Hans-Michael Bender
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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Gewalt- und Sexualstraftäterge
setz von 1998 hat bekanntlich wichtige Fortschritte für den Schutz der Allgemeinheit vor rückfälligen Straftätern gebracht. So kann jetzt bereits nach dem ersten Rückfall die Sicherungsverwahrung angeordnet werden. Dennoch: Bei manchen Rückfalltätern lässt sich erst im Laufe einer zum Teil langjährigen Haftverbüßung und nicht schon zum Zeitpunkt ihrer Verurteilung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorhersehen, dass sie nach ihrer Haftentlassung erneut schwere Straftaten begehen werden. Das ist ohne weiteres nachvollziehbar, und wir haben auch zwei kennzeichnende Beispielsfälle vom Herrn Innenminister gehört.
Der vorliegende Gesetzentwurf „Straftäter-Unterbringungsgesetz“ will deshalb eine Lücke im Schutz der Allgemeinheit vor gefährlichen Straftätern schließen. Diese Lücke besteht, weil die Sicherungsverwahrung nach § 66 des Strafgesetzbuchs nur im Erkenntnisverfahren und nicht nachträglich angeordnet werden kann.
Die Landesregierung hat sich zunächst um die Einführung einer nachträglichen Sicherungsverwahrung im Strafrecht bemüht. Der Herr Innenminister hat die Schritte der Landesregierung geschildert, denen sich auch Bayern und Hessen seinerzeit – 1998 – bis zum vergangenen Jahr angeschlossen hatten. Diese Schritte sind im Bundesrat gescheitert.
Wir haben auch von der klaren Aussage des Bundesjustizministeriums gehört, das die Bundesgesetzgebungskompetenz für eine nachträgliche Sicherungsverwahrung für nicht gegeben erachtet.
Meine Damen und Herren, bei der gegebenen Gesetzeslage müssten wir jedes Mal erst abwarten, bis der rückfallgefährdete Täter nach Verbüßung seiner Haftstrafe ein weiteres Verbrechen begangen hat. Dies würde bedeuten, den Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger für Leib und Leben bewusst aufs Spiel zu setzen. Dies kann aus rechtsstaatlicher Sicht nicht hingenommen werden.
Andererseits muss – ebenfalls aus rechtsstaatlicher Sicht – ein Weg gefunden werden, der die Gesetzeslücke schließt und dabei den mit der Straftäterunterbringung verbundenen unzweifelhaft schweren Eingriff in das Grundrecht der persönlichen Freiheit rechtfertigt.
Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf stellt strenge Kautelen auf, wie sie rechtsstaatlich aus der Sicht der CDU-Fraktion in der Tat geboten erscheinen. In § 1 des Gesetzentwurfs ist die Zielgruppe strikt eingegrenzt auf die zu zeitiger Freiheitsstrafe verurteilten Straftäter, bei denen durch die Verurteilung die formalen Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherungsverwahrung de lege lata vorliegen, bei denen das Gericht aber zum Zeitpunkt des Urteils noch nicht den Hang des Betroffenen zu weiteren schweren Straftaten bzw. seine Gefährlichkeit für die Allgemeinheit erkennen konnte.
Des Weiteren: Von dem betreffenden Straftäter muss eine erhebliche gegenwärtige Gefahr für eine erneute Gewaltbzw. Sexualstraftat ausgehen. Das heißt, es müssen entsprechende Indizien vorliegen, insbesondere dass der Straftäter – ich zitiere aus dem Gesetzentwurf – „im Vollzug der
Freiheitsstrafe beharrlich die Mitwirkung an der Erreichung des Vollzugsziels... verweigert, namentlich eine rückfallvermeidende Psycho- oder Sozialtherapie ablehnt oder abbricht.“
Die aus rechtsstaatlichen Gründen gebotenen strengen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen sind in § 3 des Gesetzentwurfs beachtet. Die Entscheidung über die Unterbringungsanordnung muss durch ein Kollegialgericht – Strafvollstreckungskammer beim Landgericht – erfolgen, und zwar grundsätzlich in öffentlicher Verhandlung und ausnahmslos unter notwendiger Mitwirkung eines Anwalts bzw. eines Rechtsbeistands.
Die Prognose über das gegenwärtige erhebliche Gefährdungspotenzial des Straftäters hat sich auf zwei Sachverständigengutachten zu stützen – wir haben es gehört –, von denen mindestens eines von einem externen Sachverständigen abgegeben werden muss.
Schließlich unterliegt die Unterbringungsanordnung jederzeitiger Überprüfbarkeit durch das Gericht. Sie muss mindestens alle zwei Jahre von der Strafvollstreckungskammer überprüft werden.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich auf die im Rahmen des Anhörungsverfahrens sowohl vom Anwaltsverband Baden-Württemberg als auch vom Weißen Ring geäußerten Bedenken und Zweifel am Gesetzentwurf eingehen. Diese Bedenken und Zweifel beziehen sich im Wesentlichen auf die gesetzgeberische Kompetenz des Landes, allerdings auch auf die materielle Verfassungsmäßigkeit des Gesetzentwurfs.
Zu Letzterem: Der Anwaltsverband erachtet den Gesetzentwurf als verfassungswidrig, weil der Eingriff in die grundrechtlich geschützte Freiheit unverhältnismäßig sei. Die geplante Regelung sei nicht geeignet, das mit dem Gesetzentwurf verfolgte Ziel zu erreichen, nämlich die Bevölkerung vor drohenden Gefahren zu schützen. Der Anwaltsverband begründet dies unter Hinweis auf die Vielzahl von Ersttätern mit der zahlenmäßig geringen Relevanz.
Meine Damen und Herren, auch wenn – der Herr Innenminister hat es schon ausgeführt – die geplante Regelung voraussichtlich und Gott sei Dank nur in wenigen Fällen Anwendung finden wird, so ist doch jeder einzelne Fall, in dem eine erneute schwere Straftat dadurch vermieden werden kann, ein Argument für den Gesetzentwurf und nicht gegen ihn. Jede einzelne Rückfalltat ist eine zu viel!
Bei der verfassungsrechtlich gebotenen Abwägung der Rechtsgüter muss die qualitative Wertung Vorrang vor der quantitativen haben. Ich verweise insoweit auch auf das Rechtsgutachten des Freiburger Verfassungsrechtlers und Polizeirechtsexperten, Professor Würtenberger, der nach umfassender Prüfung aller verfassungsrechtlichen Gesichtspunkte zu Ergebnissen kommt, die im Gesetzentwurf, soweit ersichtlich, auch berücksichtigt sind.
Professor Würtenberger kann auch darin gefolgt werden, dass die geplante Regelung nicht, wie kritisiert wird, auf ein allgemeines Gefährdungspotenzial abstellt, das in der Tat nach § 5 Abs. 1 Satz 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) eine Präventivhaft nicht recht
fertigen würde. Ansatzpunkt des Gesetzentwurfs ist vielmehr das Vorhandensein einer erheblichen gegenwärtigen, also konkreten Gefahr für eine neue schwere Straftat. Das heißt: konkrete Gefahrenabwehr.
