Protokoll der Sitzung vom 29.06.2000

Die Umweltministerkonferenz hat sich im Mai 1998 darauf geeinigt, eine gemeinsame Einrichtung im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 7 des Abfallverbringungsgesetzes des Bundes zur Bearbeitung von Rückholersuchen im Falle gescheiterter oder illegaler Abfallexporte zu bilden und mit dieser Aufgabe auf Dauer das Land Baden-Württemberg zu betrauen.

Mit dem Staatsvertrag übertragen die Länder dem Land Baden-Württemberg zur Wahrnehmung in eigener Zuständigkeit die Aufgaben der gemeinsamen Einrichtung, die Zentrale Koordinierungsstelle genannt wird. Die Aufgaben werden nach dem Staatsvertrag vom Ministerium für Umwelt und Verkehr oder von einer von ihm bestimmten Stelle wahrgenommen.

Die Form des Staatsvertrages ist notwendig, da der Zentralen Koordinierungsstelle die Befugnis eingeräumt wird, Verwaltungsakte für den Bereich der gesamten Bundesrepublik zu erlassen. Eine Verwaltungsvereinbarung reicht hierfür nicht aus. Der Staatsvertrag hat seinen Ausgangspunkt im Basler Übereinkommen. Dieses Übereinkommen ist ein völkerrechtlicher Vertrag und verpflichtet die Bundesrepublik Deutschland, gescheiterte oder illegale Abfallexporte wieder zurückzuführen.

Die Verpflichtung zur Rückholung trifft zwar vorrangig den Exporteur, dagegen ist die Durchsetzung der Rückholung Aufgabe der jeweils zuständigen Landesbehörde. Soweit sich diese zuständige Behörde nicht rechtzeitig feststellen lässt, sind nach dem Abfallverbringungsgesetz die Länder in alphabetischer Reihenfolge für die einzelnen Fälle zuständig. Das Abfallverbringungsgesetz gibt den Ländern jedoch die Möglichkeit, diese Aufgabe einer gemeinsamen Einrichtung zu übertragen.

Von dieser Möglichkeit, meine Damen und Herren, wollen die Länder Gebrauch machen. Die Zentrale Koordinierungsstelle soll die Rückholersuchen bezüglich solcher Abfälle durchführen, bei denen sich die zuständige inländische Behörde nicht so rechtzeitig ermitteln lässt, dass der Wiedereinfuhrpflicht nach dem Basler Übereinkommen rechtzeitig nachgekommen werden kann. Sie führt die Sachaufklärung in der Bundesrepublik und in den betroffenen Staaten durch, insbesondere auch zur Ermittlung der zuständigen inländischen Behörde, und ist zum Erlass von Anordnungen im gesamten Bundesgebiet befugt.

Sobald der Erkenntnisstand der Ermittlungen hierzu ausreicht, gibt sie das Verfahren an die ermittelte zuständige Behörde weiter. Ergibt die Sachaufklärung, dass eine Wiedereinfuhrpflicht für die Bundesrepublik Deutschland besteht, und ist eine Abgabe des Verfahrens an eine zuständige Behörde nicht möglich, führt die Zentrale Koordinierungsstelle auch die Rückführung der Abfälle selbst durch. Im Falle der Rückholung durch die Zentrale Koordinierungsstelle müssen die Abfälle im Übrigen nicht in BadenWürttemberg entsorgt werden; vielmehr kann die Entsorgung dort durchgeführt werden, wo hierfür zugelassene Anlagen zur Verfügung stehen.

Nach Artikel 4 des Staatsvertrags wird zur Finanzierung der aufwandsunabhängigen Festkosten für die Zentrale Koordinierungsstelle ein jährlicher Betrag von 200 000 DM festgesetzt. Dieser Betrag deckt alle Personalaufwendungen der Zentralen Koordinierungsstelle und die laufenden Sachkosten ab. Aufwandsabhängige Mehraufwendungen bei den Sachkosten, insbesondere für Reisen, Gutachten, Rückführung und Entsorgung der Abfälle, erstatten die Länder dem Land Baden-Württemberg gegen Nachweis. Festkosten und Mehraufwendungen werden von allen Ländern gemäß dem Königsteiner Schlüssel getragen.

