Protokoll der Sitzung vom 03.09.2020

[Beifall bei der AfD]

Daran halte ich mich jetzt mal und erspare mir polemische Äußerungen darüber, dass Sie ja sowieso Autos und den Verkehr hassen und die Autos abschaffen wollen, aus unserer Stadt und dass Sie das möglicherweise absichtlich machen und halte mich an die Fakten, meine Damen und Herren.

Die Fakten habe ich gestern mal oberflächlich recherchiert: In Städten wie Stuttgart brauchen sie 13 Tage für einen Termin bei der Anmeldung, in Hamburg 12, in Dresden 8, in Erfurt einen Tag, und die haben auch Corona, meine Damen und Herren. Und trotzdem –

Herr Abgeordnete Gläser, ich muss Sie – –

ist die kumulierte Zahl dieser Wartezeiten immer noch niedriger als das, was Sie in Berlin erwartet, wenn Sie ein Auto anmelden wollen. Deswegen sind die Forderungen der Union richtig: Wir brauchen da mehr Personal. Das müssen Sie an anderer Stelle irgendwo abziehen. Ich frage mich auch, warum dieses Organisationsgutachten eine Viertelmillion Euro gekostet hat und nichts gebracht hat. Da ist einiger Nachholbedarf.

Berlin ist leider ein rot-grüner Sumpf, der von Subventions- und Anspruchsdenken zusammengehalten wird, und dass diese Stadt miserabel regiert wird, haben die Zustände auf der Kfz-Zulassungsstelle einmal mehr gezeigt. Deswegen ist der Antrag von der CDU richtig. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD]

Für die Fraktion Die Linke hat Herr Kollege Ronneburg dann gleich das Wort.

(Ronald Gläser)

Ich merke, zu fortgeschrittener Stunde, wo die Herren vielleicht auch dem einen oder anderen Getränk nicht abgeneigt sind, neigen Sie zum Scherzen. Das hebt die Stimmung. Sehr lustig!

[Allgemeine Heiterkeit]

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist ja eigentlich verdruckst: Unser eigentlich teuflischer Masterplan ist doch nicht zur Rede gebracht worden: dass wir die Kfz-Zulassungen total sabotieren wollen und die Bürgerinnen und Bürger, die ein Kfz brauchen, gängeln wollen. Sie haben das jetzt nicht genutzt, um hier polemisch die Abrechnung zu zelebrieren. Es sei jetzt mal geschenkt, dass Sie sich hier zurücknehmen. Herr Friederici hat es auch nicht getan. Schade, aber – nun gut! Dann können wir natürlich auch vielleicht ein bisschen sachlicher diskutieren.

Ich möchte erst mal von vornherein sagen – da kann ich sozusagen auch meinem Kollegen Schopf beipflichten –: Der Unmut über die Zustände bei den Kfz-Zulassungsstellen ist absolut nachvollziehbar. Es sollte selbstverständlich sein – wie bei allen Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger –, dass diese schnell und flexibel in Anspruch genommen werden können. Das ist leider hier nicht die Realität. Und dabei gibt es Menschen – Achtung! –, die auf ein Kfz angewiesen sind – keine Frage – und bei denen ein Termin bei der Zulassungsstelle schnell ermöglicht werden sollte.

Mit einer Legende möchte ich hier aber aufräumen, und zwar: Sie behaupten ja in der Begründung zu dem Antrag, dass die Kfz-Zulassungsstellen hier in Berlin überfordert seien, während die Zulassung eines Fahrzeugs in anderen Städten wenige Stunden bis Tage in Anspruch nehme. Es wurde ja das positive Beispiel rot-rot-grün in Erfurt genannt. Ja: Es gibt auch andere negative Beispiele. Schauen Sie nach NRW, nach Hessen. Auch dort gibt es Probleme. Insofern: Die Failed-State-Nummer und das Schlechtreden von Berlin, meine Damen und Herren, zieht hier nicht, liebe CDU!

Warum haben sich die Probleme zugespitzt? – Die Schutzmaßnahmen infolge der Coronapandemie und der SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung haben zu Einschränkungen bei den Dienstkräften beim LABO geführt. Und auch bedingt durch den heruntergefahrenen Betrieb hat sich ein erheblicher Rückstau ergeben. Zwischen der 13. und 24. Kalenderwoche stiegen die Vorgangsmeldungen von 800 auf durchschnittlich 8 500 pro Woche. Also: Aufgrund der Pandemie sehen wir, dass sich die Anträge vom Frühjahr auf den Sommer verschoben haben, während gleichzeitig der Betrieb nur eingeschränkt funktionierte.

