Protokoll der Sitzung vom 06.04.2017

[Canan Bayram (GRÜNE): Ein strafrechtlicher Missgriff! Oh mein Gott!]

Es gibt in unserer Rechtsordnung den bewährten Zweiklang zwischen der Geldstrafe und der Freiheitsstrafe. Es kann natürlich in bestimmten Fällen, zum Beispiel als Nebenfolge einer strafrechtlichen Verurteilung, das Tatwerkzeug entzogen werden. Insbesondere kann bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr, namentlich am Kraftverkehr, vorkommen, der sogenannte Führerschein, sprich die Fahrerlaubnis, entzogen werden. Dort hat man jetzt einen systematischen Bruch in Auftrag gegeben. Die Fahrerlaubnis soll nämlich hier auch bei Straftaten entzogen werden können, die nicht mit der Teilnahme am Straßenverkehr im Zusammenhang stehen. Das heißt zum Beispiel: Wenn Sie wegen Verletzung der Unterhaltspflicht strafrechtlich verurteilt werden, kann der Richter sagen: Damit dich das besonders trifft, entziehen wir dir auch noch die Fahrerlaubnis. Jetzt frage ich mich, was das eine mit dem anderen zu tun hat.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Das entscheidet der Richter, nicht Sie!]

Das ist der Bruch eines ganzen Rechtssystems. Man kann demnächst z. B. begeisterten Golfspielern das Golf spielen verbieten. Man kann begeisterten Schwimmern das Schwimmen verbieten. Kurz gesagt, man eröffnet hier

eine Kette von Möglichkeiten, wo weltfremde Weltverbesserer Menschen erziehen und mit Strafen belegen können, die im Grunde nichts mit der Tat zu tun haben. Diesem gilt es schon in den Anfängen zu wehren. Wir fordern mit diesem Antrag den Senat auf, genau dies zu tun und das Gesetzesvorhaben aufzuhalten. Die Wahlperiode des Deutschen Bundestages ist fast zu Ende. Ich sehe darin den nicht tauglichen Profilierungsversuch des bisher nicht weiter in Erscheinung getretenen Bundesjustizministers, und den gilt es, spätestens an dieser Stelle zu stoppen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Beifall von Hanno Bachmann (AfD) – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Warum sollten wir das machen?]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Kohlmeier das Wort.

[Zuruf von Sven Rissmann (CDU) – Heiterkeit bei der CDU und der FDP]

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Rissmann hat recht bei diesem Antrag: Was will man sonst daraus machen?

Der nicht taugliche Profilierungsversuch ist mir aus Ihrer Rede, lieber Kollege Krestel, hängengeblieben. Den haben Sie gerade hier abgeliefert; das muss man so deutlich sagen.

[Beifall bei der SPD – Holger Krestel (FDP): Haben Sie nicht zugehört?]

Sie haben zum Antrag gar nichts gesagt.

[Canan Bayram (GRÜNE): Ja! – Holger Krestel (FDP): Doch! – Beifall von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Sie haben ein bisschen was zum Justizminister gesagt, Sie haben davon gesprochen, dass die Legislaturperiode im Bund bald vorbei sei. Ansonsten haben Sie noch ein bisschen was zum Straßenverkehr erzählt, worüber wir heute schon oft diskutiert haben. Den Antrag haben Sie in keiner Weise begründet, was eigentlich schade ist, denn der Antrag selbst ist rechtspolitisch durchaus interessant.

[Sebastian Czaja (FDP): Das können Sie ja jetzt machen!]

Ich werde garantiert nicht Ihren Antrag begründen, lieber Kollege Czaja! – Der Antrag ist rechtspolitisch durchaus interessant, nämlich hinsichtlich der Frage, ob ein Fahrverbot als eigene Strafe im Strafgesetzbuch geregelt werden soll. Die Frage wird seit 1992 diskutiert, lieber Kollege Krestel, das haben Sie auf dem Juristentag

vielleicht noch miterlebt. Es gibt gute Argumente dafür und gute Argumente dagegen.

Ein Argument, das dagegen spricht, ist, dass es ein Akzeptanzproblem darstellen könnte, wenn nämlich kein Zusammenhang zur Tat besteht. Für die Regelung eines Fahrverbots im Strafgesetzbuch spricht aber der Prestigewert des Autos, der in den letzten Jahren erheblich angestiegen ist, und dass man nur dadurch spürbare Sanktionen zum Beispiel gut situierten Tätern gegenüber aussprechen kann.

[Holger Krestel (FDP): Das ist ja eine Leitdebatte!]

