Protokoll der Sitzung vom 03.02.2000

(Minister Dr. Ulrich Goll: Jederzeit!)

Jederzeit. Also, ich kann das so weitergeben.

Letzte Bemerkung – nein, vorletzte Bemerkung. Erstens: Private Universitäten sind für mich wichtig. Zweitens: Jeder Abgeordnete in diesem Haus muss wissen: Ohne die Privatisierungsinitiative zu Beginn dieser Legislaturperiode hätte es keinen Ausbau von Fachhochschulen gegeben,

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ja! – Widerspruch der Abg. Christa Vossschulte CDU)

hätte es keinen Ausbau von Berufsakademien gegeben,

(Abg. Christa Vossschulte CDU: Die gab es doch schon!)

hätte es keine Mittel für Bibliotheken gegeben, keine virtuelle Hochschule,

(Abg. Christa Vossschulte CDU: Sie bringen zeit- lich alles durcheinander!)

kein Lehrstuhlerneuerungsprogramm.

Deshalb habe ich eine herzliche Bitte. Wir machen jetzt eine zweite Privatisierungsoffensive. Diese zweite Privatisierungsoffensive wird in erheblichem Umfang Wissenschaft und Forschung, Bildung und verwandten Bereichen zur Verfügung gestellt werden. Tun Sie mir den Gefallen,

(Abg. Deuschle REP: Haben Sie eigentlich so viel Redezeit?)

wenn Sie schon Mittel aus der Veräußerung erlösen, dann sorgen Sie dafür, dass von jeder Mark, die wir erlösen, nicht 75 Pfennig via Steuer und Finanzausgleich abfließen, sondern dass diese Mark im Wesentlichen auch dem Land Baden-Württemberg zur Verfügung steht.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Wir sind uns im Ziel einig! Es geht doch um den Weg, Herr Pfister!)

Man kann doch nicht so blöd sein, bei dieser Privatisierung und Veräußerung den größeren Teil abzugeben. Ich will, dass diese Mittel im Land Baden-Württemberg bleiben,

(Abg. Kiefl CDU: So ist es!)

und deshalb ist der Weg über eine Stiftung

(Abg. Kiefl CDU: Richtig!)

nicht nur von der Sache – das geht im Bildungsbereich –, sondern auch von der Finanzierung her der einzige Weg, der für Baden-Württemberg sinnvoll ist.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Da bin ich gespannt, wie das geht!)

Meine Damen und Herren, ich muss zum Schluss kommen. Das Zentrum für Hochschulentwicklung – darauf habe ich hingewiesen – und, wie jüngst zu lesen war, der Stifterverband der deutschen Wissenschaften sagen übereinstimmend: Das Land Baden-Württemberg ist das fortschrittlichste Land, was die Hochschulpolitik angeht. Ich finde, darauf sollten wir alle miteinander stolz sein. Deshalb danke ich all denjenigen, auch Ihnen, Herr Minister, Ihrem Ministerium, Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, dass wir alle es erreicht haben, nicht nur durch die Hochschulgesetzgebung, sondern auch bei der Konkretisierung und Übertragung auf den Haushalt, dass uns dieses sehr gute Zeugnis für die Hochschulpolitik in Baden-Württemberg ausgestellt wurde. Ich finde, darauf können wir alle miteinander stolz sein.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Klunzinger CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Deuschle.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich werde versuchen, mich an die Redezeit zu halten.

(Abg. Kiefl CDU: Am besten würden Sie gar nicht reden!)

Die ökonomische und soziale Zukunft Deutschlands und Baden-Württembergs ist in unauflöslicher Weise mit der Leistungsfähigkeit unseres Bildungswesens verbunden. Bildung und Ausbildung, Forschung und Entwicklung sind die tragenden Pfeiler der zukünftigen Stellung unseres Landes, sowohl im ökonomisch-sozialen Wettbewerb um Wohlfahrt und Leistungsfähigkeit als auch im kulturellwissenschaftlichen Bereich.

Der Hochschulbereich ist dabei nur ein Teil des gesamten Ausbildungssystems. Er steht jedoch in enger Berührung mit der beruflichen Bildung, wenn es darum geht, die Verteilung der finanziellen Ressourcen vorzunehmen.

Vor diesem Hintergrund stellen sich Fragen nach der Qualität und dem gesellschaftlichen Nutzen von Hochschulabschlüssen, die unter den Bedingungen der Massenuniversität erworben worden sind. Schließlich stellt sich für uns Republikaner die zentrale Frage, wie hoch eigentlich der Akademisierungsgrad unserer Bevölkerung sein sollte, damit den Hochschulabsolventen noch eine gute Stelle angeboten werden kann und dabei die nicht akademischen Berufe nicht einem Verdrängungswettbewerb auf dem Arbeitsmarkt unterliegen. Nach unserer Auffassung ist zum Beispiel die berufliche Ausbildung von Handwerkern mindestens genauso wichtig wie die Ausbildung von Hochschulabsolventen.

(Beifall bei den Republikanern)

Ob dabei Bachelor- oder Masterabschlüsse auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich sein werden, wird sich noch zeigen müssen. Aber deshalb Herrn Minister von Trotha Menschen verachtendes Verhalten vorzuwerfen, wie es Herr Reinelt getan hat, das ist eigentlich unwürdig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Republikanern – Zuruf des Abg. Pfister FDP/DVP – Abg. Reinelt SPD: Das habe ich ein bisschen differenzierter gesagt!)

