Genau so ist es. Das ist altes Denken! Das, was uns die Forschung sagt, und die Erkenntnisse aus anderen Modellversuchen werden in Baden-Württemberg nicht umgesetzt. Das ist kein modernes Kindergartenkonzept, wie wir es für die Zukunft brauchen.
Dann, das muss ich wirklich sagen, fällt mir immer wieder auf, wie Sie das verkaufen. Ich habe nichts gegen das Verkaufen. Aber Sie kommen mir schon ein bisschen vor wie ein Autoverkäufer, der nach dem Ablauf aller Reklamationsfristen für sein Fahrzeug endlich darangeht, in der Garage die größten Fehler, die reklamiert wurden, zu beseitigen, und dann nach Ach und Krach das Auto aus der Garage herausschiebt und zum Fahren bringt. Das Auto sieht ziemlich schlimm aus, und jetzt feiert er, dass er es an den Mann bringt. Genau so ist mir der Vorschlag des Ministerpräsidenten vorgekommen.
Hätten wir nur bemerkt, Herr Mappus, dass ein einziger Vorschlag für ein modernes Programm in diesem Konzept wäre, wären Sie zum Beispiel auf den Vorschlag eingegangen, das Geld für das letzte Kindergartenjahr für den Orientierungsplan zu nehmen, oder wären Sie unserem Vorschlag gefolgt, 20 Millionen zu investieren! Stellen Sie zumindest 10 Millionen € im Nachtragshaushalt für die Ganztagsschule ein, damit wir merken, dass Sie es kapiert haben!
Dann können wir uns darauf einigen. Aber das, was Sie jetzt machen, ist nicht der richtige Schritt. Er ist im Kindergartenbereich sogar der falsche Schritt. Alle Fachleute sagen uns das. Dieses Programm aber werden Sie beschließen. Das halten wir für falsch. Es ist kein Schritt hin zu einem Kinderland, sondern es ist im Gegenteil ein Rückschritt angesichts dessen, was uns moderne Pädagogen für den Bereich der Kindergärten vorschlagen.
(Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall bei den Grünen – Abg. Wintruff SPD zur CDU: Jetzt steht ihr ziemlich bedeppert da! – Lachen des Abg. Flei- scher CDU – Abg. Fleischer CDU: Miesepampel, Miesepampel, Miesepampel!)
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich in Anlehnung an Theodor Heuss’ Wort von Baden-Württemberg als Modell deutscher Möglichkeiten sagen, dass wir mit dem Leitbild, für das wir mit der Vereinbarung mit den kommunalen Spitzenverbänden und dem Land jetzt einen Schlusspunkt, aber auch einen neuen Anfangspunkt gesetzt haben, auch im Bereich der Bildungspolitik – die ja Kernaufgabe der Länder ist – im föderalen Wettbewerb zwischen den Ländern ein Modell, und zwar ein gutes Modell, ja ein Vorbild deutscher Möglichkeiten, sind.
Da vorhin in der Debatte der Vorwurf „Steinzeit“ laut geworden ist, bitte ich die Kolleginnen und Kollegen von der SPD, einmal Folgendes zu betrachten: Wenn man die heutige Situation einmal mit dem Zustand vergleicht, der 1996, zu Beginn der CDU-FDP/DVP-Koalition, und vorher, während der großen Koalition, herrschte, dann kann man wirklich sagen: Was sich in dieser Zeit entwickelt hat,
ist gegenüber dem, was die große Koalition bildungspolitisch hinbekommen hat, Neuzeit. Wir sind in der Realität, der gesellschaftlichen Wirklichkeit angekommen.
Herr Drexler, Sie müssen sich beim Thema Ganztagsschulen immer wieder sagen lassen: Am Anfang der großen Koalition gab es die gleiche Zahl von Ganztagsschulen wie am Ende der großen Koalition. Seit 1996 wurde deren Anzahl
verdoppelt, noch vor IZBB. Allein an diesem einen Punkt sehen Sie den Fortschritt, und viele weitere Entwicklungen sind angestoßen worden.
Es wundert einen natürlich nicht, wenn auch heute wieder die alten ideologischen Schützengräben aufgerissen werden, in denen die einen für die Lufthoheit über den Kinderbetten kämpfen – das hat ja auch einmal jemand von Ihrer Couleur gesagt – und die anderen jede externe Betreuung als Zwangsentzug der Kinder aus der Familie darstellen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das entspricht nicht mehr gesellschaftlichen Realitäten. Wir Liberale wollen Wahlfreiheit. Wir wollen keineswegs den Eltern die Verantwortlichkeit entziehen. Es ist kein Gegensatz, sondern es sind ergänzende Möglichkeiten, die nach unseren Vorstellungen in dem Maß, wie es die Familien brauchen, wie es die Kinder und Jugendlichen brauchen, in Anspruch genommen werden können. Dazu gilt es Möglichkeiten und Angebote zu schaffen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich finde auch den Stil bemerkenswert – und deswegen sage ich dies auch noch einmal –, mit dem wir in kurzer Zeit nicht nur den Dialog geführt, sondern auch Ziele erreicht haben.
Ich darf Sie, Herr Drexler, zitieren. Im Rahmen der Aussprache zur Regierungserklärung am 28. April führten Sie wörtlich aus:
Dialogbereitschaft signalisiert, dann können zwei Gründe dahinter stecken: Entweder er ist ratlos, oder er verschiebt die Entscheidung bis nach der Wahl.
