, wo er stark sein muss. Das ist einer der Fälle, wo die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger geschützt werden müssen und wo es aber auch Grenzen geben muss, wenn es zu Ausschreitungen kommt. Das ist im Versammlungsrecht abschließend geregelt. Da brauchen wir nicht Ihren rotrot-grünen Murks, der das alles verschlimmbessert.
Vielen Dank, Herr Kollege! Inwieweit sind Sie sich bewusst, dass die Gesetzgebungskompetenz für das Versammlungsrecht seit der Föderalismusreform I auf die Länder übergegangen ist, und sind Sie mit mir auch der Meinung, dass es notwendig ist, weil der Bund die Gesetzgebungskompetenz gerade nicht mehr hat, das Versammlungsrecht nach 14 Jahren mal auf die Höhe der Zeit zu holen, und dass das Land Berlin, übrigens genau wie das von der FDP damals mitregierte Niedersachsen, hier von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch macht und das völlig in Ordnung ist?
Herr Schlüsselburg! Von einer Gesetzgebungskompetenz Gebrauch zu machen, ist grundsätzlich in Ordnung. Die
[Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe von Dr. Wolfgang Albers (LINKE) und Sebastian Schlüsselburg (LINKE)]
Wir haben jetzt neuerdings einen IBA-Lehrgang für Polizistinnen und Polizisten. Das ist ein schulischer Lehrgang, der Bewerber dazu befähigen soll, dann auch die Ausbildungsreife für den Polizeiberuf irgendwie zu schaffen. Das ist zu begrüßen, aber vielmehr wäre es doch schön, wenn wir von vornherein wirklich qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber finden würden. All das, was Sie in den letzten Jahren getan haben, Herr Geisel, hat dazu geführt, dass Sie diese Menschen abschrecken.
Auch der Entscheidungsvorbehalt, den Sie beim Betreten von linken Objekten haben – den haben Sie nicht eingeführt, den haben Sie aber am Leben erhalten, da hat der ehemalige Senator Henkel mal eine Entscheidung getroffen, die sicherlich nicht die weiseste war –, lebt noch. Die Polizisten vor Ort dürfen nicht entscheiden, sie müssen erst mal jemanden vom höheren Dienst finden, und da finden Sie mal einen, der dann sagt: Gehen Sie mal rein!
Wir haben jedes Jahr 7 000 gewalttätige Übergriffe – das ist eine gewaltige Zahl – gegenüber Polizistinnen und Polizisten in der Stadt, und es sind wirklich harte Übergriffe, es sind Rangeleien und Schubsereien nicht mit drin. Zusätzlich zu dem, dass wir heute den Polizistinnen und Polizisten Dank sagen, die jeden Tag für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung einstehen, sollten wir das jeden Tag als Politiker tun. Jeden Tag sollten wir für sie einstehen und uns bei Anwürfen, die von außen kommen, vor die Polizei stellen.
Der Kollege Lux hat das neulich im „Neuen Deutschland“ gesagt: Wir haben die Köpfe der Sicherheitsbehörden alle mit ziemlich guten Leuten ausgetauscht.
Ziemlich gute Leute heißt nicht, dass das gute Leute sind, sondern das sind Leute, die Ihre Ideologie in die Behörden tragen und das umsetzen sollen, was Sie hier politisch vermurkst haben.