Protokoll der Sitzung vom 03.09.2020

Da helfen uns die entzückenden Träumereien der FDPFraktion an dieser Stelle erst einmal leider überhaupt nicht weiter. Sie suggerieren quasi als trügerisches Lockangebot an den erwartungsvollen Bürger einen Service, der auf der Basis der oben gemachten These zurzeit nicht ansatzweise umsetzbar ist.

Wir müssen Folgendes feststellen: Das ITDZ zieht aus den Bezirken dringend benötigtes IT-Personal ab und hat trotzdem keine ausreichende Zahl an eigenen Spezialisten. Geeignete Büroflächen, Hardware und eine einheitlich funktionierende Software stehen in den Sternen. BerlinPC ist noch nicht einmal ausreichend definiert.

Nicht wenige Bezirksvertreter beklagen, dass ihre regelmäßige Teilnahme im IKT-Lenkungsrat verpufft und sie mit ihrer Kritik nicht wirklich ernst genommen werden. Von vielen Dutzenden IKT Fachverfahren, zu denen dem wartenden Bürger online Schnittstellen angeboten werden sollen, sind bisher nur wenige vollständig implementiert. Gehen Sie auf die Seiten, klicken Sie es mal an, dann werden Sie den Unterschied zwischen Anspruch und Wirklichkeit erkennen.

[Beifall bei der AfD]

Zudem muss bei dem notwendigen Onlinezugang des Bürgers dann noch eine sichere Nutzerauthentifikation gewährleistet sein. Und? Ist das so?

Auch in anderer Hinsicht würde sich das Projekt im Alltag übrigens schwierig gestalten: Lesegeräte für HeimPCs sind kaum verbreitet, eine Smartphone-App existiert inzwischen zwar, sie ist aber lediglich darauf ausgelegt, eine Authentifikation von auf demselben Gerät durchgeführten Vorgängen vorzunehmen. Hier müsste also mindestens noch einen Brückenschlag zu einem Heim-PC hin realisiert werden, ähnlich, wie wir es vom Onlinebanking mit inzwischen üblicher Zwei-Faktor-Authentifikation auch kennen. Sonst wird es für Benutzer bei längeren Dialogfolgen oder Formularen unkomfortabel, und es ist deswegen auch nicht für die breite Bevölkerung auch nur ansatzweise realitätsnah.

So, wie die Planungen aktuell laufen, wird eine digitalisierte Verwaltung nicht zu einer Nutzerakzeptanz in relevanter Größe führen. Da hilft auch der Antrag der FDPFraktion aktuell nicht weiter. Wenn Sie einen solchen Impuls setzen wollen, FDP-Fraktion, dann müssen Sie mit diesem Vorschlag entweder am Anfang kommen um einen Impuls zu setzen oder Sie kommen am Ende, wenn die Voraussetzungen geschaffen sind, aber nicht jetzt zur Unzeit!

[Beifall bei der AfD]

Noch eine Anekdote aus dem Bodensatz des real existierenden Digitalisierungswahns dieses Senates: Schreibt ein Bürger eine Mail an das Amt, ist es den Behörden zurzeit noch nicht einmal erlaubt und möglich, diesem postwendend per Mail zu antworten. Das muss man sich mal

vorstellen. Und das zum Thema Digitalisierung bei diesem Senat!

Das Interesse der Menschen ist am Ende aber nicht ein durchautomatisierter Prozess, sondern das Interesse ist, sich nicht für jede Kleinigkeit einen halben Tag Urlaub nehmen zu müssen, um mal einen Termin beim Bürgeramt wahrnehmen zu können – wenn man überhaupt einen bekommt. Im Übrigen, nicht alle Verwaltungsleistungen sind tatsächlich digitalisierbar. Noch gibt es sehr viele Bürger, die den persönlichen Kontakt suchen und brauchen.

Fazit – ich komme zum Schluss –: Das E-GovernmentGesetz muss überarbeitet und neu formuliert werden. Die tatsächlichen Bedürfnisse der Bürger müssen berücksichtigt werden. Es darf nicht mehr an den Möglichkeiten, insbesondere auch der bezirklichen Mitarbeiter vorbei implementiert werden. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die stockende Geschäftsprozessoptimierung. Hier fehlt der politische Wille, die überbordenden Aufgaben der Verwaltung auf das unbedingt Notwendige zu beschränken.

