[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Jörg Stroedter (SPD) – Zuruf von Christian Gräff (CDU)]
Der Antrag der FDP kommt mit einer Überschrift daher, die Fragen hervorruft – als ob der Flughafen BER mit den Gesellschaftern Bund, Berlin und Brandenburg nicht auf
breiten, leistungsfähigen Schultern stände. In der Debatte ist bereits zutage getreten, dass es der FDP um eine Teilprivatisierung geht.
Jede Art von Privatisierung dieser wichtigen Infrastruktur – das habe ich schon mehrfach in Debatten in diesem Hause gesagt und wiederhole es gerne – wird in der Fraktion Die Linke immer erheblichen Widerstand finden, so auch an dieser Stelle. Wer so etwas privatisieren will, gerade nachdem wir dort so viel Geld reingesteckt haben, der will Gewinne privatisieren und Verluste sozialisieren. Das wird mit uns nicht passieren.
die Mitarbeiterstiftung bei der Flughafen Wien AG, übrigens eine Aktiengesellschaft. Wissen Sie, liebe FDPFraktion, wenn Sie diese Mitarbeiterbeteiligung bei der Privatisierung der Lufthansa in den Neunzigerjahren, als Sie noch in der Bundesregierung saßen, gemacht hätten, dann ergäbe es einen gewissen Sinn, das hier vorzuschlagen, aber so ist es leicht durchschaubar. – Nein, eine Privatisierung kommt aus unserer Sicht dort nicht infrage.
Bei dem letzten Punkt in Ihrem Antrag, wo Sie eine Tochtergesellschaft für den Terminal 3 ins Spiel bringen, frage ich mich schon, an welchen Debatten Sie hier in den letzten Monaten teilgenommen haben. Soweit ich mich erinnern kann, war es schon Thema im Unterausschuss Beteiligungsmanagement und -controlling und im Untersuchungsausschuss, dass bereits eine Projektgesellschaft für einen zu errichtenden Terminal 3 am Flughafen gegründet wurde; die gibt es bereits. Insofern weiß ich nicht, worauf Sie da mit dem Antrag hinauswollen. – Das vielleicht als erster Gedanke.
Zum Zweiten: In der Debatte hier ist klar geworden, dass wir ein Problem am Flughafen haben, und das ist auch nicht neu. Das haben wir hier schon vor dem Sommer erörtert, als Sie mit der lustigen Studie der drei Professoren um die Ecke kamen. Wir müssen uns immer vor Augen führen: Dieses Projekt ist mit einem enormen finanziellen Aufwand errichtet worden: über 6 Milliarden Euro, davon 4 Milliarden Euro Kredite. Dass die Lasten die Gesellschaft drücken, ist doch klar. In einer Situation, in der 80, 90 Prozent des Umsatzes wegbrechen – wie gesagt, das Geschäftsmodell war darauf angelegt, dass
jetzt 40 Millionen Passagiere fliegen, auch im nächsten Jahr, und immer weiter wachsend –, muss doch allen klar sein, dass das nicht mehr funktionieren kann. Deshalb brauchen wir Lösungen dafür. – Ich bin ganz gespannt, Herr Kollege Gräff, was der Weg der CDU sein soll, wie Sie den Flughafen aus der Misere herausführen wollen. Ich habe unsere Idee dafür schon einmal im letzten Unterausschuss Beteiligungsmanagement und -controlling formuliert. Ich glaube, an einer Teilentschuldung der Gesellschaft werden wir nicht vorbeikommen. Wir müssen der Gesellschaft Lasten nehmen, damit sie wirtschaftlich agieren und am Markt bestehen kann.
Ich habe mich noch einmal schlau gemacht. Laut Art. 107 Abs. 2b des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union können
gewährt werden. – Das ist in diesem Jahr nur bis zum 30. Juni passiert. Ich verstehe das nicht, denn nach wie vor wissen wir, dass wir in der Pandemie leben; sie wird uns noch eine Weile begleiten. Ich erwarte vom Senat, dass er unter Bezugnahme auf diese Regelung aus dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union ein Konzept vorlegt, wie wir zu einer Teilentschuldung der Flughafengesellschaft kommen können. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Schatz! Ich habe drei Punkte. Zuerst mal eine Bemerkung zu Ihrer letzten Bemerkung: Sie wissen ganz genau, dass ein Großteil der Kosten des BER – und mich wundert wirklich, in welcher, ich würde schon sagen, sturen Allianz Die Linke dieser Koalition insgesamt hinterherläuft – nichts, aber auch gar nichts, mit Corona zu tun hat, sondern ausschließlich Mehrkosten für den Bau des BER sind und möglicherweise Mehrkosten sein werden, die in der Wertberichtigung das Anlagevermögen mindern.