Zur gesetzgeberischen Kompetenz des Landes: Nicht ganz nachzuvollziehen ist die Kritik, dass der Entwurf zwischen strafrechtlichen und polizeirechtlichen Anknüpfungspunkten hin und her lavieren würde, weshalb im Zweifel keine Gesetzgebungskompetenz für das Land gegeben sei. Aber der Gesetzentwurf sieht die Unterbringung besonders rückfallgefährdeter Täter eindeutig auf polizeirechtlicher Grundlage als Maßnahme zur Gefahrenabwehr vor. Strafrechtliche Anknüpfungspunkte bringt er lediglich im Zusammenhang mit der rechtsstaatlich gebotenen strikten Eingrenzung der Zielgruppe auf Sexual- und Gewaltstraftäter und mehr nicht!
Meine Damen und Herren, man kann über die Kompetenz des Landesgesetzgebers zugegebenermaßen streiten. Man kann auch bei der hier in besonderer Weise gebotenen Abwägung zwischen den in Betracht kommenden Rechtsgütern rechtswissenschaftlich zu anderen Ergebnissen kommen. Die CDU-Fraktion kann dies nicht mit letzter Sicherheit ausschließen. Wir sehen jedoch in den Ergebnissen des Gutachtens von Professor Würtenberger eine hinreichend verlässliche Entscheidungsgrundlage. Fehlende letzte Sicherheit nehmen wir in Kauf. Dies sind wir bereit zu tun, weil für uns der Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor jeder einzelnen Gewalt- und Sexualstraftat Vorrang hat.
Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Frage der Aktuellen Debatte – „Reichen die Regelungen zur Sicherungsverwahrung rückfallgefährdeter Straftäter aus?“ – will ich gleich zu Beginn meiner Ausführungen wie folgt beantworten: Nein, sie reichen nicht aus!
Die derzeitige Rechtslage – sie ist in § 66 des Strafgesetzbuches enthalten – sieht so aus, dass die Sicherungsverwahrung eines rückfallgefährdeten Sexual- oder Gewaltstraftäters vom Gericht nur im Zeitpunkt der Verurteilung angeordnet werden kann. Hinterher, also nach der Verurteilung und während der Zeit der Strafverbüßung, des Strafvollzugs, ist die Anordnung einer Sicherungsverwahrung nach heutiger Rechtslage nicht möglich.
Meine Damen und Herren, weshalb reichen die bisherigen Regelungen nicht aus? Wir hatten in der Vergangenheit immer wieder traurige Beispiele, bei denen die vorhandene Lücke leider allzu deutlich wurde, so etwa jüngst den Fall eines Straftäters, der wegen mehrfacher Vergewaltigung zu zehn Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden war, nach dem Verbüßen dieser zehnjährigen Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt Mannheim entlassen worden ist und wenige Tage darauf wegen des dringenden Tatverdachts einer versuchten Vergewaltigung, also einer versuchten Rückfalltat, wieder in Haft genommen werden musste. Dies ist die Lücke. Denn es hätte die Möglichkeit bestehen müssen, diesen Straftäter während des Strafvollzugs, während der Zeit der Strafverbüßung darauf zu überprüfen, ob er das Ziel des Strafvollzugs, nämlich die Resozialisierung, den Ausschluss einer Rückfallgefährdung, erreichen kann.
Meine Damen und Herren, wenn wir diese Lücke nicht schließen, dann – darüber müssen wir uns im Klaren sein – müssen wir akzeptieren, dass wir jedesmal warten müssen, bis ein solcher rückfallgefährdeter Täter ein weiteres Verbrechen begangen hat, bis beispielsweise eine weitere Frau vergewaltigt worden ist.
Das kann nicht sein. Der Schutz des Lebens, der körperlichen Integrität und der sexuellen Selbstbestimmung, der Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Sexual- und Gewaltstraftätern ist und bleibt die vornehmliche Aufgabe unseres Rechtsstaates. Folglich sind wir alle miteinander gehalten, wenn wir es mit unserem Rechtsstaat ernst meinen, diese Lücke zu schließen.
Hier hat nun ein vom Justizministerium in Auftrag gegebenes Gutachten des Freiburger Verfassungsrechtlers und Polizeirechtsexperten Professor Würtenberger uns einen gangbaren Weg aufgezeigt, wie die Sicherungsverwahrung nicht als Maßregel der Besserung und Sicherung, sondern als Maßnahme der Strafvorbeugung über das Polizeirecht verankert werden kann.
Meine Damen und Herren, aus verfassungsrechtlichen Gründen müssen natürlich für den Fall einer nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung – es bleibt der schwerwiegendste Eingriff des Staates in die Grundrechte des Menschen – sehr hohe Verfahrenssicherungen, rechtsstaatliche Kautelen vorgesehen werden, um eine solche nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu ermöglichen. Darauf will ich jedenfalls in der ersten Runde im Einzelnen nicht eingehen. Es ist aber keine Frage, dass schon ein sehr hoher Standard dieser Kautelen eingehalten werden muss.
Als Nächstes stellt sich die Frage – man kann darüber unterschiedlicher Auffassung sein –: Hat denn das Land die Gesetzgebungskompetenz für eine landesgesetzliche Regelung einer solchen nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung? Eines ist klar, und hier kann ich, können wir im Grunde mit dem Ergebnis des Gutachtens von Professor Würtenberger leben, der zu Recht sagt: Es ist, wenn wir als Land die Gesetzgebungskompetenz für diesen Fall in Anspruch nehmen, allerdings erforderlich, uns deutlich von der bundesgesetzlichen Regelung in § 66 des Strafgesetzbuchs abzugrenzen. Das heißt: keine Anknüpfung an die Straftat des Inhaftierten, sondern Anknüpfung
an das Vollzugsverhalten des Inhaftierten während der Zeit der Strafverbüßung, um über eine zeitnahe Prognose feststellen zu können, ob Rückfallgefahr besteht oder nicht. Das ist abhängig vom Verhalten des Inhaftierten, beispielsweise davon, ob er an der Erreichung des Vollzugsziels mitwirkt oder ob er jegliche Therapie ablehnt und eine sonstige Mitwirkung an der Erreichung des Vollzugsziels verweigert.
Meine Damen und Herren, zugegeben: Man kann über die Kompetenz des Landesgesetzgebers streiten. Für uns ist das Ergebnis des Gutachtens von Professor Würtenberger hinreichend verlässliche Basis, um den vom Justizminister unseres Landes vorgeschlagenen Weg mitzugehen. Restzweifel an der Gesetzgebungskompetenz des Landes nehmen wir in Kauf, da der Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger vor Sexual- und Gewaltstraftätern für uns Vorrang hat.
Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich denke, jetzt ist nahezu alles gesagt worden.
Weil noch einige Stellungnahmen zu Aussagen der Kollegen von der Oppositionsseite nötig sind.
Da möchte ich zunächst einmal auf Sie, Herr Bebber, eingehen. Eigentlich kann ich aber für beide – für Sie, Kollege Bebber, und auch für Sie, Kollege Oelmayer – vorab feststellen:
In der Debatte ist mir nicht klar geworden, was Sie eigentlich wollen.
Sie haben sich, mit Verlaub gesagt, um eine klare Aussage herumgedrückt. In der zweiten Runde habe ich allerdings feststellen können, dass Sie mit uns der Auffassung sind: Jawohl, hier ist eine Lücke, und diese Lücke müssen wir im Interesse und zum Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger schließen. Das ist so weit gut.
