Zur Schadenfreude gibt es für niemanden Anlass und für Häme erst recht nicht. Es steht nicht nur die Glaubwürdigkeit der politischen Partei auf dem Spiel, sondern im Wesentlichen steht die Glaubwürdigkeit der Demokratie und des demokratischen Rechtsstaats auf dem Spiel – nicht mehr und nicht weniger.
Ich glaube nicht, dass wir in einer Staatskrise sind, aber klar ist natürlich auch: Wenn wir eine Staatskrise verhindern wollen, dann ist es dringend notwendig, zum einen auf die Selbstreinigungskräfte der Demokratie zu setzen – darauf setze ich auch –;
aber darüber hinaus bleibt nichts anderes übrig, als in allen Fällen bis in das letzte Detail Aufklärung zu betreiben. Die Dinge müssen auf den Tisch. Es müssen auch harte personelle Konsequenzen gezogen werden. Nur auf diese Art und Weise, meine Damen und Herren, wird es möglich sein, das Vertrauen der Bürgerschaft insgesamt in die Politik zurückzugewinnen.
Ich möchte mich vor allen Dingen gegen eines verwehren: Ich wehre mich gegen Sippenhaft und gegen Kollektivschuld.
Ich wehre mich dagegen, dass alle Parteien und alle Politiker einfach in einen Topf geworfen werden.
Ich wehre mich vor allen Dingen deshalb dagegen, weil ich nicht will, dass Tausende von ehrenamtlich tätigen Kommunalpolitikern mit in diesen Sumpf hineingezogen werden, die das nun bei Gott nicht verdient haben, sondern denen wir dafür danken müssen und dankbar sein müssen, dass sie ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit in der Kommunalpolitik und an anderer Stelle nachgehen. Sie haben es nicht verdient, in diesem Zusammenhang auch in diesen Topf geworfen zu werden.
Aber lassen Sie mich zurück zur Landespolitik kommen, weil ich glaube, dass es hier viel Erfreulicheres zu berichten gibt.
Herr Kollege Kuhn, ich bin froh darüber, dass wir in Baden-Württemberg ein höheres wirtschaftliches Wachstum als in anderen Bundesländern haben. Ich bin froh darüber, dass wir in Baden-Württemberg einen größeren Rückgang bei der Arbeitslosigkeit als in anderen Bundesländern haben – übrigens nicht demographisch bedingt, sondern durch den Zuwachs von neuen Arbeitsplätzen. Ich bin froh darüber, dass wir in Baden-Württemberg eine Lehrstellenbilanz haben, von der man sagen kann, dass jeder Jugendliche in Baden-Württemberg eine Lehrstelle erhalten kann, wenn er das wirklich will. Wenn Sie behaupten, dass wir gerade im Bereich der neuen Technologien zu wenig täten, dann sage ich Ihnen: Baden-Württemberg ist in der Zwischenzeit, wenn es um Existenzgründungen geht, im Bereich Multimedia und auch im Bereich Biotechnologien der führende Standort in der Bundesrepublik Deutschland geworden. Das war nicht immer so. Auf die jetzige Situation können wir stolz sein.
Besonders wichtig ist: Wir schaffen nicht nur neue Arbeitsplätze, sondern wir schaffen vor allen Dingen zukunftssichere Arbeitsplätze. 27 % aller in den letzten Jahren neu geschaffenen Arbeitsplätze sind in Hightechbereichen ge
schaffen worden, das heißt, es sind nicht nur rein quantitativ neue Arbeitsplätze, sondern auch qualitativ zukunftssichere Arbeitsplätze. Das ist das Besondere an Baden-Württemberg. Ich finde, wenn die Politik die Aufgabe hat, die Zukunftschancen der Menschen zu verbessern, dann können wir mit diesen Zahlen positiv aufwarten. Ich finde, wir alle, auch die, die in der Opposition sind, sollten eigentlich Baden-Württemberger genug sein, um zu sagen: Auf diese Entwicklung können wir alle miteinander stolz sein.
Ich möchte unbedingt erreichen, dass diese wirtschaftliche Belebung von Dauer ist. Ich möchte erreichen, dass jetzt wirklich eine große Steuerreform kommt. Sie ist die Voraussetzung dafür, dass weiterhin Investitionen und Arbeitsplätze geschaffen werden. Diese Steuerreform muss drei Bedingungen erfüllen: Sie muss zu niedrigen Steuersätzen führen, sie muss einfach sein, und sie muss gerecht sein.