Deswegen habe ich auch zwei Fragen an Sie. Die erste Frage ist: Wir sind beim Thema Teilprivatisierung einer Auffassung, aber dann erklären Sie doch auch mal, warum der Vorsitz der Geschäftsführung der Flughafengesellschaft und der Aufsichtsratsvorsitzende beide kurz vor
der Eröffnung des BERs erklären, warum Sie eine Teilprivatisierung haben wollen, wenn das so abwegig ist!
Deswegen komme ich zu meiner dritten Frage: Ich würde gerne von Ihnen wissen, wie die Berlinerinnen und Berliner auf der einen Seite – ja, in Coronazeiten – auf viele Dinge in Schulen und Kitas verzichten müssen und – ich wiederhole mich da – auf Straßen, auf Bürgersteige, auf viele andere Dinge, auf gute Infrastruktur, auf guten ÖPNV, aber Milliarden für den BER ausgeben sollen und auf andere Dinge verzichten. Ich sage Ihnen voraus: Das hat nichts mit Corona zu tun – das ist noch gar nicht mit eingerechnet –, sondern nur mit den Kosten, die aus den Mehrkosten des Baus des BER entstanden sind und aus der Wertberichtigung des Anlagevermögens. Da erwarte ich von der Linksfraktion – gerade von Ihnen, gerade auch für Wählerinnen und Wähler in TreptowKöpenick – eine Antwort. Es kann nicht die Antwort sein, dass die Menschen auf Dinge verzichten und der Steuerzahler einfach nur zur Kasse gebeten wird, meine Damen und Herren!
Vielen Dank! – Lieber Kollege Gräff! Leider waren Sie ja in der letzten Sitzung des Unterausschusses Beteiligungsmanagement und -controlling nicht anwesend. Da ist sowohl dem Vorsitzenden der Geschäftsführung, Herrn Lütke Daldrup als auch dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates, Herrn Bretschneider, die Frage gestellt worden, warum sie denn das gesagt haben, und da haben sie gesagt, sie haben einfach mal nachgedacht.
Das ist ja erst mal nicht verboten, auch aus unserer Sicht nicht, und das dürfen sie gerne tun. Unsere Position habe ich hier dargelegt, und für die werden wir auch eintreten. In der Tat haben Sie recht: Natürlich darf eine solche Teilentschuldung nicht auf Kosten der Dinge gehen, die wir auch in Zukunft an Investitionen in die Infrastruktur dieser Stadt brauchen. Ja, da werden wir um Wege ringen müssen. Da bin ich in der Tat auch auf die Vorschläge der CDU gespannt, die Sie jetzt leider in der Zwischenintervention immer noch nicht gebracht haben. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Geehrte Abgeordnetenkollegen! Liebe Berliner! In anderen Zeiten würden wir wahrscheinlich sagen: Ja, darüber kann man reden. Die Hereinnahme eines kompetenten privaten Infrastrukturspezialisten in den Gesellschafterkreis der Flughafengesellschaft ist grundsätzlich sinnvoll und hilfreich. Das zeigen viele gut funktionierende Flughäfen weltweit. In der speziellen Situation, in der wir jetzt sind, macht das allerdings überhaupt keinen Sinn, zumindest jetzt nicht, nicht nur, weil es die Verträge aufgrund der zweijährigen Veränderungssperre im Gesellschafterkreis derzeit gar nicht hergeben, sondern weil sich auch praktisch kaum jemand in dieser flugverkehrswirtschaftlichen Katastrophenkonjunktur finden würde, der einen solchen Wechsel auf die Zukunft einlösen würde. Ich sage es noch mal ganz deutlich, wie wir mit dem BER im Sinne eines politischen Realismus, für den wir ja stehen,
