Protokoll der Sitzung vom 03.02.2000

Meine Damen und Herren, dieser Satz trifft mein Verständnis von Innovation und mein Bestreben, die Hochschulen dazu zu animieren, ihren Freiraum, der größer ist, als er je in der Geschichte war, für die Befreiung des Denkens und des Tuns vom bisher Gewohnten zu nutzen.

Ich bin dem hohen Haus dankbar, dass wir unsere Ideen weitgehend realisieren können. Ideen sind wie Saatgut, das im Humus des Haushalts keimen und aufgehen kann. Der Boden ist gut bereitet. Unsere Hochschulreform und der Haushalt 2000/2001 bieten die Gewähr, dass wir die Früchte einer erfolgreichen Hochschul- und Wissenschaftspolitik werden ernten können, und dies im doppelten Sinn. Bildung, Wissenschaft und Forschung tragen nämlich reiche Früchte, nicht nur, aber auch im ökonomischen Sinn.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Das war Tacitus! – Weitere Zurufe: Von Trotha! Das war Trotha!)

(Minister von Trotha)

Ja. Es tut mir ja Leid, wenn ich diese Tatsache wiederholen muss. Herr Kollege, Sie wissen es vielleicht, aber es wissen bei weitem noch nicht alle.

Ich füge etwas hinzu, was Sie vielleicht auch schon wissen: Bildung, Wissenschaft und Forschung sind zum wichtigen Innovationsfaktor geworden. Wenn Sie dies konsequent durchdenken, müssten Sie uns eigentlich den gesamten Haushalt überlassen. Denn wir sorgen für die entscheidenden Innovationsfaktoren. Aber ich weiß um unsere Grenzen und um meine Bescheidenheit.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Si ta- cuisses!)

Kurzum: Die Zukunft unserer Hochschulen ist auch die Zukunft eines modernen Baden-Württembergs. Ich bedanke mich sehr für Rat und Tat bei der Haushaltsberatung. Dafür, dass die Regierungsfraktionen mein Haus und mich gelobt haben, bin ich dankbar. Dass dies aber sogar die Opposition in wohlgesetzten Worten fertig gebracht hat, hat mir imponiert. Denn ich weiß, wie schwer das für die Opposition ist. Das ist eine wahrlich schwierige Aufgabe. Chapeau, chapeau!

(Abg. Pfister FDP/DVP: Woher wissen Sie das? Sie waren doch noch nie in der Opposition! – Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: In Anbe- tracht Ihres hohen Alters haben wir Milde walten lassen!)

Es gibt in der Soziologie eine Methode, die man teilnehmende Beobachtung nennt, Herr Kollege Pfister. Daher weiß ich es.

Ich bitte Sie also um Ihre Unterstützung, damit wir das Bildungs- und Wissenschaftsland Baden-Württemberg auch für die Zukunft optimal positionieren. Ich tue dies im Vertrauen auf eine schöne Erkenntnis von Ludwig Börne: Trost gibt der Himmel, von den Menschen erwartet man Beistand. Dazu sind Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, alle herzlich eingeladen.

Nachdem meine letzten eineinhalb Jahre heute wider Erwarten eine große Rolle gespielt haben, ein Letztes: Für mich persönlich gilt: Ein guter Abgang ziert die Übung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Bender.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach dem Feuerwerk des Herrn Ministers und den vielen Zitaten, die er mir vorweggenommen hat, muss ich jetzt ohne schmückendes Beiwerk gleich zur Prosa kommen, aber zu einer, wie ich finde, sehr wichtigen Prosa. Es geht in der zweiten Runde um den Bereich der Kunst in unserem Lande.

Die Kunst- und Kulturförderung ist kein Luxus, der auf gute Zeiten beschränkt ist, sondern eine Investition in die Menschen. Es gibt in Baden-Württemberg über zwölf staatliche Museen und Kunstinstitute, zwei Staatstheater, drei

Landesbühnen, neun große städtische Theater, zwei Landesbibliotheken, eine Kunstakademie, eine Hochschule für Gestaltung, das Zentrum für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe, die Filmakademie in Ludwigsburg, viele, viele freie Kultureinrichtungen und Kunsteinrichtungen und vieles mehr. Resümee: Baden-Württemberg, unser Land, verfügt wie kaum ein anderes Land über eine hervorragende kulturelle Infrastruktur, die die historischen Wurzeln in einer jahrhundertealten Dezentralität hat.

Diese Vielfalt unserer Kulturlandschaft in Baden-Württemberg ist ein ganz besonderes Gut. Für seinen Erhalt haben wir uns in besonderer Weise immer wieder von Neuem einzusetzen.

Der Einzelplan 14 dokumentiert unser entschiedenes Engagement in diesem Bereich. Gemeinsam mit der FDP/DVPFraktion haben wir uns deshalb nachdrücklich dafür eingesetzt, angesichts der erfreulichen Entwicklung der Steuereinnahmen die ebenfalls gestiegenen Wettmitteleinnahmen nicht dem Gesamthaushalt, sondern den Bereichen Bildung, Kultur und Soziales zugute kommen zu lassen. Im Finanzausschuss haben wir deshalb gemeinsam mit der FDP/DVP-Fraktion Änderungsanträge eingebracht, nach denen insgesamt 19,25 Millionen DM zusätzliche Wettmittel den genannten Destinatären zukommen.

