b) Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu der Mitteilung der Landesregierung vom 26. September 2005 – Information über Staatsvertragsentwürfe; hier: Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über die Bereitstellung von Mitteln aus den Oddset-Sportwetten für gemeinnützige Zwecke im Zusammenhang mit der Veranstaltung der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft Deutschland 2006 – Drucksachen 13/4687, 13/4734
Meine Damen und Herren, die Fraktionen sind übereingekommen, erst in der Zweiten Beratung eine Aussprache zu führen. Deshalb schlage ich vor, den Gesetzentwurf zur weiteren Beratung an den Finanzausschuss zu überweisen. – Sie stimmen zu. Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, Drucksache 13/4734, zu der Mitteilung der Landesregierung, Drucksache 13/4687. – Sie stimmen der Beschlussempfehlung zu. Es ist so beschlossen.
a) Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD – Gesetz zur Änderung des Kindergartengesetzes – Drucksache 13/4770
b) Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion GRÜNE – Gesetz zur Änderung des Kindergartengesetzes – Drucksache 13/4771
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung zu a und b je fünf Minuten, für die Aussprache über beide Gesetzentwürfe fünf Minuten je Fraktion.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir machen heute zum wiederholten Mal den Versuch, das Kindergartengesetz zu ändern bzw. zu ergänzen. Mir wird auch klar – Herr Schebesta
schaut gerade auf die Uhr –, warum dieser Tagesordnungspunkt heute so spät behandelt wird: Das hängt natürlich damit zusammen, dass Sie, wie ich heute in der Zeitung lesen konnte, schon angekündigt haben, dass Sie uns dieses Mal in allen Punkten folgen wollen, und es Ihnen ein bisschen peinlich war, das in aller Öffentlichkeit am frühen Tag vorgeführt zu bekommen. Das kann ich natürlich verstehen.
Es ist festzustellen, dass wir beim damaligen Kindergartengesetz ganz erhebliche Webfehler zu verzeichnen haben, und zwar immer bei Kindergärten – das haben wir von Anfang an vorhergesagt –, die außerhalb der Bedarfsplanung der jeweiligen Kommune waren, aber Kindergärten mit besonderer pädagogischer Prägung bzw. Kindergärten mit überörtlichem Einzugsbereich waren.
Ich will den Fall einer Ingenieurin erzählen, der es bei uns, in meinem Landkreis, so erging: Sie wohnt in einer relativ kleinen Gemeinde, die natürlich nicht Kindergartenplätze für alle Kinder vorhalten kann, deren Mütter außerhalb berufstätig sind, und musste dann in eine größere Gemeinde wechseln, um dort ihr Kind unterzubringen. Diese Kinderbetreuungseinrichtung kommt jetzt in finanzielle Schwierigkeiten, weil die örtliche Gemeinde diese Einrichtung natürlich nicht im Bedarfsplan hat. Das heißt, eine Frau aus dem ländlichen Bereich, die für fünf Kinder die Verantwortung trägt, hat jetzt das Problem, dass sie völlig unsicher ist, wie es jetzt weitergeht und wie sie demnächst ihre Kinder unterbringen kann. Mit ihrer Erwerbstätigkeit hängt ja die Existenz ihrer Familie und ihrer vielen Kinder zusammen.
Dies ist ein Beispiel für eine schwierige Situation für Familien mit Kindern, eine schwierige Situation für Frauen im ländlichen Raum, die durch diesen Webfehler im Kindergartengesetz natürlich besonders benachteiligt werden.
Die finanzielle Beteiligung, um die es hier geht, die dann freiwillig geleistet wurde, weil ja in dem Gesetz ursprünglich doch drinstand, dass eine freiwillige Beteiligung möglich sein sollte, hat dazu geführt, dass einige Bürgermeister – man höre und staune – bereit waren, 50 € pro Kind und Jahr als Zuschuss zu geben. Aber mit diesem Betrag kann man nun für Familien, die auf diese finanzielle Beteiligung angewiesen sind, wirklich keinen Kindergartenplatz aufrechterhalten.
