Es geht darum, dass wir jetzt die Rahmenbedingungen kontinuierlich weiter verbessern und dem Sport insgesamt in der Schule und in der Gesellschaft den Stellenwert einräumen müssen, der ihm ohne jede Frage zukommt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hin und wieder lohnt es sich auch, alte Anträge hier im Plenum zu behandeln.
So beraten wir heute einen Antrag der FDP/DVP-Fraktion aus dem Jahr 2004. Es geht darin um einen Bereich des Sports, der für uns von allergrößter Bedeutung ist.
Warum ist er von großer Bedeutung? Weil wir den Mangel an körperlicher Bewegung erkennen und in unserer ach so fortschrittlichen Gesellschaft immer mehr ernsthafte Probleme haben, und zwar ernsthaft im medizinischen Sinn mit allen Folgen nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für uns alle, die wir für diese Folgekosten des Bewegungsmangels aufkommen müssen. Vor diesem ernsten Hintergrund lohnt es sich immer, hier im hohen Haus über den Sport zu reden.
Auch wir von der CDU-Fraktion sehen in der Sportförderung eine große Herausforderung. Sie ist uns außerordentlich wichtig. Doch wir sollten nicht so tun, als ob wir hier am Anfang unserer Erkenntnis stünden. Wir haben in Baden-Württemberg mit der Schulsportoffensive zusammen mit vielen Partnern bereits nachhaltig wirkende Initiativen und Maßnahmen eingeleitet. Wir haben ein breites und interessantes Bewegungsangebot in den Schulen. Gerade die neuen Bildungspläne geben den Schulen Gestaltungsfreiheiten. Wir begrüßen das sehr. Gerade ich als Sportlehrerin sehe das aus allernächster Nähe und freue mich über das, was sich hier in unseren Schulen tut.
Wir haben mit der Konzeption „Grundschule mit sport- und bewegungserzieherischem Schwerpunkt“ ein hervorragendes Beispiel, um Bewegung, Spiel und Sport in den Schulalltag hineinzubringen. Wir haben auch die Zahl der Hauptschulen, der Realschulen und der Gymnasien mit Sportprofil deutlich erhöht. Somit haben sportbegabte Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, ihr Talent auszubauen.
Jetzt haben wir auch die Chance, im Zuge der Ganztagsbetreuung zusammen mit den Sportvereinen Angebote einzurichten und auszubauen. Kollege Döring hat gerade die Broschüre gezeigt. Sie ist wirklich ganz hervorragend und bietet eine Übersicht über Betreuungsangebote.
Wir verstärken auch im Kindergarten die Maßnahmen zur Bewegungserziehung. Ich bin der Meinung, wenn ein Kind bereits im Kindergarten seinen natürlichen Bewegungsdrang ausleben kann, dann bleibt es weniger anfällig für die Verlockungen, allein vor dem Fernseher zu hocken und nicht mit anderen Kindern zu spielen. Wir haben gestern über den Medienkonsum der Kinder diskutiert. Die Amerikaner nennen solche Kinder „Couch Potatoes“, und ich bin überzeugt, wir in Baden-Württemberg wollen alle keine solchen Couch Potatoes. Wir wollen Kinder beweglich halten, und zwar in jeder Hinsicht.
Die Gesamtkonzeption „Sport- und bewegungsfreundliche Schule“ bietet ein durchgängiges Bewegungsangebot in den Schulen, von den Eingangsklassen bis zum Abitur. Ich sage
es ganz deutlich: Das Fach Sport muss in allen Schulen als Pflichtfach erhalten bleiben, vor allem in der gymnasialen Oberstufe.
Wir sind ein Sportland und entwickeln den Schulsport ständig weiter. Wenn ich sehe, was die Sprint-Studie aufzeigt, muss ich sagen: Viele dieser Handlungsempfehlungen sind bei uns bereits umgesetzt.
Interessant wäre in diesem Bereich einmal ein Ranking zwischen den Bundesländern. Ich bin überzeugt, dass wir in Baden-Württemberg dabei ganz gut abschneiden würden.
