Protokoll der Sitzung vom 10.11.2005

Wir wollen jedenfalls keine mittelmäßigen Hochschulen. Wir wollen Hochschulen, die an der Spitze in Europa stehen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Denn das brauchen wir für die Zukunft des Landes. Die Studiengebühren sind ein Bestandteil davon. Schauen Sie sich doch bitte an, welche Länder die besten Hochschulen haben. Dann erhalten Sie auch die Antwort, wo die beste Hochschulpolitik gemacht wird.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

Das Wort erhält Frau Abg. Bauer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zu zwei Punkten möchte ich kurz etwas entgegnen.

Erstens: Ich möchte das Geheimnis lüften, warum wir die heutige Debatte beantragt haben. Das scheint Sie ja alle zu interessieren.

(Abg. Pfisterer CDU: Da sind wir jetzt gespannt! – Abg. Zimmermann CDU: War das geheim?)

Wir wussten genau, dass Sie von der Regierungsseite uns sagen würden: „Worüber reden Sie eigentlich? Der konkrete Gesetzentwurf liegt doch noch gar nicht vor. Die Details kommen ja erst noch. Wir werden Veränderungen einbauen. Was wissen Sie eigentlich darüber, wie das Gesetz am Ende des Tages aussehen wird?“ Wir wollten die Debatte aber beizeiten führen. Wir wussten, dass Sie den Referentenentwurf in den Semesterferien machen, wenn sich die Betroffenen nicht organisieren können, sich nicht einmischen können.

(Abg. Pfisterer CDU: Die demonstrieren schon die ganze Zeit! – Weitere Zurufe von der CDU – Unru- he)

Deswegen ist jetzt der richtige Zeitpunkt, darüber zu reden, und wir wollen das in der Öffentlichkeit tun.

Wir wollen die Debatte auch deshalb heute führen, weil Sie den Gesetzentwurf im Schweinsgalopp durchs Parlament jagen würden, wenn wir de facto keinen Einfluss mehr nehmen könnten.

(Abg. Pfisterer CDU: Das Thema ist seit Jahren be- kannt!)

Drei Wochen Zeit zwischen der Einbringung des Gesetzentwurfs, der Beratung im Wissenschaftsausschuss und der Verabschiedung im Plenum: Das ist ein Verfahren, das eine Debatte verhindert und sie nicht befördert. Deswegen wollten wir heute diskutieren.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Pfisterer CDU: Die Debatte läuft schon seit Monaten! – Weitere Zurufe von der CDU)

Zu den Studierendenzahlen und dem Einfluss der Studierenden: Ich möchte noch einmal versuchen, die Mär von der Kundenorientierung und dem Einfluss der Studierenden aufzuklären.

Erstens: Die Bereitschaft der Kinder aus Mittelschichtfamilien, zu studieren, geht seit vielen Jahren nachgewiesenermaßen zurück.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Ohne Studiengebühren! – Zuruf des Abg. Zimmermann CDU)

Ohne Studiengebühren. – Das Studentenwerk weist schon lange darauf hin, dass es so etwas wie ein Absacken der Mittelschicht gibt, und zwar allein schon deswegen, weil deren Angehörige keine Unterstützung bei der Finanzierung des Lebensunterhalts von Studierenden erhalten. Deswegen ist es für diese Familien schon jetzt ein finanzielles Risiko, ihre Kinder zum Studieren zu schicken – ohne Studiengebühren. Aber die Studiengebühren kommen nun einmal obendrauf.

(Zuruf des Abg. Zimmermann CDU)

Zweitens: Studierende, die in Zukunft das Glück haben, noch einen Studienplatz in einer Hochschule zu bekommen, das Nadelöhr bewältigt zu haben – trotz sinkender Zahlen der Anfängerplätze bei steigenden Berechtigtenzahlen –, werden in der Hochschule nicht gestärkt sein, sondern sie werden froh sein, dass sie ein Plätzchen ergattert haben.

Wer Kundenorientierung und Wettbewerbsorientierung haben will, muss eine Finanzierung aufbauen, mit der sich die Hochschulen auch nach den Studierenden strecken müssen, also eine Finanzierung in Abhängigkeit von Studierenden, die aufgenommen und ausgebildet werden, organisieren. Nur dann gibt es eine Kundenorientierung. Aber wenn Sie ein Nadelöhr entstehen lassen und die Studierenden von Glück reden müssen, wenn sie es in die Hochschulen geschafft haben, wird das die Studierenden nicht stärken, sondern schwächen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Deshalb ist die einzige Alternative zu Ihrem Gebührenmodell, lieber Herr Zimmermann, unser Studien-Credit-Modell, das genau eine solche Veränderung der Finanzierungsgrundlage bewirkt und einen Anreiz schafft, Studierende aufzunehmen und erfolgreich zu einem Abschluss zu führen.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Küb- ler CDU: Glauben Sie das eigentlich selber?)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags der Fraktion GRÜNE, Drucksache 13/4250. Abschnitt I ist ein Berichtsantrag. Er ist durch die Aussprache erledigt. – Es ist so beschlossen.