Wir haben immer gesagt, dass es sich um eine Vielzahl von Fällen handelt, was ja immer bestritten wurde. Allein in meinem Wahlkreis – den Kollegen Haas und Dr. Noll sind ja die Fälle bekannt, weil alle Beteiligten dort mit ihnen persönlich in Kontakt getreten sind – gibt es drei Kinderbetreuungseinrichtungen, die erheblich unter Druck und die gefährdet sind. Das ist der Waldkindergarten in Gaildorf – er hat schon vor anderthalb Jahren mit allen Beteiligten Kontakt aufgenommen –, das ist der Waldorfkindergarten in Schwäbisch Hall, und das ist der Waldorfkindergarten in Crailsheim.
Alle drei Kindergärten haben keine Probleme mit der Finanzierung durch ihre Sitzgemeinde. Dort verhält sich die
Kommune absolut einwandfrei. Das Problem sind die Gemeinden, die außerhalb der Sitzgemeinde sind und deren Kinder diese Einrichtung besuchen. Dort haben wir ein Problem.
Ich habe alle diese Einrichtungen besucht. Ich muss sagen: Was da aufgebaut wurde, stellenweise ehrenamtlich, ist jetzt in Gefahr. Das ist genau das, was wir befürchtet haben. Eine Trägervielfalt gerät dort ins Wanken, was wir gerade vermeiden wollten und was letztlich auch Gegenstand und Inhalt dieses Gesetzes, das ja gegen unsere Stimme zustande gekommen ist, sein sollte.
Es gibt ein weiteres Problem, das in diesem Bereich zu beobachten ist. Gerade weil die finanzielle Absicherung so unsicher und so gefährdet ist, weil die Mittel nicht ausreichen und weil sich diese Einrichtungen größtenteils durch Familieneinkommen erhalten müssen, haben wir – das haben Sie letztlich zu verantworten – einen neuen Niedriglohnsektor in Baden-Württemberg. In diesen Einrichtungen arbeiten Leute teilweise zum halben Tariflohn und teilweise nur zum Praktikantenlohn. Das haben sie letztlich dieser Unterfinanzierung zu verdanken, die unter Ihrer Aufsicht und im Rahmen dieses Gesetzes letztlich stattgefunden hat.
An dritter Stelle muss gesagt werden: Sämtliche Einrichtungen, die ich besucht habe, hatten eine Petition an den Landtag gerichtet. Ich habe dann festgestellt, dass alle diese Petitionen noch unbearbeitet auf Halde liegen und wir uns mit diesen Problemfällen noch gar nicht haben befassen können. Stattdessen wurde uns immer wieder vorgetragen, es gebe überhaupt kein Problem in diesem Bereich, die Probleme seien an einer Hand abzuzählen, man würde sie in den Griff bekommen usw.
Erstens einen Rechtsanspruch auf einen platzbezogenen Zuschuss der Betreuungseinrichtung. Dieser Anspruch soll sich gegen die Wohnsitzgemeinde, aus der das betreute Kind kommt, richten. Dieser Anspruch soll 63 % der Betriebsausgaben betragen und damit diese Kindergärten, die wir ja dringend brauchen, um die Trägervielfalt in BadenWürttemberg in diesem Bereich aufrechtzuerhalten, mit Kindergärten gleichstellen, die in den Bedarfsplan aufgenommen sind.
Das ist eine vernünftige Lösung, meine Damen und Herren. Es wird höchste Zeit für diese Regelung, denn wir haben schon zwei Jahre verloren, zwei Jahre, in denen sich bei den betroffenen Familien, die auf diese Plätze angewiesen sind, auch die Einkommenssituation verschlechtert hat, weil sie dazu beitragen mussten, die Kindergartenplätze zu finanzieren.
Wir brauchen diese Änderung auch deswegen dringend, weil sie ein Beitrag dazu ist, die Frauenerwerbsquote zu verbessern. Denn in Baden-Württemberg ist nur ein Viertel der Frauen mit Kleinkindern erwerbstätig. Das heißt, wir haben da ein Riesenpotenzial, das noch ausgebaut werden kann. Wir brauchen dies, um die Infrastruktur in BadenWürttemberg hin zu mehr Familienfreundlichkeit zu verbessern.
