(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Salomon Bünd- nis 90/Die Grünen: Wenn man die Rede von Teu- fel von 1986 hört, muss man fast sagen: Es ist schon lange nichts mehr passiert!)
Jetzt kommt als Zweites die Entsorgungsfrage. Sie könnten ja sagen: Es gibt eine ungelöste Frage bezüglich der Endlagerung. Das ist richtig. Aber was tun Sie? Sie verschärfen das Problem, Sie lösen es nicht, obwohl das Problem so oder so zu lösen ist. Sie haben die Entsorgungsfrage, was Gorleben anbelangt, schlicht mit einem Moratorium versehen, und Sie wissen nicht, wohin die Reise gehen wird. Sie verschlechtern und Sie verschleppen die Situation.
Sie haben keinen Sofortvollzug beim Schacht Konrad vorgesehen, sondern Sie schließen ihn ausdrücklich aus. Das wird für das Land Baden-Württemberg, wo 60 % aller schwach- und mittelradioaktiven Abfälle liegen, bedeuten, dass wir dort, wo diese Abfälle liegen, nämlich in Karlsruhe, ein Entsorgungsproblem bekommen und umkonditionieren müssen.
(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Das kostet uns 30 Millionen DM im Jahr! Das ist fünf- mal so viel, wie Sie für die regenerativen Energien ausgeben!)
Dort wird faktisch das Zwischenlager errichtet, das beim Schacht Konrad nicht vorhanden ist. – Seien Sie einmal ruhig, Herr Salomon, und hören sich das an, auch wenn es wehtut.
(Beifall bei der CDU – Abg. Weiser CDU: Er will doch gar nicht! – Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/ Die Grünen: Das tut nicht weh, das tut im Kopf weh!)
Ihre Vereinbarung führt zu Zwischenlösungen, zu regionalen Zwischenlagern und zu Krückenlösungen, und Sie wissen heute noch nicht, wie Sie das schaffen wollen. Sie werden sich auch der Transportfrage noch einmal zu stellen haben.
Das heißt, das, was Sie als Begründung nehmen, nämlich die Sicherheit, schließen Sie selbst aus, und das, was Sie als zweite Begründung nehmen, nämlich die Entsorgung, verschlechtern Sie. Das ist die Situation.
Jetzt frage ich mich umgekehrt: Warum unterzeichnet denn die andere Seite, die Energieversorgungsunternehmen?
Da wollen wir uns jetzt gar nicht in Spekulationen ergehen, sondern ich will schlicht zitieren, was die EVUs selber ge
sagt haben, was sich in der Vereinbarung als Aussage der EVUs findet und was im Übrigen auch der Bundesverband der Deutschen Industrie dazu gesagt hat.
Die Energieversorgungsunternehmen stellen fest, dass sie an der Kernkraft festhalten wollen und dass sie nicht aus Überzeugung handeln. Sie stellen auch fest, dass der Ausstieg nicht ihren Interessen entspricht.
Es wird ja immer wieder das Argument gebracht, die Kernkraft sei eine Technologie, bei der die EVUs froh wären, wenn sie sie endlich los wären. Meine Güte, wenn die EVUs die Kernkraft loswerden wollten, würden sie die Kernkraftwerke doch sofort abschalten. Wieso verhandeln sie denn eineinhalb Jahre über die Länge der Laufzeit, wenn sie froh wären, wenn sie sie endlich los wären? Das ist doch keine Logik, kann ja keine Logik sein.
Die Situation war ganz anders, und das steht in der Vereinbarung selbst. Die EVUs wollten nämlich den ungestörten Betrieb. Man muss sich diesen Ausdruck einmal auf der Zunge zergehen lassen. Er bedeutet nichts anderes, als dass der Staat Störer ist und dass die EVUs klar vorausgesehen haben, dass sie sich gegen diese Störung rechtlich nahezu nicht wehren können. Genau das ist eine Erpressungssituation. Das nenne ich den größten Verfassungsverstoß in Bezug auf Artikel 14 des Grundgesetzes in der Geschichte der Bundesrepublik.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Das ist ja die jenseitigste Rede, die hier seit langem gehalten wurde, also ehrlich!)
Wissen Sie, was in Artikel 14 steht? Wenn in Eigentum eingegriffen wird, bedarf es des Nachweises der Erforderlichkeit aus Gründen des öffentlichen Wohls. Es bedarf zum Zweiten der Entschädigung. Zum Dritten ist die Möglichkeit der rechtlichen Überprüfung gegeben.
