Ja, wenn ich den Satz vollendet haben werde, können Sie gerne die Zwischenfrage stellen. – Es geht also auch um die Frage, ob man der Krankenschwester zumuten kann, zu hundert Prozent das Studium eines Apothekersohnes zu finanzieren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zurufe der Abg. Carla Bregenzer und Schmiedel SPD)
Herr Minister, wenn Sie so explizit die Sozialverträglichkeit Ihres Modells und die Nichtauswirkungen auf soziale Schichten ausführen: Kennen Sie den Zinsunterschied zwischen einem Darlehen, das man mit Zins zurückzahlen muss, und einem Darlehen, das man gar nicht in Anspruch nimmt, weil man die Gebühren aus eigener Tasche zahlen kann?
Natürlich gibt es diesen Unterschied. Aber man muss auch den Verzicht auf Zinseinkünfte berücksichtigen, die man bekäme, wenn man das Kapital, das man sozusagen vorstreckt, stattdessen auf die Bank legen würde. Auch dieses muss man dagegenrechnen. Die Rechnung ist also nicht so einfach. Nicht nur derjenige ist belastet, der Zinsen zahlt,
Das heißt, wenn Sie den Referentenentwurf, der vorliegt – nicht unsere Pläne –, mit den Regelungen in anderen Bundesländern vergleichen, die Gesetze für Studiengebühren auf den Weg gebracht haben, und wenn Sie diesen mit den vielen Studiengebührenregelungen in allen Ländern um uns herum vergleichen,
stellen Sie fest: Wir sind ja nicht die Ausnahme, indem wir Gebühren einführen, sondern wir waren dadurch die Ausnahme, dass wir keine Gebühren eingeführt haben.
Unser Gesetzentwurf ist aufgrund der Ex-ante-Ausnahmen und der Ex-post-Regelung der nachlaufenden Kredite
Wer behauptet, dass sich schon jetzt das Studierverhalten veränderte, der hat Statistiken missinterpretiert.
Wer jetzt behauptet, Kinder aus Schichten mit mittleren Einkommen würden schon befürchten, nicht mehr studieren zu können, der muss das bitte belegen. Behaupten kann man viel. Behaupten kann man auch anhand von Einzelfällen sehr viel.
Vielmehr hat die Kultusministerkonferenz ausdrücklich die Missinterpretation, die ihrer Statistik nachgefolgt ist, dementiert und gesagt, es hat überhaupt nicht an den Plänen zur Einführung von Studiengebühren gelegen, dass die Zahl der Studierenden zurückgegangen ist, sondern an der flächendeckenden Einführung von Numeri clausi an allen Hochschulen wegen der großen Nachfrage nach Studienplätzen.
Wir sehen jedenfalls nur, das die Zahl der Studierwilligen im Land deutlich steigt. Wir haben auch nach der Einführung der Langzeitstudiengebühren gesehen, dass die Zahl der Studierwilligen nicht zurückgegangen ist. Wir werden sicherlich aufgrund der hohen Qualität unserer Hochschulen keine Wanderungsbewegungen haben, die in nennenswertem Maße Studienanfänger betreffen.
Zu Ihrer weiteren Frage der Stärkung der Studierenden: Warten Sie erst einmal ab, was dann im Gesetzentwurf dazu steht, welche Rolle die Studierenden bei der Verteilung der Mittel haben. Man sollte den Tag nie vor dem Abend schimpfen.
Wir setzen schon auf so etwas wie Marktmechanismen. Ich weiß, dass vielen das Wort „Markt“ im Zusammenhang mit Hochschulen fremd ist. Aber es war interessant zu lesen, dass die Universität Oxford ihre Strukturen verändert und einen Hochschulrat mit einer Mehrheit der Externen von einer Stimme einführen will. Es war geradezu so, als ob die Experten von Oxford das baden-württembergische Hochschulgesetz abgeschrieben hätten.