Letzter Satz: Aus genannten Gründen können wir uns trotz sehnsüchtiger Erwartung einer professionellen Digitalisierung zu diesem Antrag zurzeit leider nur enthalten. – Danke schön!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Herr Kollege Ziller das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Schlömer! Normalerweise diskutiere ich gerne mit Ihnen auch hier im Plenum über Digitalisierung der Verwaltung, über Ideen von digitalen Rathäusern, aber nach den Redebeiträgen der Opposition, gerade in den letzten Minuten, muss ich sagen: So plump haben wir selbst im Ausschuss noch nicht diskutiert. Ich weiß nicht, wo man da anfangen soll. Ich habe auch bei Service. Berlin.de geguckt. Die Termine sind – nicht in allen Teilen der Stadt, aber das ist immer so – inzwischen wieder verfügbar. Man kann diese Debatte immer wieder führen. Wenn man so auf Zeitungsniveau ist, dann funktioniert die Story, in Berlin kriegt man keinen Termin, immer, aber sie stimmt in der Realität nicht. Gucken Sie ins Internet!

[Beifall von Sabine Bangert (GRÜNE) – Paul Fresdorf (FDP): Aha!]

(Carsten Ubbelohde)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schlömer?

Ja, gerne!

Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Kollege Ziller! Wie bewerten Sie denn den Stand der Umsetzung des E-Government-Gesetzes unter Rot-Rot-Grün konkret? Finden Sie die erreichten Stände fruchtvoll und gut?

Dazu komme ich gerne. Das wäre genau mein nächster Punkt. Ich finde, vieles in Ihrer Rede oder auch bei Ihren Kritikpunkten am E-Government-Gesetz, an dem Tempo, ist etwas, worüber wir im Ausschuss gerne noch mal reden sollten. Leider ist das, was in Ihrem Antrag steht, keine Antwort, im Gegenteil, der Antrag geht darauf gar nicht ein. Insofern reden wir hier über Sachen, die nicht mal auf dem Tisch liegen.

Das finde ich immer bedauerlich, aber ich will Ihnen ein paar Punkte sagen, die auf dem Weg der Digitalisierung der Berliner Verwaltung gegangen werden. Man kann die doof finden, aber ich habe es im Ausschuss schon gesagt: So ein Antrag vor drei, vier Jahren – da hätte man vielleicht so einen Weg gehen können. Aber der Senat hat sich auf den Weg gemacht, die Geschäftsprozesse in allen Bereichen anzugucken und zu optimieren und dann zu digitalisieren.

Wir haben am Anfang der Legislaturperiode gesagt: Wir machen nicht so eine schnelle Digitalisierung, dass wir die alten Prozesse einfach digital überführen und dann später merken, Mensch, die hat so viele Schritte, das macht keinen Sinn. Deswegen haben wir gesagt, macht die Prozesse erst effizient und digitalisiert sie dann! Da sind jetzt diverseste Arbeitsgruppen in den diversen Senatsverwaltungen unterwegs.

[Zuruf von Paul Fresdorf (FDP)]

Ich finde das richtig. Jetzt zu kommen und zu sagen, wir machen da parallel noch ein digitales Rathaus – ich finde, das ist der falsche Weg. Ich finde, wir sollten der Verwaltung auf dem Weg den Rücken stärken und ihr die Ressourcen geben, die sie braucht, um erfolgreich zu sein. Wir erleben ja immer wieder, wie es funktioniert, wenn Politik aktionistisch jede Woche eine neue Sau durch die Verwaltung treibt. Wir kennen es vom BER; wenn man

jede Woche umplant, muss man sich nicht wundern, wenn es am Ende nicht fertig wird. So geht es nicht.

Deswegen, glaube ich, sollten wir den Weg, den der Senat jetzt geht und den die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Verwaltungen gemacht haben, unterstützen und dann gucken, was rauskommt. Wir erleben ja – das haben die Kollegen schon gesagt – im Portal Service.Berlin.de die Ergebnisse. Immer neue Dienstleistungen kommen da rein, weil genau diese Vorleistungen gemacht wurden, gemacht werden und dann sozusagen auch fertig werden.