Die Bundesregierung hat sich in bewährter rot-schwarzer Koalition mit allen Argumenten auseinandergesetzt und sich für eine Änderung des Strafgesetzbuchs ausgesprochen. Und nun soll das kleine, aber wichtige Bundesland Berlin das noch kurz vor der Bundestagswahl verhindern.

[Canan Bayram (GRÜNE): Ja!]

Lieber Kollege Krestel! Ihre Vorstellungskraft ist manchmal unglaublich, zum einen weil das Land Berlin keine Mehrheit im Bundesrat hat, zum anderen, weil ich glaube, dass die rechtspolitische Diskussion eher im Bundestag aufgehoben ist als hier im Berliner Abgeordnetenhaus. Ich will deutlich sagen: Dem Antrag wird man nicht zustimmen können. Er ist inhaltlich auch schwach argumentiert.

[Zuruf von Sebastian Czaja (FDP)]

Natürlich stellt sich aber bei gut situierten Straftätern schon die Frage, wie man sie eigentlich erreichen kann. Mit einer Geldstrafe kann man sie nicht erreichen. Bei vielen ist das Auto tatsächlich ein Statussymbol, und da stellt sich die Frage, ob man dieses Statussymbol nicht als Sanktionsmaßnahme in die Strafe mit einbezieht. Das halte ich tatsächlich für eine nachvollziehbare Diskussion, die auf Bundesebene selbstverständlich geführt werden kann. Ich freue mich im Übrigen auf die spannende Diskussion im Rechtsausschuss.

Herr Kollege! Gestatten Sie Zwischenfragen?

Der Kollege Czaja hat bestimmt eine Zwischenfrage; der ist schon ganz aufgeregt.

Der Kollege Wild auch.

[Sven Rissmann (CDU): Ach Mensch! Er hat doch gar nichts gemacht!]

Dann fangen wir mit Herrn Wild an, da er sich zunächst gemeldet hat. Sodann folgt Herr Czaja.

Sehr geehrter Herr Kohlmeier! Wäre denn in Ihren Augen auch die Wegnahme der Ehefrau eine geeignete Sanktion?

[Heiterkeit bei der AfD – Zuruf von der LINKEN: Ui! – Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Auf so einen Quatsch brauchst du nicht zu antworten! – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Habe ich das Wort? – Ja! – Lieber Kollege Wild! Ich will mal mit einem Zitat antworten, und zwar einem Zitat des parlamentarischen Geschäftsführers Torsten Schneider: Sie haben nicht alle Latten am Zaun mit dieser Frage!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Dann hat das Wort der Kollege Czaja.

[Zuruf von Anja Kofbinger (GRÜNE)]

Herr Kohlmeier! Wenn ich Sie richtig verstanden habe in Ihrem Redebeitrag, stehen Sie dem Anliegen durchaus offen gegenüber.

[Torsten Schneider (SPD): Welchem Anliegen? Dem mit der Ehefrau?]

Dem Anliegen unseres Antrags. So einen Blödsinn meine ich nicht, Herr Schneider. – Kann ich davon ausgehen, dass Sie Ihre ganze Anstrengung im Ausschuss darauf richten, ihn entsprechend zu qualifizieren, dass es zu einer gemeinsamen Initiative kommt?

[Beifall bei der FDP – Lachen bei der SPD]

Herr Czaja! Sie haben mich missverstanden. – Herzlichen Dank!

[Beifall und Heiterkeit bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Rissmann das Wort.

[Torsten Schneider (SPD): Das war mal eine Kurzintervention! Mit kurzer Antwort!]

(Sven Kohlmeier)

Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gehört dazu, selbst zu erkennen, was man kann und was man nicht kann. Ich bin keinesfalls imstande, einen besseren Auf- oder Abtritt zu liefern als der Kollege Kohlmeier es gerade vollziehen konnte. Genauso wenig ist es mir möglich, noch besser darzustellen, warum der Antrag der FDP-Fraktion nicht zustimmungsfähig ist, als es der Kollege Kohlmeier gerade getan hat. Insofern schließe ich mich ihm an, mache mir das zu eigen und werde dem Antrag ebenfalls nicht zustimmen können. – Danke!

[Beifall bei der CDU, der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank! – Dann hat der Kollege Schlüsselburg für die Linksfraktion das Wort.

Ja, da ist es bei dem rechtspolitischen Thema heute Abend noch ein bisschen heiter geworden – sehr schön!

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Ja!]

Die Überschrift war schon mal nicht schlecht. Hat der Kollege Förster da mitgewirkt? – Nein, kommen wir zum Thema!