Die Politik muss ihren Schwerpunkt auf die Förderung der jungen Menschen hinsichtlich ihrer Neigungen und Begabungen sowie der Chancengerechtigkeit legen, die der Verschiedenheit der Menschen Rechnung trägt. Wo aber bilden wir diese künftige Elite aus, wenn nicht an unseren Schulen und Hochschulen? Deshalb stellen wir Republikaner einen entsprechenden Antrag auf Erhöhung der Mittel um 4 Millionen DM zur Förderung des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses.

Die Hochschule muss die Elite der Forschenden, der Lehrenden und der Lernenden umfassen. Deshalb müssen die Mechanismen zur Auswahl von Professoren und Studierenden so funktionieren, dass vor allem die befähigten Studierenden in die Forschung und Entwicklung einbezogen und nur die Besten als Hochschullehrer ausgewählt werden. So ist die Selbstauswahl der Studierenden eine der wichtigsten Eingangsgrößen für die Hochschulen, wenn sie eine Elite

des Landes ausbilden wollen. Hier hat – das muss ich Ihnen, Herr Minister, zubilligen – die baden-württembergische Hochschulreform, die von uns Republikanern in vielen Punkten mitgetragen wurde, neue Wege eröffnet.

In einer Gesellschaft der Chancengerechtigkeit darf es aber nicht nur Elitehochschulen geben. Nicht jeder strebt die gleiche Bildung an. Die baden-württembergische Hochschullandschaft muss weiterhin differenzierte Hochschulangebote beibehalten. Die Bildung von Eliten – damit wir uns da richtig verstehen – bedeutet nicht die Vernachlässigung von anderen und deren Ausbildung. Das Bildungsniveau muss auf allen Ebenen hochwertig sein.

In Zeiten steigender Konkurrenz im In- und Ausland müssen Qualitätsunterschiede zwischen den Hochschulen und den einzelnen Fachbereichen künftig unbedingt transparenter gemacht werden. Aber auch hier ergeben sich durch die neuen Hochschulgesetze Spielräume. Es wird sich zeigen müssen, welche Hochschule ihre Chancen nützt und welche sie nicht nützt. Diejenigen, die ihre Chancen nicht nützen und sich vielleicht auch dümmer anstellen, als sie sind, werden eben durch weniger finanzielle Mittel bestraft und müssen sich dann überlegen, wie sie sich dem Wettbewerb stellen.

Die am 1. Januar 2000 in Kraft getretene Hochschulreform gewährt den Hochschulen mit den Instrumenten Globalhaushalt und leistungsorientierte Mittelzuweisung neue Gestaltungsmöglichkeiten.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Das stimmt!)

Danke.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Da hat er Recht!)

Wo ich Recht habe, habe ich Recht. Ich bedanke mich. Ich habe aber auch noch in anderen Punkten Recht, Herr Kollege Pfister.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Das habe ich nicht ge- sagt! Das haben Sie gesagt!)

Ob aber der von Ihnen – Sie haben Ihre Zustimmung jetzt vielleicht zu früh gegeben – befürwortete Hochschulrat die Erwartungen erfüllt, muss sich zunächst noch zeigen. Die ersten Besetzungslisten aus Konstanz und Stuttgart lassen eher den Verdacht auf eine sehr einseitige Besetzung dieses wichtigen Gremiums aufkommen. Herr Minister, die Gefahr eines lobbyistischen Einflusses scheint sich hier leider zu bestätigen. Ich frage mich, warum – das haben wir hier auch diskutiert – eigentlich, was die Wirtschaft betrifft, immer nur Vertreter der Großindustrie und der Hochfinanz berufen werden und nicht auch einmal Handwerksmeister, meine Damen und Herren.

(Beifall des Abg. Bloemecke CDU)

Ich will an dieser Stelle auch nicht verhehlen, dass nach unserer Auffassung Studiengebühren, und zwar sozial- und leistungsabhängige, ein wichtiges Instrument zur Qualitätssteigerung sind. Sie führen zu einem Wandel in der Einstellung sowohl bei den Studierenden als auch bei den Hochschullehrern. Leider konnten Sie sich, Herr Minister von Trotha, in Ihrer Regierungszeit in dieser Frage nicht

durchsetzen, obwohl wir Ihnen hier die Unterstützung auch schon angeboten haben, wobei natürlich Studiengebühren nicht so sehr aus finanziellen, sondern mehr aus ordnungspolitischen Gründen notwendig sind. Wir haben immer dafür gekämpft, dass Studiengebühren nicht zu einer sozialen Selektion führen dürfen. Nicht die Söhne und Töchter von Reichen sollen studieren – um das einmal deutlich zu sagen –, sondern die Fähigen, die aus allen sozialen Schichten kommen können.

Daraus würde sich aber auch ergeben, dass die Ausstattung und Besoldung von Professoren von ihrer Leistung mehr abhängig gemacht werden müssen als heute. Für uns gilt: Gute Leistung muss belohnt, schlechte durch Entziehung der Ressourcen sanktioniert werden. Ein solches System würde einen weiteren Anreiz für Spitzenleistungen darstellen.

(Beifall bei den Republikanern)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Bender.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Der Minister will spre- chen! Herr Präsident, der Minister meldet sich! – Minister von Trotha: Ehe die Kunstrunde kommt, würde ich gern Stellung nehmen!)

Gut, der Minister erhält jederzeit das Wort. Ich erteile das Wort Herrn Wissenschaftsminister von Trotha.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen zu Abg. Hans-Michael Bender CDU: Hans-Michael, wolltest du eine persönliche Erklärung abgeben? – Heiterkeit)