Wollen Sie über Abschnitt II Abstimmung? –

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Überweisung an den Ausschuss!)

Überweisung an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst. – Es ist so beschlossen.

Damit ist Tagesordnungspunkt 4 abgeschlossen.

Ich unterbreche die Sitzung bis 14:15 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung: 13:08 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 14:16 Uhr)

Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt. Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

Fragestunde – Drucksache 13/4796

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 1 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. G u s t a v - A d o l f H a a s S P D – A n l a u f s t e l l e f ü r B e h i n d e r t e n a c h A u f l ö s u n g d e r L a n d e s w o h l f a h r t s v e r b ä n d e B a d e n u n d W ü r t t e m b e r g

Herr Abg. Gustav-Adolf Haas, Sie haben das Wort zur Verlesung Ihrer Mündlichen Anfrage.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung:

a) Ist der Landesregierung bekannt, dass seit dem Start der Verwaltungsreform am 1. Januar 2005 mit der Auflösung der beiden Landeswohlfahrtsverbände Baden und Württemberg für zum Beispiel Behinderte (in Baden-Würt- temberg leben 1,13 Millionen behinderte Menschen) die Anlaufstelle für die Orientierung, wer für die Betreuung zuständig ist, deshalb verloren gegangen ist, weil dem Kommunalverband für Jugend und Soziales nicht alle Querschnittsaufgaben in der Behindertenbetreuung übertragen worden sind?

b) Hat die Landesregierung davon Kenntnis, dass nach dem Herkunftsprinzip, welches in der Betreuung maßgebend ist, ein erheblicher Verwaltungsaufwand notwendig ist, um den Kostenträger in Verbindung mit der Unterbringung und Versorgung der Behinderten über das Integrationsamt beim KVJS und die Landkreise sowie die Arbeitsagenturen in eine Betreuung zu überführen, weil die Schnittstellen der Betreuungsnotwendigkeit nicht erkennbar sind und weil keine Beratung durch eine Anlaufstelle erfolgt, die vom Land Baden-Württemberg zur Aufklärung der Organisation gegeben ist bzw. bereitsteht, sodass zum Beispiel der Caritasverband Freiburg als freiwilliger Kostenträger eine solche Beratungstätigkeit wegen der vorhandenen Notsituation eingerichtet hat, und wird sie hier für Abhilfe sorgen?

(Beifall des Abg. Gall SPD – Abg. Rückert CDU: Das war ein Satz! – Zuruf von der SPD: Er hat nicht einmal Luft geholt!)

Die Kollegen sind beeindruckt, dass so viel Inhalt in eine Frage gekleidet werden kann.

(Heiterkeit)

Frau Staatssekretärin Lichy, Sie haben das Wort zur Beantwortung der Anfrage.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Landesregierung beantwortet die Anfrage des Abg. Haas folgendermaßen:

Durch die Verwaltungsreform wurden alle Einzelheiten, insbesondere eben auch die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung, auf die Stadt- und Landkreise verlagert. Damit wurde erreicht, dass Menschen mit Behinderung für alle Hilfearten nur eine Anlaufstelle haben, nämlich ihren jeweiligen Stadt- bzw. Landkreis. Insofern ist nicht ersichtlich, warum durch die Verwaltungsreform die Orientierung für die Betroffenen verloren gegangen sein soll.

Für die Beratung der behinderten Menschen stehen ferner die gemeinsamen Servicestellen bereit, die die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg – die frühere LVA – eingerichtet hat. Die gemeinsamen Servicestellen bieten Betroffenen eine zuständigkeitsübergreifende Beratung über Reha-Leistungen sowie Hilfestellung bei der Stellung von Anträgen.

Zu Ihrer Frage b ist zunächst auszuführen, dass unser System der sozialen Sicherung historisch gewachsen ist. Deshalb ist für die Leistungen für behinderte Menschen nicht ein einheitlicher Träger zuständig. Dazu möchte ich anmerken: Das war auch vorher schon so. Neben den Stadt- und Landkreisen als Träger der Eingliederungshilfe erbringen die Träger der Krankenversicherung, der Rentenversicherung, der Unfallversicherung, der sozialen Entschädigung sowie die Bundesagentur für Arbeit und das Integrationsamt Hilfen für behinderte Menschen.