Protokoll der Sitzung vom 28.06.2000

In den Umfragen. – Ich finde, dass das erst einmal eine ganz wichtige Sache ist; denn wenn wir über die Angemes

senheit von Entschädigungen reden, dann haben wir da ja eine ganz andere Aufgabe zu bewältigen. Wir müssen nämlich dafür sorgen, dass auf Dauer in diesem Landtag alle gesellschaftlichen und beruflichen Gruppen angemessen vertreten sind. Es wird von vielen in der Bevölkerung immer wieder beklagt, dass in den Parlamenten zu wenig Selbstständige und zu wenig Unternehmer sitzen, die die Unternehmerprobleme verstehen. Das hat natürlich auch etwas damit zu tun, wie die Entschädigung hier aussieht und ob sich der Unternehmer, der Selbstständige oder der gut verdienende Mensch im mittleren Management leisten kann, sich mehrere Tage in den Landtag zu setzen und dafür irgendjemand anderen zu bezahlen, der seine Arbeit macht. Die Entschädigung für die Arbeit, die er macht, spielt dabei eine wichtige Rolle. Ich glaube, wir müssen hier den Spagat zwischen Selbstbedienungsmentalität auf der einen Seite und Garantie, dass jede gesellschaftliche Gruppe hier so viel verdient, dass sie sich es auch leisten kann, hier im Parlament ihre Arbeit zu tun, auf der anderen Seite irgendwie schaffen.

Wir brauchen hier auch unabhängige Abgeordnete, die nicht am langen Gängelband irgendeiner Lobbygruppe hängen, weil sie mit ihrem Lohn von ihr abhängig sind, sondern die Entschädigung muss so sein, dass wir tatsächlich freie Abgeordnete sind.

Ich glaube, es wird unterschätzt, dass wir auf Dauer dafür sorgen müssen und dass deshalb die jährlichen Diskussionen um unsere Diäten eine wichtige Sache sind. Man muss sicher wissen, dass es, wenn wir, wie wir das, glaube ich, vor zwei Jahren getan haben, wirklich massive Kürzungen in allen Ecken durchbringen, auch uns selber eine Nulldiät verordnen, dann, wenn sich innerhalb der Gesellschaft in vielen Tarifbereichen entsprechende Erhöhungen wieder darstellen lassen, auch wirklich angemessen ist, auch im Hinblick auf diese Aufgaben, die wir haben, die Erhöhungen dann auch wieder moderat vorzunehmen.

Ich bin überzeugt davon, dass das, was vorgelegt wird, eine moderate Erhöhung ist. Wir sind – das ist schon gesagt worden – im Mittelfeld dessen, was jetzt gerade in den Tarifabschlüssen in der letzten Zeit vereinbart worden ist, und ich glaube, das ist eine ganz gute Richtschnur dafür, dass wir uns da irgendwo dazwischen befinden und Angemessenheit walten lassen.

Wir liegen außerdem mit den Diäten insgesamt in BadenWürttemberg eher im unteren Teil der westlichen Flächenländer und sind daher sicher nicht unbescheiden, was unsere Bezahlung angeht. Auch das halte ich für eine Sache, die noch einmal festgestellt werden muss.

Deshalb glaube ich, dass wir mit diesem Gesetzentwurf eben nicht in irgendwelche Selbstbedienungsmentalitäten verfallen, und auch das Argument, das wir jetzt von dem Abgeordneten der Republikaner gleich wieder hören werden, der kleine Mann auf der Straße, der nichts in der Lohntüte habe, könne nicht verstehen, wie viel wir uns da zuordnen, zieht, glaube ich, nicht. Denn auch der kleine Mann auf der Straße hat es verdient, dass die Abgeordneten aus allen gesellschaftlichen Gruppen ihre Meinungen hier zusammentragen.

(Abg. Schonath REP: Es gehen immer weniger zur Wahl!)

Die steuerfreien Pauschalen sind schon ein paar Mal angesprochen worden. Was im Rahmen des Preisindex erhöht worden ist, braucht man, glaube ich, nicht zu erwähnen.

Die Reisekostenpauschale ist für uns Grüne natürlich immer ein spannender Punkt. Die Kosten für ein Kfz haben sich im Durchschnitt um 7,5 % erhöht, und wir geben uns eine Erhöhung um 5 %. Wenn man davon ausgeht, dass jeder Abgeordnete und jede Abgeordnete ihr Auto so nutzen, dass sie Sprit sparend fahren, und dort, wo es geht, umsteigen, kann man ein Drittel der Kostenerhöhung einsparen, wie das auch viele Bürger tun müssen. Deswegen glaube ich, dass die Erhöhung um 5 %, also um nur zwei Drittel, angemessen ist. Den Rest müssen wir einfach über ein ökologisch vernünftiges Verhalten einsparen. Ich glaube, das geht ganz gut.

