Protokoll der Sitzung vom 01.10.2020

Zuständig für die Erlaubnis der Heizpilze sind die Bezirke, nicht der Senat. Aber natürlich werden wir entsprechende Vorgaben machen. Ich will aber darauf hinweisen, dass die Heizpilzverbote von den Bezirken über das Straßengesetz begründet werden. Die Gastronomen bekommen seit etwa zehn Jahren eine Sondernutzungserlaubnis für Straßenland nur dann, wenn sie auf Heizpilze verzichten. Das war aus Klimaschutzgründen auch absolut richtig und wichtig.

(Sebastian Czaja)

Auch der zweite Punkt in Ihrem Antrag geht eben rechtlich nicht. Die FDP will die Bezirke über das AZG zwingen, Ausnahmen zu gestatten. Das wird nicht funktionieren. Das AZG, das Eingriffsrecht nach § 13a, werden wir nicht für die Erlaubnis von Heizpilzen nutzen können. Das hilft uns leider hier nicht weiter.

[Sebastian Czaja (FDP): Sie wollen es nicht!]

Nein! Das können wir rechtlich gar nicht.

[Sebastian Czaja (FDP): Dann erklären Sie es mir einmal!]

Was wir machen müssen ist, ein Gespräch mit den Bezirken zu führen, an dessen Ende wir erreichen wollen, dass in allen zwölf Bezirken die Heizpilze für diese Wintersaison, ich betone ausdrücklich: für diese Wintersaison, zugelassen werden.

Abhängig von der Entwicklung der Infiziertenzahlen werden wir neue Einschränkungen erleben. Die Chance, sich zu infizieren, ist drinnen natürlich um ein Vielfaches höher als draußen. Deshalb müssen wir generell die Regeln überdenken. Die betroffenen Branchen brauchen hier von uns Unterstützung. Wir haben am Mittwoch im Wirtschaftsausschuss auch als SPD-Fraktion Herrn Zehden geladen. Da bin ich mal gespannt, ob Sie sich, Herr Czaja, dann auch als FDP den Forderungen von Herrn Zehden, bezogen darauf, wie man die Hotels unterstützen kann, anschließen.

[Sebastian Czaja (FDP): Mit dem habe ich schon gesprochen!]

Ja. Es wäre aber einmal gut, wenn man von Ihnen auch öffentlich etwas hörte und nicht nur in speziellen Gesprächen.

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Wieberneit?

Gerne. Auch das.

Herr Wieberneit! Sie haben das Wort.

Herzlichen Dank! – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Stroedter! Sie prahlen fast so ein bisschen mit der Sondersitzung und was Sie da alles in der nächsten Woche, am nächsten Mittwoch, machen. Erinnern Sie sich daran, dass die SPD in der letzten Ausschusssitzung die einzige Fraktion war, die überhaupt gar keine Notwendigkeit für die Sondersitzung gesehen hatte

[Heiterkeit bei der FDP]

und keinen Bedarf hatte, bis zum 2. November irgendetwas zu tun?

[Beifall bei der FDP]

Jetzt tun Sie so, als hätten Sie das Ganze ins Leben gerufen, um die Gastronomie zu retten.

Das Problem bei CDU und FDP ist leider oft, dass Sie an den Sitzungen teilweise nicht teilnehmen

[Sebastian Czaja (FDP): Die Leute arbeiten ja! Das ist der Unterschied!]

und deshalb gar nicht wissen, was dort tatsächlich besprochen und beschlossen wurde. Ich will es gern noch einmal sagen und habe es dem Kollegen Gräff neulich schon im Wirtschaftsausschuss gesagt: Wir wollten keine zwei Anhörungen in einer Sitzung haben. Wir hatten nämlich die Anhörung zu Karstadt. Das wissen Sie. Wenn Sie fünf Anzuhörende haben und machen das zweimal, dann dauert die Sitzung sieben Stunden. Das haben wir der Opposition gesagt. Deshalb haben wir gesagt, dass wir zwei Sitzungstermine benötigen. Deshalb gibt es die Sondersitzung. Alles andere ist hier auch vom Kollegen Gräff pressemäßig verbreitet worden. Aber er war in der Sprecherrunde mal wieder gar nicht da. Deshalb weiß er gar nicht, was wir dort tatsächlich beschlossen haben.