Das, was im Augenblick in Berlin von Herrn Eichel vorliegt, wird diesem Anspruch nach meiner Überzeugung noch nicht gerecht. Das gilt insbesondere für den Bereich der Mittelstandspolitik. Ich halte die nach wie vor vorgesehene Spreizung zwischen Körperschaftsteuer auf der einen Seite und Einkommensteuer auf der anderen Seite nicht nur für verfassungsrechtlich problematisch, sondern auch unter mittelstandspolitischen Gesichtspunkten vielleicht für einen Beitrag zu mehr Bürokratie, aber nicht für einen Beitrag zur Entlastung des Mittelstandes.
Dass wir es mit dieser Steuerreform ernst meinen, können Sie auch daran erkennen, dass wir im Haushaltsentwurf für das Jahr 2001 bereits Vorsorge dafür getroffen haben, dass zunächst einmal mit steuerreformbedingten Mindereinnahmen gerechnet werden muss. Aber wir haben einen Rechnungsabschluss 1999, der im Detail noch nicht bekannt ist, und dieser Rechnungsabschluss wird uns die Möglichkeit für zwei Dinge geben: Erstens können wir mit diesem Rechnungsabschluss auch noch mehr Vorsorge für die Mindereinnahmen in Sachen Steuerreform treffen, und zweitens haben wir die Möglichkeit, über die Rückführung der Nettoneuverschuldung noch zusätzliche Mittel für die Rückführung der Neuverschuldung zu erreichen.
Das ist übrigens nicht nur die Politik der FDP/DVP, die das angestoßen hat, sondern das ist auch von der Landesregierung in einem Kabinettsbeschluss vom 20. Januar des vergangenen Jahres so festgehalten worden.
Wichtig ist: Wir haben im vergangenen Jahr die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Neuverschuldung des Landes gegenüber der Finanzplanung um jährlich 300 Millionen DM abgesenkt werden kann. Wir haben damit auch der Versuchung widerstanden – im Gegensatz zu fast allen anderen Bundesländern –, mit diesen Steuermehreinnahmen groß angelegte neue Ausgabenprogramme zu finanzieren. Jetzt wird es darauf ankommen, dass dieser Prozess der Absenkung der Nettokreditaufnahme auch von Dauer sein wird. Das Ziel ist jedenfalls für mich und für
Dafür haben wir einen Fahrplan entwickelt. Wenn man ein solches Ziel erreichen will, muss man einen Fahrplan entwickeln. Dieser Fahrplan sieht so aus: 1,8 Milliarden DM 2001, dann 1,5 Milliarden DM, dann 1,2 Milliarden DM. Das sind die Daten der mittelfristigen Finanzplanung. Wenn wir dies planmäßig fortführen, haben wir eine gute Chance – Herr Kollege Oettinger, ich will dies, damit das klar ist –, im Jahr 2005 oder 2006 zum ersten Mal seit Jahren und Jahrzehnten in Baden-Württemberg nicht zusätzliche Schulden machen zu müssen, nicht zusätzliche Schulden obendrauf setzen zu müssen, sondern endlich eine Nettoneuverschuldung von null zu erreichen. Das wäre ein wichtiges Ziel für die Landespolitik und für die Finanzpolitik in diesem Land.
Jetzt muss ich mich doch, Herr Kollege Maurer, zur Finanzpolitik der SPD äußern. Denn das, was Sie hier machen, ist abenteuerlich.
Sie versuchen zunächst einmal, zwei Dinge zu erreichen: Sie sagen, Sie wollten nachhaltiger konsolidieren, als es diese Regierung und diese Koalition tun. Gleichzeitig wollen Sie aber auch mehr Geld für bestimmte Bereiche ausgeben: Schule, Wirtschaftsförderung, soziale Belange.
Sie wollen beides gleichzeitig tun. Dies ist natürlich die finanzpolitische Quadratur des Zirkels. Da eine solche Quadratur, wie Sie wissen, nicht möglich ist, bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als Buchungstricks anzuwenden. Ich will nur ein oder zwei Beispiele nennen, um einmal deutlich zu machen, was Sie tun.
Wir haben in der Zwischenzeit rechtskräftige Gesetze aus Berlin, zum Beispiel zur Familienförderung – die neu geregelt worden ist – oder beim Unterhaltsvorschussgesetz, wo der Bund seine Leistungen gekürzt hat. Das alles sind natürlich Regelungen, die in Berlin getroffen worden sind und in Form von Mindereinnahmen im Land Baden-Württemberg angekommen sind. Dies mussten wir als seriöse Haushälter selbstverständlich in den Haushalt einstellen.
