Protokoll der Sitzung vom 28.06.2000

(Abg. Pfister FDP/DVP: Ja!)

Nun sind die Zwischenlager vor Ort alles andere als populär. Gehen Sie bitte davon aus, dass wir uns nicht im Weg der Rechtsaufsicht an die Stelle von allfälligen kommunalen Beschlüssen, die sich dem verweigern sollten, setzen werden. Wir werden das nicht tun, weil wir darin keine rechtliche Notwendigkeit sehen und weil wir uns nicht an die Stelle derer setzen wollen, die vor Ort das Bauplanungsrecht in der Hand haben. Wir reichen dazu die Hand nicht.

(Abg. Drexler SPD: Verweigerung!)

Wenn Sie sagen, dass das vielleicht zu einer zusätzlichen Verzögerung in der Entsorgungsfrage führt, kann ich nur sagen: Es würde so oder so dazu kommen, denn entweder würden die EVUs gerichtlich dagegen vorgehen, oder es würden umgekehrt die Kommunen dies gegenüber der Auflage tun. Insofern haben Sie ein Problem. Ich kann Ihnen auch sagen, was sonstige Krückenlösungen anbelangt: Wir werden dazu die Hand nicht reichen.

Schließlich: Wir erwarten Transporte; wir erwarten Transporte so, wie das in der Vereinbarung drinsteht. Jetzt bin ich einmal gespannt, ob es wirklich zu diesen Transporten kommt. Sie müssen die Entsorgung der Kernkraftwerke sicherstellen. Sie haben das in dieser Vereinbarung versprochen.

Zum Schluss, meine Damen und Herren, eine Bemerkung zu den Verantwortlichkeiten. Zunächst einmal war ja das Ziel, einen so genannten unumkehrbaren Ausstieg zustande zu bringen. Welche Arroganz spricht daraus: unumkehrbar, sozusagen Politik mit Ewigkeitswert. Sie haben gemerkt, dass das nicht geht. Das ist gut so. Ich kann Ihnen nur sagen: In dem Moment, in dem wir die Möglichkeit haben, zusammen mit den EVUs – und die EVUs warten darauf – die Dinge wieder anders zu machen, werden wir das tun.

(Abg. Drexler SPD: Machen Sie dies im Bundes- tagswahlkampf! Das finde ich schön! – Abg. Wei- mer SPD: Das ist ein gutes Thema im Bundestags- wahlkampf! – Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Das ist Ihr gutes Recht!)

Das ist eine Frage, die sich in der Zukunft stellt, und wir halten diese Option offen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Auch wir wissen, dass Kernkraft nicht populär ist. Aber der Ausstieg aus der Kernkraft ist es auch nicht.

(Zuruf von der SPD: Was?)

Im Übrigen geht es nicht um die Frage der Popularität, sondern um die Verantwortung gegenüber dem Land.

(Abg. Drexler SPD: Es geht um die Akzeptanz!)

Die zweite Frage bezieht sich auch auf die Verantwortung. Wenn Sie aussteigen, müssen Sie die Fragen, die Sie verursacht haben, selbst beantworten. Das sind die Fragen: Was tritt an die Stelle der Kernkraft? Was ist mit den Arbeitsplätzen? Was ist mit dem Energiepreisniveau? Was ist mit dem Klimaschutz? Was ist mit der wirtschaftlichen Situation der Bundesrepublik insgesamt? Und was ist vor allem auch mit der Situation an den jeweiligen Kraftwerksstandorten? Wenn Sie glauben, das Spiel „Wir steigen aus, und die Landesregierung von Baden-Württemberg soll jetzt einmal den Kruscht aufräumen, den wir hinterlassen“ spielen zu können, dann täuschen Sie sich.

(Beifall bei der CDU – Abg. Drexler SPD: Sie ma- chen ja gar nichts!)

Wenn Sie das jetzt als Chance für das Land ausdrücken, kann ich nur sagen: Das ist keine Chance für das Land, sondern eine Zwangslage, in die Sie uns gebracht haben

(Minister Ulrich Müller)

und bei der diejenigen, die diese Zwangslage verursacht haben, auch die Lösung bringen müssen.

Meine Damen und Herren, summa summarum: Ich stelle fest, es handelt sich hier nicht um einen Energiekonsens, sondern um einen Energienonsens.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Oettinger.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Lieber Kollege Salomon, vorweg ein Wort persönlich zu Ihnen: Zwischenrufe gehören zum Parlament wie das Salz zur Suppe, aber Lärm stört.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Salomon Bünd- nis 90/Die Grünen: Danke, Herr Oberlehrer!)

Meine bescheidene Bitte ist: Bedenken Sie Folgendes: Mit Ihrem Lärm schaden Sie dem Ansehen des Landtags und auch Ihrem eigenen Ansehen.

(Lachen des Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen)

Deswegen kann ich zu Ihnen nur sagen: Hochmut kommt vor dem Fall.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Salomon Bünd- nis 90/Die Grünen: Abwarten!)

In der Sache selbst hat, glaube ich, der Umweltminister die wesentlichen Fragen eingebracht. Und wir können schon erwarten, dass eine rote und eine grüne Landtagsfraktion auch Antworten darauf geben.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Ja, warten Sie ab!)

Die erste Frage noch einmal ganz konkret: Was trifft nun für Obrigheim zu? Kollege Maurer, ist Ihnen aus dem Parteivorstand, dem Sie angehören, bekannt, dass Schröder eine mündliche Zusage zu einer längeren Betriebszeit für Obrigheim, nämlich über 2002 hinaus, gegeben hat, ja oder nein?

Zweitens, Kollege Salomon: Was sagen Sie dazu, wenn dies zutrifft?

(Abg. Bebber SPD: Sie sind der Oberlehrer!)

Fühlen Sie sich dann vom Bundeskanzler getäuscht, ja oder nein?

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Das ist mir völlig Wurscht!)

Ich erwarte hier, dass die Entscheidung über die Laufzeit von Obrigheim den Arbeitnehmern und den Bürgern dieser Region vor der Landtagswahl offen gelegt wird.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wir erwarten Klarheit für 600 Arbeitsplätze und für eine ganze Region, die ansonsten strukturschwach bleibt.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Mein Gott!)

Dritte Frage: Der Markt des Stroms ist sowohl liberal als auch offen und nicht mehr national, und es gibt kein Monopol.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Ja! Das merken Sie aber nicht!)

Das heißt, wir haben eine Strombörse, und wir haben einen Durchleitungsprozess, bei dem es nicht mehr allein auf die nationale Politik ankommen kann.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Sehr richtig!)

Aber Sie machen nationale Politik, als sei die Europäische Union nicht da.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Wir sind die Lokomotive!)

Wir kaufen den Strom jeden Tag aus West, aus Ost, aus europäischen Produktionsländern zu. Deswegen bleibt Ihre nationale Politik für die Energiewirtschaft Europas ohne Gewicht. 15 Länder – –

(Zuruf des Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grü- nen)

Schon wieder lärmt er hier herum.

(Vereinzelt Heiterkeit bei der CDU)

Wenn sich alle 150 Kollegen hier im Saal so benähmen wie Sie, dann ginge der Landtag mit Sicherheit schief.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zuruf des Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/ Die Grünen)