Protokoll der Sitzung vom 13.12.2000

(Beifall bei der CDU)

Die Aufhebung des Vorkostenabzugs bei einer nach dem Eigenheimzulagegesetz begünstigten Wohnung und die Absenkung der Einkommensgrenzen für die Eigenheimzulage sind jedoch eine Keule gegen die Bereitschaft unserer Bürgerinnen und Bürger, sich Eigentum anzusparen.

(Abg. Dr. Witzel Bündnis 90/Die Grünen: Sagen Sie doch mal, auf welche Grenze abgesenkt wird!)

Auch dies ist ein reparaturbedürftiger Irrtum.

Die CDU wird dagegen in ihren Landesbauprogrammen unbeirrt ihren Weg der Eigentumsbildung fortsetzen.

(Abg. Fleischer CDU: Sehr gut!)

Die Eigentümerquote im Land zu verstärken ist eine gesellschaftspolitische Aufgabe. Wir fordern, die Vermögensbildung über eigengenutzte Wohnungen mit der tradierten Altersvorsorge steuerlich und rentenrechtlich gleichzustellen.

Die CDU wird die Fördermöglichkeit von jungen Familien mit Kindern, auch mit einem Kind, sowie die Förderung des Erwerbs von gebrauchten Wohnungen für Familien mit Kindern weiterentwickeln.

(Abg. Fleischer CDU: Das ist wichtig!)

Die Privatisierung von Wohnungsbeständen und der Kauf von gebrauchten Wohnungen sind in einen dynamischen Prozess der Eigentumsbildung für breite Schichten der Bevölkerung einzubinden.

Im Fokus unserer Bemühungen wird die kinderreiche und einkommensschwache Familie bleiben. In diesem Zusammenhang vermerken wir natürlich auch positiv, dass durch die Wohngeldnovelle eine Anpassung erfolgt, die auch den sozialen Mietwohnungsbau erreichen wird. Auf diesem Felde müssen wir die Bundesregierung zwingen, noch mehr zu tun.

(Abg. Schmiedel SPD: Was heißt da „zwingen“? Bedanken soll man sich!)

Der soziale Mietwohnungsbau kann nicht allein über die Länder sichergestellt werden.

Millionen Menschen sind als Mieter auf gute, bezahlbare Wohnungen angewiesen. Für Millionen Vermieter gehören Erträge aus Wohnungsvermietung zur Sicherung ihres Lebensstandards. Es ist unbestritten, dass Städtebau und Wohnumfeld die Lebensqualität bestimmen und die Wohnung als Lebensmittelpunkt ein unverzichtbares Element der Daseinsvorsorge darstellt. Aus diesem Grunde wird auch die Wohnungsbaupolitik, die Förderpolitik im Zentrum unserer politischen Entscheidungen in den nächsten Jahren stehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Sei- metz CDU: Sehr gut! – Abg. Oelmayer Bünd- nis 90/Die Grünen: Wenn Sie noch etwas zu ent- scheiden haben! – Abg. Christine Rudolf SPD: Da müssen Sie aber einiges ändern!)

Das Wort erhält Herr Abg. Schmiedel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Minister, Sie verabschieden sich aus dieser Legislaturperiode als Wohnungsbauminister so, wie Sie gestartet sind. Sie erinnern sich vielleicht an den Sommer 1996. Damals hatte der Bund angekündigt, die Wohnungsbaufördermittel abzusenken, und es folgte ein Hilfeschrei des Wohnungsbauministers in Baden-Württemberg: Jetzt muss das Land mehr für den Wohnungsbau tun. Wir müssen die gestrichenen Bundesmittel ersetzen, denn eine mittelfristig angelegte Wohnungsbaupolitik macht dies erforderlich.

Das war ein löblicher, ein mutiger Einsatz als Wohnungsbauminister. Als aber dann im Winter die Blaue Broschüre kam, hat sie diese Erwartungen nicht nur nicht erfüllt, sondern das glatte Gegenteil war der Fall. Sie haben die gestrichenen Bundesmittel nicht ersetzt. Sie haben nicht einmal den Landesanteil gehalten, sondern Sie haben das Wohnungsbauprogramm rasiert und die Förderung von 800 Millionen DM auf 400 Millionen DM abgesenkt.

(Zuruf der Abg. Christine Rudolf SPD – Abg. Flei- scher CDU: Sie dürfen das nicht beklagen, Herr Schmiedel!)

Seien Sie ruhig, Herr Fleischer. Sie haben das alles unterstützt.

(Abg. Fleischer CDU: Sie dürfen das nicht bekla- gen! Sie zuletzt!)

Im Sommer dieses Jahres kam von Ihnen ein ähnlicher Hilfeschrei. Sie haben gesagt: Jetzt haben wir den Untersuchungsbericht der Kommission.

(Abg. Deuschle REP: Ja, den habe ich auch!)

Das erfordert eine Wende in der Wohnungsbaupolitik in Baden-Württemberg. Die ist auch gut begründet, denn – auch die Drucksache der Landesregierung weist dies nach – wir bräuchten mittelfristig 50 000 Wohnungen im Land Baden-Württemberg, um den Bedarf sicherzustellen. Bei einer Eigentumsquote von 50 % bedeutet das 25 000 Mietwohnungen, aber in diesem Jahr sind es noch 18 000, im nächsten Jahr noch weniger. Das heißt, wir marschieren in eine Fehlentwicklung hinein.