Nichts davon ist durch diese Politik gewährleistet. Der Staat zwingt den Bürger – Industrieunternehmen, übrigens weithin in öffentlichem Eigentum; das ist unser Unternehmen, das ist unser Eigentum, nur nebenbei gesagt –, erstens etwas gegen seine Überzeugung zu tun, zweitens etwas gegen seine Interessen zu tun, drittens ohne Entschädigung und viertens ohne rechtliche Überprüfung. Das ist das Ergebnis der Erpressungspolitik, die Sie gemacht haben.
Wenn ich Ihnen eine verfassungsrechtliche Argumentation bringe, lehnen Sie sich zurück und rufen: „Sie bellen den Mond an!“
(Zuruf der Abg. Birgitt Bender Bündnis 90/Die Grünen – Gegenruf des Abg. Dr. Schlierer REP: Wer schreit, hat Unrecht!)
So kann nur derjenige argumentieren, der im Besitz der Macht ist und von ihr hemmungslos Gebrauch macht.
(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Noch nie war er so stark wie heute! Das ist echt Klasse! – Weitere lebhafte Zurufe vom Bündnis 90/Die Grünen – Glocke des Präsidenten)
(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Leute, ihr müsst den zurückziehen! Der ist peinlich! – Weitere lebhafte Zurufe vom Bündnis 90/Die Grü- nen – Glocke des Präsidenten)
(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Guter Mann am Schreibtisch, aber nicht, wenn er etwas sagen soll!)
Zunächst einmal ganz simpel etwas zu den Arbeitsplatzbelangen. In Baden-Württemberg sind unmittelbar 6 000 Arbeitsplätze betroffen, in der Bundesrepublik entsprechend mehr, ungefähr das Vierfache. Mittelbar sind natürlich sehr viel mehr Arbeitsplätze betroffen. Das sind zum Beispiel auch Plätze in der Forschung.
Übrigens gibt es auch einen technischen Fortschritt, was die Entwicklung der Kernkraft anbelangt, von dem wir uns in Zukunft natürlich aufgrund des Ausstiegsgesetzes abschneiden.
(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Dann haben Sie doch die Vereinbarung nicht gelesen! Das ist ja völliger Blödsinn!)
Zum Thema Forschung steht nur eines drin: dass die Forschung frei ist. Aber Sie kürzen natürlich die Forschungsmittel auf null. Sie haben ja ein Ausstiegsgesetz vor, nach dem es neue Kernkraftwerke gar nicht mehr geben soll.
Zweitens: Wir haben eine nachhaltige wirtschaftliche Belastung insofern, als wir natürlich eine Stromverteuerung bekommen und weil für eine alternative, für eine andere – ich meine nicht unbedingt regenerative – Stromversorgung neue Kapazitäten aufgebaut werden müssen. Der LVI schätzt,
dass dadurch allein in Baden-Württemberg eine Belastung von rund 20 Milliarden DM entsteht. Entsprechend hoch wird die Belastung insgesamt in der Bundesrepublik sein. Es gibt dazu ja Zahlen, die in den dreistelligen Milliardenbereich gehen.
(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Der LVI in Baden-Württemberg ist senil! Das sage ich Ihnen!)
Das waren ja genau die Gründe – weil Sie gewusst haben, wie hoch die Entschädigungszahlungen wären; das zeigt logischerweise die Höhe des Schadens –, weshalb Sie nach einer anderen Lösung gesucht und sie mit der Erpressungsstrategie durchgesetzt haben. Das ist der Schaden, den Sie vorsätzlich anrichten.
Was die Umwelt anbelangt, kann man ganz einfach feststellen: Das Ziel der Bundesrepublik heißt „minus 20 %“, und der Effekt dieser Politik heißt „plus 20 %“. Das ist eine deutliche Abweichung, das ist eine deutliche Verfehlung.
Jetzt verweisen Sie auf die regenerativen Energien. Meine Damen und Herren, wir sind sehr für die regenerativen Energien; das ist wohl wahr.
(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Aber nicht, solange es Geld kostet! Jetzt wollen Sie die Kraft-Wärme-Kopplung! – Weitere Zurufe von der SPD und vom Bündnis 90/Die Grünen)
Aber wir wollen die regenerativen Energien an die Stelle der fossilen setzen. Das ist die logische Konsequenz: Kernkraft und regenerative Energien.