Protokoll der Sitzung vom 13.12.2000

(Beifall bei der SPD)

Wer käme denn, wenn er einigermaßen seriös und vernünftig ist, überhaupt auf die Idee, heute eine Entlastung auszusprechen, wenn Vorwürfe im Raum stehen, die exakt dieses Rechnungsjahr betreffen?

(Abg. Deuschle REP: Eben!)

Da kann es heute ja gar keine Entlastung geben,

(Abg. Haasis CDU: Um Gottes willen!)

sondern es muss abgewartet werden, bis die Ergebnisse der weiteren Ermittlungen vorliegen. Insofern kann es doch kein Erfolg sein, Herr Kollege, dass man etwas Selbstverständliches durchsetzt. Wenn Sie dies als Erfolg verkaufen müssen, muss ich Sie fragen, was eigentlich in Ihrer Koalition los ist; denn unter normalen Geschäftsleuten kommt so etwas überhaupt nicht infrage.

(Beifall bei der SPD)

Dritter Punkt – jetzt geht es auch ans Parlamentsverständnis –: Was mich schon wundert – das sage ich jetzt als einer, der das relativ gelassen sehen kann –, ist: Da redet jeder. Da gibt Herr Pfister und da gibt Herr Oettinger, da geben alle möglichen Leute Erklärungen vor jedem Mikrofon ab, das ihnen vorgehalten wird, aber hier im Parlament soll nicht debattiert und entschieden werden. Was ist das für ein Parlamentsverständnis?

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten des Bünd- nisses 90/Die Grünen – Abg. Fleischer CDU: Er hängt es viel zu hoch!)

Dann der vierte Punkt: Herr Pfister, gestern haben Sie erklärt, die FDP/DVP-Landtagsfraktion wolle Herrn Landtagspräsidenten Peter Straub ersuchen, disziplinarrechtliche Vorermittlungen gegen Rechnungshofpräsident Martin Frank einzuleiten.

(Abg. Kluck FDP/DVP: Das wollen wir immer noch!)

Ein Fraktionssprecher teilte am Dienstag mit, der Beschluss sei einstimmig gefallen.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Richtig!)

Dann kommt die Begründung: wegen des Rufs des Rechnungshofs. Und dann sagen Sie: Pfister forderte den Koalitionspartner CDU auf, den Antrag zu unterstützen.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Das geschieht jetzt!)

Wo bleibt Ihr Antrag, lieber Herr Kollege Pfister?

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten des Bünd- nisses 90/Die Grünen – Unruhe)

Der muss hier ins Parlament kommen. Dann hat das Parlament hier Gelegenheit, zu diesem Antrag seine Meinung zu sagen. Wo sind wir denn eigentlich,

(Zuruf von der CDU)

wenn wir alles außerhalb des Parlaments erörtern, diskutieren und große Erklärungen abgeben und uns dann, wenn es darauf ankommt, hier im Parlament darum drücken, klare Entscheidungen zu treffen?

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten des Bünd- nisses 90/Die Grünen – Zuruf des Abg. Drexler SPD)

Herr Kollege Pfister, mein Fraktionsvorsitzender hat vorhin eine Erklärung zu dem Vorgang abgegeben und gesagt – er hat das Bild verwendet –, Sie seien als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet.

(Abg. Hans-Michael Bender CDU: Oh, ist das aus- gelutscht! – Abg. Haasis CDU: Das hat eine Zei- tung schon zu Schröder geschrieben!)

Entschuldigung, mit Verlaub! Das ist fast eine Beleidigung für einen Bettvorleger. So, wie Sie sich verhalten, ist der Bettvorleger eine Perserbrücke im Vergleich zu Ihrem Verhalten, Herr Kollege Pfister,

(Beifall bei der SPD)

weil Sie gestern noch klare konkrete Anträge angekündigt haben,

(Abg. Pfister FDP/DVP: Ja!)

sich heute Morgen noch ähnlich verhalten haben, aber im Laufe des Mittagessens von Ihrem Koalitionspartner umgedreht worden sind und jetzt nicht das tun dürfen, was Sie gestern noch gewollt haben. Dies ist der eigentliche Punkt.

(Beifall bei der SPD – Abg. Pfister FDP/DVP: Nein! – Abg. Fleischer CDU: Jetzt doch tiefer hän- gen! Mein lieber Junge! Jetzt dramatisiert er aber! Geh zum Turnerbund! – Gegenruf des Abg. Drex- ler SPD: Graf von Fürstenberg, Ruhe! – Unruhe)

Nein, das hat nichts mit Dramatisierung zu tun. Ich sage das auch in Ihre Richtung, lieber Herr Kollege.

