Im Übrigen möchte ich zum Thema „Bundeswehreinsätze im Inneren“ nur so viel sagen: Für polizeiliche Aufgaben ist die Bundeswehr nicht vorgesehen; sie ist dafür weder ausgerüstet noch ausgebildet. Sie wird deshalb auch künftig keine Verbrecher jagen, weil die grundsätzliche Trennung von Polizei und Militär ein hohes Gut in unserem Land ist, das wir durch die wenig ausgegorenen Vorschläge mancher jetzt nicht einfach aufs Spiel setzen möchten.
Abschließend möchte ich noch auf die Kritik des Ministerpräsidenten eingehen, dass zur Finanzierung des Antiterrorprogramms auf Bundesebene Maßnahmen wie die Erhö
hung von Verbrauchsteuern, zum Beispiel der Tabaksteuer, ergriffen wurden, durch die ein Betrag von ca. 3 Milliarden DM erwartet wird.
Ich möchte die Union um mehr Sensibilität bitten, denn gerade die Bundesregierung unter Kohl hat nicht gezögert, als man seinerzeit nach Mitteln und Wegen suchte, um sich an der Finanzierung des Golfkriegs beteiligen zu können. Von den im Rahmen dieser Steuererhöhungen zusätzlich eingenommenen insgesamt 27 Milliarden DM, wofür damals beispielsweise massiv die Mineralölsteuer erhöht wurde, ebenso die Tabak- und die Versicherungsteuer, wurden tatsächlich nur 17 Milliarden DM an die USA überwiesen. Angesichts solcher Zahlen bitte ich doch, Herr Ministerpräsident, etwas sensibler und ehrlicher mit dieser Frage der Verbrauchsteuern umzugehen.
Ich habe eingangs von der breiten parteipolitischen Übereinstimmung in wesentlichen Fragen der Terrorbekämpfung gesprochen, die nach meinem Eindruck auch bei der Sitzung des Bundesrats am vergangenen Freitag deutlich geworden ist. Deshalb denke ich, für alle hier im Haus sagen zu können, dass – um mit Bundestagspräsident Thierse zu sprechen – wir die Freiheit nicht so verteidigen dürfen, dass sie dabei auf der Strecke bleibt.
Vielmehr müssen wir frei von ideologischen Scheuklappen notwendige und wirksame Maßnahmen zum Schutz vor terroristischen Anschlägen von rein plakativem Aktionismus unterscheiden. Für meine Fraktion kann ich deshalb feststellen, dass wir sehr genau prüfen werden, welche der von Ihnen vorgesehenen Maßnahmen wirklich geeignet sind, für zusätzliche Sicherheit im Land zu sorgen, und welche die Freiheitsrechte der rechtstreuen Bürgerinnen und Bürger beeinträchtigen, ohne dass es dafür ein Plus an Sicherheit gibt. Wir Sozialdemokraten werden uns darauf konzentrieren, an alle Maßnahmen ausschließlich die Messlatte der tatsächlichen Wirksamkeit anzulegen. Ausschließlich danach werden wir beurteilen, was wir unterstützen, was wir ablehnen, wo wir konstruktiv kritisieren und wo wir alternative Vorschläge vorlegen werden, wie wir das ja schon in der vergangenen Woche getan haben.
Meine Damen und Herren, ich bin überzeugt davon, dass wir auf dieser sachlichen Grundlage hier im Landtag von Baden-Württemberg auf dem Feld der inneren Sicherheit jene Gemeinsamkeit erreichen können, die von den Menschen in unserem Land unter den gegenwärtigen Bedrohungen erwartet wird. Der 11. September hat die Welt verändert; wir haben darauf zu reagieren.
(Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD – Bei- fall bei Abgeordneten der Grünen und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten ist ein klarer Beleg für die Handlungsfähigkeit der Politik in Baden-Württemberg.
Wir reagieren auf die Gefahrenlage, die seit dem 11. September sichtbar ist. Zielgerichtet, effektiv, maßvoll – so stellt sich unserer Fraktion das Gesamtkonzept der Landesregierung dar. Wir unterstützen das Antiterrorsofortprogramm für Baden-Württemberg. Wir haben es mit erarbeitet, wir setzen es mit um. Wir zeigen damit unsere Entschlossenheit und stellen die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt unserer Politik.
Baden-Württemberg ist ein friedliebendes und weltoffenes Land. Freizügigkeit und Freiheit sind hohe Werte für uns. Wer aber die Sicherheit der Bürger gefährdet, wer gewaltbereit ist, wer Terror verbreiten will, der soll wissen: Baden-Württemberg ist ein wehrhafter Staat. Sicherheit und Freiheit sind bei uns untrennbar. Nur gemeinsam wird ein freiheitlicher Rechtsstaat daraus.
In dieser bedeutungsvollen und schweren Zeit ist zwischen den demokratischen Parteien die notwendige Gemeinsamkeit gefragt. Staatsräson geht vor Opposition. Deswegen bekunde ich ausdrücklich meinen Respekt für die deutsche Außenpolitik in diesen Wochen: Der Bundeskanzler, der Bundesaußenminister, der Bundesinnenminister leisten in der Außenpolitik eine kompetente und gute Arbeit und verdienen deswegen die Unterstützung aller Demokraten, auch derer, die einer Partei angehören, die in Berlin in der Opposition ist.
Erstens: Der Abbau des Haushalts, die Aushöhlung der Bundeswehr war falsch, hat sich in den letzten Jahren als falsch erwiesen.