Das nun allerdings, Herr Kollege Oelmayer, wie Sie vorschlagen, über das Unterbringungsgesetz zu lösen,
oder Sie, Herr Kollege Bebber –, hielte ich für außerordentlich problematisch. Das ist nicht der richtige Ansatzpunkt. Denn Ausgangspunkt einer – auch nachträglich anzuordnenden – Sicherungsverwahrung ist nun einmal die Straftat und nicht irgendeine wie auch immer geartete gesundheitliche Indisposition.
Darüber hinaus darf ich darauf hinweisen, dass das Unterbringungsgesetz im Grunde genommen das Problem nicht löst, das wir schon haben, Herr Kollege Oelmayer; das ist ja durchaus richtig.
Lassen Sie mich bitte einmal ausreden! Ich habe Ihnen auch zugehört, Herr Kollege Bebber.
Ich würde auf jeden Fall eine bundesgesetzliche Regelung vorziehen. Es kann nicht sein – das ist richtig –, dass ein Bundesland allein über ein Landesgesetz eine zusätzliche Regelung zur nachträglichen Anordnung einer Sicherungsverwahrung schafft.
Beim Unterbringungsgesetz auf Landesebene wäre das aber so.
Wenn uns aber nach der letzten Stellungnahme des Bundesjustizministeriums keine andere Möglichkeit eröffnet ist, müssen wir einfach handeln. Ich bin davon überzeugt, dass dann, wenn wir gehandelt haben, die anderen Bundesländer sofort nachziehen werden. Das ist für mich überhaupt keine Frage.
Herr Bebber, Sie haben zu Recht das Problem der Prognose der Rückfallgefährdung eines Straftäters herausgearbeitet. Da ist ein Problem; das wissen wir alle aus der Rechtspraxis bei den Gerichten.
Aber genau deswegen sagen wir ja: Es muss die Möglichkeit einer nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung eröffnet werden.
Denn wie soll denn ein Sachverständiger, und sei er noch so gut, im Zeitpunkt der Verurteilung ermessen können, ob eine Rückfallgefährdung zehn oder zwölf Jahre später vorhanden ist oder nicht? Da kommt es doch auf das Verhalten in der Zeit der Strafverbüßung an. Das heißt mit anderen Worten: Die Rückfallgefährdungsprognose ist umso zielgenauer, je zeitnäher sie stattfindet.
Genau das ist der zentrale Punkt des von uns eingebrachten Gesetzentwurfs.
Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit hohen, hehren Zielen ist die Bundesjustizministerin bei der Justizreform im Zivilprozess angetreten.
Die Justiz soll leistungsfähiger, bürgernäher und effizienter gemacht werden.
Ich will es lieber gleich zu Anfang sagen, wie es auch der Kollege von der FDP/DVP-Fraktion getan hat:
Meine Damen und Herren, kurz und bündig: Das Ziel ist glatt verfehlt.
Für den juristischen Laien kaum erkennbar, hat das Bundesjustizministerium eine brisante Mischung zusammengebraut. Ich will die vier wichtigsten Zutaten nennen:
Erstens: Die Stärkung der ersten Instanz. So weit, so gut.
Zweitens: Aber dann – Sie haben völlig Recht – nur noch Fehlerkontrolle durch das Berufungsgericht; keine zweite Tatsacheninstanz mehr.
Drittens: Einzelrichter- statt Kammer- bzw. Senatsentscheidungen.
Viertens: Berufung nur noch bei den Oberlandesgerichten.
Meine Damen und Herren, das ist eine radikale Zäsur im deutschen Zivilprozessrecht.
Richtig, Herr Kollege Oelmayer. – Auch damit werden wir uns auseinander setzen können und müssen.
Hören Sie jetzt einmal gut zu. – Aber es ist kaum zu fassen, mit welcher Gleichgültigkeit oder auch Rücksichtslosigkeit
die Bundesjustizministerin mit den Vertretern der beteiligten Fachkreise, und zwar speziell des Deutschen Anwaltvereins, umgesprungen ist.
Meine Damen und Herren, ich nenne Ihnen kurz die Chronologie: Auf dem Anwaltstag am 1. Juni dieses Jahres hat die Ministerin noch das Angebot des Deutschen Anwaltvereins zu einer konstruktiven Mitarbeit ausdrücklich angenommen und eine zweite Beratungsrunde mit Sachdiskussion in den nächsten Monaten angekündigt. Das war am 1. Juni.
Es ist geradezu ein Witz, was daraus geworden ist; denn am 28. Juni wurden die beiden Spitzenvertreter des DAV zu einem Gespräch zu der Ministerin gebeten, in dem ihnen nur teilweise der Inhalt des neuen Koalitionsentwurfs mitgeteilt worden ist. Zwei Tage später bekamen sie auch nur den Textentwurf einiger Kernbestimmungen, noch nicht
einmal den Gesamtentwurf, und man hat ihnen eingeräumt, innerhalb von drei Wochen Stellung zu nehmen, nämlich bis zum 21. Juli. Jetzt kommt es, meine Damen und Herren: Der Koalitionsentwurf wurde von der Ministerin, vom Kabinett bereits am 7. Juli im Bundestag eingebracht, also lange bevor der DAV überhaupt auch nur im Geringsten die Chance hatte, dazu Stellung zu nehmen.
Meine Damen und Herren, weiterer Kommentar erübrigt sich in diesem Punkt. Dabei sind ja Teile der Reform durchaus positiv zu beurteilen.
Das ist richtig. Aber – jetzt kommt das Aber, Herr Kollege Oelmayer – der Kern der Reform beinhaltet, wie gesagt, einen grundlegenden Umbruch, und zwar – das muss man hier ganz deutlich sagen – in die falsche Richtung.
Ich greife noch einmal die drei wichtigsten Punkte aus dem Koalitionsentwurf heraus.
Das sind zum einen die weitere Anhebung der Schwelle für erneute Tatsachenfeststellung im Berufungsverfahren und der Ausschluss neuen Vorbringens, selbst wenn dadurch das Berufungsverfahren gar nicht verzögert werden würde. Was bedeutet das für den rechtsuchenden Bürger? Er kann nicht mehr wie bislang darauf vertrauen, dass notfalls zwei Instanzen den Sachverhalt prüfen, dass zwei Instanzen prüfen, wie es um den Sachverhalt bestellt ist, über den gestritten wird, beispielsweise ob der Fußbodenbelag fachgerecht verlegt oder die Autoreparatur fehlerfrei durchgeführt worden ist.
Ein weiterer Punkt, der zweite, ist die Einführung des Regel-Einzelrichters in der Berufungsinstanz. Meine Damen und Herren, das ist das Ende der sprichwörtlich hohen obergerichtlichen Rechtsprechungskultur des Sechsaugenprinzips.
Ein dritter Punkt: Zusammenfassung der Berufungszuständigkeit beim OLG. Herr Kollege Kiesswetter hat es schon gesagt: einhellig von der Fachwelt abgelehnt. Was wird damit bezweckt, meine Damen und Herren? Es ist gar keine Frage. Es ist der Einstieg in den Ausstieg aus dem vierstufigen Zivilgerichtsaufbau. Gar keine Frage. Was bedeutet das aber für den rechtsuchenden Bürger? Wesentlich weitere Wege, jedenfalls in den Flächenstaaten, und darüber hinaus eine völlige Verstopfung der Berufungsinstanz, die mit dem derzeitigen Richterpersonal die zusätzliche Arbeitsbelastung nicht bewältigen können wird.
