Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Coronakrise hat gezeigt, was man alles bewegen kann, in welch kurzer Zeit, wenn alle gemeinsam am gleichen Seil in die gleiche Richtung ziehen. Wir haben heute den 3. September. Das ist zwei Tage nach dem 1. September, dem normalen traditionellen Beginn einer dualen Ausbildung in Berlin. Ich stelle fest, dass wir kein Seil haben, dass wir keinen haben, der zupft und schon gar nicht in die gleiche Richtung, sondern dass wir Ankündigungen haben. Aber Ankündigungen helfen den vielen Tausend Jugendlichen, die draußen auf der Straße stehen, nicht beim Einstieg in das Berufsleben. Sie helfen ihnen nicht dabei, eine berufliche Perspektive zu entwickeln. Sie helfen ihnen nicht dabei, Rentenpunkte zu erarbeiten, um Altersarmut zu vermeiden. Sie helfen ihnen nicht dabei, irgendwann eine Familie zu gründen und in ein reguläres Arbeitsleben einsteigen zu können. Hier liegt ein klares Versagen vor. Deswegen freue ich mich, dass die FDP als bürgerliche Opposition hier zeigt, wie man agiert, wie man nach vorne geht, wie wir dafür Sorge tragen, dass in diesem Land etwas passiert.
Wir müssen den Jugendlichen, die jetzt auf der Straße sitzen, dabei helfen, einen Weg in das Berufsleben zu finden. Wir müssen den Unternehmen und den Gewerbetreibenden dabei helfen, die derzeitigen Ausbildungsverhältnisse trotz Geldknappheit und Lockdownfolgen über die volle Ausbildungszeit fortzusetzen. Wir müssen den Unternehmen und Gewerbetreibenden dabei helfen, den nach wie vor vorhandenen Fachkräftemangel durch eigene Ausbildungsgänge und eigene Auszubildende zu beseitigen. Die von der Bundesregierung ergriffenen Maßnahmen zur finanziellen Unterstützung der Ausbildungsbetriebe unterstützen wir an dieser Stelle ganz ausdrücklich.
Wir lehnen die wiederholte Forderung der Senatorin Breitenbach zur Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe allerdings vehement ab. Unternehmen hier in Berlin mit einer Ausbildungsplatzabgabe zu bedrohen, auch sozusagen als Reaktion auf die Coronakrise, ist kontraproduktiv und bestärkt die Unternehmen in ihrem Misstrauen gegenüber dem Land Berlin als Auftraggeber und als Unternehmensstandort.
Für die CDU ist ganz klar: Gerade wegen Corona müssen alle Kräfte gebündelt werden. Lassen Sie uns das Müllersche Prestigeprogramm des solidarischen Grundeinkommens endlich stoppen und das Geld in die Bereiche hineinlenken, wo es dringend benötigt wird, nämlich in alle berufsvorbereitenden Kurse, in Sprachkurse, in Begleitungen der Jugendlichen jetzt in dieser schwierigen Zeit. Keine dieser Jugendlichen darf verlorengehen. Keiner darf durch den Rost fallen. Die Jugendlichen müssen so schnell wie möglich mit den freiwerdenden Mitteln des solidarischen Grundeinkommens in Ausbildungsbetriebe übernommen werden. Man muss Ihnen helfen, damit die Ausbildungsunternehmen wieder ausreichende Planungsstabilität haben.
Für diese Jugendlichen ohne Ausbildungsweg müssen wir alle Kraft bündeln und innovativ sein. Nicht Quatschen, sondern Handeln ist angesagt. Die Linken können Sozialismus und Geld verprassen, und das nicht einmal richtig gut und effizient. Die Bürgerlichen können Wirtschaft und Haushalt. Wir sorgen für Vermögen. Daher ist es höchste Zeit für einen Regierungswechsel. – Vielen herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Kollegin Dr. Jasper-Winter! Herr Schultze-Berndt! Ich glaube, Sie haben die falsche Rede gegriffen. Sie haben hier gerade vom solidarischen Grundeinkommen und der Ausbildungsplatzabgabe gesprochen. Das steht gar nicht im Antrag der Kollegin Jasper-Winter. Die Darstellung war auch etwas schematisch, wer hier mit Geld umgehen kann und wer nicht.
Mit der Verbundausbildung haben Sie, Frau Kollegin Dr. Jasper-Winter, heute ein weiteres sehr wichtiges Thema aufgerufen. Das finde ich sehr gut, denn auch wir als Linke sehen in der Verbundausbildung eine sehr gute Möglichkeit für Betriebe, Hindernisse abzubauen und die Ausbildung von jungen Menschen mit anderen Partnern und Partnerinnen gemeinsam zu organisieren.
