Protokoll der Sitzung vom 17.09.2020

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss jetzt doch noch mal auf einige Äußerungen eingehen, weil ich den Eindruck habe, der Antrag wurde nicht gelesen oder nicht verstanden. Wir können es – und werden es auch tun – natürlich auch im Ausschuss vertiefen, aber ein paar Dinge sind mir an der Stelle doch schon mal wichtig und sollten sehr deutlich hervorgehoben werden.

[Zurufe von Ülker Radziwill (SPD), Carsten Schatz (LINKE) und Sebastian Walter (GRÜNE)]

Hier wurde gesagt, machen wir mal ein paar Anträge, hat sich die CDU-Fraktion gedacht. Nein, nicht irgendwie mit Herbst oder Kältezeit verbunden oder, oder, oder, dieses Ansinnen gab es bereits im letzten Jahr im Rahmen der Haushaltsberatungen. Da lag dieser Antrag zur 24Stunden-Hotline schon mal vor.

Zweitens: Es wurde gesagt, wir brauchen mal Plätze, und es ist Aktionismus. Ausdrücklich habe ich in meiner Rede erwähnt, dass nicht nur eine Hotline geschaffen werden muss, sondern auch entsprechende Plätze zur Verfügung gestellt werden müssen. Der Antrag stammt im Übrigen aus meiner Feder, aber in Abstimmung mit Trägern in Berlin, die in diesem Bereich zuständig und bereits unterwegs sind, z. B. Karuna, die sich dies ausdrücklich wünschen, also nicht irgendeine Lex CDU, eine Erfindung von Maik Penn oder von wem auch immer, sondern diejenigen, die dort unterwegs sind, wünschen

sich dies, im Übrigen auch die Kältebusfahrer, die nachts umhertelefonieren und gucken müssen, wo es entsprechende Plätze gibt.

Dann wurde erwähnt, man soll doch die 112 oder 110 anrufen. Die 112 und die 110 rufen den Kältebus an und fragen: Wo bringen wir denn den oder jenen hin? Könnt ihr den bitte abholen? Der sitzt bei uns auf dem Polizeiabschnitt, der muss irgendwo untergebracht werden. Der sitzt bei uns auf der Rettungsstelle und muss irgendwo untergebracht werden. – Die rufen den Kältebus an. Insoweit braucht es eine Hotline, die es in Teilen auch schon gab; die muss natürlich im Zusammenwirken mit den Bezirken vereinheitlicht werden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Ich gehe davon aus, dass Sie erwidern wollen. – Dann hat jetzt noch mal Herr Kollege Seerig das Wort. – Bitte schön, Herr Seerig!

Herr Kollege Penn! Ich bezweifle ja nicht, dass am Ende ein solcher Ansatz sinnvoll sein kann, nur, wir brauchen am Anfang vernünftige Informationsstrukturen, wir brauchen vor allem vernünftige Angebote. Insofern zäumen Sie aus meiner Sicht das Pferd von hinten auf.

[Zuruf von Maik Penn (CDU)]

Wenn Sie das bereits in der Haushaltsdebatte beantragt haben, aber jetzt erst nach einem Dreivierteljahr oder einem Jahr den Antrag nachschieben, müssen Sie sich dann schon den Vorwurf des Aktionismus zum Beginn der Kältesaison vorhalten lassen.

[Beifall bei der FDP und der SPD]

Von der Forderung, dass wir genügend qualitativ gute Plätze gerade auch für Mobilitätseingeschränkte, für Familien, für Kinder haben müssen, sprechen Sie, aber das steht eben nicht im Antrag.

[Zuruf von Maik Penn (CDU)]

Insofern ist das für mich Aktionismus. Man nimmt einen einzelnen Aspekt, der als solcher aus unserer Sicht allein nicht trägt. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Beifall von Sven Kohlmeier (SPD)]

So, jetzt kommen wir zu Frau Kollegin Topaç von Bündnis 90/Die Grünen!

(Thomas Seerig)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin wirklich froh – und das meine ich tatsächlich auch sehr ernst –, dass die CDU heute hier einen Antrag einbringt, der sich um eine Gruppe von Menschen Gedanken macht, die eben zu den sogenannten Schwächsten in unserer Gesellschaft gehören, zumindest was ihre Lebensbedingungen betrifft. Wir sprechen hier von Menschen, die wohnungslos oder gar obdachlos sind. Ich sage das in Zeiten der Pandemie, die insbesondere Menschen ohne Obdach massiv trifft, denn sie haben kein Zuhause, in das sie gehen können oder in dem sie bleiben können.

Ich sage das aber auch in Zeiten, in denen Ausgrenzung der Schwächsten und Stigmatisierung von Menschen auf der Straße leider immer noch zum Alltag gehören. Daher freuen wir uns Grüne natürlich immer, wenn die CDU das „C“ für christlich in ihrem Namen wieder mehr für sich entdeckt. Als Koalitionsfraktionen sind wir immer offen für einen konstruktiven Austausch und freuen uns an dieser Stelle über die Bereitschaft der CDU, hier gemeinsam mit uns an Lösungen zu arbeiten.

In Ihren beiden Anträgen – den einen haben Sie heute von der Tagesordnung genommen – zeigen Sie durchaus, dass Sie, liebe CDU-Kolleginnen und Kollegen, das Thema neu für sich entdecken, und da sage ich: lieber spät als nie! – Ein guter Ort dafür ist die Strategiekonferenz, die übrigens demnächst, am 30. September wieder stattfinden wird. – Ihr Antrag will nichts Schlechtes: Einen wirklichen Ansprechpartner oder eine wirkliche Ansprechpartnerin zu jeder Zeit in Fragen der Wohnungsnot zu haben, kann tatsächlich hilfreich sein, gerade auch, um Nachbarinnen und Nachbarn oder unsicheren Menschen eine gewisse Hilfe an die Hand geben zu können.

