Protokoll der Sitzung vom 06.04.2017

[Beifall bei der LINKEN]

Aussetzen heißt, dass der Vertrag nicht gekündigt ist. Wir können, sofern es notwendig ist und wir das möchten, diesen Vertrag auch innerhalb von sechs Wochen wieder aktivieren und dann Geflüchtete in Wünsdorf unterbringen. Diese Möglichkeit haben wir auch.

Ich will mich an dieser Stelle auch noch einmal ganz herzlich beim Land Brandenburg bedanken, das damals dem Land Berlin hilfreich zur Seite gestanden und diese Möglichkeit eröffnet hat. Wir hatten nun einmal keine geflüchteten Menschen, die wir in Wünsdorf unterbringen können. Deshalb haben wir jetzt eine sehr gute Lösung gefunden.

Vielen Dank! – Es gibt keine Nachfragen.

Dann kommen wir zu den Grünen. – Herr Kollege Urbatsch, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie bewertet der Senat vor dem Hintergrund des gestern erschienenen Konjunkturberichts die wirtschaftliche Entwicklung in Berlin?

[Frank-Christian Hansel (AfD): Sehr gute Frage!]

Frau Senatorin Pop, bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Urbatsch! Berlins Wirtschaft – das kann man wieder nur als sehr gute Nachricht hier auch mit Zahlen belegen – entwickelt sich zum wiederholten Mal überdurchschnittlich positiv, im Jahr 2016 mit einem Wachstum von plus 2,7 Prozent. Bundesdurchschnittlich waren es 1,9 Prozent Wachstum. Für 2017 erwarten wir ein Wachstum von 2,2 Prozent im Plus. Der Bundesdurchschnitt liegt bei nur 1,4 Prozent.

Wenn man sich anschaut, woher dieses überdurchschnittliche Wachstum kommt, stellen wir fest, dass es die Wachstumsbranchen unserer Stadt sind. Neben dem Thema Bau und Dienstleistungen, dort besonders der Tourismus, sehen wir, dass unternehmensnahe Dienstleistungen und das, was im Bereich Information, Kommunikation, Digitales stattfindet, die Wachstumstreiber hier in der Stadt sind, und das, was wir in den Clustern identifiziert haben. Natürlich ist es auch der ungebrochene Gründungsboom, der sich hier zeigt. Wir werden diese Entwicklung mit unseren Maßnahmen unterstützen, die wir auf den Weg bringen wollen, insbesondere im Bereich der Digitalisierung mit dem Ausbau der Infrastruktur, dem Breitbandausbau und dem 5G-Ausbau, aber auch mit der verstärkten Kooperation von etablierten Unternehmen und kleinen Start-ups aus dem Bereich der Digitalwirtschaft, um die Wachstumsmotoren weiter nach vorn zu bringen.

Wir wollen diese positive Entwicklung verstetigen, damit aus der wirtschaftlichen Dynamik auch soziale Gerechtigkeit in der Stadt entstehen kann. Wenn man sich die Zahlen ansieht, kann man feststellen, dass wir im Vergleich zu 2012 fast 180 000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse mehr in der Stadt haben, dass der Anstieg der Reallöhne im dritten Jahr in Folge überdurchschnittlich im Vergleich zum Bundesdurchschnitt ist. Das meldet heute das Statistische Landesamt. Insofern wollen wir diese positive wirtschaftliche Dynamik durch Maßnahmen, die ich gerade angesprochen habe, in den Clustern, in der Energietechnik, mit Energiedienstleistungen und im Bereich der Digitalisierung weiter unterstützen, damit das auch in der Stadt ankommt und die gute

wirtschaftliche Entwicklung in der Stadt zu mehr Gerechtigkeit führen kann.

Vielen Dank! – Herr Kollege! Wünschen Sie, eine Nachfrage zu stellen? – Bitte schön, dann bekommen Sie das Wort!

Welche Bedeutung haben die Fördermittel des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und des Europäischen Sozialfonds in diesem Zusammenhang?

Frau Senatorin!

Wir sehen auch bei den Europäischen Fördermitteln, ähnlich wie bei den GRW-Mitteln – das sind die Mittel zur Wirtschaftsförderung „Gemeinschaftsaufgabe regionale Wirtschaftsstruktur“ –, im Vergleich zu 2012 und 2013, wo jährlich immer 25 Millionen Euro bis 30 Millionen Euro liegengeblieben sind, dass jetzt sowohl die wirtschaftliche Dynamik als auch die gute Arbeit der Wirtschaftsförderer ankommt. 2017 gehen wir davon aus, dass wir 100 Prozent und darüber hinaus Mittel aus anderen Bundesländern für die GRW abfordern müssen, wie wir es 2016 bereits getan haben. Wir sind mit den Bezirken in einem guten Dialog, damit die Bezirke auch stärker auf Wirtschaftsfördermittel zurückgreifen können, mit denen sowohl gewerbliche, wirtschaftliche als auch Infrastrukturmaßnahmen finanziert werden können. Wir erarbeiten zusammen mit Berlin Partner und der IBB, um diese Mittel bei den Unternehmen mit Wirtschaftsfördertagen und ähnlichen Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit publik zu machen.

