und Rot-Grün die Mehrheit im Deutschen Bundestag, im Verteidigungsausschuss und im Haushaltsausschuss des Bundestags hat.
Ich wäre außerordentlich dankbar, wenn Sie sich einmal als Anwälte Baden-Württembergs in Berlin betätigen würden
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Dazu werde ich gleich was sagen!)
und nicht als Statthalter der Bundesregierung in BadenWürttemberg. Das wäre eine ganz neue Variante, die die baden-württembergischen Bürger von Ihnen, meine Damen und Herren, zu Recht erwarten können.
(Abg. Dr. Schäfer Bündnis 90/Die Grünen: Da müssten Sie erst einmal die Parteipolitik zurück- stellen und Landespolitik machen! Dann kann man so reden! – Abg. Buchter Bündnis 90/Die Grünen: Unseriös ist das!)
Denn wie die Bundeswehr aussieht und wie Standorte in Baden-Württemberg aussehen, das entscheidet in einigen Wochen diese Bundesregierung, und die wollen wir auch in die Pflicht und in die Verantwortung nehmen.
Meine Damen und Herren, unter den Gästen auf der Zuhörertribüne begrüße ich besonders die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Münsingen mit ihrem Schulleiter und den Klassenlehrern. Die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Münsingen haben zusammen mit ihren Lehrern die Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar dieses Jahres in der Gedenkstätte Grafeneck mitgestaltet. Ihren heutigen Be
such im Landtag möchte ich zum Anlass nehmen, ihnen noch einmal sehr herzlich für diese Mitwirkung zu danken.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich gehe davon aus – jedenfalls ist das für meine Fraktion klar –, dass es unser gemeinsames Anliegen ist, Baden-Württembergs Interessen bei der anstehenden Reform der Bundeswehr nachhaltig zu vertreten, dafür zu sorgen, dass das Land diesmal besser abschneidet als beim letzten Mal. Wir werden uns da von niemandem übertreffen lassen. Sie wissen das, Herr Ministerpräsident.
Wir haben hier in diesem Saal mit dem Staatssekretär aus dem Bundesverteidigungsministerium, mit vielen Kommandeuren und Beschäftigten der Bundeswehr eine große Tagung durchgeführt. Sie hatte nur das Ziel, sehr frühzeitig dafür zu sorgen, dass das Landesinteresse bei der anstehenden Bundeswehrreform gewahrt wird. Sie können also ganz unbesorgt sein, und ich bin mir sicher, dass Sie das auch sind.
Ich gestatte mir aber die kleine Bemerkung: Wenn Sie wirklich so daran interessiert sind, dass es zu einer gemeinsamen Anstrengung des Parlaments kommt, dann sollten Sie sich solche parteitaktischen Schlussbemerkungen mit Begriffen wie „Statthalterschaft“ abschminken.
Sie müssen sich schon entscheiden, ob Sie einen parteipolitischen Krieg gegen die Bundesregierung führen wollen oder ob Sie konstruktiv die Interessen des Landes BadenWürttemberg vertreten.
Ich sage das auch deswegen, weil – das fällt mir gerade ein – ich es schön und bemerkenswert fand, dass Sie heute eine sehr lange Rede zu diesem Thema im Parlament gehalten haben. Dabei ist mir aufgefallen, dass Sie sich der gestrigen Debatte über die Steuerreform und über Ihren eigenen Nachtragshaushalt entzogen haben. Das finde ich ein etwas auffälliges Missverhältnis. Ich hätte es besser gefunden, wenn Sie zu allen zentralen Bereichen, in denen Sie Verantwortung für Landesinteressen wahrnehmen,
auch deswegen, weil Ihr Verhalten neulich im Bundesrat gezeigt hat, dass Sie den richtigen Weg, nämlich von Ihren engen Parteistrategien abzusehen und das Landesinteresse
wahrzunehmen, noch nicht gefunden haben. Aber vielleicht gelingt es Ihnen mithilfe dieser Debatte über die Zukunft der Bundeswehr, diesen Weg zu finden.
Wenn wir die Vergangenheit betrachten, stimme ich Ihnen, Herr Ministerpräsident, insoweit zu, als es uns in der großen Koalition in der Tat gelungen ist, von Baden-Württemberg das Schlimmste abzuwenden.
Ja. Das ändert allerdings nichts daran, dass es aus der Zeit, in der Sie in Bonn Regierungsverantwortung trugen, ein extremes Ungleichgewicht zulasten des Landes gibt. Das kann man nicht beschönigen.
Die Zahl der Dienstposten im Vergleich zwischen Bayern und Baden-Württemberg beträgt 82 000 : 35 000. Das Verhältnis beträgt bei der Zahl der Standorte 99 : 57, bei der Zahl der Standorte mit mehr als 500 Dienstposten 51 : 26. Darüber hinaus wurde die Zahl der Standorte zwischen 1990 und 1998 in Baden-Württemberg um 50 reduziert, während es in Bayern 36 waren. Das sind Realitäten, von denen man nicht absehen kann.