Der Staatsvertrag tritt in Kraft, wenn ihm die Parlamente aller Länder zugestimmt haben und die letzte Ratifikationsurkunde beim Ministerium für Umwelt und Verkehr des Landes Baden-Württemberg hinterlegt ist. Seit Anfang 1998 werden die Aufgaben der Zentralen Koordinierungsstelle nach Absprache unter den Ländern und im Vorgriff auf den Staatsvertrag bereits von Baden-Württemberg wahrgenommen, allerdings ohne die Möglichkeit, Anordnungen für den Bereich anderer Länder zu erlassen. In dieser Zeit sind nur vereinzelte Rückholersuchen angefallen. Eine Rückholung selbst war bisher nicht erforderlich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Red- ling SPD: Er ist fertig! – Abg. Brechtken SPD: Herr Kollege, wir helfen, wo wir können! – Heiter- keit)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Steim.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Herr Staatssekretär hat die Problematik wunderbar beschrieben. Das Gesetz hat zwei Paragraphen, der Staatsvertrag hat vier Artikel. Ich habe alles aufmerksam gelesen. Die Chance, Fehler zu machen, war gering. Die CDU-Fraktion stimmt deswegen diesem Gesetz zu.

Vielen Dank. Ich habe fertig.

(Beifall bei der CDU – Abg. Brechtken SPD: Sehr gut! Jetzt klatschen wir sogar!)

Das Wort erhält Herr Abg. Staiger.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In aller Kürze: Die SPD-Fraktion unterstützt den Gesetzentwurf der Landesregierung und begrüßt die Einrichtung einer Zentralen Koordinierungsstelle.

Wir erinnern uns mit Grausen daran, wie die vergangene Praxis ausgesehen hat. Wir wissen alle, dass es immer ein Riesengerangel um Zuständigkeiten gegeben hat, wenn wir unsere Verpflichtung aus 1994 wahrgenommen haben und die Rückführung illegaler Exporte vornehmen wollten. Es ging dabei auch darum, gescheiterte Exporte wieder in die Bundesrepublik zu verbringen. Um dieses Gerangel jetzt endgültig in geordnete Bahnen zu bringen, ist es notwendig, einen solchen Staatsvertrag zu haben und eine solche Zentrale Koordinierungsstelle einzurichten. Ich muss natürlich sagen: Es ist leider notwendig. Denn man kann sich ja auch vorstellen, dass diejenigen, die so etwas veranstalten, dafür verantwortlich sind. Aber oft sind sie leider nicht mehr festzustellen.

Wir fragen uns eigentlich nur, warum es so lange gedauert hat. Wir unterstützen vonseiten der Fraktion der SPD dieses Vorhaben und hoffen, dass es so schnell wie möglich umgesetzt wird.

(Beifall der Abg. Redling und Bebber SPD)

Das Wort erhält Herr Abg. Walter.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann mich den Ausführungen meines Vorredners voll anschließen. Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wird diesem Entwurf zustimmen.

Danke.

(Beifall bei Abgeordneten des Bündnisses 90/Die Grünen – Abg. Dr. Reinhart CDU: Der Walter wird immer besser! – Abg. Walter Bündnis 90/Die Grünen zu Abg. Brechtken SPD: Das war jetzt ein Maßstab!)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Glück.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf zum Staatsvertrag ist unstrittig. Er ist unstrittig zwischen den

Ländern und auch unstrittig zwischen den Fraktionen. Auch wir stimmen ihm zu.

(Abg. Dr. Steim CDU: Beispielhaft! – Abg. Beb- ber SPD: Ja, jetzt! Was ist denn hier los?)

Das Wort erhält Herr Abg. Eigenthaler.

(Abg. Herrmann CDU: Der liest drei Seiten vor! – Abg. Jacobi Bündnis 90/Die Grünen: Der liest wie- der drei Seiten vor!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich muss feststellen: Es gibt doch nur eine Opposition hier im Landtag.