Eine ähnlich positive Bilanz sehen wir bei den EUMitteln. Die Förderperiode 2007 bis 2013 ist soeben positiv abgerechnet worden. Vielleicht erinnern Sie sich daran, dass es auch mal Zeiten gab, in denen es Berlin nicht schaffte, die EU-Mittel auszuschöpfen. Wir können jetzt auch hier 100-prozentigen Vollzug melden. Wir haben von 2007 bis 2013 insgesamt 1,2 Milliarden Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, aus dem EFRE, und aus dem europäischen Sozialfond, ESF, für Berlin genutzt. Inklusive der Kofinanzierungen aus dem Land Berlin sind mehr als 2 Milliarden Euro in die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und die Beschäftigung hier im Land Berlin geflossen. An diesen Summen sieht man ganz konkret, was die Europäische Union, die europäische Solidarität, für Berlin ausmacht, indem mit europäischen Mitteln Beschäftigung und Wachstum sowie Innovation hier im Land Berlin geför

dert werden, und dass die Europäische Union deswegen für Berlin eine wichtige politische Konstante ist, die wir auch für die Zukunft für politisch wichtig halten.

Wenn man sich das im Einzelnen anschaut, können wir feststellen, dass wir mit dem EFRE über 2 Milliarden Euro an Innovation, Wettbewerbsfähigkeit und Infrastruktur sowie auch kleine und mittlere Unternehmen gefördert haben. Wenn man sich die Zahlen zum Thema Nachhaltigkeit anschaut, wird deutlich, dass wir immerhin dauerhaft geringere CO2-Emissionen von fast 20 000 Tonnen jährlich mit der EFRE-Förderung erreichen konnten. Auch da sehen wir, dass die Förderung von Nachhaltigkeit und Innovation in diesen Bereich Früchte trägt.

Bei dem Europäischen Sozialfonds mit über 700 Millionen Euro, 320 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, davon 52 Prozent Frauen-Förderung, und bei dem Thema Beschäftigung und Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit sieht man auch, dass die Europäische Union mit uns gemeinsam Vorreiter für Gleichstellungspolitik ist. An der Stelle ist Berlin spitze und soll es auch weiterhin bleiben.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank!

Wir kommen nun zu dem Kollegen Woldeit von der AfD. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat: Trifft es zu, dass Justizsenator Behrendt AfD-Bundestagskandidaten im Wahlkampf überwachen lassen möchte, wie wir vergangene Woche den Medien entnehmen konnten?

[Lachen von Anja Kofbinger (GRÜNE) – Zuruf von den GRÜNEN: Einsperren wäre besser! – Zurufe von der AfD]

Ich nehme an, Herr Senator Behrendt antwortet. – Bitte schön, Herr Senator!

[Georg Pazderski (AfD): Gibt es da keine Rüge? „Einsperren wäre besser“, hat er gesagt! – Weitere Zurufe von der AfD]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter! Wenn es nötig ist, durchaus. Wir überwachen keine AfD-Kandidaten, wir überwachen auch keine anderen Kandidaten. Wenn allerdings Kolleginnen und Kol

(Bürgermeisterin Ramona Pop)

legen, die im Lande Berlin Beamte oder Richterinnen und Richter sind, für gesetzgebende Körperschaften kandidieren, dann haben sie sich an Recht und Gesetz zu halten.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Und das Recht steckt einen Rahmen für politische Tätigkeit, für Kandidaturen, für Äußerungen aller politischen Couleurs ab. Und das heißt: Mäßigung und Zurückhaltung und jederzeit Gewähr dafür bieten, für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzutreten. Das ist meine Aufgabe als Justizsenator für meinen Bereich.

[Zuruf von Georg Pazderski (AfD)]

Es gibt in meinem Bereich zwei Kandidierende der AfD für den Deutschen Bundestag. Das sind eine Richterin und ein Oberstaatsanwalt – den haben Sie offenbar in Bezug genommen –, der auf Platz 2 der Brandenburger Landesliste kandidiert. Und wir werden, habe ich gesagt, die Medienberichterstattung über Wahlkampfreden, über Wahlkampfauftritte auszuwerten haben, ob die Kandidatin und der Kandidat sich hier an den rechtlichen Rahmen halten.

Ich würde mir einen Wahlkampf wünschen – das sage ich auch ganz offen –, wo wir da nicht von den Mitteln des Dienstrechts Gebrauch machen müssen, wo darauf verzichtet wird, die Grenzen, die dort abgesteckt sind, zu überschreiten, und wo wir sachlich hart in der Sache über die besten Konzepte für unsere Republik streiten und dabei aber davon absehen, den dienstrechtlichen Rahmen zu verlassen. Und leider lassen Äußerungen im öffentlichen Diskurs

[Frank-Christian Hansel (AfD): Wie es gerade da drüben auch gewesen ist!]

aus Ihrer Partei aus anderen Bundesländern nicht das Beste vermuten. Dort wird der Bereich der Sachlichkeit eindeutig verlassen.

[Zuruf von Frank-Christian Hansel (AfD)]

Dort wird der Bereich des Faktischen eindeutig verlassen, und dort wird Hetze betrieben.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Halten Sie sich lieber zurück!]

Und da kann ich Ihnen sagen: Das werden wir nicht so geschehen lassen. Wenn Kandidierende, die im öffentlichen Dienst des Landes Berlin arbeiten, sich daran beteiligen sollten, dann werden wir das Dienstrecht auch einsetzen; denn wir sind eine wehrhafte Demokratie. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Die erste Nachfrage – Herr Kollege Woldeit!

Herr Justizsenator Behrendt! Sehen Sie es mir nach, aber wenn Sie persönliche Bewertungen und Beobachtungen und Ähnliches in diesem Kontext so argumentieren, hat das was von Stasi-Methoden, das sage ich mal ganz deutlich.

[Beifall bei der AfD – Oh! von den Grünen]

Herr Kollege! Erstens mal ist das keine Frage, und zweitens überschreiten Sie ihre Grenzen!

[Zurufe von der AfD]

Also stellen Sie bitte Ihre sachliche Nachfrage!

[Zurufe von der AfD]

Zu meiner Nachfrage – –

[Zurufe von der AfD]