Das haben Sie erkannt und haben mehr gefordert. Jetzt legen Sie erneut die Blaue Broschüre vor, und wir stellen wieder fest: Es bleibt ohne Ergebnis. Herr Minister, es tut mir Leid, aber Sie sind der erfolgloseste Wohnungsbauminister des Landes Baden-Württemberg.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das Schlimme dabei ist: Sie laufen regelmäßig bei Ihrem Koalitionspartner CDU mit Ihren Forderungen auf.

(Abg. Fleischer CDU: Das kann nur ein Marktwirt- schaftler sagen, der vom Bedarf keine Ahnung hat!)

Dieser macht sich über Minister Döring noch geradezu lustig. Es ist doch ein unglaublicher Vorgang, wenn der Finanzminister des Landes Baden-Württemberg, Herr Stratthaus, bei der Landestagung des Deutschen Mieterbunds in Ludwigsburg auftritt und am Rednerpult erklärt, er sei völlig überrascht und finde das eigentlich auch unerträglich wenig, wenn das Wirtschaftsministerium gerade noch 200 Mietwohnungen subventioniert.

(Abg. Kurz CDU: 300!)

Das sagt der Finanzminister des Landes Baden-Württemberg.

(Abg. Fleischer CDU: 300 sind es noch! Er hat da- mals „300“ gesagt!)

Das war im letzten Jahr, Herr Kollege. Da waren es 200 Wohnungen.

Bei Ihrer Großen Anfrage, Herr Kurz, gehen Sie eigentlich auch nicht anders vor. Erst geben Sie ihm überhaupt keine Mittel an die Hand, um seinen Forderungen nachzukommen, und dann stellen Sie besorgt Große Anfragen und äußern: Können wir denn eigentlich so weiter kürzen? Müssten wir nicht mehr tun? Müssen wir Schwerpunkte bilden? Und, und, und. So. Und weil Sie in der Wohnungspolitik des Landes Baden-Württemberg versagen, bauen Sie jetzt einen bundespolitischen Popanz auf. Mit dem möchte ich mich jetzt beschäftigen.

(Zuruf des Abg. Fleischer CDU)

Das erste Argument von Ihnen – auch in Ihren Zwischenrufen – ist permanent: Der Bund kürzt ja. Also können wir gar nicht anders als kürzen. Das ist die Bankrotterklärung für eine eigenständige Wohnungspolitik in Baden-Württemberg.

(Beifall des Abg. Seltenreich SPD)

Wohnungspolitik, Herr Kollege, ist Ländersache. Der Bund gibt nach Artikel 104 a Abs. 4 des Grundgesetzes ergänzende Hilfen. Das ist auch verständlich. Wir haben einen völlig unterschiedlichen Wohnungsmarkt in der Republik. Wir haben Leerstände im Osten. Wir haben einen relativ ausgeglichenen Markt in Baden-Württemberg, und wir haben Probleme in den Ballungsräumen und in den großen Städten.

(Abg. Fleischer CDU: So ist es!)

Also brauchen wir eigenständige Antworten der Landesregierungen. Aber was hören wir? Der Bund kürzt, also müssen wir auch kürzen, also können wir nichts mehr tun. Der Bund soll erhöhen, damit wir auch erhöhen können. Vor der Regierungszeit von Herrn Döring war es selbstverständlich,

(Minister Dr. Döring: Oh, Herr Schmiedel!)

dass das Land Baden-Württemberg nicht nur kofinanziert hat, sondern eine eigenständige Politik betrieben hat und ein Mehrfaches von dem, was der Bund gegeben hat, in den Wohnungsbau investiert hat. Deshalb kann man sich nicht hinter dem Bund verstecken, sondern muss eine eigene Antwort in Baden-Württemberg finden.

(Abg. Fleischer CDU: Blamable Rabulistik!)

Als Zweites kommt jetzt die Anfrage zu den angeblichen Investitionshemmnissen. Da muss man auch einmal ein bisschen hineingehen. Das fängt ja schon toll an mit der Frage: Muss das denn jetzt überhaupt sein? Muss zu diesem Zeitpunkt eine Mietrechtsreform sein? So kann ja wohl nur jemand fragen, der sich in 16 Jahren Kohl-Regierung daran gewöhnt hat, dass Stillstand der Zustand der Politik ist.

(Abg. Dr. Witzel Bündnis 90/Die Grünen: Sehr gut! – Lachen der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Denn wenn man zurückgeht zu dem, was der Ausgang dieser Mietrechtsreform ist, dann geht das ins Jahr 1974. Da hat der Deutsche Bundestag die Bundesregierung beauftragt, eine Mietrechtsreform vorzunehmen, und zwar mit guten Gründen: Weil das Mietrecht in der Formulierung antiquiert und kaum verständlich war,

(Abg. Fleischer CDU: Das ist richtig!)

weil es durch verschiedene Zusätze in verschiedenen Gesetzen ergänzt war und weil es durch Rechtsprechung weiterentwickelt war. Deshalb war es für Mieter wie für Vermieter kaum noch nachvollziehbar und wenig praktikabel.

(Abg. Fleischer CDU: Das war der erste richtige Satz von Ihnen!)

Dies hat der Bundestag 1974 beschlossen. Wir haben es in der sozial-liberalen Koalition nicht geschafft. Das ist wegen zentraler Interessengegensätze mit der FDP nicht zustande gekommen. Sie haben es auch nicht geschafft. Sie haben 1990 eine Expertenkommission eingesetzt. Sie hat Ergebnisse geliefert, die Sie aber nicht umgesetzt haben.

(Zuruf des Abg. Dr. Witzel Bündnis 90/Die Grü- nen)