Das wird eine nachhaltige Verlängerung der Berufungsverfahren bedeuten.
Übrigens, meine Damen und Herren, im Koalitionsentwurf heißt es, die Reform sei mit keinen Kosten verbunden. Da kann man also wirklich nur lachen. Das spottet jeder Beschreibung. Mindestens bei den Oberlandesgerichten wird dies, wenn man den gröbsten Engpass beheben will, zwangsläufig zu erheblichen personellen Mehraufwendungen führen.
Nordrhein-Westfalen hat ja eine Berechnung durchgeführt. Und zu welchem Ergebnis kommt es? Eine halbe Milliarde Mark Kosten pro Jahr für die Bundesländer allein für die Konzentration der Berufung bei den Oberlandesgerichten.
Meine Damen und Herren, warum das alles? Zwingende Gründe gibt es nicht. Die Zivilrechtspflege in Deutschland ist keineswegs Not leidend.
Im Gegenteil.
Meine Damen und Herren, sie kann sich gerade im europäischen Vergleich sehen lassen. Sie hat sich außerordentlich gut bewährt. Die Statistik – Herr Kollege Kiesswetter hat bereits darauf hingewiesen – spricht eine deutliche Sprache.
Meine Damen und Herren, die Bundesjustizministerin und mit ihr Rot-Grün wollen in Berlin mit einem Kraftakt sondergleichen eine zivilprozessuale Utopie durchpowern. Dafür zahlen sie einen hohen Preis, nämlich die Zerschlagung eines funktionierenden Systems.
Die Bundesländer und die rechtsuchenden Bürger werden die Verlierer sein.
Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Einige Bemerkungen möchte ich in der zweiten Runde doch noch anbringen.
Zunächst zu Ihnen, Herr Kollege Bebber: Sie haben es heftig abgelehnt, bestritten, dass auch nur im Ansatz, im Geringsten daran gedacht sei, zur Dreistufigkeit überzuleiten. Es wurde auch schon vom Herrn Justizminister gesagt: Schauen Sie in die Koalitionsvereinbarung Ihrer eigenen Kolleginnen und Kollegen in Berlin hinein;
dort steht eindeutig: Zielsetzung der Justizreform: Dreistufigkeit des Zivilgerichtsaufbaus.
Im Übrigen hat sich Frau Schubert, die Justizministerin von Sachsen-Anhalt, beim Deutschen Richtertag 1999 sogar expressis verbis dahin gehend geäußert, dass sie nur noch ein Eingangsinstanzgericht haben will – also nicht mehr die Differenzierung zwischen Amtsgerichten und Landgerichten. Der Weg ist vorgezeichnet, und wir lehnen ihn ab.
Zweitens: Herr Kollege Oelmayer, Sie haben ja Recht, dass die erste Instanz vielleicht noch mehr gestärkt werden muss. Tatsächlich ist sie auch heute schon keine Durchgangsinstanz. Aber was hindert uns daran, uns ernsthaft Gedanken darüber zu machen, inwieweit, in welchem Umfang wir die erste Instanz bei den Amtsgerichten stärken können? Sie nehmen auch funktionale, materielle Zuständigkeiten wahr, nicht nur Streitwertzuständigkeiten; ich denke allein an die Mietsachen.
Bei einer Stärkung der Amtsgerichte haben Sie uns mit im Boot. Aber dies ist nur ein Teil der Reform. Das macht eben nicht den Kern der Reform aus.
Wenn Sie von Bürgernähe sprechen: Sie ist durch den Erhalt der Amtsgerichte im bisherigen flächendeckenden Umfang bestens gewährleistet. Die Effizienz der Arbeit der Amtsgerichte wird durch die statistischen Zahlen bestätigt und bekräftigt, wenn von 93 % erledigter Fälle gesprochen werden kann. Was wollen wir die Effizienz da noch großartig weiter erhöhen? Da wird die Luft immer dünner, und der finanzielle Einsatz läuft Gefahr, unverhältnismäßig zu werden.
Drittens: Die Landesvorsitzende der SPD hat sich zu diesem ganzen Thema bisher mehr als vornehm zurückgehal
ten. Im Frühjahr dieses Jahres hatte ich allerdings das Vergnügen, bei einer Veranstaltung der Karlsruher Richterschaft und des Anwaltvereins über die Justizreform mit ihr auf dem Podium zu sitzen.
Es war interessant. Ich will gleich dazu sagen: Es hat mir wirklich Vergnügen gemacht, neben ihr auf dem Podium zu sitzen; das ist gar keine Frage.
Aber, meine Damen und Herren, zur Sache selbst gab es von ihr keine einzige sachlich griffige Aussage.
Ich möchte noch einen letzten, einen vierten Punkt aufgreifen, auf den ich in der ersten Runde besonders eingegangen bin. Die Gleichgültigkeit oder geradezu Rücksichtslosigkeit, die Argumentations- und Beratungsresistenz der Bundesjustizministerin ist nicht zu verstehen. Eine solche grundlegende Reform kann nicht gegen die Praxis durchgesetzt werden, sie muss mit der Praxis geschehen. Deshalb verstehe ich umso weniger, dass die Frau Bundesjustizministerin bei der geplanten Schuldrechtsreform eine große Kommission zur Vorbereitung einberuft. Ist denn das Zivilprozessrecht, der unverzichtbare formale Rahmen für unseren Rechtsstaat, weniger wert, dass man hierzu keine große Kommission einberuft? Nein, man hat die Fachwelt pro forma mit einbezogen und sie im Juni, Juli dieses Jahres dann schlichtweg ausgebremst.
So nicht mit uns.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Resozialisierungsgebot im Strafvollzug – der Kollege Kiesswetter hat die verfassungsrechtliche Verankerung und die Konkretisierung in den §§ 1 und 2 des Strafvollzugsgesetzes schon im Einzelnen dargestellt – ist Grundlage für die Arbeit der Gefangenen in den Justizvollzugsanstalten.
Arbeit im Strafvollzug...
so hat es das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil von 1998 festgestellt –
ist nur dann ein wirksames Resozialisierungsmittel, wenn die geleistete Arbeit
ich zitiere –
angemessene Anerkennung findet.
Diese... muss aber geeignet sein, dem Gefangenen den Wert regelmäßiger Arbeit für ein künftiges eigenverantwortetes und straffreies Leben in Gestalt eines für ihn greifbaren Vorteils vor Augen zu führen.
Eine solche angemessene Anerkennung kann finanzieller Art sein, aber auch auf andere Art erfolgen. Das Bundesverfassungsgericht fährt fort:
Der Gesetzgeber (kann)... die typischen Bedingungen des Strafvollzugs,
also eines, wie wir als Juristen wissen, besonderen Gewaltenverhältnisses –
insbesondere auch dessen Marktferne, in Rechnung stellen. Auch spielen die Kosten der Gefangenenarbeit für die Unternehmer und die Konkurrenz durch andere Produktionsmöglichkeiten... eine Rolle. Deshalb
so sagt das Bundesverfassungsgericht –
hat der Gesetzgeber hier einen weiten Einschätzungsraum.