(Beifall bei den Republikanern – Lachen bei der CDU, der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der FDP/DVP)

Das Basler Übereinkommen verpflichtet die Bundesrepublik Deutschland, gescheiterte oder illegale Abfallexporte wieder zurückzuführen. Unter einem gescheiterten Export versteht ein normal sterblicher Nichtsprachwissenschaftler zuerst einmal eine verhinderte, also nicht zustande gekommene Ausfuhr.

(Unruhe)

Sollten mit dieser Formulierung aber falsch oder unzureichend deklarierte – –

(Anhaltende Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, ich bitte um Aufmerksamkeit, damit der Redner seine Ausführungen zu Ende bringen kann.

(Abg. Walter Bündnis 90/Die Grünen: Kann man die Rede nicht elektronisch löschen?)

Danke schön, Herr Präsident.

Sollten mit dieser Formulierung aber falsch oder unzureichend deklarierte Abfälle gemeint sein, die verklausuliert als Wertstoffe, als Produkte zur Weiterverarbeitung oder Nutzung vorgesehen sind, dann wäre eine klare, deutliche und ehrliche Formulierung des Gesetzestextes angezeigt und hilfreich.

(Zuruf von den Republikanern: Sehr gut!)

Dabei handelt es sich nämlich um nichts anderes als ebenfalls um illegale Exporte.

Sind mit gescheiterten Abfallexporten aber solche gemeint, die zwar gesetzeskonform zum Zweck der Verwertung, der Verarbeitung oder der Verwendung bzw. Nutzung versandt wurden und dann vom Empfänger im Ausland anderweitig genutzt, unbearbeitet deponiert oder ohne Energiegewinnung verbrannt werden sollen – möglicherweise mit Kenntnis und Einverständnis der dortigen Regierung –, dann verstehe ich nicht, warum dieser am Zielort entstandene Abfall – nach den Buchstaben des Gesetzes jetzt eigentlich illegaler Abfall – wieder rückimportiert werden soll, ja sogar werden muss. Ausnahme hiervon ist Sonder-, Problemoder Giftmüll, der am Zielort nicht vorschriftsmäßig und

sachgerecht deponiert oder anderweitig umweltfreundlich verwertet, verbracht oder behandelt werden kann.

Empfindliche Strafen bzw. Geldbußen halten wir Republikaner für hilfreicher als ökologisch und ökonomisch fragwürdige Rücktransporte,

(Beifall bei Abgeordneten der Republikaner – Zu- ruf des Abg. Scheuermann CDU)

die möglicherweise oft auf Kosten der Allgemeinheit durchgeführt werden müssen.

(Abg. Scheuermann CDU: Aber das eine hat mit dem anderen nichts zu tun!)

Fragwürdig ist das auch deshalb, weil es sich dabei wieder einmal um eine Einbahnentscheidung handelt. Oder glaubt eine oder einer der wenigen verbliebenen Abgeordneten hier im Saal ernsthaft, dass beispielsweise eine Ladung Kugelschreiber, die als Werbegeschenke für den baden-württembergischen CDU-Wahlkampf gemünzt waren, nur deshalb auf den Müll müssen, weil sie blau statt, wie gewünscht, schwarz schreiben und das C verschütt gegangen ist?

(Abg. Brechtken SPD: Die kommen zu euch!)

Dann wird man diese kaum in das Ursprungsland nach Fernost oder in die USA zurückschicken, falls der Importeur dort seinen Sitz hat, obwohl es sich dabei möglicherweise um einen so genannten gescheiterten Abfallexport handeln könnte.

Bemühen Sie sich also bitte um mehr Klarheit und Wahrheit bei Gesetzestexten, besonders dann, wenn uns die Bundesregierung mit unausgegorenen Abkommen quasi unrealisierbare Vorlagen zuspielt, die wieder – wie so oft bei internationalen Vereinbarungen – einseitig nur von uns zu 150 % erfüllt werden. Für andere wird es immer einen plausiblen Grund geben, diese Vereinbarungen zu unseren Lasten zu umgehen.

(Beifall bei Abgeordneten der Republikaner – Abg. Jacobi Bündnis 90/Die Grünen: Oh Jesses! – Abg. Dr. Carmina Brenner CDU: Kugelschreiber, die braun schreiben, habe ich noch nie gesehen!)