Auf den Bereich der Kultur entfallen danach zusätzlich mehr als 4,6 Millionen DM. Mit diesem Geld werden wir sicher nicht alle Wünsche befriedigen können; die zusätzlichen Mittel sind nach meiner Überzeugung aber ausreichend, um bei der Kunstförderung und hier schwerpunktmäßig in der dezentralen Kunstförderung Bestehendes zu erhalten und da und dort auch Neues zu ermöglichen.

(Abg. Hauk CDU: Sehr gut!)

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch unserer Erwartung Ausdruck geben, dass mit den zusätzlichen Mitteln unter anderem eine Verbesserung der bisherigen finanziellen Unterstützung des Landes bei den soziokulturellen Zentren erfolgt.

(Abg. Deuschle REP: Ja, das ist ein Problem, Herr Kollege!)

Wir erwarten des Weiteren eine Verbesserung der Unterstützung unserer Kunstvereine. Wir haben 55 Kunstvereine in unserem Land, die bekanntlich in einem Förderverhältnis von 2 : 1 – zwei Teile von der Stadt, ein Teil vom Land – gefördert werden.

Die Erhöhung der Mittel für die Literaturbeschaffung für die Landesbibliotheken in Karlsruhe und Stuttgart, wie sie von der Fraktion der SPD und der Fraktion Die Republikaner beantragt worden ist,

(Abg. Deuschle REP: Ja!)

halten wir angesichts der nach wie vor notwendigen Haushaltsdisziplin für nicht zwingend. Über die Haushaltsansätze hinaus stehen noch Sondermittel von je 1 Million DM pro Haushaltsjahr zur Verfügung. Damit werden wir den beiden Landesbibliotheken in den nächsten beiden Jahren mehr Mittel zur Verfügung stellen, als sie nach den Istzahlen in den Jahren 1997 und 1998 jeweils ausgegeben haben.

Ein Letztes, meine Damen und Herren: Vor wenigen Tagen ist es durcheinander gegangen mit einer Meldung über einen angeblichen Wegfall der GMA, der globalen Minderausgabe bei den beiden Staatstheatern. Ich bitte im Interesse der notwendigen Planungssicherheiten in beiden Staatstheatern, dass das Ministerium sorgfältig prüft, inwieweit im Jahr 2000 und vielleicht auch im Jahr 2001 die GMA für die beiden Staatstheater tatsächlich in Wegfall gebracht werden kann.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das Wort erhält Frau Abg. Solinger.

Ich will aber genauso lange reden dürfen wie der Minister.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Während der laufenden Legislaturperiode sind die einzelnen Teilbereiche der Kunstförderung des Landes äußerst unterschiedlich von den Kürzungen der Haushaltsmittel, von der Reduzierung des Wettmittelfonds seit 1997 und von den sich auf wenige konzentrierenden Belastungen durch globale Minderausgaben getroffen worden. Es wäre, meine ich, an der Zeit, zu überprüfen, wer denn da auf der Strecke zu bleiben droht.

(Abg. Deuschle REP: Ja!)

Wer dem Votum der Kulturstrukturkommission unterworfen war, der konnte im letzten Doppelhaushalt gemeinhin mit konstanten Haushaltsansätzen rechnen, auch wenn dies wegen wachsender Kosten reale Kürzungen bedeutete. Dies sollte man nicht vergessen. Das galt ganz besonders für die Theater. Ob und inwieweit die nun vorliegenden Ergebnisse der Kommission insgesamt zukunftweisend und wirklich strukturinnovativ sind, kann hier heute nicht diskutiert werden. Aber in dem Doppelhaushalt werden immerhin einige Empfehlungen umgesetzt, die wenigstens die Forderung nach mehr Planungssicherheit erfüllen. Dies gilt insbesondere für die schon vorher von meiner Fraktion beantragte Festbetragsfinanzierung für Kommunaltheater.

Es muss aber wegen der bescheidenen Steigerungsraten bei den Staatstheatern, die Tariferhöhungen eventuell nicht abfangen, bezweifelt werden, dass die geforderte Qualitätssicherung ebenso gelingen kann. Ganz besonders gilt das für die einseitige Belastung der Sitzstädte der Landesbühnen bei den Kostensteigerungen in den nächsten Jahren bis zum Erreichen eines neuen Förderschlüssels. Von äußerst bedenklichen Kürzungen in Bruchsal konnte man ja bereits in der Zeitung lesen.

Entgegen der Empfehlung der Kommission ist Planungssicherheit für die beiden Staatstheater bisher nicht gewährleistet. Als Einzige sind sie ausdrücklich von der globalen Minderausgabe nicht ausgenommen worden. Besonders bei den seit dem 1. Januar 1997 modellhaft als Landesbetrieb geführten Staatstheatern Stuttgart ist eine GMA, die sich durch die Kopplung an die städtische 50-%-Förderung automatisch immer auch noch verdoppelt, absolut systemwidrig. Wir haben ja sowohl vom Rechnungshof als auch vom

Finanzministerium entsprechende Signale bekommen. Sie konterkariert nämlich in der Realität die Planungs- und Budgetverantwortung des Hauses.