Aber, um auch das deutlich zu sagen: Nichts ist so gut, als dass es nicht noch besser sein könnte. Auch uns ist die Diskussion über Unterrichtsausfälle und fachfremden Unterricht bekannt. Ich möchte aber darum bitten, das sehr differenziert zu betrachten und dort Abhilfe zu schaffen, wo dies wirklich nötig ist.
Wir haben in den letzten Jahren eine deutliche Verbesserung erzielt – auch das sollten wir wahrnehmen –, und wir werden auch weiterhin Verbesserungen erzielen.
Ich möchte die Opposition wirklich herzlich bitten, nicht alles schlechtzureden, denn dadurch motivieren wir Kinder nicht zum Sporttreiben.
(Zuruf von der CDU: Sehr gut! – Lachen der Abg. Christine Rudolf SPD – Abg. Zeller SPD: Was meinen Sie eigentlich? Wovon sprechen Sie?)
Kinder brauchen eine starke Lobby für die Bewegungsförderung. Sie brauchen ein bewegungsfreundliches Umfeld in Kindergarten, Schule und Gemeinde. Daher auch mein Appell an die Gemeinden, dafür zu sorgen, dass Kinder Spielplätze und Bewegungsfreiräume haben.
Kinder brauchen auch Vorbilder – Lehrer, Erzieher und Übungsleiter in den Vereinen, vor allem jedoch die Eltern. Wenn die Eltern sich nicht bewegen, können wir das von den Kindern kaum erwarten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sowohl die CDU-Fraktion als auch die FDP/ DVP-Fraktion haben heute beim Thema Sport den Landtagswahlkampf eröffnet.
(Abg. Dr. Döring FDP/DVP: Was? – Abg. Heide- rose Berroth FDP/DVP: Wie bitte? – Abg. Klein- mann FDP/DVP: Mädle, das ist aus dem Jahr 2004, noch von Dr. Glück mit unterschrieben! – Unruhe bei der CDU)
Wenn wir hier zwischen den Fraktionen und der Landesregierung über die Frage debattieren, wie es um die motorischen Fähigkeiten unserer Kinder steht und wie viele Kinder in Baden-Württemberg Übergewicht haben,
dann geht es nicht um nette Wünsche und Appelle an Kommunen und andere Einrichtungen in unserem Land, sondern es geht um die Verantwortung, die wir in diesem Hause haben und die das Kultusministerium hat.
Wenn man die Sprint-Studie liest, dann muss man einfach sehen, dass dem Schulsport – es geht ja hier um den Sport in der Schule – dort kein gutes Zeugnis ausgestellt wird. Jedes sechste Kind ist übergewichtig. Die motorischen Fähigkeiten sind laut dieser Studie unzureichend. 61 % der Kinder können nicht schwimmen, und jede vierte Sportstunde fällt aus. Was nun in den letzten Jahren noch hinzukommt, ist, dass wir vielfach auch keine Sportstätten mehr haben, zu denen die Schulen die Kinder und Jugendlichen überhaupt bringen können, die so ortsnah liegen, dass kein großer Aufwand erforderlich ist, und die so ausgestattet sind, dass man darin wirklich einen vernünftigen Sportunterricht betreiben kann.
Wenn Sie dann, Herr Dr. Döring, mit solchen Broschüren kommen, wie sie die Mitglieder des Schulausschusses gestern und heute auf den Tisch bekommen haben,
dann sieht das wunderbar aus. Aber wir kommen hier genau auf den Punkt: Dort gibt es nämlich ein kleines Kapitel mit der Überschrift „Finanzierung“, in dem steht, dass für dieses ganze Vorhaben nach wie vor nur das Lehrbeauftragtenprogramm zur Verfügung steht, für das es pro 45-minütige Unterrichtseinheit nur 7 € gibt. Sie wollen also, dass Sportvereine und Sportorganisationen in die Schulen kommen und dass Sportvereine, die ihre eigenen Aufgaben schon ehrenamtlich erledigen müssen, auch noch Personal zur Verfügung stellen, das während der Zeiten, in denen Berufstätige arbeiten müssen, in die Schulen gehen soll, um dort für nur 7 € pro Unterrichtsstunde, also halb ehrenamtlich, zu arbeiten. Da muss ich Ihnen einfach sagen: Frohe Wünsche – aber das funktioniert leider nicht.