Protokoll der Sitzung vom 23.03.2000

Ihnen deshalb sagen, dass wir alle davon ausgehen dürfen, dass diese Maßnahme in den nächsten Tagen einem zufrieden stellenden Ergebnis zugeführt wird.

Vielen Dank. Keine Zusatzfragen.

Gehe ich recht in der Annahme, dass die Mündliche Anfrage unter Ziffer 4 zurückgezogen wurde?

Die Antwort auf die Mündliche Anfrage unter Ziffer 4 war nicht vorbereitet. Deshalb wird diese Frage schriftlich beantwortet.

Diese Anfrage wird schriftlich beantwortet, Herr Präsident.

Gut. Vielen Dank.

Mündliche Anfrage des Abg. Egon Eigenthaler REP – Deutsch/türkische Zweisprachigkeit im öffentlichen Leben

a) Gibt es Gründe bzw. Hinweise dafür, dass künftig generell Zugansagen auch in Baden-Württemberg in Deutsch und Türkisch erfolgen, nachdem beispielsweise am 12. März 2000 im Intercity 514 von München über Stuttgart nach Dortmund, Abfahrt 15:42 Uhr in München, die Ansagen für die Fahrgäste neben der deutschen auch in türkischer Sprache vorgenommen wurden?

b) Sind der Landesregierung weitere Initiativen oder bereits erfolgte Aktionen bekannt, die zu einer zunehmenden deutsch/türkischen Zweisprachigkeit im öffentlichen Leben führen?

Schriftliche Antwort des Ministeriums für Umwelt und Verkehr

a) Die DB AG ist, da rechtlich nicht gebunden, in ihren Entscheidungen frei, welche Sprachen sie neben der deutschen Sprache in ihren Zugansagen verwendet. Dem Ministerium für Umwelt und Verkehr sind keine Gründe bzw. Hinweise bekannt, dass künftig generell Zugansagen in Baden-Württemberg in Deutsch und Türkisch erfolgen. Nach Auskunft des Beauftragten des Konzernvorstands der DB AG für das Land Baden-Württemberg sei Entsprechendes nicht beabsichtigt. Im Einzelfall, insbesondere bei Zügen mit heimkehrenden türkischen Gastarbeitern, könne eine entsprechende Durchsage zweckmäßig sein. Im Einzelfall könne sich der Abgeordnete zwecks Erteilung einer entsprechenden Auskunft an die DB AG wenden.

b) Dem Innenministerium und dem Ministerium für Umwelt und Verkehr sind keine weiteren Initiativen oder bereits erfolgte Aktionen bekannt.

Hinsichtlich der Praxis des Flughafens Stuttgart wird darauf hingewiesen, dass die Flughafeninformationen und beschilderungen dort teilweise in drei Sprachen erfolgen: in Deutsch, Englisch und Türkisch.

Damit ist Punkt 4 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Landesdatenschutzgesetzes und anderer Gesetze – Drucksache 12/4899

Das Präsidium hat für die Aussprache im Anschluss an die Begründung durch die Regierung fünf Minuten je Fraktion bei gestaffelten Redezeiten festgelegt.

Herr Innenminister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Diese Novellierung des Landesdatenschutzgesetzes ist durch eine Vorgabe der Europäischen Union notwendig. Das ist ein weiteres Beispiel dafür, wie sehr auch die Landesgesetzgebung davon abhängig ist, dass die Europäische Union entsprechende Vorgaben macht. Es gibt die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, die uns verpflichtet, auch unser Landesdatenschutzgesetz zu novellieren.

Die Datenschutzrichtlinie verfolgt einen doppelten Ansatz: Zum einen zielt sie darauf ab, den Datenverkehr innerhalb der Europäischen Union auf wirtschaftlichem Gebiet auf eine neue Grundlage zu stellen. Zum anderen regelt sie die Datenverarbeitung durch öffentliche Stellen.

Adressaten dieser Richtlinie der Europäischen Union sind sowohl der Bundesgesetzgeber als auch die insgesamt 16 Landesgesetzgeber. Der Bund ist hinsichtlich der Datenschutzregelungen für den so genannten nicht öffentlichen Bereich und für seine eigene Verwaltung zuständig. Er hat deshalb – so, wie es bei uns für das Landesdatenschutzgesetz gilt – das Bundesdatenschutzgesetz anzupassen. Die Länder haben die Gesetzgebungszuständigkeit für den Datenschutz innerhalb der öffentlichen Verwaltungen des jeweiligen Landes und seiner Kommunen. Deshalb müssen sie, das heißt auch wir, ihre Landesdatenschutzgesetze anpassen.