Insgesamt halte ich die Erhöhungen, wie ich schon sagte, für moderat und für angemessen. Ich hoffe, dass wir das bei den Beratungen in den Ausschüssen noch vertiefen können.

Ich danke Ihnen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort hat Herr Abg. Drautz.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Immer wenn es um die Erhöhung der Diäten von Abgeordneten geht, wird in der Öffentlichkeit die Frage nach der Angemessenheit und nach dem richtigen Zeitpunkt gestellt. Nullrunden bei den Diäten sind beim Bürger populär, nicht zuletzt deswegen, weil viele der irrigen Annahme sind, dass die Mitglieder der Parlamente zu den Großverdienern im Lande gehören. Die meisten Bürger wissen nicht einmal, dass Abgeordnete nur zwölf Diäten im Jahr erhalten.

Meine Damen und Herren, in einer parlamentarischen Demokratie muss das Parlament in eigener Sache entscheiden, wenn es um die Höhe der Diäten und die Ausgestaltung der mit dem Abgeordnetenstatus verbundenen finanziellen Regelungen geht. So sieht es unsere Verfassung vor. Die Abgeordneten als Teil des Parlaments entscheiden nicht nur über ihre Bezüge, sondern gleichzeitig darüber, ob diese angemessen sind.

Dazu ist politisches Fingerspitzengefühl erforderlich, um in den Augen der Bürger bestehen zu können. Aus meiner Sicht haben wir Parlamentarier es in den letzten Jahren bewiesen; denn wir haben uns beim Thema „Diätenerhöhung“ große Zurückhaltung auferlegt.

Ich möchte nur daran erinnern, dass wir in den ersten beiden Jahren dieser Legislaturperiode sogar auf eine Erhöhung der Abgeordnetenentschädigung verzichtet haben. In den Jahren 1998 und 1999 haben wir dann eine maßvolle Anhebung der steuerpflichtigen Abgeordnetenentschädigung um 2 % bzw. 2,8 % vorgenommen. Vor dem Hintergrund der deutlich darüber liegenden Tarifabschlüsse und der jeweils gestiegenen Lebenshaltungskosten war dies nicht nur angemessen, sondern sogar bescheiden. Ich erwähne dies, damit die jetzt vorgesehenen Erhöhungen fair eingeschätzt werden können.

Meine Vorredner haben die Zahlen bereits genannt. Ich verzichte deshalb darauf, sie zu wiederholen. Mit den vor

gesehenen Erhöhungen bewegen wir uns an der unteren Grenze der diesjährigen Tarifabschlüsse. Wir Freien Demokraten halten dies für angemessen, und ich möchte betonen, dass wir uns nicht an dem Tarifabschluss einer Branche orientiert haben, sondern bei unserer Entscheidung alle Tarifabschlüsse ins Auge gefasst haben.

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang zwei Bemerkungen zu den Abschlüssen im öffentlichen Dienst. Dies ist mir wichtig, weil in der öffentlichen Diskussion immer wieder der Versuch gemacht wird, eine Art Koppelung zwischen den Tarifabschlüssen im öffentlichen Dienst und der Anhebung der Abgeordnetendiäten herzustellen.

Erste Bemerkung: Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Diätenurteil von 1975 ausdrücklich festgehalten, dass die Abgeordnetenentschädigung nichts mit den Regelungen für das Gehalt in den Besoldungsgesetzen zu tun hat und auch keine Annäherung an den Aufbau eines Beamtengehaltes verträgt. Dies zur Klarstellung, damit die Diskussion keinen falschen Drive bekommt.

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir noch eine zweite Bemerkung. Die Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst sind diesmal bescheiden ausgefallen. Wir Freien Demokraten halten sie für angemessen. Es wäre aber eine Ungerechtigkeit ohnegleichen, wenn die Beamten von den Tariferhöhungen ausgeschlossen würden.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Deshalb sind Sie, Herr Birzele und Herr Brechtken und die Damen und Herren der SPD-Fraktion,

(Abg. Pfister FDP/DVP: Und Herr Schily!)

besonders gefordert, im Kern jeden möglichen Einfluss auf die Berliner Genossen zu nehmen, damit Herr Schily endlich vom Holzweg abkommt und den Beamten Gerechtigkeit widerfährt.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Birzele SPD: Wir werden ja sehen, wie sich die Landesregierung im Bundesrat ver- hält!)