Herr Ministerpräsident – ich sage das ganz unpolemisch –, es ist etwas merkwürdig, dass Sie bei vielen Themen – ob das die Verkehrspolitik ist, ob das Stuttgart 21 ist oder ob es, wie jetzt, die Bundeswehr ist – immer erwarten, dass wir, nachdem wir in Berlin die Regierungsverantwortung tragen, das Land besser behandeln, als Sie es in der Zeit getan haben, in der Sie die Regierungsverantwortung in Bonn hatten.
Das können Sie von uns allerdings zu Recht erwarten. Wir versuchen, da in der Tat besser zu sein, als es damals der Fall war. Aber Sie sollten, wenn Sie von Begriffen wie „Statthalter“ sprechen, die Erinnerung an die Vergangenheit nicht aus dem Auge verlieren.
Im Kern, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht es um etwas, was notwendig und unvermeidbar ist. Die Reform der Streitkräfte ist zu lange unterlassen worden.
Die technische Ausstattung der Streitkräfte – das ist bekannt – ist schlecht, sehr schlecht. Man könnte auch sagen, dass man die Bundeswehr auf der Materialseite in wesentlichen Bereichen hat verrotten lassen. Das ist aber ein Verdikt über das, was Sie veranstaltet haben. Das kann ich Ihnen nicht ersparen.
Wenn Sie einmal mit Kommandeuren der Luftstreitkräfte darüber reden, wie es um das Material der Luftstreitkräfte aussieht, werden Sie das bestätigt bekommen, was ich Ihnen sage: Sie haben die Bundeswehr in der Zeit Ihrer Regierungsverantwortung in Bonn sehr schlecht behandelt.
Andererseits: Herr Kollege Schlierer – er hat allerdings ein anderes Weltbild –, es geht eben nicht darum,
eine nationale Armee aufzubauen, die sich einem unmittelbaren Angriffskrieg gegenübersieht. Vielmehr geht es darum, durch eine Wehrstruktur einen deutschen Beitrag – einen deutschen Beitrag! –
für den Aufbau integrierter Streitkräfte des sich entwickelnden Europas in einer neuen atlantischen Partnerschaft zwischen der Westeuropäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika zu leisten. Das ist eine völlig andere Aufgabenbeschreibung.
Da muss Europa seiner Verantwortung gerecht werden. So ist die Struktur ausgelegt. So ist sie im Kern von dem auch von Ihnen gelobten Bundesverteidigungsminister richtig erkannt worden, und so wird es auch gemacht.
Für die qualifizierten Mannschaften und Offiziere in unseren Streitkräften bedeutet gerade diese europäische Dimension, die jetzt realisiert wird, eine große Chance und eine große Herausforderung.
Im Übrigen haben wir doch alle, glaube ich, zu Recht das Gefühl, dass die Bundeswehr mit ihren Einsätzen außerhalb Deutschlands außerordentlich an Ansehen und Anerkennung gewonnen hat. Ich will das in dieser Debatte ausdrücklich hervorheben, weil gerade auch Soldatinnen und Soldaten aus Baden-Württemberg einen ganz namhaften Anteil an dieser Vermehrung unseres Ansehens im Ausland tragen.
Herr Ministerpräsident, Staatssekretär Kolbow hat anlässlich der genannten Veranstaltung im Landtag von BadenWürttemberg gesagt – jetzt zitiere ich aus einem öffentlichen Vortrag, nicht aus einem vertraulichen Vier-AugenGespräch –, es sei ihm bewusst, dass Baden-Württemberg bei der letzten Reform der Bundeswehr außerordentlich nachteilig behandelt worden sei. Er hat gesagt, er sei sich darüber im Klaren, dass Baden-Württemberg beim letzten Mal wesentlich mehr abgegeben habe als andere Bundesländer, und er wolle dies beim nächsten Mal nach Möglichkeit zugunsten Baden-Württembergs berücksichtigen.
Das hielt ich für eine bemerkenswerte Äußerung, weil es natürlich erstens unserem Anliegen entgegenkommt und wir ihn auch beim Wort nehmen wollen. Das zeigt aber zweitens auch, dass der Staatssekretär eine sehr realistische Sicht dessen hat, was wir damals hier erlebt haben. Deshalb, glaube ich, sollte man das nicht besonders vorlaut und schon gar nicht wahltaktisch thematisieren.
Unsere Auffassung ist, dass Baden-Württemberg beim letzten Mal ziemlich viel gebracht hat. Das sollte diesmal berücksichtigt werden. Wir wollen, dass die Standorte im Land wegen ihrer überragenden infrastrukturellen Bedeu
tung gehalten werden. Das wird allerdings nur gelingen, Herr Ministerpräsident, wenn auch Sie Ihren Beitrag dazu leisten. Ihr Beitrag müsste darin bestehen, auf die wahltaktische Ausbeutung dieses Themas zu verzichten und ihre Grenzen als Parteiideologe zu überspringen,