Das Thema war aber schon vor Corona virulent. Es gab damals auch Reaktionen der Senatsverwaltung für Inne

res und Sport darauf. Es wurde ja auch bereits angesprochen: Es gab die Flexibilisierung beim Personaleinsatz und andere organisatorische Maßnahmen. Es gab auch die Samstagsarbeit. Da möchte ich dem Kollegen Schopf beipflichten: auch da ein großer, herzlicher Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Und es gab auch weitere Verbesserungen. Die OnlineKfz-Anmeldung wurde genannt. Es wurde auch genannt, warum das nicht in Massen wahrgenommen wurde. Da hat ja die Senatsverwaltung auch bereits angekündigt, dass die Onlinebeantragung ohne elektronischen Personalausweis ermöglicht werden sollte. Es sind auch weitere Maßnahmen vom Senat angekündigt worden. Ich habe sehr wohl wahrgenommen, dass der Senat angekündigt hat, dass im September die Kfz-Zulassungsstellen bei den Bearbeitungszeiten beim Stand von 2019 sein sollen. Das heißt also, dass wir auch in den Ausschussberatungen die Möglichkeit haben werden, da nachzufassen, das zu kontrollieren und natürlich auch die Vorschläge der CDU zu diskutieren. Aber eines auch an die Adresse der CDUFraktion: Zu guter Letzt möchte ich hier noch mal klarstellen, dass es eine Privatisierung der Kfz-Zulassung mit der Linken nicht geben wird. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN]

Für die FDP-Fraktion hat Herr Schlömer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Anliegen der CDU-Fraktion im vorliegenden Antrag, die Prozesse rund um die Kfz-Zulassung in Berlin besser als bislang auszurichten und vor allen Dingen zu beschleunigen, ist durchaus nachvollziehbar. Wir teilen auch explizit Ihren Befund, denn es ist den Berliner Bürgerinnen und Bürgern, aber auch der Automobilwirtschaft mit ihren Händlern einfach nicht mehr nachvollziehbar zu erklären, warum im Zeitalter der Digitalisierung die Berliner Zulassungsbehörden immerfort und ungebrochen nicht in der Lage sind, An- und Ummeldeverfahren rasch umzusetzen.

[Beifall bei der FDP]

Selbst im digitalen Prozess, der ursprünglich vor zehn Jahren entwickelt worden und auch veraltet ist, schlummern noch viele Probleme. Es hat in der Stadt niemand mehr Verständnis dafür, weshalb man etliche Wochen warten soll, bis ein fahrbereites Fahrzeug endlich zu nutzen ist. Diese Befunde teilen wir. Ihre Lösungsstrategie teilen wir indes nicht, liebe CDU!

[Beifall bei der FDP]

Einfach mehr Stellen bereitzustellen, führt doch nicht zu mehr tatsächlichem Personal. Personal zu gewinnen und auch binden zu können, das ist doch die Herausforderung. Hier überzeugen Sie nicht.

[Beifall bei der FDP]

Eine dritte Zulassungsstelle in Berlin zu öffnen, ist doch auch keine Lösung. Die strukturellen Probleme in der Kfz-Zulassung werden damit nicht gelöst. AufgabenOutsourcing geht im Übrigen damit einher, dass das weniger vorhandene Personal mitgeht, insofern Probleme nur verlagert, aber nicht gelöst werden.

Die Wahrheit ist doch eine andere: Dem Senat gelingt es seit langer Zeit nicht, weder das digitale Dienstleistungsangebot wie E-Kfz erfolgreich gegenüber Berliner Bürgerinnen und Bürgern zu kommunizieren – sprich: Nur wenige wissen davon –, noch gelingt es, diesen Prozess so zu gestalten, dass diese digitale Dienstleistung einfach in Anspruch genommen werden kann. Man braucht ein Lesegerät – das kostet schon ein paar Euro – und einen aktivierten Personalausweis. In dieser Weise wird das digitale Angebot von zu vielen, zu hohen, zu bürokratischen Hürden begleitet, sodass Missstände fortbestehen.

[Beifall bei der FDP]

Wahrscheinlich fehlt es auch im Hintergrund wiederum an Personal, denn der digitale Prozess wird im Backoffice analog hinterlegt. Es sind Bürosachbearbeiter notwendig, die digitale Anträge analog prüfen. Hier würde mehr Automatisierung sicherlich auch mehr helfen.

Der Weg muss meiner Meinung nach ein grundsätzlich anderer sein: Die internetbasierte Kfz-Zulassung ist weiter voranzutreiben. Sie basiert auf überholtem Denken. Sie ist einfacher zu gestalten, noch digitaler auszurichten und besser zu bewerben. Mehr Automatisierung wagen, weniger Stempelaufdrucke vergeben!