Und was tun Sie? Sie tun so, als hätte dies alles gar nicht stattgefunden. Sie nehmen diese Mittel und wollen sie als Deckungsbeiträge verwenden.
Meine Damen und Herren, was Sie hier machen, ist eine unglaubliche Frechheit, die man Ihnen nicht durchgehen lassen darf.
So geht es dann gerade weiter. Sie wollen bereits in den Haushalt 2000 Erlöse aus der Privatisierung bei der EnBW, der BW-Bank, der GVS und der Sächsischen Aufbaubank einstellen. Das heißt, Sie stellen zum 1. Januar 2000 Privatisierungsmittel in den Haushalt ein, obwohl diese gar nicht realisiert sind.
Meine Damen und Herren, das sind doch alles Luftnummern. Sie behaupten, Sie hätten 1,5 Milliarden DM zur
Verfügung. Mit diesen 1,5 Milliarden DM – ich habe Ihnen die Beispiele genannt, wo Sie die hernehmen: aus Luftnummern – wollen Sie erreichen, dass die Nettokreditaufnahme wesentlich deutlicher abgesenkt wird. Das werden Sie aber selbstverständlich nicht erreichen, weil Sie die Mittel real ja gar nicht zur Verfügung haben. Sie wollen außerdem gleichzeitig noch wesentlich mehr Ausgabeprogramme tätigen, als das diese Regierung tut.
Ich kann dazu nur sagen: Dies ist unseriös, dies ist ein Armutszeugnis sozialdemokratischer Haushaltspolitik. Letzten Endes ist dies Lug und Trug, und dafür haben Sie die rote Karte nun wahrlich verdient.
Wir haben in diesem Haushalt das an Schwerpunkten gesetzt, was unbedingt notwendig war. Unbedingt notwendig war, in diesen Haushalt Mindereinnahmen und Mehrausgaben aufgrund der Ergebnisse des Vermittlungsausschusses einzustellen. Uns blieb gar keine andere Wahl. Größenordnung: 150 Millionen DM.
Wir haben in diesen Haushalt weiter eine Soforthilfe für von Orkanschäden Betroffene in Höhe von 100 Millionen DM eingestellt. Ich sage aus meiner Sicht, dass uns da auch keine andere Wahl blieb.
Wir haben darüber hinaus die Unterrichtsbedingungen in Baden-Württemberg zusätzlich verbessert. Wir haben schon in der Vergangenheit viel getan. Wir werden zum neuen Schuljahr 800 zusätzliche Stellen schaffen. Größenordnung – mit anderen Maßnahmen wie Krankheitsvertretungen –: 150 Millionen DM.
In der Fortsetzung werden wir natürlich auch eine Förderung der Schulen in freier Trägerschaft vornehmen. Die müssen das auch bekommen. Größenordnung, alles zusammen im Bildungsbereich: etwa 200 Millionen DM.
Das eine oder andere mehr tun wir noch im Ehrenamt, im Wettmittelbereich, auch in der Justiz zur Verbesserung der Justizverwaltung.
Meine Damen und Herren, jetzt frage ich Sie ernsthaft: Hätten wir das etwa nicht tun sollen? Wenn jemand glaubt, dass wir das nicht hätten tun sollen, dann soll er sich zu Wort melden. Ich bin der Meinung, dies sind wesentliche Verbesserungen, die für die Zukunft des Landes von entscheidender Bedeutung sind. Deshalb stehen wir dazu. Ich bin der Meinung, dass Konsolidierung Zukunftsvorsorge ist. Ich lasse mich nicht davon abbringen, meine Damen und Herren: Wir haben im Sommer dieses Jahres einen Fahrplan entwickelt.
Im vergangenen Sommer natürlich! – Dieser Fahrplan sieht vor, dass wir auf absehbare Zeit, wie gesagt, zum ersten Mal in der Geschichte des Landes Baden-Württemberg
wieder davon absehen können, zusätzliche Schulden zu machen. Ich lasse mir dieses Ziel von Ihnen nicht zerreden,
und ich lasse mir vor allem auch die Ansatzpunkte und die Erfolge, die in diesem Haushalt enthalten sind, von Ihnen nicht zerreden.