Es reicht jetzt also nicht, wenn jetzt einzelne Bezirke vorpreschen und dann in einem Bezirk der Heizpilz beantragt werden muss und in einem anderen Bezirk die Wärmequellen einfach aufgestellt werden dürfen. Es kann nicht sein, dass jeder Gastronom einzeln geprüft wird – da liegen wir sicherlich auf einer Linie – und in jedem Bezirk verschiedene Regelungen gelten. Das kann man keinem erklären. Wir brauchen deshalb eine entsprechende berlinweite identische Regelung. Das heißt aus meiner Sicht: Alle technisch möglichen Heizquellen sollen ausnahmsweise beim Jahreswechsel 2020/2021 zugelassen werden. Da darf kein Bezirk ausscheren. Ich sage das auch ganz deutlich: Auch der Bezirk FriedrichhainKreuzberg darf in dieser Frage nicht ausscheren, weil er von Touristen sehr stark betroffen ist. Deswegen sind auch dort bei den Gastronomen sehr viele Ausfälle zu sehen. Jedes dritte Restaurant ist von einer dauerhaften Schließung betroffen. Was das für diese Stadt bedeutet, brauche ich nicht auszuführen. Deshalb werden wir uns gemeinsam mit Ramona Pop

[Oliver Friederici (CDU): Wer ist denn das?]

mit den Bezirken in Verbindung setzen. Wir werden sehen, wie wir rechtssichere und kundenfreundliche Regelungen kurzfristig für den kommenden Winter klären können.

[Sebastian Czaja (FDP): Bevor der erste Schnee fällt!]

Ich habe die Proteste der Umweltschützer dazu gehört. In diesem Winter aber, unter den Gesichtspunkten einer Pandemie, sind Ausnahmen dringend erforderlich. Da wird es allein mit Decken oder Zelten nicht gehen. Da wird man auch Wärme zuführen müssen. Wir werden aber heute den Antrag in dieser Form, Herr Czaja, natürlich nicht annehmen können, sondern werden ihn an die Ausschüsse überweisen. Wir machen praktische Politik. Der Senat und die Senatoren werden sich darum kümmern, dass in allen zwölf Bezirken in diesem Winter die Heizpilze zugelassen werden, damit die Gastronomen ihre Chance bekommen. Da können Sie sich auf die SPDFraktion auf jeden Fall verlassen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren!

[Beifall bei der SPD – Sebastian Czaja (FDP): Dann hätten wir ja etwas geschafft! – Zuruf von der SPD: Und wir sind die Guten! – Stefan Förster (FDP): Das kann man auch als Drohung verstehen!]

Für die Fraktion der CDU spricht Herr Abgeordneter Gräff.

[Torsten Schneider (SPD): Der war ja gar nicht dabei! Der weiß das nicht! – Paul Fresdorf (FDP): Lass mal den Kohlmeier raus!]

Ach, Herr Schneider! – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß ja, dass diese Mythenbildung in der SPD funktioniert. Ich weiß gar nicht, ob es klüger ist, wenn man in der einen oder anderen Sitzung nicht dabei ist, oder ob man da ist, sich einträgt, dann rausgeht, telefoniert und dann irgendwann weg ist, und das in jeder Sitzung. Aber das ist in der Tat ja ein Einzelfall.

Ich bin in der Tat dem hochgeschätzten Kollegen Stroedter sehr dankbar für seinen Beitrag. Ich hätte nur am Ende, ehrlich gesagt, erwartet, dass er den FDP-Antrag zustimmt, weil das eigentlich Inhalt der Rede war.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Was derzeit in Berlin passiert, insbesondere in der Gastronomie, auch in Teilen der Hotellerie, im Einzelhandel und, ich schließe noch einen Bereich mit ein, im Eventbereich und bei den Schaustellern, das grenzt, ehrlich gesagt, an ein Berufsverbot. Wer schon einmal in den letzten Wochen in einer Runde von Schaustellern gesessen hat, und wer möglicherweise auch in dieser schwierigen Zeit in anderen Städten in Deutschland unterwegs gewesen ist, sieht, was möglich ist, in Dresden, in Leipzig, aber beispielsweise auch im mit grün regierten BadenWürttemberg, was dort in Städten und Kommunen geleis

tet wird und welche Wertschätzung diese Unternehmen erfahren. Das ist etwas, was unabhängig von der Frage der Heizpilze im Moment viele in diesen Branchen umtreibt, welche Wertschätzung erfahren wird, mit welchen kleinen Maßnahmen, auch vielleicht individuell getroffenen Maßnahmen, einfallsreichen Maßnahmen, mit Abstand, Buden und Karussells in den Städten aufgestellt werden können. Allein wo nichts, aber auch gar nichts passiert, ist in Berlin, weil Rot-Rot-Grün diesen Unternehmen keine Möglichkeit gibt, hier überhaupt noch Umsätze zu machen. Das gleicht einem Berufsverbot.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Ich sage das auch ganz deutlich: Ich finde es gut, dass die Senatorin zu einem Runden Tisch eingeladen hat.

[Sebastian Czaja (FDP): Unverbindlich!]