Meine Damen und Herren, das Bundesverfassungsgericht hat nun unter Hinweis auf den von ihm aufgezeigten verfassungsrechtlich verankerten Rahmen des Resozialisierungsgebots die geltende Regelung im Strafvollzugsgesetz über die Entlohnung von Pflichtarbeit Gefangener für verfassungswidrig erklärt. Es hat die sozialrechtliche Bezugsgröße in § 200 des Strafvollzugsgesetzes, nämlich einen Gefangenenlohn in Höhe von 5 % des durchschnittlichen Arbeitsentgelts aller in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherten, für nicht vereinbar mit dem vom Resozialisierungsgebot geforderten Mindestmaß erklärt.
Diese Regelung bedeutete in der Praxis bisher einen Stundenlohn von 1,70 DM, das heißt für jeden Gefangenen, der arbeitet, durchschnittlich etwa 200 DM im Monat. Das hat das Bundesverfassungsgericht für zu gering erklärt. Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber verpflich
tet, bis zum 31. Dezember dieses Jahres eine neue, verfassungskonforme Regelung zu schaffen.
Meine Damen und Herren, das Gericht hat aber nicht definiert, was es unter dem verfassungsrechtlich geforderten Mindestmaß der Gefangenenentlohnung versteht.
Angemessen, ja, aber entsprechend modifiziert durch die Besonderheiten des Strafvollzugs.
Dieses Urteil des Bundesverfassungsgerichts war der Ausgangspunkt für die Justizminister der Länder und auch für das Bundesjustizministerium, an die Arbeit zu gehen, meine Damen und Herren. Die Ergebnisse sind aber doch sehr unterschiedlich ausgefallen. Was das Bundesjustizministerium vorschlägt – Herr Kollege Kiesswetter hat das bereits gesagt –, würde eine Verdreifachung des Gefangenenlohns bedeuten. Dies würde allein für das Land BadenWürttemberg bedeuten, dass zusätzliche Kosten von etwa 20 Millionen DM pro Jahr auf den Justizetat zukommen würden.
Meine Damen und Herren, dazu muss ich leider sagen – wie wir das auch bei der von der Bundesjustizministerin unter dem Stichwort „große Justizreform“ angekündigten Reform des Zivilprozesses erleben mussten –: eigentlich wieder Überlegungen und Entscheidungen mehr vom grünen Tisch
als den Anforderungen der Praxis und den Belangen der betroffenen Bereiche in der Justiz Rechnung tragend.
Meine Damen und Herren, dies würde entweder bedeuten, dass die Kosten, die dadurch auf die Länder zukämen – 20 Millionen DM allein für Baden-Württemberg –, vom vollzuglichen Arbeitswesen selbst ausgeglichen werden müssten. Dies – darauf hat Herr Kollege Kiesswetter schon hingewiesen – ist aber in der derzeitigen Situation unseres vollzuglichen Arbeitswesens nicht möglich. Wir kommen in der Gesamtbilanz im Land in etwa auf ein ausgeglichenes Ergebnis. 20 Millionen DM zusätzlich würden die Arbeitskosten verteuern, wodurch die Produkte und die Leistungen in den Eigenbetrieben, den Unternehmerbetrieben unserer Justizvollzugsanstalten nicht mehr konkurrenzfähig wären. Die Folge wäre, dass die Betriebe weitgehend in Gefahr kämen und Arbeitsplätze verloren gingen.
Oder es würde bedeuten, dass der Steuerzahler diese 20 Millionen DM zusätzlich bezahlen müsste.
Meine Damen und Herren, die Frage, wie bei dem ausgeknautschten – so sage ich einmal – Justizhaushalt
unseres Landes diese 20 Millionen DM noch zusätzlich aufgebracht werden können, gebe ich gerne an die Opposition zur Beantwortung weiter.
So viel in der ersten Runde. Ich bedanke mich.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte doch noch einmal auf den Begriff der Angemessenheit zu sprechen kommen. Ich denke, die Sprecher unserer Opposition verkennen grundle
gend den Begriff, wie er vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil gemeint ist: nicht „angemessen“ im Sinne von Gegenleistungen, wie sie auf dem freien Markt für Arbeitsleistungen angemessen sind, sondern – ich darf es noch einmal zitieren, da haben Sie eben nicht zugehört,
als ich in der ersten Runde aus dem Bundesverfassungsgerichtsurteil von 1998 zitiert habe –: Die geleistete Arbeit muss eine „angemessene Anerkennung“ finden. Ich füge hinzu: im Rahmen der Erreichung des Ziels der Resozialisierung. Das ist etwas völlig anderes.
Ich habe Ihnen zitiert, dass das Bundesverfassungsgericht davon spricht, dass der Gesetzgeber einen weiten Einschätzungsraum habe. Er kann insofern die typischen Bedingungen des Strafvollzugs, insbesondere auch die Marktferne in Rechnung stellen. Das sind doch ganz andere Kategorien als der angemessene Lohn auf dem freien Arbeitsmarkt. Das ist Punkt 1.
Hören Sie damit auf. Das ist ganz eindeutig vom Bundesverfassungsgericht definiert.
Punkt 2: Meine Damen und Herren, natürlich ist die Arbeit in den Strafvollzugsanstalten auch unter arbeitstherapeutischen Gesichtspunkten zu sehen. Aber es gibt dafür auch eine spezielle arbeitstherapeutische Betreuung. Im Gesetz selbst heißt es nämlich, dass der Gefangene auch „grundsätzlich eine wirtschaftlich ergiebige Arbeit“ verrichten soll. Das heißt, gerade um das Resozialisierungsziel zu gewährleisten, soll der Gefangene keine virtuelle, rein beschäftigungstherapeutisch motivierte Arbeit leisten, sondern er muss auch spüren, dass er grundsätzlich eine vernünftige, wirtschaftlich sinnvolle und – wie es das Gesetz sagt – auch eine ergiebige Arbeit erbringt.
Das heißt mit anderen Worten: Wenn den Vorschlägen der Bundesjustizministerin Folge geleistet werden müsste, würde das bedeuten, dass die zusätzlichen Kosten von 20 Millionen DM – allein für unser Land – für eine „Gefangenenlohnerhöhung“, wie sie nun in den Bundestag eingebracht werden soll, von den Betrieben in den Vollzugsanstalten zu erwirtschaften sind – was nicht möglich ist – oder über den Justizhaushalt vom Steuerzahler subventioniert werden müssen. Mit beidem sind wir nicht einverstanden, weder mit dem einen noch mit dem anderen.
Meine Damen und Herren, der Beschluss der Justizministerkonferenz vom November letzten Jahres, eindeutig gefasst auch mit den Stimmen der rot-grün geführten Bundesländer, ist ein vernünftiges und vertretbares Ergebnis. Ich halte es schlichtweg für einen Skandal, wie die Bundesjustizministerin darüber hinweggeht, als wenn es diesen Beschluss der Justizministerkonferenz nicht gäbe.
Ja, das ist absurd, Herr Kollege Birzele, nach dem Motto „Die finanzielle Situation im Strafvollzug der Bundesländer geht mich nichts an, Hauptsache, der Bund muss nicht zahlen“.