[Beifall bei der FDP]

Ich bezahle heute an der Kasse mit meinem Handy. Warum kann ich ein Kfz eigentlich nicht damit zulassen? Das ist doch die Frage.

[Zuruf von links: Können Sie!]

Aber nicht in Berlin, offenbar!

[Heiterkeit bei Paul Fresdorf (FDP)]

Berlin kann sich doch als Bundesland als Prozessgestalter anbieten, Motor der Fortentwicklung sein, nach vorne gehen, sich Best-Practice-Beispiele aus dem Ausland einholen und für sich erschließen. Man kann doch dafür werben, für das BMVI einen besseren Prozess zu kreieren. Damit gewinnen Sie Berlin und auch für die Digitalisierung. Vielleicht ein bisschen mehr City-Lab ausprobieren, statt tatenlos zu verharren! – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Herr Kollege Ziller das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Schlömer! Vielen Dank für Ihren Beitrag, der, glaube ich, tatsächlich ein paar Punkte benannt hat, über die wir sprechen sollten! Denn ich glaube, es ist zu einfach, sich jetzt an dem Problem nach Corona und den Sommerferien bei der Kfz-Zulassung müde zu reden. Wir hatten die meisten Punkte in der letzten Plenarsitzung, wenn ich mich recht erinnere, in der Fragestunde schon geklärt. Da war eine ausführliche Begründung, wie die Zustände zustande gekommen sind und was der Senat in die Wege geleitet hat.

Man kann jetzt alle zwei Wochen noch eine Zwischenbilanz ziehen, aber der Senat ist da auf einem guten Weg. Die Zulassungsstellen beispielsweise konnten alle ihre offenen Vorgänge melden. Davon ist irgendwie ein Drittel schon abgearbeitet, zwei Drittel, was weniger als ein Wochenpensum ist, liegen da noch rum. Die werden jetzt zeitnah abgearbeitet. Meine These ist: Wenn der Antrag hier wieder ins Plenum kommt, sind die Probleme und der Bearbeitungsstau in der Kfz-Zulassungsstelle so weit erledigt.

Worüber wir mal reden sollten, ist, dass die Digitalisierung von Verfahren insgesamt zu langsam geht. Berlin ist mit dem E-Kfz vorneweg, aber in gewisser Weise hängen wir an vielen Stellen an den Regelungen des Bundes. Weil Herr Schlömer die Frage angesprochen hat, was man bei den Personalausweis aktivieren muss – er ist nicht nur für das Kfz, er ist auch für andere Dienstleistungen Thema, das müssen wir auf Bundesebene tatsächlich mal lösen. Wir haben da auch Diskussionen zur Frage der Wohnungsanmeldung, -ummeldung und die ganze Identifikationsfrage. Da braucht es eine vernünftige Lösung, die am Handy oder digital funktioniert. Die werden wir nicht in Berlin erfinden – oder vielleicht erfinden, aber sie braucht eine bundesgesetzliche Grundlage. Die fehlt uns auch in Berlin. Da können wir Runde um Runde drehen, aber das wird sich dadurch nicht lösen lassen.

Ich will zum Abschluss vielleicht noch einen Punkt sagen, den wir uns übergreifend angucken sollten. Das ist die Erfahrung, wenn man sich die letzten Jahre anguckt, sowohl die Bürgerämter als auch die Standesämter und jetzt die Kfz-Zulassungsstellen, die öffentlichen Verwaltungen sind nicht optimal auf Spitzen vorbereitet. Wenn, aus welchem Anlass auch immer, mal Bearbeitungssachen reinkommen, dann funktioniert die öffentliche Verwaltung nicht genug als Netz, dass man sich miteinander so austauscht, dass es funktioniert. Da kann man sich die Bezirksämter angucken, wir hatten es bei den Standesämtern. Da gelingt es nicht, von dem einen Bezirk zum

(Bernd Schlömer)

anderen Mitarbeiter rüberzugeben, um die Antragsspitzen auszugleichen. Wir sollten mal gucken, vielleicht kann man das im Unterausschuss PVPP diskutieren, wie wir da insgesamt besser werden, denn das würde helfen.

Das Klagen über die Spitze nach dem Sommer und Corona bringt uns, glaube ich, nicht weiter. Die ist, wie gesagt, wenn der Antrag wieder zurückkommt, abgearbeitet. – Insofern vielen Dank für die Diskussion und eine gute weitere Debatte!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zuruf von Burkard Dregger (CDU)]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Vorgeschlagen wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz sowie mitberatend an den Ausschuss für Kommunikationstechnologie und Datenschutz und an den Hauptausschuss. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Tagesordnungspunkt 43 war die Priorität der AfD-Fraktion unter der lfd. Nr. 3.2. Tagesordnungspunkt 44 steht auf der Konsensliste.

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