Protokoll der Sitzung vom 04.10.2000

Also: Sie ist heute schon in der dreifachen Höhe und wird von euch noch weiter hinaufgepresst. Deswegen ist den Sozialdemokraten die Debatte in Wahrheit gar nicht so recht. Die Sozialdemokraten wollen das Thema aussitzen und verschweigen. Die Grünen sind noch immer selbstgerecht auf der Fahne obenraus.

Wissen Sie, lieber Kollege Salomon, dabei haben Sie noch keinen Prozentpunkt Senkung der Lohnnebenkosten erreicht.

(Abg. Göbel CDU: Eben! – Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Aber sicher! – Zuruf der Abg. Birgitt Bender Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Keitel CDU: In der Summe zugenommen! – Weitere Zurufe)

Denn in Ihrer Formel steht, dass 40 % erreichbar wären. Bei der Gesundheitsreform kommen Sie nicht voran, bei der Rentenreform kommen Sie kaum voran. Kurzum: Im Grunde genommen kassieren Sie ab, sanieren für Eichel den Haushalt und tun wenig dafür, dass die Lohnnebenkosten abgesenkt werden.

(Beifall bei der CDU – Abg. Brechtken SPD: Das ist ja unglaublich! – Abg. Dr. Salomon Bünd- nis 90/Die Grünen meldet sich zu einer Zwischen- frage. – Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Oettinger, gestatten Sie eine Zwischenfrage des – –

Nein, im Augenblick nicht.

(Unruhe)

Aber das Ganze bettet sich darin ein, dass Ihre gesamte Energiepolitik ohne ein Gesamtkonzept dasteht, dass in der Energiepolitik generell die rot-grüne Ideologie scheinbar über Vernunft siegt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Lieber Kollege Salomon, eines muss auch klar sein: Wer beim Ausstieg aus der Kernkraft, das heißt beim Ausstieg aus der langfristigen Sicherung unseres Strombedarfs, arrogant über CDU, CSU und FDP hinweggehen will, darf sich nicht wundern, wenn wir bei der Ökosteuer nicht ganz verträglich, sondern auch eindeutig sind. Sie haben im Grunde genommen bei der Energiepolitik keine vernünftige Debatte in der Gesellschaft gesucht, und deswegen bekommen Sie jetzt auch Ihr Fett ab. Ich sage Ihnen: Mit dieser Ökosteuer stehen Sie das Vorzeigeprojekt der rot-grünen Bundesregierung keine weiteren zwei Jahre durch.

(Beifall bei der CDU – Abg. Nagel SPD: Ha, ha!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Maurer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach dem, was wir gerade gehört haben, möchte ich doch zunächst einmal mit etwas Erfreulichem anfangen.

(Abg. Haas CDU: Wird die Ökosteuer ausgesetzt? – Vereinzelt Heiterkeit)

Herr Haas hat immer noch nicht genug. Unser tägliches Adrenalin gib uns heute, Herr Kollege Haas.

(Abg. Haas CDU: Ich bin ganz gelassen! Bei dem Thema sowieso!)

Erfreulich ist, dass der Dieselpreis heute Morgen 10 Pfennig niedriger liegt als an der Spitze dieser Preislawine. Das ist erfreulich: 10 Pfennig niedriger liegt er als vor zwei Wochen.

(Abg. Haasis CDU: Hat das die Bundesregierung gemacht?)

Er liegt deswegen – –

(Abg. Döpper CDU: Wo bitte?)

Muss ich auch noch die Tankstelle empfehlen? Freie Tankstelle Feuerbach. Da können Sie hinfahren, Herr Kollege. – Er liegt 10 Pfennig niedriger als noch vor zwei Wochen, und er liegt deswegen um 10 Pfennig niedriger, weil die Industriestaaten, weil die deutsche Bundesregierung, weil die Vereinigten Staaten eben nicht kurzfristigem Druck nachgegeben haben, sondern in einer konzertierten Aktion eine klare Linie durchhalten. Das macht mehr Eindruck auf die OPEC und auf die Mineralölkonzerne, als wenn man mit populistischer Schaumschlägerei durch die Lande zieht.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten des Bünd- nisses 90/Die Grünen – Abg. Capezzuto SPD: Ja- wohl! – Abg. Deuschle REP: Das liegt an der saudi-arabischen Regierung und nicht an den In- dustriestaaten!)