Das ist Politik auf Kosten anderer. Da machen wir nicht mit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vorab: Ich kann mich auf all das beziehen, was ich bereits in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs gesagt habe.
Der Gesetzentwurf in Form eines Artikelgesetzes entspricht den Vorgaben der EU-Richtlinie vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr.
Der Gesetzentwurf setzt nach Auffassung der CDU-Fraktion die EU-Richtlinie im gebotenen Umfang korrekt um, er bleibt im Übrigen allerdings insoweit zurückhaltend, als darüber hinausgehende Regelungen nicht getroffen werden sollen. Diese gesetzgeberische Zurückhaltung halten wir für richtig.
Meine Damen und Herren, es darf nicht nur beim ständigen Ruf nach weniger staatlicher Regelung bleiben, nein, wir müssen uns als Gesetzgebungsorgan im konkreten Fall auch daran halten.
Jawohl, Herr Kollege.
Der gesetzliche Datenschutz, das Bundesdatenschutzgesetz für den nicht öffentlichen Bereich und das Landesdatenschutzgesetz für den öffentlichen Bereich – da werden Sie, Herr Kollege Oelmayer, mir zustimmen –,
enthält bereits heute eine kaum mehr überschaubare Regelungsfülle. Es gibt ja bekanntlich diesen alten römischen Rechtssatz, der vor 1 500 Jahren genauso von Bedeutung war, wie er heute gültig ist – ich will ihn ins Deutsche übersetzen –:
Je mehr gesetzgeberisch bis ins letzte Detail geregelt wird, desto unflexibler, unübersichtlicher und häufig ungerechter wirkt sich dies im Vollzug eines solchen Gesetzes aus.
Das ist einer der Gründe, weshalb wir die weiter gehenden Regelungsvorschläge der SPD-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nicht in den Gesetzentwurf aufnehmen wollen.
Nein. Das haben Sie ja auch erwartet, Herr Kollege Oelmayer.
Ich komme beispielhaft zu einigen Punkten:
Regelungen über die Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume und die Vorabkontrolle dieser Videoüberwachung, die vom Datenschutzbeauftragten des Landes zur Aufnahme in den Gesetzentwurf vorgeschlagen wurden, sind ja im Kern begründet. Ich glaube, darüber gibt es keinen Dissens hier im Hause. Aber das Thema muss unserer Auffassung nach im Zusammenhang mit dem Polizeigesetz behandelt werden. Dort ist der aufgabenspezifische Platz, die „sedes materiae“ für eine entsprechende gesetzliche Regelung, nicht im Landesdatenschutzgesetz.
Die im Gesetzentwurf geregelte Beschränkung der Prüfungskompetenz bzw. der Datenschutzkontrolle bei Gerichten auf alle Tätigkeiten, die – ich zitiere aus dem Entwurf – „nicht zu Verwaltungsangelegenheiten zählen“, bedarf unserer Auffassung nach keiner Änderung. Es geht hier wohlverstanden um den Schutz der richterlichen Unabhängigkeit. Meine Damen und Herren, Grenzfälle, in denen das Justizministerium und der Datenschutzbeauftragte des Landes zu unterschiedlicher Auslegung kommen können – in der Vergangenheit wohl auch gekommen sind –, wie weit die Beschränkung der Kontrolle gehen darf und gehen kann, werden auch in Zukunft – davon bin ich überzeugt – in Einzelfällen immer wieder einmal auftreten können, unabhängig davon, ob wir den geschützten Bereich im Gesetzentwurf positiv definieren, wie es vom Datenschutzbeauftragten des Landes vorgeschlagen wird, oder wie bisher in negativer Abgrenzung abstecken.
Meine Damen und Herren, die im Katalog des § 9 des Gesetzentwurfs enthaltenen „elf Gebote“ für die Datensicherheit, der so genannte Systemdatenschutz, sind nach unserer Auffassung als Kernregelung ausreichend. Eine darüber hinausgehende Regelung birgt nur die Gefahr einer Überregulierung. Richtig ist auch, meine Damen und Herren, dass der Gesetzentwurf es bei der fakultativen Bestellung der behördlichen Datenschutzbeauftragten belässt,
dies besonders im Hinblick auf die Anwendung dieser Regelung auch auf kommunale Verwaltungsstellen. Man sollte den kommunalen Verwaltungsstellen im Sinne der kommunalen Selbstverwaltung ihre eigene Entscheidungsfreiheit auch diesbezüglich belassen.
Meine Damen und Herren, die wenigen punktuellen Weiterentwicklungen des Datenschutzes im Gesetzentwurf der Regierung halten wir für wichtig und für richtig. Ich greife vier Punkte beispielhaft heraus: erstens die Neufestlegung des Anwendungsbereiches des Gesetzes bei Beteiligungsgesellschaften der öffentlichen Hand im Sinne einer klaren Abgrenzung; zweitens die Erleichterungen in der Anwendung des Datenschutzes für die Forschung; drittens die Neuregelung der Zugangsvoraussetzungen für das Amt des Landesbeauftragten für den Datenschutz – zukünftig reicht auch die Befähigung zu einer anderen Laufbahn des höheren Dienstes als Zugangsvoraussetzung. Das ist vernünftig; das ist sinnvoll. Ich denke, es ist auch richtig, dass der Datenschutzbeauftragte lediglich einmal wiederberufen werden kann, die Amtszeit eines Datenschutzbeauftragten also insgesamt auf 16 Jahre begrenzt ist.
Und viertens: Zukünftig soll das Innenministerium als Aufsichtsbehörde beim Datenschutz im nicht öffentlichen Bereich dem Landtag alle zwei Jahre einen Tätigkeitsbericht vorlegen.
Meine Damen und Herren, wie in Erster Beratung angekündigt und auch im Ständigen Ausschuss behandelt, wollen wir eine ergänzende Regelung in das Landeskrankenhausgesetz aufnehmen. Das ist unter Artikel 2 des Gesetzentwurfs aufgeführt. Dabei geht es um die datenschutzrechtliche Angleichung des ambulanten an den stationären Krankenhausbereich. Diese Regelung soll sinnvollerweise eine einheitliche Handhabung des Datenschutzes im Krankenhaus gewährleisten. Ich glaube, darüber sind wir uns einig, dass das eine sinnvolle Regelung ist.
Mit dieser Änderung, meine Damen und Herren, wird die CDU-Fraktion dem Gesetzentwurf heute in zweiter Lesung zustimmen.
Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung:
a) Hat sich die Landesregierung um Mittel im stark erweiterten Haushaltstitel der Gedenkstättenarbeit des Beauftragten für Kultur und Medien der Bundesregierung beworben?
b) Mit welchen Gedenkstätten in Baden-Württemberg und gegebenenfalls mit welchen Erfolgsaussichten versucht das Land, in die Förderung hineinzukommen?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Greencard war genau heute vor drei Wochen hier in der Plenarsitzung schon einmal debattiert worden. Heute geht es um eine andere Zielrichtung. Heute geht es um die Konsequenzen aus der Diskussion über die Greencard für unsere Bildungspolitik im Lande.