Die Äußerung war: Wir müssen uns auf einen internationalen Bildungsmarkt einstellen und entsprechende Strukturen
haben. Studiengebühren aber sind ein Teil dieses internationalen Bildungsmarkts. Daher wird der Studierende im besten Sinne schon zu so etwas wie einem Kunden.
Frau Bregenzer, wenn jemand ein Auto kauft, muss er, wenn er es fahren will, vorher schon einen Test gemacht haben. Ganz so einfach ist es dann doch nicht.
(Abg. Carla Bregenzer SPD: Aber keinen Eig- nungstest, ob er einen Landrover oder einen Mer- cedes kauft!)
Wer ein Flugzeug fliegt – auch der Pilot ist gewissermaßen ein Kunde – sollte auch einen Pilotenschein gemacht haben, jedenfalls setze ich in der Regel darauf.
Aber das Studierverhalten – das zeigt das Beispiel von Ländern, in denen es Studiengebühren gibt, und das zeigt auch das Beispiel der privaten Hochschulen – ändert sich. Ich überdenke als Studierender meine Investition Studium sorgfältiger. Ich verlange dann auch einmal, dass eine Vorlesung, an deren Tür das schöne Schild „Hodie non legitur“ hängt, nachgeholt wird, wenn ich Studiengebühren zahle, und werde dies sicherlich entschiedener einfordern, als ich es tun würde, wenn ich keine Studiengebühren zahle.
Das andere ist: Die Hochschulen wissen, dass ein Teil ihrer Finanzierung von den Studierenden kommt. Das ändert die Einstellung der Professoren zu den Studierenden. Oder um es andersherum zu sagen: Mir hat ein Professor einer unserer Universitäten einmal gesagt: Ich bin gegen Studiengebühren. Denn wenn die kommen, fordern die Studenten mehr von mir.
(Abg. Zimmermann CDU: So ist es! – Widerspruch bei der SPD und den Grünen – Zurufe, u. a. Abg. Carla Bregenzer SPD: Das ist ein Kalauer! – Abg. Schmiedel SPD: Wo sind denn die Belege dafür, dass alle Professoren so sind? Das ist doch ein Ein- zelfall! Das betrifft doch nicht die Mehrheit! Immer diese Stimmungsmache gegen Professoren!)
Das ist überhaupt keine Stimmungsmache gegen Professoren. Jeder Professor, der auch nur etwas von Volks- oder Betriebswirtschaftslehre versteht, weiß, dass sich das Verhalten von Angebot und Nachfrage ändert, wenn sich die Preise ändern. Das ist doch selbstverständlich.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Zimmermann CDU: So ist es!)
Das Fazit ist – und darüber wird viel zu wenig gesprochen –: Wir brauchen für den internationalen Wettbewerb, wir brauchen für eine hohe Qualität der Lehre an unseren Hochschulen, wir brauchen für die hohe Qualität der besten Köpfe in unserem Land zusätzliche Mittel. Da ist es nicht zu
viel verlangt, dass man 10 % der Summe, die ein Studium kostet, selbst trägt. Denn man hat davon auch selbst einen großen Vorteil.
Wir werden international nicht wettbewerbsfähig sein, wenn wir keine zusätzlichen Mittel haben. Die Gegner von Studiengebühren mögen bitte andere Wege aufzuzeigen versuchen. Das Beispiel Rheinland-Pfalz zeigt, dass es so nicht geht. Denn Rheinland-Pfalz verwendet 2 000 € pro Jahr und pro Studierendem weniger aus dem Staatshaushalt für die Studierenden, als wir es tun.
(Abg. Carla Bregenzer SPD: Die haben 11 % mehr in den Staatshaushalt eingestellt als im Jahr zuvor!)
Ja, aber 11 % mehr, um die 2 000 € Abstand etwas zu verringern. Das macht dann vielleicht 20 oder 200 € aus. Dann bleibt immer noch ein Abstand von 1 800 € zwischen Rheinland-Pfalz und uns.
Wir wollen jedenfalls keine mittelmäßigen Hochschulen. Wir wollen Hochschulen, die an der Spitze in Europa stehen.