Wir brauchen eine Stärkung der Struktur unserer Bundeswehr, damit der Bündnisfall und unsere Partnerschaft weltweit auch in Zukunft mit der notwendigen Technik, mit den notwendigen Menschen und der notwendigen Kompetenz in Partnerschaft mit Amerika, Großbritannien und anderen wieder haltbar sein können.
(Beifall bei der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Wir brau- chen eine zweite Strukturreform!)
Zweitens: Unbedingte Solidarität mit den Bündnispartnern heißt für mich, dass man über die Aussetzung von Luftangriffen und über eine Feuerpause nicht fahrlässig spekulieren soll. Deswegen ist hier die Gemeinsamkeit unserer Partei mit der Bundesregierung da, und meine Frage ist, ob auch die Gemeinsamkeit von Frau Roth und Frau Thon mit der Bundesregierung in diesen Tagen da ist. Das heißt, ich fordere die Grünen auf: Haltet euren Laden zusammen. Ansonsten wärt ihr ein Sicherheitsrisiko in diesen Tagen, wo Deutschland eine handlungsfähige Regierung braucht.
Drittens: Bei den Parteien gibt es in der Solidarität eine klare Unterscheidbarkeit. SPD, CDU, FDP und die Mehrheit von Bündnis 90/Die Grünen stehen zur Politik der Bundesregierung, wenn es um die aktuellen Fragen geht. Die PDS ist auf der anderen Seite, ist gegen jede Teilnahme an der Bekämpfung von Terroristen weltweit.
Deswegen will ich nachdenklich den Sozialdemokraten zurufen: Wer in Berlin, in der Hauptstadt, nach der Wahl mit der PDS über die Regierung verhandelt, der höhlt seine eigene Position aus, der untergräbt seine Autorität. Deswegen kann ich nur wünschen, dass die SPD in dieser Stunde nicht mit der PDS in die Regierungstätigkeit geht, sondern die Gemeinsamkeit der Demokraten – Kollege Drexler, Sie sprachen sie an – auch ganz konkret, wenn es um Regierungsbildung geht, nachweisen kann.
Wir in Baden-Württemberg stehen nicht am Anfang, was die Bekämpfung von Terror anbelangt. Wir beginnen nicht bei null. Das Konzept der Landesregierung ist eine Ergänzung, eine Verstärkung, eine Weiterentwicklung unserer langjährigen Politik. In der CDU des Landtags von BadenWürttemberg, in der Regierungsarbeit unseres Landes hat die Polizei seit vielen Jahren einen starken Partner. Die Polizei hat unser Vertrauen uneingeschränkt,
sie hat ein modernes Polizeigesetz, eine gute Ausstattung, eine gute Qualifikation. Wir sorgen auch in Zukunft dafür, dass der Schwerpunkt „Innere Sicherheit“ im Landtag von Baden-Württemberg mehrheitsfähig bleibt.
Eine entscheidende Funktion nimmt dabei der Verfassungsschutz ein. Jetzt sage ich ausdrücklich dem Kollegen Oelmayer meinen Respekt. Hat er in seiner Fraktion noch vor dreieinhalb Jahren die Auflösung des Landesamts für Verfassungsschutz hier beantragt
Antrag der Fraktion der Grünen im Landtag von BadenWürttemberg –, sagt er heute wörtlich: Von diesem Be
schluss, der sich grundsätzlich gegen die Geheimdienste gerichtet hat, müssen wir uns im Licht der neuen Erkenntnisse über die terroristischen Netzwerke verabschieden. Respekt, Herr Kollege, dazugelernt!
Deswegen kann ich nur sagen: Wir stärken unseren Verfassungsschutz nicht von null an. Er war in Baden-Württemberg konsequent bei der Arbeit. Wir haben eine gute Aufklärung und Beobachtung, und wir setzen mit dem jetzigen Programm die Verstärkung, das Vertrauen in den Verfassungsschutz Baden-Württemberg konsequent und geradlinig fort.
Der Katastrophenschutz, der Rettungsdienst, die Feuerwehr, die Kommunen als Partner für kommunale Sicherheitsprävention: Baden-Württemberg ist bei der Terrorbekämpfung gut aufgestellt und rüstet jetzt ganz gezielt und effektiv nach. Deswegen tragen wir diese Maßnahmen der Landesregierung ausdrücklich und vollinhaltlich mit.
Meine Damen und Herren, wenn man hier über die Programme debattieren will, sagen Sie, Kollege Drexler: „mehr, mehr, mehr“, und Frau Kollegin Vogt, die auch wieder aufgetaucht ist, sagt: „völlig unzureichend“.
Meine ernsthafte Bitte ist: Wer noch mehr Lehrerstellen in Baden-Württemberg schaffen will, obwohl die CDU-FDP/ DVP-Landesregierung mehr neue Lehrerstellen als jede andere Regierung in Deutschland schafft, wer noch mehr Stellen für Polizeibeamte schaffen will – wir haben die Arbeitszeit vor fünf Jahren auf 40 Stunden erhöht; wir führen jetzt 200 neue Stellen zu; die Mehrarbeitsvergütungen werden aufgebaut – und uns gleichzeitig beim Erreichen der Nullverschuldung treiben will,
der behauptet, dass die Quadratur des Kreises gehe. Ihre Politik und Ihre Forderungen sind schlichtweg finanziell unseriös.