Festzuhalten bleibt aber, meine Damen und Herren, aus der Diskussion vor drei Wochen Folgendes – und das muss ich hier einfach mal dokumentieren –: Diese Geschichte mit der Greencard war schlichtweg nicht durchdacht. Sie war ein Schnellschuss, wie wir ihn von Herrn Kanzler Schröder leidvollerweise in der Vergangenheit immer wieder erfahren mussten.
Es fehlt hinten und vorn an vorheriger sorgfältiger Überprüfung des tatsächlichen Fachkräftebedarfs. Gestern habe ich zum Beispiel in der Zeitung gelesen, dass der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Herr Jagoda, gefragt hat: Wo bleiben denn die Meldungen der freien Stellen, der angeblich 75 000 freien Stellen im Informatikbereich bei uns in der Arbeitsverwaltung?
Es fehlt an der sorgfältigen Prüfung der Qualifizierbarkeit und der Mobilisierbarkeit der heute arbeitslosen IT-Spezialisten im Inland
wir wissen, etwa 30 000 sind arbeitslos –, aber auch solcher arbeitsloser IT-Spezialisten aus Ländern der Europäischen Union. Es fehlt hinten und vorn an konkreten Vorstellungen über die berufsspezifisch differenzierten Qualifikationsanforderungen und Nachweise, die von den ausländischen Spezialisten zu erbringen sind.
Darüber hinaus fehlt es an jeglichen Vorstellungen
ja, ich weiß, dass das wehtut – über ausländer- und integrationspolitische Folgen.
Meine Damen und Herren, wenn jemand das Wort und den Begriff „Greencard“ verwendet, dann will er der Öffentlichkeit im Grunde das vortäuschen,
was international unter „Greencard“ verstanden wird, nämlich eine zeitlich unbefristete Aufenthaltsberechtigung und eine zeitlich unbefristete Arbeitsbewilligung. Doch das ist es nicht, was Kanzler Schröder wollte.
Heutiger Stand, meine Damen und Herren, zur Frage der Bildungspolitik in unserem Land, und dies vor dem Hintergrund dieser Diskussion über die Greencard: Meine Damen und Herren, unser Land Baden-Württemberg hat ein im Bundesvergleich
in der Tat einmaliges Angebot an Studiengängen: 156 Studiengänge im IT-Bereich an 37 Hochschulen und 8 Berufsakademien.
Jetzt hören Sie doch mal zu! Ich bin Wahlkreisvertreter von Karlsruhe
und bemühe mich um unsere Hochschulen. Aber Karlsruhe ist nicht in jeder Hinsicht der Nabel der Welt. Wir haben noch andere Hochschulen in unserem Land.
Meine Damen und Herren, hören Sie doch mal zu! – Wir haben erst jüngst 16 Bachelor- und 18 Masterstudiengänge in unserem Land eingerichtet,
und diese Studiengänge werden in relativ kurzer Zeit unserem Arbeitsmarkt hoch qualifizierte Hochschulabgänger zur Verfügung stellen.
Haben Sie schon mal nachgezählt? – In den letzten drei Jahren haben wir im Land Baden-Württemberg im IT-Bereich – Herr Kollege Pfister hat das ja schon dargestellt – eine hervorragende Bilanz vorzuweisen: Verdoppelung der Zahl der Studienanfängerplätze an den Hochschulen; die Universitäten und Fachhochschulen fahren derzeit Überlast; wir haben ein Ausbauprogramm für die Fachhochschulen
und für die Berufsakademien von insgesamt 6 000 neuen Studienplätzen bis zum Jahr 2005/2006, also eine mittelfristig starke Planung.
Meine Damen und Herren, als wir in Baden-Württemberg mit der Zukunftsoffensive für die junge Generation weitere Grundlagen für diese positive Entwicklung im Land gelegt haben,
da hat – das hören Sie sicherlich auch wieder nicht gern – Herr Schröder in Niedersachsen eine Informatikfakultät geschlossen.
Fazit zunächst in der ersten Runde – ich möchte meine Ausführungen auf die Hochschulpolitik in unserem Land beschränken; Kollege Rau wird zum Bereich der Schule und der Ausbildungsplätze sprechen –: Das Land ist mit der von uns vertretenen Bildungspolitik absolut auf dem richtigen Weg.
Wir werden diesen Weg fortsetzen und werden in unseren Bemühungen auf diesem Weg nicht nachlassen, sondern wir werden unsere Anstrengungen erhöhen, um einer weiteren Zukunftsoffensive mithilfe der Milliarde Mark Erlös aus dem Verkauf der EnBW-Beteiligung des Landes zum Start zu verhelfen. Mit ihr werden wir schwerpunktmäßig auch in den Bereich neuer Medien, Internet, der Informations- und Kommunikationstechnik investieren. Das sind Investitionen, die für unser Land gut angelegt sind.
Herr Maurer, im Wintersemester 1998/99 gab es an der Universität Karlsruhe 357 Studienanfängerplätze in Informatik,
und im Wintersemester 1999/00 579. Woher nehmen Sie bei diesen Zahlen die Sicherheit, dass an der Universität Karlsruhe in der Informatikfakultät Studienplätze abgebaut worden seien?
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der von der Landesregierung eingebrachte Gesetzentwurf zur Änderung des Landesdatenschutzgesetzes dient, wie wir vom Herrn Innenminister gehört haben, in erster Linie der Umsetzung der EURichtlinie vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr. Ziel und Zweck dieser EURichtlinie wurden vom Herrn Innenminister sehr ausführlich und sehr präzise dargelegt. Es ist müßig, das zu wiederholen.
Wir sind – dies als Resümee – als Landesgesetzgeber nun gehalten und direkt angesprochen, die Anpassung an die EU-Richtlinie in unserem Landesdatenschutzgesetz vorzunehmen. Es ist auch vernünftig, dass die Anpassung an die EU-Richtlinie zum Anlass genommen wird, darüber hinaus auch einige Änderungen aus dem praktischen Bedarf heraus zur Weiterentwicklung des Datenschutzes auf Landesebene vorzunehmen.
Die wesentlichen Änderungen zur Anpassung an die EURichtlinie wurden ja vom Herrn Innenminister dargestellt, angefangen von der Neufassung der Vorschriften über die Datenübermittlung an Stellen außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes bis hin zur Einführung der vollen Anwendbarkeit des Landesdatenschutzgesetzes auf die Datenverarbeitung bei Dienst- und Arbeitsverhältnissen, was bisher nicht der Fall war. So weit zur Anpassung an die EU-Richtlinie.
Hier gibt es auch, meine Damen und Herren, nicht viel zu diskutieren. Die Anpassung muss geschehen. Der Herr Innenminister hat ja auch sehr deutlich dargestellt, dass es keinen Sinn mehr machte, noch weiter zuzuwarten, bis eventuell das Bundesdatenschutzgesetz erlassen sei.
Die Weiterentwicklung des Landesdatenschutzgesetzes darüber hinaus, wie ich sagte, entspricht sehr wohl – wir sehen das in der CDU-Fraktion ebenfalls so – einem praktischen Bedarf. Die wesentlichen Punkte dieser Weiterentwicklung wurden vom Herrn Innenminister ebenfalls dargestellt: von der Präzisierung des Anwendungsbereichs des Gesetzes bei Beteiligungsgesellschaften der öffentlichen Hand bis hin zur Verpflichtung des Innenministeriums, die im Landesdatenschutzgesetz eingeführt werden soll, dem Landtag in zweijährigem Turnus einen Bericht über die Tätigkeit der Aufsichtsbehörde für den Datenschutz im nicht öffentlichen Bereich vorzulegen.