Ich habe mit Freude gehört, Herr Kollege Bender, dass Sie nun auch der Meinung sind, dass man das nicht mehr machen sollte. Ich möchte Ihnen gerne die Gelegenheit geben, dies dann auch umzusetzen und sich nicht nur mit Appellen zu begnügen.

Wir werden unseren Antrag erneut einbringen. Denn auf Votum des Ministers wurde dieser Antrag am 25. Januar im Finanzausschuss abgelehnt. Zwei Tage später allerdings ließ sich der Herr Minister in der Presse dafür feiern, dass er „diese Grausamkeit“, wie es die „Stuttgarter Nachrichten“ bezeichneten, in diesem und im nächsten Jahr nicht vollziehen werde. Uns, Herr Minister, soll das recht sein. Sollte es nicht stimmen, hätten Sie es dementieren sollen.

Allerdings hoffe ich, dass Sie bei den Staatstheatern Stuttgart nicht den Trick anwenden, den Sie schon einmal angedeutet haben: die erlassenen Mittelkürzungen mit dem vom Land zugesagten Sonderzuschuss für das vorgesehene Israel-Gastspiel zu verrechnen. Zur Sicherheit bitte ich Sie um Auskunft, wie das politisch gewollte Gastspiel in Tel Aviv finanziert werden soll, und um Bestätigung, dass dies nicht aus den laufenden Haushaltsmitteln des Staatstheaters erfolgt.

(Beifall bei der SPD)

Der Kollege Oettinger hat gestern die „Wachstumsschiene“ für Sport, Soziales und eben auch für die Kultur beschworen, die mit der weitgehenden Rücknahme der 25-%-Kürzung des Wettmittelfonds aus dem Jahr 1997 möglich wird. Das stimmt, auch wenn die Zustimmung zur vollen Korrektur dieser Kürzung, wie sie von meiner Fraktion beantragt wurde, noch einmal 800 000 DM für die Kultur erbracht hätte. Aber immerhin besteht jetzt die Chance, manche durch Geldmangel entstandene Fehlentwicklung oder auch Stagnation sowie chronische Unterfinanzierungen wenigstens ein Stück weit zu korrigieren.

Bei der CDU-Fraktion gibt es offenbar nur äußerst schwammige oder gar keine Vorstellungen über inhaltliche Perspektiven in der Kulturpolitik. Die Verteilung der Mittel wollte man dem Ministerium überlassen nach dem Motto: Die werdens schon richten.

(Abg. Christa Vossschulte CDU: Das stimmt nicht!)

Mit dem Wechsel von Michael Sieber ins Ministerium ist offenbar die kulturpolitische Kompetenz der CDU erschöpft.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Hans- Michael Bender CDU: Warten Sie mal ab, Frau Kollegin!)

Ich finde das äußerst bedauerlich, denn es gab über viele Jahre eine äußerst erfolgreiche und wirkungsvolle interfraktionelle Interessenvertretung mit vielen innovativen Initiativen und einer verlässlichen Weiterentwicklung der kulturellen Landschaft in Baden-Württemberg.

Zu Recht hat der Finanzausschuss einen Sperrvermerk für diese neuen Wettmittel angebracht, bis es Gelegenheit zur parlamentarischen Beschlussfassung über die Verteilung der zusätzlichen Gelder durch Vorlage einer Liste des Fachministeriums gibt. Die SPD-Fraktion wird bei dieser Gelegenheit ihre Prioritäten, die sie beantragt hatte, erneut einbringen. Ich finde es immerhin bemerkenswert, Herr Kollege Bender, dass Sie einen Teil davon angesprochen haben. Das hätten Sie im Ausschuss auch schon tun können.

Wir wollen zusätzliche 1,5 Millionen DM für die soziokulturellen Zentren, damit der 2 : 1-Förderschlüssel Kommune/Land für die laufende Programmarbeit realisiert werden kann und die unabdingbaren Investitionen möglich sind. Wir wollen eine sachgerechte Förderung der 100 freien Theater in Baden-Württemberg erreichen und auch dort die Empfehlung der Strukturkommission zur Aufstockung der Mittel auf 500 000 DM realisieren. Wir wollen die Arbeit der Kunstvereine, die, wie die Landesregierung auf eine Anfrage von mir einräumte, durch die seit Ende der Achtzigerjahre praktizierte Deckelung und die Wettmittelkürzung 1997 erheblich eingeschränkt worden ist, mit zusätzlichen 500 000 DM unterstützen. Wir wollen die in den letzten Jahren völlig ungenügenden Ankaufsmittel bei den staatlichen Museen mit zusätzlich 1 Million DM korrigieren, damit wir nicht auf Dauer zu einem nicht wieder gutzumachenden Substanzverlust kommen.