Ich würde direkt zustimmen, wenn wir nicht schon dieses Angebot – lieber Kollege Penn, Sie haben es kurz erwähnt – bereits seit dem Frühjahr auf den Weg gebracht hätten, nämlich die Karuna-Taskforce, die die berlinweit bekannte SOS-Hotline für obdachlose Menschen 24/7 bereits betreibt. Gestern habe ich dort mal probeweise anrufen lassen: Was passiert? Ist sie wirklich aktiv? Was wird angeboten? – Es wird ein Gespräch angeboten; es wird Essen angeboten. Es ist eine einladende Geste. Diese Nummer wird weiterhin plakatiert in der Stadt. Also gehen wir davon aus, dass es das Angebot weiterhin gibt.

Was wir allerdings machen müssen – und das können wir gern im Ausschuss oder wo auch immer zusammen machen –, ist, dieses Angebot zu evaluieren und gemeinsam zu schauen, ob und wie wir das gegebenenfalls verstetigen können. Das wäre für mich ein wichtiger Punkt in dieser Debatte.

Dabei gibt es in der Wohnungsnotfallhilfe bereits zahlreiche Baustellen, an denen wir weiterarbeiten müssen. Da bewegen wir schon einiges, würde ich sagen. Mit der Kehrtwende im sozialen Wohnungsbau beispielsweise, den Strategiekonferenzen, den neuen und zeitgemäßen Leitlinien, die nach, glaube ich, zwanzig Jahren nun endlich vorliegen, der neuen Statistik und dem GStUProzess, den meine Kollegin bereits angesprochen hat, haben wir bereits einige wichtige Schritte in die richtige Richtung gemacht. Aber damit ist der Kampf gegen Obdachlosigkeit noch lange nicht gewonnen.

Ich will das an der Stelle noch mal klarmachen: Wir kämpfen nicht gegen Obdachlose, die wir vor unseren Balkonen verscheuchen und deshalb eine Nummer haben wollen. Wir kämpfen gegen strukturelle und systematische Defizite, und diese Defizite, liebe Kollegen von der CDU – das muss ich leider sagen – hat uns der letzte, von Ihnen mitregierte Senat überlassen.

Nun räumen wir in der Pandemiezeit unter Pandemiebedingungen einiges auf. Nicht immer kommen wir da so voran, wie wir uns das als Grüne an der einen oder anderen Stelle wünschen. Wir wollen eine systematische und strukturierte Umsteuerung in der Unterbringung von Menschen in dieser Stadt insgesamt, und zwar ohne Trennung in Gruppen. Dazu haben wir jüngst ein eigenes Papier veröffentlicht, und mit dem ständigen Verschiebebahnhof der Menschen muss an der Stelle endlich Schluss sein. Wir Grüne stehen für eine menschliche Stadt für alle. Sie sind herzlich gern eingeladen, daran mitzuarbeiten! Ich denke, den Rest werden wir gemeinsam im Ausschuss beraten. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SDP und der LINKEN]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Vorgeschlagen wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Integration, Arbeit und Soziales. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 28:

Sicher-Wohnen-Fonds einrichten – Destabilisierung vorbeugen, Mieter schützen

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/2979

Dieser Antrag soll nach Übereinkunft der Fraktionen vertagt werden. – Auch hier höre ich keinen Widerspruch. Dann wird so verfahren.

Die Tagesordnungspunkte 29 bis 31 stehen auf der Konsensliste. Tagesordnungspunkt 32 war die Priorität der FDP unter Nummer 4.2. Tagesordnungspunkt 33 war die

Priorität der Fraktion Die Linke unter Nummer 4.5. Tagesordnungspunkt 34 war die Priorität der AfD-Fraktion unter Nummer 4.1.

Wir kommen damit zu

lfd. Nr. 35:

Eltern sind zur Sorge verpflichtet: Automatisches Sorgerecht für Mütter und Väter – Väter in die Pflicht nehmen und Mütter entlasten

Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/2992

Dieser Antrag soll ebenfalls nach Verständigung der Fraktionen heute vertagt werden. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Tagesordnungspunkt 35 A war die Priorität der Fraktion der CDU unter Nummer 4.4. Tagesordnungspunkt 35 B war die Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter der Nummer 4.6. Die Tagesordnungspunkte 36 und 37 stehen auf der Konsensliste. Tagesordnungspunkt 38 war Priorität der Fraktion der SPD unter Nummer 4.3.

Meine Damen und Herren! Das war unsere heutige Tagesordnung. Die nächste, die 64. Sitzung findet am Donnerstag, dem 1. Oktober 2020 um 10 Uhr statt. Sie haben alle die Einladung zu 9 Uhr, zu der Festveranstaltung „100 Jahre Groß-Berlin“ bekommen. Die, die sich noch nicht angemeldet haben, seien noch einmal daran erinnert.

Die Sitzung ist geschlossen. Ich wünsche Ihnen allen einen guten Heimweg.

[Schluss der Sitzung: 20.16 Uhr]

(Präsident Ralf Wieland)

Anlage 1

Konsensliste

Vorbehaltlich von sich im Laufe der Plenarsitzung ergebenden Änderungen haben Ältestenrat und Geschäftsführer der Fraktionen vor der Sitzung empfohlen, nachstehende Tagesordnungspunkte ohne Aussprache wie folgt zu behandeln:

Lfd. Nr. 8:

Nachwahl von 16 Personen zu Mitgliedern der Besuchskommissionen

Wahl Drucksache 18/2986