Ich komme noch einmal kurz zurück auf den aus der Praxis heraus gewonnenen Bedarf, den Anwendungsbereich des Gesetzes bei Beteiligungsgesellschaften der öffentlichen Hand zu präzisieren. Hier wird ein klarer Maßstab eingeführt. Dieser Maßstab heißt, dass eine Gesellschaft, an der die öffentliche Hand mit einer absoluten Mehrheit beteiligt ist, künftig uneingeschränkt in den Geltungsbereich des Landesdatenschutzgesetzes fällt.
Es ist auch richtig, dass öffentliche Stellen, an denen die öffentliche Hand zu 100 % beteiligt ist, wenn sie als Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit am Wettbewerb teilnehmen, aus der Anwendbarkeit des Landesdatenschutzgesetzes herausfallen und unter die Vorschriften für die nicht öffentlichen Stellen des Bundesdatenschutzgesetzes fallen. Das ist eine für die Praxis wichtige, notwendige und aus unserer Sicht auch vernünftige Regelung.
Ein Punkt, den wir seitens der CDU-Fraktion auch für sehr sinnvoll halten, ist der, dass mit diesem Änderungsgesetz der Grundsatz der Datenvermeidung und Datensparsamkeit eingeführt wird. Wir wissen ja alle, dass uns die zunehmende Vernetzung und die immer enger werdenden Informations- und Kommunikationsnetze in der Praxis immer wieder vor neue Probleme stellen, was den Schutz des einzelnen Bürgers betrifft. Dies sollten wir auch von dieser Seite aus angehen und dafür sorgen, dass sich die Masse der Daten nicht unkontrolliert ausweitet, sondern dass der Grundsatz der Datensparsamkeit und der Vermeidung von Daten, soweit sie nicht unbedingt erforderlich sind, eingehalten werden soll.
Es ist aus unserer Sicht auch gut, dass die Landesregierung gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf darauf verzichtet hat, der Aufsichtsbehörde die Möglichkeit zu geben, für den Datenschutz im nicht öffentlichen Bereich technische Sachverständige – also insbesondere Informatiker – auf Kosten des Überprüften heranzuziehen.
Ebenfalls gut ist, dass gegenüber dem Ursprungsentwurf die Einrichtung einer zentralen Datei zur Lebensmittelüberwachung bei Direktvermarktern durch das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart aufgenommen worden ist. Denn es gibt keine lebensmittelrechtliche Überwachung dieser Direktvermarkter; rechtlich werden sie eben
nicht als Gewerbebetriebe im Sinne der Gewerbeordnung gewertet und sind deshalb auch nicht in der Gewerbedatei aufgeführt. Insofern ist diese Ergänzung im Landesdatenschutzgesetz eine wichtige und gute Ergänzung.
Insgesamt, meine Damen und Herren, erfüllt dieser Gesetzentwurf Ziel und Zweck in notwendiger, aber auch ausreichender Weise. Die CDU-Fraktion stimmt dem Gesetzentwurf zu. Der Gesetzentwurf hat aus Sicht der CDU-Fraktion geringfügigen Änderungsbedarf. Änderungsanträge bezüglich des Datenschutzes im Krankenhausbereich behalten wir uns für die Beratung im Ständigen Ausschuss vor.
So weit die Stellungnahme der CDU-Fraktion.
Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach dem Feuerwerk des Herrn Ministers und den vielen Zitaten, die er mir vorweggenommen hat, muss ich jetzt ohne schmückendes Beiwerk gleich zur Prosa kommen, aber zu einer, wie ich finde, sehr wichtigen Prosa. Es geht in der zweiten Runde um den Bereich der Kunst in unserem Lande.
Die Kunst- und Kulturförderung ist kein Luxus, der auf gute Zeiten beschränkt ist, sondern eine Investition in die Menschen. Es gibt in Baden-Württemberg über zwölf staatliche Museen und Kunstinstitute, zwei Staatstheater, drei
Landesbühnen, neun große städtische Theater, zwei Landesbibliotheken, eine Kunstakademie, eine Hochschule für Gestaltung, das Zentrum für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe, die Filmakademie in Ludwigsburg, viele, viele freie Kultureinrichtungen und Kunsteinrichtungen und vieles mehr. Resümee: Baden-Württemberg, unser Land, verfügt wie kaum ein anderes Land über eine hervorragende kulturelle Infrastruktur, die die historischen Wurzeln in einer jahrhundertealten Dezentralität hat.
Diese Vielfalt unserer Kulturlandschaft in Baden-Württemberg ist ein ganz besonderes Gut. Für seinen Erhalt haben wir uns in besonderer Weise immer wieder von Neuem einzusetzen.
Der Einzelplan 14 dokumentiert unser entschiedenes Engagement in diesem Bereich. Gemeinsam mit der FDP/DVPFraktion haben wir uns deshalb nachdrücklich dafür eingesetzt, angesichts der erfreulichen Entwicklung der Steuereinnahmen die ebenfalls gestiegenen Wettmitteleinnahmen nicht dem Gesamthaushalt, sondern den Bereichen Bildung, Kultur und Soziales zugute kommen zu lassen. Im Finanzausschuss haben wir deshalb gemeinsam mit der FDP/DVP-Fraktion Änderungsanträge eingebracht, nach denen insgesamt 19,25 Millionen DM zusätzliche Wettmittel den genannten Destinatären zukommen.
Auf den Bereich der Kultur entfallen danach zusätzlich mehr als 4,6 Millionen DM. Mit diesem Geld werden wir sicher nicht alle Wünsche befriedigen können; die zusätzlichen Mittel sind nach meiner Überzeugung aber ausreichend, um bei der Kunstförderung und hier schwerpunktmäßig in der dezentralen Kunstförderung Bestehendes zu erhalten und da und dort auch Neues zu ermöglichen.
Ich möchte in diesem Zusammenhang auch unserer Erwartung Ausdruck geben, dass mit den zusätzlichen Mitteln unter anderem eine Verbesserung der bisherigen finanziellen Unterstützung des Landes bei den soziokulturellen Zentren erfolgt.
Wir erwarten des Weiteren eine Verbesserung der Unterstützung unserer Kunstvereine. Wir haben 55 Kunstvereine in unserem Land, die bekanntlich in einem Förderverhältnis von 2 : 1 – zwei Teile von der Stadt, ein Teil vom Land – gefördert werden.
Die Erhöhung der Mittel für die Literaturbeschaffung für die Landesbibliotheken in Karlsruhe und Stuttgart, wie sie von der Fraktion der SPD und der Fraktion Die Republikaner beantragt worden ist,
halten wir angesichts der nach wie vor notwendigen Haushaltsdisziplin für nicht zwingend. Über die Haushaltsansätze hinaus stehen noch Sondermittel von je 1 Million DM pro Haushaltsjahr zur Verfügung. Damit werden wir den beiden Landesbibliotheken in den nächsten beiden Jahren mehr Mittel zur Verfügung stellen, als sie nach den Istzahlen in den Jahren 1997 und 1998 jeweils ausgegeben haben.