(Anhaltende Unruhe und Zurufe)

Nein, nein. Das ist schon eine Frage des Parlamentsverständnisses. Wer ein bisschen Selbstachtung vor seiner eigenen Funktion hat, der kann diesen Antrag der FDP/DVP nur ablehnen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten des Bünd- nisses 90/Die Grünen)

Das Wort erteile ich Frau Abg. ErdrichSommer.

(Abg. Birzele SPD: Der Herr Oettinger redet gar nicht! Er lässt nur reden!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es wäre notwendig gewesen, hier und heute eindeutige und klare Aussagen über das zu machen, was den Rechnungshof in seiner Glaubwürdigkeit und als untadelige Instanz massiv belastet. Es wäre notwendig gewesen, das hier öffentlich zu tun und nicht über die Presse, wie es derzeit geschieht. Ich glaube, dass wir dem Rechnungshof, seiner Glaubwürdigkeit und seinem Ansehen in Zukunft nicht mehr schaden können, als wenn wir das über die Presse, über Hinterzimmergespräche und über ein nicht parlamentarisches Verfahren austragen und nicht über das, was eine normale, ordentliche Gepflogenheit in diesem Hause ist.

(Abg. Drexler SPD: Da hat sie Recht!)

Ich muss auch daran erinnern, dass wir im Finanzausschuss dafür plädiert haben, dass sich der Finanzausschuss in einer weiteren und nicht öffentlichen Sitzung mit dem Thema Rechnungshof befasst, damit die Vorgänge klar aufgearbeitet werden und dem Parlament dann entsprechende Vorschläge unterbreitet werden. Dies hat die CDU abgelehnt. Sie wollte das hier ins Parlament bringen. Ich verstehe nicht, was sich gegenüber der Situation im Finanzausschuss geändert hat und warum Sie jetzt sagen, Sie wollten heute nicht diskutieren.

(Zuruf des Abg. Deuschle REP)

Wir hätten das gern im Finanzausschuss nach Weihnachten noch einmal ordentlich behandelt. Nachdem Sie dies aber abgelehnt haben, sollten wir die Diskussion darüber jetzt führen, nachdem die Prüfung der Rechnung des Rechnungshofs hier im Parlament auf der Tagesordnung steht und die Öffentlichkeit zu Recht sagt, sie wolle wissen, wie sich die einzelnen Fraktionen dazu stellten und welche Konsequenzen die einzelnen Fraktionen sehen könnten. Wir sollten die Diskussion nicht wieder vertagen – mit dem Ergebnis, dass der Spekulation Tür und Tor geöffnet wäre.

Deswegen bitte ich Sie im Sinne einer raschen Klärung der Situation und im Sinne der Beibehaltung oder zumindest der Wiederherstellung der Autorität des Rechnungshofs, diese Diskussion heute tatsächlich mit uns zu führen und nicht auf Ihrem Antrag zu bestehen, diese Debatte abzusetzen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Rapp.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch wir halten es für notwendig, dass diese Debatte heute geführt wird, und zwar deshalb, damit der Rechnungshof endlich wieder beginnen kann, ohne Vorwürfe zu arbeiten, und er endlich nicht mehr das Wahlkampfmaterial für SPD und Grüne bietet.

(Beifall bei den Republikanern – Lachen des Abg. Drexler SPD)

So ist es! Sie wollen mit dem, was Sie machen, den Präsidenten des Rechnungshofs treffen, aber Sie treffen die ganze Behörde und merken gar nicht, wie schnell es gehen kann, dass diese Behörde nicht mehr so arbeitsfähig ist, wie wir es von ihr gewohnt waren.

(Beifall bei den Republikanern – Abg. Marianne Erdrich-Sommer Bündnis 90/Die Grünen: Das stimmt ja einfach nicht!)

Herr Pfister, ein Problem bei Ihnen ist: Im Finanzausschuss wusste die FDP/DVP noch gar nicht so richtig, wie sie mit dem Problem eigentlich umgehen will, und jetzt ist – kurzerhand – Herrn Pfister eingefallen, dass man sich ja mal vom Koalitionspartner ein bisschen absetzen kann.

(Abg. Brechtken SPD: Aber nicht so ganz!)

Und jetzt schreiben Sie ein paar Tage lang Pressemitteilungen, bis dann Herr Oettinger kommt und Sie platt macht, und dann spuren Sie wieder wie gewohnt.

(Heiterkeit und Beifall bei den Republikanern – Heiterkeit des Abg. Brechtken SPD – Zuruf des Abg. Haasis CDU)