Lieber Herr Drexler, weder sind wir oder ist der Ministerpräsident ratlos gewesen, noch haben wir etwas verschoben,
sondern wir haben in bemerkenswert kurzer Zeit im Dialog diesen Meilenstein erreicht. Für diesen Dialog bedanke ich mich.
Ich bedanke mich dafür, dass sich alle Beteiligten, auch die Zahlerbank – und es sind nun einmal die Fraktionen, die nachher, wenn es zum Haushalt kommt, zum Schwure kommt, zustimmen müssen –, zielorientiert an diesem Dialog beteiligt haben. Auch und gerade den kommunalen Spitzenvertretern sage ich meinen herzlichen Dank.
Uns unterscheidet, dass wir in der Tat das Thema Konnexität ernst genommen haben. Wir haben kein abgehobenes Konzept gestrickt und nicht gesagt, wir wüssten alles bes
ser, sondern wir haben die vor Ort gemachten Erfahrungen aufgenommen. Und auch da ist in den letzten neun Jahren ganz viel im Stillen, abseits all der heftigen Debatten, die wir hier führen, an Modellen entstanden.
anhand derer man dann entscheiden kann, welche Konzepte sich letztendlich durchsetzen, als dass man gar nichts macht, weil man sich ständig nur bekriegt.
und zwar beispielsweise im Kindergartenbereich mit dem Kindergartengesetz. 1998 haben wir erstmals die stärkere Förderung von altersgemischten Gruppen eingeführt, die sich Gott sei Dank explosionsartig verbreitet haben. Die Zahl der integrativen Gruppen ist ebenfalls explosionsartig gestiegen.
Der Ausbau der Sprachförderung war nur durch die Mittel aus der Landesstiftung möglich. Damit wurde selbstverständlich nur ein Einstieg, aber kein endgültiges Ziel erreicht. Aber es wurden die größten Probleme, die aufgrund von Sprachdefiziten bestehen, angegangen.
Da, Herr Drexler, will ich schon noch einmal auf die Landesstiftung zu sprechen kommen, wenn wir über Föderalismus und über Finanzbeziehungen reden. Wenn wir es hinbekommen würden, dass das Geld, das unsere Bürgerinnen und Bürger erarbeitet haben, bei Verkäufen nicht zu großen Teilen in andere Länder fließt, dann wäre ich mit Ihnen d’accord. Aber je länger ich die Sache betrachte, desto mehr bin ich sogar der Meinung: Es ist ein Glück, dass wir hier Vermögen gegen Vermögen einsetzen – Vermögen, von dem sich der Staat trennen kann, weil es nicht mehr seine Kernaufgaben betrifft – und die Erträge dauerhaft für die Kernaufgaben des Staates eingesetzt werden können. Ich finde, es ist ein Glück, dass wir diese Stiftungsmittel haben und sie möglicherweise auch zur Finanzierung neuer Modelle – allerdings immer nur als Anschub – einsetzen können. Das ist meiner Meinung nach ein großer Vorzug.
Wir haben die Tageselternstrukturen, die Ihnen eigentlich nicht immer ganz so wichtig waren – irgendwann haben auch Sie es gemerkt –, gefördert und gestärkt. Da gab es immer wieder einmal kritische Situationen, auch bei den Haushaltsberatungen. Ich denke, wir machen klar, dass wir uns nicht gegenseitig blockieren wollen, sondern dass wir auch Einigkeit zwischen den Zahlern und denen, die neue
Gesetze, neue Modelle beschließen, wollen. Denn wir nehmen das Konnexitätsprinzip ernst. Wir wollten den Kommunen nicht irgendwelche neuen Leistungen aufdrücken.
Da haben Sie mit dem Tagesbetreuungsausbaugesetz ja wieder ein negatives Beispiel geliefert. Herr Ministerpräsident, wir haben den kommunalen Landesverbänden zugesichert: Wir werden bei der neuen Regierung vorstellig. Es darf nicht sein, dass man den Kommunen die 20-%-Marge beim Tagesbetreuungsausbaugesetz mit einer Luftbuchung, die nicht eingetreten ist – nämlich 2,5 Milliarden € an Ersparnissen aus Hartz, die eben nicht da sind –, aufs Auge drückt. Auch da müssen wir gemeinsam schauen, dass die Kommunen die finanzielle Basis dafür erhalten. Wir als Land haben klar gesagt: Mit unserem 10-%-Anteil werden wir in diesem Bereich mitfinanzieren, um diese Aufgabe zu ermöglichen.
Dadurch, dass wir im Rahmen der Regierungsumbildung die Zuständigkeit für den Kindergarten als Bildungsstätte an das Ressort des Kultusministeriums übertragen haben, haben wir auch ein Zeichen gesetzt und genau das nachvollzogen, was uns alle Wissenschaftler und was uns auch viele aus ihrer persönlichen Erfahrung sagen: Wir haben die frühkindlichen Potenziale des Lernens, der Bildung bisher nicht in ausreichendem Maß in den Blick genommen. Deswegen halte ich es für wichtig, dass wir unter der Federführung des Kultusministeriums den Orientierungsplan entwickelt haben.