Protokoll der Sitzung vom 04.10.2000

Umweltverbrauch zu billig, Arbeit zu teuer. Deutschland muss notfalls im Alleingang die Ökosteuer einführen und Lohnkosten senken.

Hans-Peter Repnik 1995.

Wir brauchen ökologisch ehrliche Preise, das heißt, in den nächsten Jahren indirekte Steuern wie Mehrwertsteuer und Mineralölsteuer hoch und Lohn- und Einkommensteuer herunter.

Christian Wulf 1997.

Ich könnte Ihnen jetzt noch aus dem Zukunftsprogramm der CDU aus dem Jahr 1998 vorlesen. Ich will es aber dabei belassen, noch einmal Klaus Töpfer zu zitieren, der auch einmal Umweltminister der CDU war. Er sagt:

Ich habe in meiner Zeit als Bundesumweltminister eine Anhebung des Benzinpreises in jährlichen 10-PfennigSchritten empfohlen.

(Abg. Haas CDU: Alles nur Ausschnitte!)

Jetzt zu unseren liberalen Freunden. Das ist sehr interessant. Wir haben ja bald wieder Landtagswahl. Da empfiehlt sich ab und zu ein Blick in die Programme, die einmal verabschiedet wurden. In Ihrem letzten Programm, verabschiedet am 5. Januar 1996, steht drin:

Der Naturverbrauch ist steuerlich stärker zu belasten. Der Faktor Arbeit ist steuerlich zu entlasten. Eine verbrauchsabhängige Energie-/CO2-Steuer auf Benzin, Heizöl, Gas und Strom ist zugunsten der Senkung von lohn-, einkommen- und gewinnabhängigen Steuern zu erheben.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Sie müssen aber noch weiterlesen!)

Ich kann auch noch weiterlesen. Es wird noch sehr interessant:

Erneuerbare Energien in einer Leistungsklasse unter 10 Megawatt sind auszunehmen.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Das meinte ich jetzt nicht!)

Zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Nutzung erneuerbarer Energien ist eine vermehrte Anstrengung, insbesondere...

Und so weiter. Kann ich gern machen.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Dr. Salomon, da Ihre Redezeit zu Ende ist, sollten Sie nicht weiterlesen.

(Heiterkeit – Abg. Pfister FDP/DVP: Vorlesung! Vorlesung zu Ende!)

Das ist sehr richtig, Herr Straub. Wir haben auch noch die zweiten fünf Minuten. Dann kann ich darauf eingehen, was momentan eigentlich ist.

Ihr Geschwätz von gestern, das Sie offensichtlich nicht interessiert, führt zur Politikverdrossenheit. Das wird das Thema sein.

(Abg. Haas CDU: Das Geschwätz von heute von Ihnen!)

Das eigentliche Thema ist, wie wir in den nächsten Jahren die Energie- und die Verkehrswende hier in diesem Land voranbringen können. Da ist nämlich noch nichts geschehen.

Herr Haas, auch wenn Sie ADAC-Funktionär sind oder Ingenieur und gern Tretroller fahren: Halten Sie sich einfach hier etwas zurück.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. Dr. Schlierer REP: Das war schwach, ganz schwach! – Abg. Haas CDU: Den letzten Satz hat er auswendig gelernt! Sehr gut!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Oettinger.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Eigentlich dachte ich: Alle Achtung; dazu gehört Mut. Aber lieber Kollege Salomon, Ihre Vorwärtsstrategie der Verteidigung nach vorn ist im Ansatz stecken geblieben. Sie haben heute Morgen weit unter Ihren Möglichkeiten gearbeitet. Tut mir Leid.

(Beifall bei der CDU)

Wer derzeit den deutschen Markt beobachtet, stellt fest:

Erstens: Die Heizungskosten, Öl – Gas wird folgen –, das, was der Haushalt im Winter für die Heizung der Wohnung zahlen muss, gehen auf das Doppelte hoch.

Zweitens: Der Benzinpreis steigt nicht in sozial verträglichen Stufen, sondern er explodiert.

(Abg. Birgitt Bender Bündnis 90/Die Grünen: Er ist wieder gesunken!)

Drittens: Sie haben die Inflation – Frau Bender, guten Morgen – auf 0,7 % prognostiziert. Das gaben Sie den Rentnern. Das war Ihre Prognose, wie hoch die Geldentwertung sein würde. Und jetzt haben wir über 2 %.

Viertens: Die Inlandsnachfrage nach Kraftfahrzeugen, ein ganz zentraler Faktor unserer Wirtschaft und unseres Arbeitsmarktes, gerade in Baden-Württemberg, geht um mehr als 10 % zurück, und Branchen wie die Spediteure sind im europäischen Maßstab nicht mehr in Konkurrenzfähigkeit.

Kurzum: Wir haben ein Fiasko, das nur mit Ihrer ideologischen Verbohrtheit begründbar ist.

(Beifall bei der CDU)

Nun will ich einräumen: Entlang des Weltmarktpreises, entlang der Währungskurse war im Jahr 1997 oder 1998 über eine Verteuerung von Energie durchaus ernsthaft nachzudenken. Aber Politik ist nur dann gut, wenn sie auf der Höhe der Zeit ist,

(Lachen des Abg. Brechtken SPD)

und Ihre Politik ist nicht mehr auf der Höhe der Zeit.

(Beifall bei der CDU)

Wenn der Benzinpreis nur zu 30 % vom Weltmarkt bestimmt wird und zu 70 % von nationalen Steuern und Abgaben abhängt,

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Bei euch waren es 80 %!)

dann hätten Sie jetzt die Möglichkeit, an der Stellschraube zu drehen, die der Bundesgesetzgebung zukommt.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Der Steueranteil ist zurückgegangen!)

Jetzt hätten Sie die Möglichkeit, zumindest die weiteren Verteuerungen auszusetzen. Damit wäre ein zeitgerechtes Zeichen von Politik ohne Ideologie gesetzt.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Aber Sie tun nichts, und damit folgen die dritte Stufe, die vierte Stufe und die fünfte Stufe. Dadurch geht der Benzinpreis durch die Bundesregierung hausgemacht in den nächsten zweieinhalb Jahren um nochmals 22 Pfennig hoch. Dies nenne ich für den Wirtschaftsstandort Deutschland und Baden-Württemberg gefährlich, und ich nenne es sozial ungerecht.

(Beifall bei der CDU)

Da toben sich rot-grüne Ideologen aus.

(Beifall bei der CDU)

Dabei ist es notwendig, den Wortbruch von Schröder zu erwähnen. Er hat im Oktober 1998 – nach der Bundestagswahl – wörtlich gesagt: Mit einmal 6 Pfennig Verteuerung ist das Ende der Fahnenstange erreicht.

Also: Sie ist heute schon in der dreifachen Höhe und wird von euch noch weiter hinaufgepresst. Deswegen ist den Sozialdemokraten die Debatte in Wahrheit gar nicht so recht. Die Sozialdemokraten wollen das Thema aussitzen und verschweigen. Die Grünen sind noch immer selbstgerecht auf der Fahne obenraus.