umgehen müssen. Er ist jetzt halt da, mit all den in seiner Entstehungsgeschichte aufgelaufenen Schlamassel und riesenhaften, horrenden Schulden und ausgerechnet in Zeiten des Coronavirus. Ohne Corona wäre Ihrer Koalition der BER auf die Füße gefallen, weil er nicht nur zu spät kam und zu teuer geraten ist, sondern weil der BER – und hier muss man es immer wieder sagen – von Anfang an unter normalen Bedingungen zu klein wäre. Volllast bei Inbetriebnahme, ohne Kapazitätspuffer für die Zukunft, hätte auch – und das sage ich Ihnen ein weiteres Mal – in der Konsequenz die Pflicht zur Offenhaltung Tegels bedeutet, etwas, was dieser Senat,
Jetzt ist eben nicht nur der BER da, sondern auch Corona. Das verschafft allen Beteiligten, die diesen Infrastruktursündenfall zu verantworten haben – Klammer auf –
Herr Schneider – Klammer auf – eben leider nicht zu verantworten haben, weil der Straftatbestand der Steuerverschwendung im Amt, wie ihn die AfD seit Langem fordert, immer noch nicht Eingang in die deutschen Gesetzbücher geschafft hat – – Corona schafft also diesem Senat diese unverdiente aber reelle Chance, sich aus der Verantwortung herausstehlen zu können, weil der Flugverkehr niederliegt und der BER im Moment nicht zu klein, sondern paradoxerweise zu groß scheint. T2 wird
Die Gesellschafterstruktur just jetzt zu verändern, macht, wie gesagt, in dieser Situation keinen Sinn. Was wir jetzt brauchen, auch wenn es dem Steuerzahler richtig wehtut, ist eine EU-beihilferechtlich saubere Entschuldung der Flughafengesellschaft mit dem Ziel, dass der BER erstens ohne permanente Sonderbelastung seinen Geschäftsbetrieb leisten kann und – und hier treffen wir uns wieder mit dem Geist des Antrags der FDP – dass der BER zukunftsorientiert wachsen kann, wenn es nach der Coronaära die Nachfrage wieder erforderlich macht.
Wir als AfD wollen Wachstum für Berlin. Wir wollen Wachstum in und für die Berliner Wirtschaft. Dafür brauchen wir eine Willkommenskultur für Unternehmen auf allen Ebenen, und das muss gerade auch am Tor zu Berlin, am Flughafen, spürbar sein.
Übrigens noch mal ein Wort zum Regierenden Bürgermeister heute Morgen und seinem wirklich unsäglichen Zynismus, als er die Existenzvernichtungen im Einzelhandel als Shoppingevent verniedlicht hat. So wird das nichts mehr in diesem Land, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie!
Die Flughafengesellschaft muss ihr infrastrukturelles Angebot so gestalten, dass sie die nach der Coronaära weltweit voraussichtlich wieder rasch wachsende Nachfrage nach Berlinflügen bewältigen kann. Sie muss aber auch so aufgestellt sein, dass sie die Ausbaupläne ohne lange Vorlaufzeit wieder in Angriff nehmen kann. Hier stehen wir ganz klar auf der Seite derer, die eine baldige Renaissance des Wachstumstreibers Flugverkehr möchten. Wir beziehen damit ganz klar Position gegen diejenigen, die auf der roten und grünen Seite dieses Hauses die ganze Fliegerei als Teufelszeug verdammen und am liebsten verbieten oder zum Privileg einiger weniger Reicher machen wollten. Mit Ihnen heben die Flugzeuge nicht ab, sondern verrosten im Hangar. Und wenn man dann für den Ausbau und Erweiterungsmaßnahmen zusätzliches privates Investitionskapital braucht, dann gerne. Dann würden wir die entsprechenden Vorschläge unterstützen.
Lassen Sie mich zusammenfassen: Es geht also nicht um eine Absage an die Öffnung des Gesellschafterkreises der Flughafengesellschaft, sondern nur um den richtigen Zeitpunkt. Der ist jetzt nicht gegeben, aber er wird bald kommen, und den Klimafanatikern bei Roten und Grünen wird es nicht gelingen, den Bürgern die Sehnsucht nach Urlaub, fremden Essen und fremden Kulturen auszutreiben.