Sie stellen sie zum dritten Mal und tun immer so, als wäre sie unbeantwortet, aber Sie wissen, dass jede Frage beantwortet werden kann.
Wir befinden uns seit Jahren in einer Diskussion darüber, wie man die Gesellschaft vor solchen Straftätern – –
Erstens: Welche Personen sind in den letzten drei Jahren aus der Haft entlassen worden und wieder straffällig geworden und hätten nach diesem Gesetzentwurf weiter untergebracht werden können?
Zweitens: Welche Personen sind gegenwärtig in den Haftanstalten, deren Entlassung im nächsten halben Jahr ansteht und bei denen nach Ihrer Auffassung die Voraussetzungen für eine weitere Unterbringung gegeben sind?
Für die Antwort ist für mich relevant, dass wir nach Informationen der Anstaltsleiter in den letzten fünf Jahren etwa 20 Fälle hatten.
(Abg. Birzele SPD: Dann müssten Sie 20 Strafta- ten gehabt haben! – Gegenruf des Abg. Rech CDU: Nein, zwei! – Abg. Troll REP: Schon einer ist zu viel!)
Außerdem hatten wir vor einigen Jahren einen Fall, den der Kollege Schäuble zitiert hat. Wir hatten aber auch einen vor wenigen Monaten, bei dem der Betroffene jetzt unter dem Verdacht der Vergewaltigung steht – das ist übrigens der Pressemitteilung beigefügt. Ich frage mich außerdem, was Sie mit dieser Fragestellung eigentlich sagen wollen: dass wir etwas, was richtig ist, jetzt nicht machen sollten, weil wir es aus irgendeinem Grund in den nächsten drei Wochen vielleicht nicht brauchten? Bei uns sitzen 9 000 Strafgefangene in den Anstalten. Nehmen wir einmal an, mehrere Hundert Straftäter sitzen – –
In der Vergangenheit gab es genug Fälle, und wir müssen monatlich mit einem rechnen. Das ist die Antwort auf Ihre Frage. Ich weiß gar nicht, warum Sie ständig wieder auf diese Frage kommen.
Für jeden denkenden Menschen ist doch sonnenklar, dass so etwas im nächsten und im übernächsten Monat wieder passieren kann
und dass man in einem Land – jetzt hören Sie sich bitte doch auch die Antwort an – mit 20 Strafanstalten nicht mit Sicherheit sagen kann, ob dieser Fall im Mai oder im Juni eintritt und wer wann genau den Zweidritteltermin vom Gericht zugebilligt erhält.
dass solche Fälle in der Vergangenheit eingetreten sind und dass sie auch in der Zukunft eintreten werden. Das könnte man doch einmal begreifen.
Seit drei Jahren arbeiten wir an diesem Thema. Wir haben den sachverständigen Rat eines angesehenen Rechtswissenschaftlers eingeholt. Wir stützen uns auf das Votum unserer Experten im Innen- und im Justizministerium und sogar auf Stimmen aus dem Bundesministerium der Justiz. – Freunde, Sie hören nicht zu. Was soll eine Anhörung bei jemandem nützen,
(Abg. Birzele SPD: Sie beantworten ja gar keine Frage! – Zuruf des Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grünen – Glocke des Präsidenten)
Ich mache Ihnen jetzt einen Vorschlag: Sie hören sich den Rest an; Sie versuchen das einfach einmal.
So muss man manchmal mit kleinen Kindern reden. – Hinterher können Sie dann alle Fragen stellen, die Ihnen dann noch offen zu sein scheinen.
Wir sind überzeugt, dass wir einen verfassungsrechtlich einwandfreien Weg gefunden haben, mit dem wir Opfer vor gefährlichen Straftätern schützen. Dabei geht es um Gefahrenabwehr. Alle Einwände gegen die Landesgesetzgebungskompetenz, die übrigens in letzter Zeit gar nicht mehr deutlich erhoben werden, sind mittlerweile widerlegt. Die Prävention und die Gefahrenabwehr sind eine ureigene Landeskompetenz. Deswegen ist für mich und für den Betrachter, der sich die Sache lange genug angesehen hat, heute eigentlich gar nicht mehr zweifelhaft, dass wir als Land eine Gesetzgebungskompetenz haben.