Insofern lassen Sie uns einfach die nächsten Monate gucken, wie weit wir da kommen, und lassen Sie uns über die wirklichen Probleme bei der Umsetzung des E-Governments im Rahmen der Evaluation reden. Der Senat arbeitet gerade daran. Wir werden im nächsten Hauptausschuss darüber reden, ob wir zufrieden sind, dass die Evaluationsergebnisse im März vorliegen, oder ob das vielleicht noch ein bisschen schneller geht. Aber wir wollen nicht um Monate streiten. Der Senat bereitet die Evaluation vor. Dann sollten wir uns genau angucken, was in diesem E-Government-Gesetz verändert werden muss. Ich kann Ihnen eine kleine Vorschau sagen: Von Device-Strategie steht da zum Beispiel gar nichts drin. Wenn wir jetzt so eine Mobile-first-Strategie haben, könnte man die im E-Government-Gesetz mit diversen Regeln verankern. Also es gibt diverse Ideen. Lassen Sie uns dann die Evaluation des E-Government-Gesetzes angehen! Aber dieser Antrag hilft auch zu den von Ihnen benannten Problemen leider nicht weiter. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Frank Zimmermann (SPD)]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/1792 – Ein digitales Rathaus für Berlin – empfiehlt der Ausschuss gemäß Beschlussempfehlung Drucksache 18/2929 mehrheitlich – gegen die Fraktion der CDU und die Fraktion der FDP bei Enthaltung der AfD-Fraktion – die Ablehnung auch mit geänderter Zeitangabe „noch in der laufenden Legislaturperiode“. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die FDP-Fraktion und die CDU. Gegenstimmen? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Enthaltungen? – Bei AfD und dem fraktionslosen Abgeordneten Wild! Damit ist der Antrag abgelehnt.

Die Tagessordnungspunkte 23 bis 25 stehen auf der Konsensliste. Tagessordnungspunkt 26 war Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter Nr. 3.1.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 27:

Nr. 8/2020 des Verzeichnisses über Vermögensgeschäfte

Dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 26. August 2020 Drucksache 18/2952

zur Vorlage – zur Beschlussfassung – gemäß § 38 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

Der Dringlichkeit haben Sie bereits eingangs zugestimmt. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Der Hauptausschuss empfiehlt einstimmig – mit allen Fraktionen – die Zustimmung zu dem Vermögensgeschäft. Wer dem Vermögensgeschäft Nr. 8/2020 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen. Gegenstimmen? – Keine! Enthaltungen? – Auch nicht! – Herr Abgeordneter Wild! Sie haben auch zugestimmt? – Das war dann einstimmig. Damit ist die Zustimmung zu diesem Vermögensgeschäft erfolgt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 28:

Nr. 15/2020 des Verzeichnisses über Vermögensgeschäfte

Dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 26. August 2020 Drucksache 18/2953

zur Vorlage – zur Beschlussfassung – gemäß § 38 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

Der Dringlichkeit haben Sie bereits eingangs zugestimmt. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Der Hauptausschuss empfiehlt mehrheitlich – gegen die Fraktion der CDU und die Fraktion der FDP bei Enthaltung der AfDFraktion – die Zustimmung zu diesem Vermögensgeschäft. Wer dem Vermögensgeschäft Nr. 15/2020 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Gegenstimmen? – Das sind FDP und CDU. Enthaltungen? – Bei AfD und dem fraktionslosen Abgeordneten Wild! Ersteres war die Mehrheit. Damit ist die Zustimmung auch zu diesem Vermögensgeschäft erfolgt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 29:

Zusammenstellung der vom Senat vorgelegten Rechtsverordnungen

Vorlage – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 64 Absatz 3 der Verfassung von Berlin Drucksache 18/2948

Die Fraktion der SPD beantragt die Überweisung der Ersten Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Abweichung von den Einkommensgrenzen des § 9

Abs. 2 des Wohnraumförderungsgesetzes an den Hauptausschuss. Dementsprechend wird verfahren. Im Übrigen hat das Haus von den vorgelegten Rechtsverordnungen hiermit Kenntnis genommen.