Aber, Frau Senatorin Pop, dass Sie am 25. September Hotels, Gastronomie, Bars of Berlin und viele Initiativen einladen, um über den Herbst und Winter zu sprechen, grenzt schon fast an Veräppelung dieser Unternehmen.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Stefan Förster (FDP) und Sebastian Czaja (FDP)]

Den gesamten Sommer und das gesamte Frühjahr hatten Sie Zeit, Konzepte zu erarbeiten, hatten Sie im Übrigen auch von der Gesundheitsverwaltung Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, wie in der Gastronomie solche Konzepte beispielsweise aussehen sollen. Nichts, gar nichts ist passiert, um diese Unternehmen zu unterstützen und vor Insolvenz zu schützen und Arbeitsplätze zu retten. Deswegen ist der Antrag richtig, auch wenn wir der Auffassung sind – dazu werden wir im nächsten Plenum einen Antrag einbringen –, dass wir weitergehen müssen. Ich habe es in den letzten Tagen auch in den Medien gesagt, bei der Ausschusssitzung, die allen Fraktionen, auch der Grünen-Fraktion sehr wichtig gewesen ist, aus unterschiedlichen Gründen, die aber die SPD eigentlich nicht haben wollte. Ganz ehrlich, das sage ich auch, das werfe ich überhaupt nicht dem Kollegen Stroedter vor, weil ich weiß, dass er da total auf der richtigen Welle reitet. Wir sind uns mit der SPD auch total einig über die Frage der Sinnhaftigkeit einig, ob wir uns das 98. Mal über die rot-rot-grünen Unterschiede bei der Frage, ob am Hermannplatz investiert werden kann oder nicht, unterhalten. Das hätten wir auch im Januar oder Februar nächsten Jahres machen können.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Wir hätten uns selbstverständlich mit Gastronomie, Hotellerie, Schaustellern, Events und vielen anderen darüber unterhalten können, wie sie es in diesem Herbst machen können. Gut, jetzt haben wir die Sondersitzung.

Was wir möchten ist, dass diese Unternehmen unkompliziert, schnell, online, digital einen Antrag stellen können, dass sie direkt die Flächen vor ihrem Geschäft, dass sie

(Jörg Stroedter)

kleine Plätze, kleine Grünanlagen in Berlin nutzen können, in der Tat draußen, weil das eine Möglichkeit ist – das ist uns allen ganz klar, dass es drinnen in diesem Herbst und Winter sehr schwierig sein wird –, dass es eine Genehmigungsfiktionen gibt, zumindest bis zum Ende des Jahres 2020/2021, dass die öffentliche Hand, alle Bezirke widersprechen müssen, wenn sie dagegen sind, und dass sonst alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, dass Hotels, Gastronomie, Einzelhandel, Eventbranche, Schausteller zumindest einen Teil ihrer Umsätze generieren können. Wir wollen das umdrehen, und in der Tat – das ist hier auch erwähnt worden, und da gebe ich Herrn Stroedter völlig recht: Diese Unternehmen haben in den letzten 15 Jahren für Arbeitsplätze gesorgt, für Aufschwung in unserer Stadt, für Steuereinnahmen, für das Bild dieser Stadt über Deutschland und Europa hinaus, dafür dass so viele Menschen hergekommen sind und hier Geld gelassen haben. Dafür verdienen sie unsere Wertschätzung und unsere aktive Unterstützung in diesen schwierigen Zeiten. – Ich bitte Sie, stimmen Sie diesem Antrag zu. Stehen Sie sich nicht selbst mit kleinkariertem Parteienproporz im Weg oder mit irgendwelchen Diskussionen aus Kreisverbänden vor Nominierungen oder wie auch immer! Machen Sie das endlich, unterstützen Sie die Unternehmen! Keine Lippenbekenntnisse mehr, es ist fünf nach zwölf. – Vielen Dank, meine Damen und Herren!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Für die Fraktion Die Linke hat das Wort der Abgeordnete Herr Gindra.

[Heiko Melzer (CDU): Jetzt können Sie sich erst einmal für vorhin entschuldigen!]

Danke, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Herr Gräff! Sie fordern einen ja immer heraus, zu erwidern. Ich fand Ihre Vorstellung sehr blamabel, und ich hatte den Eindruck, Sie waren höchstens bei zehn Prozent der Ausschusssitzung am Montag dabei, wenn Sie hier erzählen: Hermannstraße hoch und runter! – Es ging um etwas ganz anderes, und Sie können nicht einfach Arbeitsplätze im Handel und den Erhalt von Geschäftsstraßen, die rund um diese Standorte von Karstadt Kaufhof sind, gegen Arbeitsplätze in der Gastronomie ausspielen. Es ging am Montag um die Zukunft von Geschäftsstraßen und nicht nur einfach um den Hermannplatz. Wenn Sie das hier falsch darstellen, ist das eben Ihre übliche Art, wie Sie Sachen verdrehen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Jörg Stroedter (SPD)]

Richtig ist die Sorge um die Gastronomie, da gebe ich FDP und CDU recht. Man kann es sich aber nicht so