Es gibt in dieser Debatte um den Ölpreis eine völlige Übereinstimmung zwischen dem Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, der es ja vorgezogen hat, dieser Parlamentssitzung und den Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit fernzubleiben – –

(Widerspruch bei der CDU – Zurufe der Abg. Na- gel SPD und Haasis CDU)

Das ist doch so. Das können Sie nicht bestreiten. – Es gibt eine völlige Übereinstimmung zwischen dem Ministerpräsidenten Teufel, der CDU und dem saudischen Ölminister und Sprecher der OPEC, eine völlige inhaltliche Übereinstimmung.

(Abg. Deuschle REP: Das stimmt doch gar nicht! Er begreift es nicht!)

Sowohl Erwin Teufel als auch der saudische Ölminister haben letzte Woche in nahezu wortgleichen Interviews erklärt, dass sie die Bundesregierung dringend auffordern, die Ökosteuer abzuschaffen. Der saudische Ölminister und Erwin Teufel!

(Abg. Nagel SPD: Sehr gut! – Zurufe von der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir werden das nicht machen. Wir machen nämlich keine kurzatmige Steuerpolitik, die dazu führt, dass das, was wir über die Steuern senken, am nächsten Tag von den Konzernen und von den Saudis an den Zapfstellen wieder kassiert wird. Das machen wir nicht!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen – Zurufe der Abg. Keitel und Göbel CDU)

Wir sind nicht dazu da – ich sage das, damit das einmal klar ist, meine Damen und Herren –, durch deutsche Steuerpolitik Preiserhöhungsspielräume für Saudi-Arabien und Royal Dutch/Shell zu ermöglichen. Dazu sind wir nicht da!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen – Zurufe der Abg. Haasis und Hehn CDU – Abg. Deuschle REP: Ausländerfeindliche Argu- mentation!)

Die Reps sind jetzt auch mit den Saudis verbündet.

(Abg. Dr. Schlierer REP: Davon träumen Sie ja nur, dass Sie endlich auch einmal nach Saudi-Ara- bien eingeladen werden!)

Wir machen das, was in einer solchen Situation angemessen ist:

(Abg. Haas CDU: Nichts! Nichts!)

Wir entlasten die besonders stark betroffenen Gruppen in dieser Gesellschaft. Das gilt sowohl beim Heizöl – da gibt es wirklich ernste Probleme für viele, auch für viele ältere Menschen – –

(Lebhafte Zurufe von der CDU)

Natürlich. Aber durch den Preis, Herrschaften!

(Abg. Fleischer CDU: Und das bestimmen Sie?)

Und wir entlasten die Berufspendler.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Maurer, gestatten Sie eine Zwischenfrage – –

Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage.

(Zuruf des Abg. Göbel CDU)

Am Schluss, wenn ich fertig bin, lasse ich Zwischenfragen zu.

Ich sage Ihnen eines: Eine Partei wie Ihre, die ein Programm aufgestellt hat, das sie Steuerreform nennt, mit der Absenkung der Kilometerpauschale von 70 auf 50 Pfennig – das haben Sie verlangt; das haben Sie noch vor Wochen hier im Parlament vertreten –, eine Partei, die eine solche Maßnahme befürwortet, die dazu führen würde, dass ein Berufspendler monatlich 80 DM mehr zahlen müsste, wenn es nach der CDU ginge,

(Abg. Nagel SPD: So ist es!)

kann nicht gleichzeitig eine solche Kampagne lostreten und sich dann auch noch wie der Ministerpräsident trotz gestiegener Preise gegen die Erhöhung der Entfernungspauschale aussprechen. Sie sind mit dem, was Sie machen, völlig unglaubwürdig.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten des Bünd- nisses 90/Die Grünen – Abg. Haas CDU: Wir kön- nen nur vorschlagen, wir können gar nichts ma- chen! – Lachen bei Abgeordneten der SPD)