Wir haben nun aufgrund dieses Zusammenhangs längere Zeit darauf warten wollen, dass der Bund das Bundesdatenschutzgesetz novelliert. Wir hätten dann unser Datenschutzrecht in Baden-Württemberg an das Bundesdatenschutzgesetz anpassen können, soweit dies erforderlich ist. Aber nachdem der Bund schon in der letzten Legislaturperiode keinen Entwurf zur Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes vorgelegt hat, erschien uns ein längeres Zuwarten, insbesondere im Hinblick auf drohende Vertragsverletzungsverfahren, nicht mehr vertretbar. Denn die in der Richtlinie vorgesehenen Anpassungsfristen sind bereits überschritten. Das ist ein weiteres Beispiel dafür, was Herr Kollege Fischer gestern im Zusammenhang mit dem Rahmendienstrecht für Beamte gerügt hat. Auch dieses Beispiel zeigt, dass Fristen – in diesem Fall EU-Vorgaben – überschritten worden sind.

Der Bund wird die Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes im Übrigen voraussichtlich erst in der zweiten Hälfte

dieses Jahres abschließen. Allerdings darf aus der Tatsache, dass wir jetzt mit unserer Novellierung gegenüber dem Bund vorpreschen, nicht der Schluss gezogen werden, wir lägen, jedenfalls in wesentlichen Punkten, in einem Dissens mit dem Bund. Deshalb sehen wir auch nicht die Gefahr, dass durch unser Vorpreschen das Datenschutzrecht zwischen dem Bund und den Ländern auseinander driften könnte.

Die Situation – um das noch kurz anzusprechen – bei der Novellierung der Landesdatenschutzgesetze innerhalb Deutschlands ist unterschiedlich. Die Entscheidung, nicht länger auf den Bund warten zu wollen, haben eine Reihe weiterer Bundesländer getroffen, so zum Beispiel Hessen, Brandenburg und vor kurzem auch Schleswig-Holstein. Sie haben bereits entsprechende Landesdatenschutzgesetze erlassen. In Bayern, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen befinden sich die Gesetzentwürfe – wie auch bei uns in Baden-Württemberg – derzeit in der parlamentarischen Beratung.

Nun zum Änderungsbedarf, den die Richtlinie, die uns die EU vorgibt, bedingt.

Ich sagte bereits, dass die europäische Datenschutzrichtlinie grundlegend zwei Ziele verfolgt: Zum einen sollen die Rechte der Bürger beim Datenschutz verbessert werden. Zum anderen wird die Selbstregulierung der verantwortlichen Stellen bei der Beachtung des Datenschutzes gestärkt. Beide Ziele übernehmen wir konsequenterweise auch in die Novellierung des Landesdatenschutzgesetzes.

Man muss wiederum unterscheiden: Bei der Novellierung gibt es Punkte, die durch die Richtlinie zwingend vorgegeben sind. Darüber hinaus gibt es einen kleinen Bestandteil, bei dem wir Spielraum haben, in dessen Rahmen wir gewisse Vorschläge – nach unserer Auffassung zur Verbesserung des jetzigen Datenschutzgesetzes – machen.

Zunächst zu den zwingenden Punkten, die uns schlicht und ergreifend vorgegeben sind. Es geht um die Erhöhung der Transparenz der Datenverarbeitung für den Betroffenen durch verbesserte Aufklärung bei der Einwilligung zur Datenerhebung sowie durch erweiterte Benachrichtigungspflichten. Es geht um die Einführung einer Vorabkontrolle für automatisierte Verfahren. Es geht um eine Sonderregelung für die Verarbeitung besonders sensibler personenbezogener Daten. Es geht um ein Einwendungsrecht des Betroffenen, auch gegen rechtmäßige Datenverarbeitung. Es geht um eine besondere Regelung für automatisierte Einzelentscheidungen, um die volle Anwendung des Gesetzes auf die Datenverarbeitung bei Dienst- und Arbeitsverhältnissen und schließlich um die fakultative Bestellung behördlicher Datenschutzbeauftragter.

Zu den sonstigen Änderungen darf ich zunächst einfach sagen: Für eine vollständig neue Konzeption des Datenschutzrechts in Baden-Württemberg besteht kein Grund. Das Landesdatenschutzgesetz in der Fassung des Jahres 1991 hat die notwendigen Konsequenzen aus der bekannten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Verwirklichung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung gezogen. Wir können deshalb aus der bisherigen, fast zehnjährigen Erfahrung sagen: Dieses Gesetz hat

(Minister Dr. Schäuble)

sich bewährt. Es reicht aus, die sich aus der Datenschutzrichtlinie ergebenden Änderungen in die bisherigen gesetzlichen Strukturen einzuarbeiten. Diesen Weg gehen übrigens, soweit wir es bisher übersehen können, auch der Bund und die anderen Länder, die ihre Datenschutzgesetze also auch nicht grundlegend überarbeiten, sondern im Wesentlichen mit Blick auf die Vorgaben der Europäischen Union nur fortentwickeln.