Nun komme ich zu Ihren Vorschlägen: Auch jetzt schon erlaubt die Richtlinienförderung eine bundesländerübergreifende Verbundausbildung, wenn Gründe dafür vorliegen, beispielsweise wenn in Berlin keine geeigneten Verbundpartner und -partnerinnen gefunden werden konnten. In der Praxis wurde dies auch immer sehr
großzügig gehandhabt. Mir ist ehrlicherweise auch gar kein Fall bekannt, dass eine Wunschverbundpartnerschaft für eine Förderung abgelehnt worden wäre. Bei der Überarbeitung der Richtlinie kann dieser Aspekt im nächsten Jahr sicherlich auch noch einmal mitdiskutiert werden.
In Ihrem zweiten Punkt ist mir etwas unklar geblieben, inwiefern und mit welchem konkreten Ziel die Ausweitung der Verbundberatung vorgeschlagen wird, weil die Verbesserung der Ausbildungsqualität auch schon ein Element der Richtlinienförderung direkt ist. Darüber müssen wir vielleicht im Ausschuss noch einmal zusammen diskutieren, was genau gemeint ist.
Und beim dritten und letzten Punkt regen Sie eine Werbekampagne speziell für die Verbundausbildung an. Das könnte aus meiner Sicht als Werbemessage etwas zu spezifisch sein. Sie wissen auch von der geplanten Kampagne vom Senat in Kooperation mit den Kammern, mit der Regionaldirektion, die aber zum Ziel hat, die duale Ausbildung als Bildungsweg generell mehr ins Bewusstsein von jungen Menschen zu holen. Die Strategie der Verbundberatung, ein breites Netzwerk und enge Kontakte zu Unternehmen, Kammern, Innungen, Unternehmensverbänden zu nutzen, hat sich, glaube ich, auch als sehr erfolgreich herausgestellt. Man kann natürlich immer noch mehr machen, aber es ist schon ein Erfolgsmodell – auch in Berlin und Brandenburg. Die Frage ist natürlich: Wenn man etwas bewirbt, müssen natürlich auch duale Ausbildungsplätze und Praxisplätze vorhanden sein, hier haben wir gerade ein massives Problem. Das können wirklich nur die Unternehmen lösen. Da müssen wir gemeinsam sehen, wie wir dorthin kommen.
Also: Eine eigene Werbekampagne ist etwas überdimensioniert, aber wir müssen die Verbundberatung weiter stärken und die Fördermöglichkeiten den Unternehmen und den jungen Menschen besser bekannt machen. In diesem Sinne danke schön für Ihren Antrag, und wir sollten gemeinsam schauen, wie wir die Verbundberatung und die Verbundausbildung weiter stärken können. – Danke schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Verehrte Berliner! Erst langsam setzt sich die Erkenntnis durch, dass der einseitige Blick auf Bekämpfung von Covid-19, das offensichtlich nicht gefährlicher ist als die Influenzaviren, die in der Grippesaison 2017/2018 für 25 000 Tote sorgten, für erhebliche Flurschäden in der deutschen Wirtschaft und infolgedessen für die Gesund
Schulen und Kitas wurden geschlossen, mit verheerenden Auswirkungen auf die Bildung und gesunde Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Die Generation Corona wird noch Jahre damit zu kämpfen haben, die Bildungsrückstände aufzuholen. Die Kombination aus überzogenen Maßnahmen der Pandemiebekämpfung mit nur rudimentär vorhandenen Möglichkeiten digitaler Beschulung sind verheerend für diese jungen Leute.
Herr Tabor, eine Frage, da ich diesen Schwachsinn mit der Grippe nicht mehr hören kann: In Deutschland gibt es ungefähr 3 000 Verkehrstote. An der Grippe sind im Jahre 2017 25 000 Leute gestorben. Finden Sie nicht auch, dass es bei so wenig Verkehrstoten völlig unverhältnismäßig ist, den Bürgern in diesem Land Geschwindigkeitsbeschränkungen zu oktroyieren?
Also erst einmal – das war ein Einleitungstext – reden wir über die Ausbildung von Jugendlichen. Und Geschwindigkeitsbegrenzungen – – Tja, wenn jeder vernünftig fährt, brauchen wir auch keine Geschwindigkeitsbegrenzungen.
[Beifall bei der AfD – Carsten Schatz (LINKE): Hier ist Fotografieren verboten! – Steffen Zillich (LINKE): Können Sie das mit dem Fotografieren mal lassen? – Zuruf von der LINKEN: Frau Präsidentin!]
Herr Tabor, einen kleinen Moment bitte! – Herr Kerker, das Fotografieren im Plenarsaal des Abgeordnetenhauses ist nicht zulässig. Bitte stellen Sie das ein! – Bitte schön!