Meine Damen und Herren, abschließend noch ein wichtiger Gesichtspunkt.

(Abg. Birzele SPD: Herr Kollege Drautz, was schlägt die Landesregierung vor?)

Im Vergleich zu anderen Landesparlamenten ist der Landtag von Baden-Württemberg trotz der vorgesehenen Erhöhungen gemeinsam mit dem Landtag von Schleswig-Holstein nach wie vor das preiswerteste Parlament der Flächenländer.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, aus den von mir genannten Gründen wird die FDP/DVP-Fraktion der Diätenerhöhung zustimmen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Birzele SPD: Alte Beamtenpartei!)

Das Wort hat Herr Abg. Deuschle.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Fraktionen der CDU, der SPD, der FDP/DVP und der Grünen legen einen Gesetzentwurf zur Änderung des Abgeordnetengesetzes vor, der auf einem Bericht des Herrn Landtagspräsidenten über die Angemessenheit der Abgeordnetenentschädigung aufbaut. Die Erhöhungen wurden von meinen Vorrednern schon genannt.

Bei ihrer Begründung weisen die antragstellenden Fraktionen darauf hin, dass sich die Entschädigung der Abgeordneten an der Einkommensentwicklung in der privaten Wirtschaft und im öffentlichen Dienst orientieren solle. Ich frage: Ist dieser Maßstab eigentlich richtig? Passen diese Erhöhungen in die aktuelle sozialökonomische Lage? Sie liegen leicht über dem ÖTV-Abschluss und deutlich über der Erhöhung der gesetzlichen Renten zum 1. Juli 2000, die 0,6 % ausmacht.

(Abg. Rapp REP: Hört, hört!)

Es ergeben sich hieraus mehrere Fragen:

Erstens: Ist es eigentlich gut, dass der alte Landtag die, was absehbar ist, vielen neuen Kolleginnen und Kollegen des nächsten Landtags durch diese zweistufige Erhöhung bindet oder, wie die „Schwäbische Zeitung“ kommentiert, gar entmündigt?

Zweitens stellt sich die Frage, ob es verantwortlich ist, dass Sie von den anderen Fraktionen sich eine Erhöhung der Reisekostenpauschale um 5 % genehmigen wollen, und zwar mit dem Argument der gestiegenen Kraftfahrzeugkosten. Diese sind ja durch die eingetretenen Benzinpreiserhöhungen deutlich gestiegen.

Ich frage Sie an dieser Stelle: Wird nicht auch der Normalbürger durch die Benzinpreiserhöhungen getroffen, und wer entschädigt ihn? Wo bleibt der Ausgleich für Handwerker und Arbeitnehmer, die auf ihr Fahrzeug existenziell angewiesen sind, vielleicht noch existenzieller als Abgeordnete, die zum Beispiel ja eine kostenlose Bahnkarte für Fahrten innerhalb Baden-Württembergs haben?

(Beifall bei den Republikanern)

Meine Damen und Herren, der Landtag darf nicht den Abgeordneten eine höhere Reisekostenpauschale genehmigen und den normalen Bürgern einen Ausgleich für die Belastungen durch die Ökosteuer und den Euroverfall verweigern. Das wäre zutiefst unsozial.

(Beifall bei den Republikanern – Abg. Zeiher CDU: Und jetzt sind wir wieder bei den Auslän- dern!)

So kann man auch dem Beamtenbund durchaus Recht geben, wenn er beklagt, dass einerseits durch den Gesetzentwurf der vier anderen Fraktionen die Abgeordneten schon ab 1. August 2000 eine Erhöhung dieser Pauschale bekommen, andererseits die Erhöhung der Wegstreckenentschädigung für Beamte und Angestellte erst im Januar 2001 in Kraft tritt.

Im Übrigen darf es doch nicht sein, dass die Abgeordneten quasi zweimal entschädigt werden. Ich weise darauf hin,

dass dem Bericht des Präsidenten und dem darauf aufbauenden Gesetzentwurf ein diesbezüglicher Denkfehler innewohnt. Einerseits wird die Erhöhung der Reisekostenpauschale um 5 % ausschließlich mit gestiegenen Kfz-Kosten begründet.

(Abg. Drautz FDP/DVP: Mit was denn sonst?)

Andererseits orientiert sich die Abgeordnetenentschädigung mit ihrer Erhöhung um 2,3 % maßgeblich am Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Baden-Württemberg, der zwischen Januar 1999 und Januar 2000 um 1,7 % gestiegen ist. In diesem Preisindex aller privaten Haushalte sind bereits die stark gestiegenen KfzKosten anteilsmäßig enthalten.

(Zuruf des Abg. Hauk CDU)