Protokoll der Sitzung vom 04.10.2000

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten des Bünd- nisses 90/Die Grünen – Abg. Haas CDU: Wir kön- nen nur vorschlagen, wir können gar nichts ma- chen! – Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Die Ökosteuer belastet einen normalen Vierpersonenhaushalt mit ungefähr 27 DM monatlich. Was Sie wollen, hätte die Berufspendlerhaushalte mit 80 DM monatlich belastet. Leute, die so etwas in die Welt setzen und vertreten, stellen sich dann hier hin und machen eine Kampagne zum Thema

Ökosteuer! So etwas macht man nur, wenn einem nichts anderes mehr einfällt, um aus dem eigenen Sumpf herauszukrabbeln. Aber die Leute durchschauen das.

(Widerspruch bei der CDU)

Ja, sie durchschauen das. – Damit Sie nicht so kurzatmig und vergesslich bleiben, wie Sie es offensichtlich sind – der Kollege Salomon hat einzelne Minister zitiert –, zitiere ich das Zukunftsprogramm der CDU Deutschlands zur Bundestagswahl 1998.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Das hätte ich auch zitieren können!)

Offensichtlich ist der Kollege Oettinger der Auffassung, dass Sie damals nicht auf der Höhe der Zeit waren.

Also, Herr Kollege Oettinger, ich zitiere das CDU-Zukunftsprogramm zur Bundestagswahl 1998:

Unser Steuer- und Abgabensystem macht gerade das besonders teuer, was wir am dringendsten brauchen: Arbeitsplätze. Dagegen ist das, woran wir sparen müssen, eher zu billig zu haben: Energie und Rohstoffeinsatz.

(Abg. Nagel SPD: So ist es!)

Dieses Ungleichgewicht müssen wir wieder stärker ins Lot bringen, wenn wir unseren beiden Hauptzielen „mehr Beschäftigung“ und „weniger Umweltbelastung“ näher kommen wollen.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Alles vergessen! – Zuruf des Abg. Haas CDU)

Meine Damen und Herren, das kurze Gedächtnis hat also die CDU. Sie machen wirklich parteitaktische Schaumschlägerei.

(Abg. Haas CDU: Überhaupt nicht!)

Ich sage Ihnen: Wir weigern uns, das Geschäft von Shell und den Multis und von Saudi-Arabien zu betreiben.

(Abg. Dr. Birk CDU: Europaweite Ökosteuer! – Zuruf des Abg. Haasis CDU)

Aber wir fordern Sie auf, der Entlastung besonders betroffener Bevölkerungsgruppen, etwa durch die Erhöhung der Entfernungspauschale, zuzustimmen.

(Zuruf des Abg. Rapp REP – Abg. Haas CDU: Das ist keine Lösung!)

Dazu haben Sie dann bald Gelegenheit, meine Damen und Herren. Ich will von Ihnen hören: Stimmen Sie jetzt der Erhöhung der Entfernungspauschale zu,

(Abg. Dr. Birk CDU: Erst wollen wir die Abschaf- fung der Ökosteuer!)

oder ziehen Sie es vor, an Ihrem alten Irrsinn, nämlich der zusätzlichen Belastung der Berufspendler, festzuhalten?

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen – Zurufe von der CDU – Glocke des Präsi- denten)

Herr Abg. Maurer, gestatten Sie noch eine Nachfrage des Herrn Abg. Göbel?

Richtig! Ich hatte es ihm versprochen, ja.

Herr Göbel, bitte schön.

Herr Kollege Maurer, mich würde nur interessieren, was diese Pauschale für Handwerker im ländlichen Bereich und für Bauern bedeuten soll. Ich denke, da widersprechen Sie sich ganz einfach. Vielleicht können Sie mich aber darüber aufklären.

Sie wissen, dass die Bauern beim Kraftstoff und Diesel in einem Ausmaß befreit und subventioniert sind

(Lebhafter Widerspruch bei der CDU – Abg. Haas CDU: Was? – Abg. Keitel CDU: Sie haben ja kei- ne Ahnung!)

aber ja, Herr Göbel –, von dem der Normalverbraucher nur träumen kann.

(Lebhafte Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Göbel: Zu den Handwerkern sagen Sie gar nichts? – Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Sind das Dumpfbacken!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Pfister.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! An den Reden der Oppositionsvertreter war nicht so interessant, was sie gesagt haben, sondern interessant war das, was sie nicht gesagt haben.

(Abg. Haas CDU: So ist es! – Zuruf des Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen)

Natürlich sind wir uns sehr schnell darüber einig, Herr Kollege Salomon – dieses Haus und diese Landesregierung haben das immer wieder gesagt –: Wir müssen unseren Anteil an den alternativen Energieträgern in der Zukunft verdoppeln. Das ist Konsens.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Ihr tut aber nichts dafür!)

Natürlich ist es richtig, dass die Ölvorräte endlich sind und dass wir in einer Knappheitsphase sind. Und natürlich ist es richtig, dass wir in der Vergangenheit unendlich viel tun mussten, um Energie einzusparen, um die Energieeffizienz insgesamt zu erhöhen und nach alternativen Möglichkeiten zu schauen.

(Abg. Brechtken SPD: Aber wehtun darf es nicht! – Abg. Walter Bündnis 90/Die Grünen: Aber ihr tut es ja nicht!)

Das ist völlig unumstritten. Da haben Sie uns auf Ihrer Seite.

Aber dies alles, was richtig ist – um das noch einmal zu sagen –, ist doch kein Grund dafür, durch eine unsinnige Energiepolitik – Stichwort Ökosteuer – viele Branchen in

diesem Lande an den Rand des Ruins zu bringen, was Sie mit Ihrer Politik tatsächlich tun.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Nagel SPD: Mao! – Zuruf des Abg. Walter Bündnis 90/Die Grünen)

Ich halte Ihre Politik für verheerend für die mittelständische Wirtschaft insgesamt, aber auch für den kleinen Mann. Ich halte diese Ökosteuer, mit der Sie Energiepolitik betreiben wollen,

(Zuruf des Abg. Walter Bündnis 90/Die Grünen)

für ökonomisch falsch. Ich halte sie deshalb für ökonomisch falsch, weil Sie drauf und dran sind, Arbeitsplätze zu vernichten, weil Sie drauf und dran sind, Existenzen zu gefährden, und weil Sie drauf und dran sind, insbesondere die mittelständische Wirtschaft zu gefährden, wenn es denn stimmt – und es stimmt ja wohl –, dass 70 % der mittelständischen Wirtschaft in Baden-Württemberg durch diese Ökosteuer gefährdet sind und unmittelbar betroffen sind.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: „Ge- fährdet“! Ja spinnt der denn? – Abg. Brechtken SPD: Zwar belastet, aber sicher nicht gefährdet!)

Und dies geschieht in einer Situation, in der Sie bei der Steuerreform gerade auch diese mittelständische Wirtschaft nicht gefördert, sondern sie gegenüber den großen Firmen sogar benachteiligt haben. Beides kommt also zusammen.

(Beifall der Abg. Lieselotte Schweikert FDP/DVP)

Ich halte Ihre Politik auch für ökologisch falsch. Wenn Sie eine Ökosteuer einführen, dann sollte man eigentlich davon ausgehen – das war ja ein ursprüngliches Ziel –, dass mit dieser Ökosteuer auch eine ökologische Wirkung, eine Lenkungswirkung erzielt wird. Das Gegenteil ist aber der Fall.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Falsch!)

Diese Lenkungsfunktion darf gar nicht kommen.

(Abg. Hofer FDP/DVP: So ist es!)