Ich fahre fort: Die Kombination aus überzogenen Maßnahmen der Pandemiebekämpfung mit nur rudimentär vorhandenen Möglichkeiten digitaler Beschulung sind verheerend für diese jungen Leute. Neben der frühkindlichen und der schulischen Bildung leidet unter den durch eine Politik falscher Prioritätensetzung verursachten Einschränkungen in ganz erheblichem Maße die Berliner Wirtschaft. Das Handwerk, die Tourismusbranche oder der Dienstleistungssektor seien hier nur exemplarisch genannt. Wenn die betriebliche Tätigkeit komplett oder nahezu zum Erliegen kommt, wie zum Beispiel in der Veranstaltungsbranche oder in der Hotellerie, können Ausbildungsplätze nicht vergeben oder begonnene Ausbildungen nicht in gewohnter Qualität zu Ende gebracht werden.
Jeder einzelne Ausbildungsplatz, der für junge Menschen gesichert wird und sie zu einem Abschluss führt, ist in Zeiten schlechter Rahmenbedingungen Gold wert.
Wenn die Vernunft wieder siegt und die unsinnigsten politischen Maßnahmen der fahrlässigen Schädigung der Wirtschaft aufgehoben wurden, werden die Betriebe vorne liegen, die auch unkonventionelle Wege gegangen sind.
Dazu gehört auch der vorliegende Antrag der Verbundausbildung von der FDP. Die AfD begrüßt diesen Antrag ausdrücklich. Wir wissen die bisher geleistete Arbeit auch der Verbundberatung Berlin sehr zu schätzen, die in ihrer mittlerweile sechsjährigen Geschichte 200 Unternehmen dazu gebracht hat, erstmalig einen Auszubildenden einzustellen. Das ist eine großartige Leistung und verdient Applaus.
Gerade kleine und mittelständische Unternehmen prägen in Berlin den Dienstleistungssektor, die Kreativ- und Medienwirtschaft oder die Start-up-Branche. Viele dieser Firmen sind aber nicht in der Lage, alle nötigen Ausbildungsinhalte in ihren Firmen abzubilden. Daher ist jeder einzelne neue Verbund, der Ausbildungsplätze schafft, zu begrüßen und tatkräftig zu unterstützen. Beide Seiten sind Gewinner, also eine Win-win-Situation: Die Unternehmen, die sich Nachwuchs sichern können, und die Azubis, die in der Verbundausbildung mehr als ein Unternehmen kennenlernen können und dadurch wertvolle praktische Arbeit für ihr weiteres Berufsleben sammeln können.
Wir unterstützen dabei besonders die Forderung, bei der Verbundausbildung alles zu ermöglichen, um die Region Berlin-Brandenburg mit ihrem gemeinschaftlichen und wirtschaftlichen Wirtschaftspotenzial optimal zu heben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass die FDP-Fraktion, wie auch wir, die Verbundausbildung für ein gutes Instrument hält. Sie existiert auch bereits seit 20 Jahren erfolgreich. Was Sie allerdings mit Ihrem Antrag machen, ist – wie man so schön sagt – Eulen nach Athen tragen. Frau Brychcy hat es auch schon gesagt, ich fasse es als letzte Rednerin noch einmal zusammen.
Erstens: Berliner Ausbildungsbetriebe können bereits regulär mit einem Verbundpartner aus dem Land Brandenburg kooperieren.
Zweitens: Vielleicht haben Sie das nicht richtig verstanden, aber die Verbesserung der Qualität betrieblicher Ausbildungsplätze ist jetzt schon Förderzweck der Richtlinienförderung. Diese Art der Ausbildung zielt ganz grundsätzlich darauf ab, dass Betriebe die Möglichkeit erhalten, Ausbildungsinhalte, die sie selbst nicht vermitteln können oder die von anderen besser vermittelt werden können, durch einen Verbundpartner durchführen zu lassen.
Drittens: Es gibt zahlreiche Aktivitäten, die Verbundausbildung bekannt zu machen. IHK und HWK haben ihre Betriebe darauf aufmerksam gemacht oder machen sie darauf aufmerksam, und es gibt die Verbundberatung, die ganz direkt und vor Ort bei Betrieben auf die Möglichkeiten der Verbundausbildung aufmerksam macht. Im Jahr 2019 wurden über 700 Unternehmen beraten.
Insofern, das muss ich leider sagen, hat sich der Antrag schon ein bisschen erledigt. Das, was sich allerdings nicht erledigt hat, sind Appelle an die soziale Verantwortung der Berliner Unternehmen, aber auch an Unternehmen mit Landesbeteiligung und die Berliner Verwaltung.