Allerdings wollen wir – ich habe es bereits angedeutet – einige wenige neue Regelungen in unser Landesdatenschutzgesetz aufnehmen. Wir halten diese punktuelle Weiterentwicklung des Datenschutzrechts, insbesondere angesichts der technischen Entwicklung, für notwendig.

Dabei geht es zum einen um die Neufestlegung des Anwendungsbereichs des Gesetzes bei Beteiligungsgesellschaften der öffentlichen Hand, wie zum Beispiel Versorgungsbetriebe und Krankenhäuser in GmbH-Form. Das erinnert mich, Herr Kollege List, ein bisschen an die Diskussion, die wir im Zusammenhang mit dem Gemeindewirtschaftsrecht zu der Frage führen, ob die VOB für GmbHs gelten soll oder nicht und, wenn ja, in welchem Umfang.

Zum anderen geht es um die Einführung einer Chipkartenregelung, um eine Regelung zur Videoüberwachung und schließlich um Erleichterungen für die Datenverarbeitung in der Forschung.

Der Gesetzentwurf sieht nach den Erfahrungen in der letzten Legislaturperiode auch vor – das ist ein Punkt, den ich innerhalb des Spielraums, den wir haben, für mit den bedeutendsten halte –, die Zugangsvoraussetzungen für die Bestellung des Landesbeauftragten zu öffnen,

(Abg. Bebber SPD: Sehr bemerkenswert!)

das heißt, die bisherige Beschränkung auf Juristen aufzuheben. Also auch hier, Herr Kollege Kiesswetter, wird wieder einmal das an sich ja nicht schlechte Juristenmonopol etwas aufgeweicht.

(Lachen des Abg. Bebber SPD)

Aber wir hatten in der letzten Legislaturperiode ja Erfahrungen gemacht, die es wünschenswert erscheinen lassen, mehr Freiheit bei der Personalauswahl zu haben. Auf der anderen Seite wollen wir künftig aber nur die einmalige Möglichkeit zur Wiederbestellung des Datenschutzbeauftragten zulassen.

Die Novelle des Landesdatenschutzgesetzes wird deshalb im Übrigen auch vorsehen, dass die Aufsichtsbehörde für den Datenschutz dem Landtag künftig einen Tätigkeitsbericht vorlegen muss,

(Abg. Bebber SPD: Sehr löblich!)

wie es von Ihnen, Herr Kollege Bebber, bei der Diskussion des letzten Datenschutzberichts angesprochen worden ist – ich spreche jetzt vom nicht öffentlichen Bereich –, und zwar beginnend ab dem Jahr 2001.

Die Novellierung – damit komme ich zu dem, was so schön „Ausblick“ genannt wird – des Landesdatenschutzgesetzes fällt in eine Zeit des rasanten technologischen

Umbruchs und der Umgestaltung unserer Gesellschaft in Richtung einer Informations- und Kommunikationsgesellschaft. Diese Umgestaltung umfasst – wer hätte das gedacht? – auch die öffentliche Verwaltung. Sie wirft allerdings auch neue Fragen zum Datenschutz auf und erfordert neue Antworten. Wir sind uns bewusst, dass diese Novellierung angesichts der aktuellen Problematik, die ja noch in einem sehr dynamischen Prozess begriffen ist, nur ein Zwischenschritt ist. Wir wollen aber diesen Zwischenschritt wegen der erwähnten zeitlichen Vorgaben der EURichtlinie nicht weiter hinauszögern; wir dürfen das ja auch nicht. Wir werden aber die weitere Entwicklung des Datenschutzes, insbesondere im Telemedienbereich, für den der Bund zuständig ist, sorgfältig verfolgen und zu gegebener Zeit die notwendigen Schlussfolgerungen auch für den Datenschutz in der öffentlichen Verwaltung des Landes zu ziehen haben.

Ich persönlich hoffe, dass diese Novellierung breiten Konsens findet. Die politischen Dissensfragen, die es beim Thema Datenschutz geben kann, sind nach meiner Einschätzung eigentlich auf einem Minimum gehalten. Ich glaube deshalb summa summarum, dass wir mit diesem Gesetzentwurf auf dem richtigen Weg sind.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Das Wort hat Herr Abg. Bender.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der von der Landesregierung eingebrachte Gesetzentwurf zur Änderung des Landesdatenschutzgesetzes dient, wie wir vom Herrn Innenminister gehört haben, in erster Linie der Umsetzung der EURichtlinie vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr. Ziel und Zweck dieser EURichtlinie wurden vom Herrn Innenminister sehr ausführlich und sehr präzise dargelegt. Es ist müßig, das zu wiederholen.

(Abg. Hauk CDU: Deshalb lassen wir es bleiben! – Abg. Brechtken SPD: Dem können wir zustim- men!)