Sie haben stark betont, dass wir auf eine zusätzliche öffentliche Anhörung verzichtet haben. Dieser Verzicht war nach meiner Meinung auch richtig, weil die wesentlichen Argumente ausgetauscht sind. Meine Damen und Herren, was hätte eine Anhörung denn noch gebracht? Ich glaube schon, dass es Ihnen gelungen wäre, weitere Sachverständige von der Art zu benennen, wie wir sie schon gehabt haben, die zum Beispiel überhaupt gegen eine Sicherungsverwahrung sind, so wie der von Ihnen genannte Sachverständige, der schon gegen die geltende Sicherungsverwahrung ist, wie sie derzeit im Gesetz steht. Das ist für mich so ähnlich, wie wenn ich zu einer bestimmten Operationsform einen Sachverständigen einladen würde, der überhaupt gegen die konventionelle Medizin ist. Ich weiß dann schon, was der sagt. Solche Sachverständige hätten Sie vielleicht ge
funden. Aber ich garantiere Ihnen: Wir hätten mindestens genau so viele gefunden, die attestieren, dass der von uns gewählte Weg in Ordnung ist. Also, was soll das Ganze – außer dass es zu einer Zeitverzögerung führt, die niemandem etwas bringt?
Man muss sich am Schluss auch ein Stück weit auf seinen gesunden Menschenverstand verlassen und den Schritt, den wir jetzt tun, beurteilen. Wir tun einen wichtigen und einen logischen Schritt zum Schutz vor Rückfalltätern – nicht mehr und nicht weniger.
Es geht – und das verliert man manchmal ein bisschen aus den Augen – darum, dass das Strafgesetzbuch aktuell ja schon die Sicherungsverwahrung kennt, dass darüber nach der derzeitigen Rechtslage aber schon mit dem Urteil entschieden wird. Wir halten es nicht für sinnvoll, schon mit dem Urteil zu entscheiden, sondern wir meinen, es wäre sinnvoller, kurz vor einer anstehenden Entlassung darüber zu entscheiden. Deswegen verschieben wir in unserem Gesetzentwurf den Beurteilungszeitpunkt nach hinten. Das ist richtig und logisch.
Mir soll einmal jemand sagen, wo eigentlich die verfassungsrechtlichen Risiken dieses Verfahrens liegen, wenn ich bei dem ganzen Verfahren die ursprünglichen Hürden der Sicherungsverwahrung so belasse, wie sie sind, und nur den Zeitpunkt der Entscheidung verschiebe. Natürlich sind Einwände erhoben worden: Europäische Menschenrechtskonvention und Ähnliches. Aber alle diese Einwände müssten sich, wenn man sie ernst nähme, schon gegen die bestehende Sicherungsverwahrung richten, was aber kein vernünftiger Mensch tut. Wir haben bei unserem Gesetz die hohen Hürden, die schon jetzt im Verfahren der Sicherungsverwahrung vorgesehen sind, übernommen und sie sogar um weitere anspruchsvolle Prüfungen ergänzt, sodass man heute sagen muss, dass der Schutz und die rechtsstaatlichen Schutzvorkehrungen in der Summe noch deutlicher zum Ausdruck kommen als bei der Sicherungsverwahrung, die schon jetzt nach dem Gesetz vorgesehen ist.
Meine Damen und Herren, wir reagieren mit diesem Gesetzentwurf entschlossen auf Gefangene, bei denen die formalen Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung erfüllt sind, die sich im Vollzug allen Resozialisierungsbemühungen widersetzt und entzogen haben und bei denen zwei Sachverständige, von denen einer von außerhalb kommen muss, eine hohe Rückfallgefahr bescheinigen.
Meine Damen und Herren, ich glaube, in diesen Situationen kann jede Abwägung zwischen den Interessen der möglichen Opfer einer Straftat und dem Interesse des Straftäters, wieder in Freiheit zu kommen, nur zu einem eindeutigen Ergebnis kommen: Der Schutz des Opfers muss den eindeutigen Vorrang genießen.
Unter diesem Vorzeichen stellt sich auch nicht die Frage, ob wir hier reagieren dürfen, meine Damen und Herren, sondern es stellt sich umgekehrt die Frage: Darf man zuwarten? Darf man einen Tag, einen Monat zuwarten, wenn man genau weiß, was man tun könnte, wenn man alle Grundlagen beieinander hat?
Das darf man nicht. Man darf keinesfalls zuwarten, bis sich diese Gefahr verwirklicht, bis neue Opfer zu beklagen sind.
Meine Damen und Herren, der Rechtsstaat ist nicht nur für die Täter da, er muss auch für die Opfer da sein.
Deswegen bitte ich Sie um Zustimmung zu diesem Entwurf und bedanke mich bei den die Regierung tragenden Fraktionen dafür, dass sie diesen Entwurf im Vorfeld der Beratungen unterstützt haben.
Herr Kollege Oelmayer, ich muss einiges zurechtrücken. Ihnen darf man auch nicht den kleinsten Finger des Verstehens entgegenstrecken. Sie beißen sofort zu wie ein hungriges Krokodil.