Protokoll der Sitzung vom 04.10.2000

mer angehören wird. Die Regelungen über die Weiterbildung werden noch zurückgestellt. Hier fehlen bundesweit einheitliche Rahmenvorgaben. Dies wird, wie die Frau Staatssekretärin ausgeführt hat, die Aufgabe einer Bundeskammer der Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sein. Wir sagen zu, dass wir uns nachdrücklich für diese Weiterbildung und ihre Regelung einsetzen. Die in den ausführlichen Gesprächen avisierten Zusagen werden von uns eingehalten werden.

Es ist erforderlich, dass für die Bereiche Ausbildung, Weiterbildung und Fortbildung präzise Strukturen definiert werden. Dies gilt auch für zusätzliche Berufsbezeichnungen aus Gründen des Patientenschutzes unverzichtbar.

Die Änderung des Heilberufe-Kammergesetzes ist notwendig. Die CDU-Fraktion stimmt dem Gesetzentwurf zu.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Dr. Noll FDP/DVP – Abg. Capezzuto SPD: Das ist ein bisschen einschläfernd gewesen, mein Freund!)

Das Wort erhält Frau Abg. Haußmann.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPD-Landtagsfraktion begrüßt den Gesetzentwurf der Landesregierung,

(Abg. Haas CDU: Ja, was ist denn das? Völlig neue Glücksgefühle!)

mit dem eine neue Landeskammer der Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten mit eigener Haushaltshoheit errichtet werden soll.

Die Verkammerung

(Abg. Haasis CDU: Was ist denn das, eine „Ver- kammerung“?)

ist die notwendige Konsequenz aus dem Psychotherapeutengesetz, mit dem vor zwei Jahren auf Bundesebene die neuen Heilberufe Psychologischer Psychotherapeut und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut geschaffen wurden. Dem Psychotherapeutengesetz ging ein langer, von Psychotherapeuten als quälend langsam empfundener jahrzehntelanger Diskussionsprozess voraus, in dem die Psychotherapeuten um ihre Anerkennung als selbstständige Heilberufe kämpfen mussten. Mit der Schaffung dieser Psychotherapeutenkammer kommt dieser Prozess nun auch landesrechtlich zu einem Abschluss.

Erfreulicherweise ist die Landesregierung auch gegen Ende der Legislaturperiode noch dazu in der Lage, einen solchen Gesetzentwurf vorzulegen.

(Abg. Döpper CDU: Das ist jetzt aber unnötig, Frau Haußmann!)

Das ist nicht selbstverständlich – wenn Sie mir diesen Seitenhieb gestatten –, hat doch die Landesregierung im Sommer die Novellierung des Landesgleichberechtigungsgesetzes mit der Begründung abgelehnt, für einen Gesetzgebungsprozess sei zu wenig Zeit.

(Abg. Haas CDU: Da ist ja alles unklar! – Abg. Döpper CDU: Da muss man etwas Richtiges ma- chen! – Abg. Capezzuto SPD: Jetzet!)

Erfreulicherweise gilt dieses Zeitargument bei diesem Gesetz jetzt nicht.

Etwas unverständlich ist es, dass die gesetzlichen Grundlagen für die Weiterbildung erst später geschaffen werden sollen.

(Abg. Haas CDU: Da müssen Sie Richtung Bonn sprechen! – Gegenruf des Abg. Capezzuto SPD: Oh Herr Haas!)

Herr Haas, ich glaube, Sie waren heute noch nicht am Neckar. Ich empfehle Ihnen einen Spaziergang dorthin.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Bei dem wäre eine kalte Dusche angesagt!)

Über diesen Punkt wird sicherlich noch im Ausschuss zu diskutieren sein.

(Abg. Haas CDU: Jetzt gehts aber los, Mensch!)

Die Landeskonferenz der Psychotherapeutenverbände merkt in diesem Zusammenhang an, dass eine solche Ausklammerung der Weiterbildung in keinem anderen Bundesland, in dem bisher eine Psychotherapeutenkammer geschaffen wurde, vorgenommen wurde. Die Landesregierung ist deshalb aus Sicht der SPD-Fraktion begründungspflichtig, weshalb in Baden-Württemberg ein Sonderweg gegangen werden soll.

(Abg. Döpper CDU: Vernünftig!)

In diesem Punkt gibt es, wie gesagt, noch Beratungsbedarf im Sozialausschuss.

Zu prüfen ist aus Sicht der SPD-Fraktion auch der Vorschlag der Landeskonferenz der Psychotherapeutenverbände, die Kurzbezeichnung „Psychotherapeutenkammer“ als Klammerzusatz mit aufzunehmen. Dies ist sicher einprägsamer als das Sprachungetüm „Landeskammer der Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten“.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Frau Abg. Bender.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für meine Fraktion kann ich die Begeisterung meines Vorredners und meiner Vorrednerin über die Einrichtung einer Kammer in diesem Bereich nicht so ganz teilen. Man kann nämlich mit Fug und Recht bezweifeln, dass das Kammerwesen für die freien Berufe im Allgemeinen und für die Gesundheitsberufe im Besonderen der Weisheit letzter Schluss ist.

(Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grünen: Sehr richtig!)

Denn die Befugnis zum Erlass der Standesregeln geht doch sehr oft mit Standesdenken bis hin zum Standesdünkel einher.

(Lachen des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

Diese Tendenz wollen wir eigentlich nicht befördern, Herr Kollege Noll.

(Beifall bei Abgeordneten des Bündnisses 90/Die Grünen – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Jetzt fordern Sie mich aber heraus!)

Auf der anderen Seite ist es so, dass Alternativen schwer zu finden sind. Wir wollen keine umfassende staatliche Regulierung der Berufsausübung. Bisher ist nicht recht erkennbar, wie Zusammenschlüsse auf freiwilliger Basis mit Verbindlichkeit für alle Betroffenen diesen Regelungsbereich übernehmen könnten. Immerhin hat das Kammerwesen den Vorteil, dass hier eine Selbstverwaltung stattfindet. Deswegen sehen wir im Moment keinen anderen Weg.

Wünschenswert wäre allerdings – wissend, dass auch dies nicht sofort erreichbar ist – wenigstens eine berufsübergreifende Kammer der Heilberufe, in der nicht nur Ärzte und Apotheker, Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, sondern auch Physiotherapeuten und Pflegeberufe vertreten wären. Dann, Herr Kollege Döpper, fände Kooperation nämlich in der Kammer statt anstelle von Segmentierung und möglicherweise Kampf untereinander in den Gesundheitsberufen. Das wäre ein guter Schritt.

(Zuruf des Abg. Haas CDU)

Aber ich gebe zu: Im Moment ist die Bereitschaft der Betroffenen nicht erkennbar, auch nicht in weiter Ferne am Horizont. Deswegen wird es gegenwärtig wohl keine andere Lösung geben, als die von der Landesregierung vorgeschlagene Landeskammer einzurichten.

Ich sehe darin auch positive Punkte. Sehr gut finde ich, dass wenigstens ein gemeinsamer Beirat mit der Landesärztekammer eingerichtet werden soll. Auf diese Weise kann Kooperation nämlich stattfinden.

Unterstützen möchte ich auch, dass bei der Weiterbildung und der Kompetenz zur Erweiterung der Berufsbezeichnungen Zurückhaltung geübt wurde. Hier sollten in der Tat zunächst einmal die Grundlagen auf Bundesebene geschaffen werden,

(Abg. Haas CDU: Aha!)

damit es einheitliche Regelungen und damit auch Transparenz im Interesse des Patientenschutzes gibt.

Wir sehen auch gewissen Korrekturbedarf. Erwähnt wurde schon der Name. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand irgendwann einmal den Namen „Landeskammer der...“ – ich erspare mir den Rest – vollständig aussprechen wird. Auch im Wissen darum, dass dieser Name unter den Beteiligten umstritten ist, meine ich, dass die Kurzbezeichnung „Psychotherapeutenkammer“ gescheit wäre. Sie würde praktischen Bedürfnissen entsprechen. Ich denke, dass die Bevölkerung die Psychologischen Psychotherapeuten durchaus von den ärztlichen wird unterscheiden können.

(Abg. Haas CDU: Ich würde sagen: Volksabstim- mung in Baden-Württemberg!)

Nach der Anhörung wurde ja noch eine Nachbesserung vorgenommen: Als Vertreter von Forschung und Lehre soll nunmehr ein Vertreter der Universitäten mitwirken. Das halten wir für richtig. Aber man sollte auch berücksichtigen, dass die Ausbildung in diesem Bereich nicht nur an den Universitäten, sondern zu einem ganz wichtigen Teil auch an den staatlich anerkannten Weiterbildungsinstituten stattfindet. Dann, meine Damen und Herren, macht es Sinn, auch diese mit aufzunehmen, damit auch sie ihr Wort zu Forschung und Lehre einbringen können.

Zusammengefasst: Angesichts dessen, was gegenwärtig erreichbar scheint – eine berufsübergreifende Kammer eben leider nicht –, sind wir im Grundsatz für dieses Gesetz. Den Korrekturbedarf werden wir im Ausschuss einbringen.

Danke.

(Beifall bei Abgeordneten des Bündnisses 90/Die Grünen)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Noll.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Psychotherapeutengesetz – das wurde schon angedeutet – war ja eine unendliche Geschichte, die am 16. Juni 1998 scheinbar zu einem Happy End geführt hat. Die Frage ist, ob alle Beteiligten mit diesem Gesetz derzeit noch so happy sind. Ich denke, es hatte einen schweren Geburtsfehler, nämlich den, dass es in die stringente Budgetierungsvorgabe der rot-grünen Bundesregierung eingebunden wurde. Was sich bei Ärzten und Fachärzten schleichend vollzogen hat – dass unter den Budgetvorgaben die wirtschaftliche Basis der Praxen teilweise wegbricht –, war für die Psychotherapeuten von Anbeginn ein drängendes Problem. Sie brauchen sich nur einmal in den Verbänden umzuhören.