Ich komme zum Schluss. Es ist höchste Zeit, bevor noch mehr Träger kaputtgehen, diesen Standortnachteil zu beseitigen. Wir haben ja gehört – Kinderland Baden-Württemberg –, dass die Landesregierung Eltern dort unterstützen wird, wo sie Hilfe brauchen. An diesem Punkt brauchen sie Hilfe. Wenn Baden-Württemberg ein kinderfreundliches Land werden will und will, dass hier mehr Kinder gezeugt und geboren werden,
dann genügen, wie man aus der Biologie weiß, keine warmen Worte. Vielmehr bedarf es wirklich handfester Taten.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir legen heute einen Gesetzentwurf vor, der die Förderung von Kindergärten mit gemeindeübergreifendem Einzugsgebiet gesetzlich regeln soll.
Das ist übrigens der gleiche Gesetzentwurf, den wir schon bei der Novellierung des Kindergartengesetzes 2004 eingebracht haben. Schon damals haben wir darauf hingewiesen, dass durch das neue Kindergartengesetz Einrichtungen mit gemeindeübergreifendem Einzugsgebiet eklatant benachteiligt sind.
Einrichtungen mit gemeindeübergreifendem Einzugsgebiet sind vor allem Wald- und Naturkindergärten, Waldorfkindergärten, Montessori-Kindergärten, Kindertagesstätten von kommunalen und von kirchlichen Trägern, aber auch Betriebskindergärten und Tageseinrichtungen an der Universität.
Ein Beispiel: Allein in Stuttgart sind 600 Kinder aus anderen Gemeinden untergebracht. Für diese 600 Kinder aus anderen Gemeinden bezahlen die Wohnortgemeinden keinen Cent an die Kommune. Deshalb hat die Stadt Stuttgart zusammen mit allen vier Fraktionen eine Resolution verfasst und die Landesregierung aufgefordert, das Gesetz in dieser Hinsicht nachzubessern.
All diese Einrichtungen mit gemeindeübergreifendem Einzugsgebiet haben durch das neue Kindergartengesetz ihren bisherigen Rechtsanspruch auf einen Landeszuschuss verloren. Stattdessen enthält das Gesetz jetzt nur eine Kannregelung. Sie wissen ja, dass die im Kindergartengesetz verankerte Rahmenvereinbarung keine Rechtskraft, sondern nur empfehlenden Charakter hat.
Im April 2005 wurde vom Paritätischen Wohlfahrtsverband zusammen mit den kommunalen Landesverbänden und dem Sozialministerium eine gemeinsame Empfehlung für eine Mindestfinanzierung erarbeitet, die aber wiederum rechtsunverbindlich ist und somit keine Wirkung zeigt.
Nachweislich weigern sich weiterhin viele Kommunen, für Kinder aus ihren Kommunen zu zahlen. Deshalb muss zur künftigen Sicherung der gemeindeübergreifenden Einrichtungen ein Rechtsanspruch auf Mindestfinanzierung gegeben sein. Nur damit lassen sich auch die gesetzlich verankerte Trägervielfalt mit Wahlfreiheit der Eltern und die Verbindung mit einer ehrenamtlichen Trägerschaft verwirklichen. Mein Vorredner hat ja schon darauf hingewiesen, dass in vielen dieser Einrichtungen tatsächlich auch ein großes Maß an ehrenamtlichem Engagement besteht und die Arbeitsbedingungen für die Erzieherinnen und Erzieher zum Teil nicht mit denen in anderen Einrichtungen vergleichbar sind.
Deshalb fordern wir mit unserer Gesetzesinitiative eine Mindestsicherung dieser Einrichtungen im Kindergartengesetz, die da lautet:
Für Einrichtungen mit gemeindeübergreifendem Einzugsgebiet hat die Standortgemeinde einen Anspruch auf Erstattung der Kosten gegenüber der Wohnortgemeinde, wenn dort kein bedarfsgerechter Platz zur Verfügung steht. Bedarfsgerecht sind Plätze dann, wenn sie nach § 5 SGB VIII dem freien Wunsch- und Wahlrecht oder nach § 9 SGB VIII dem Recht zur Bestimmung der Grundrichtung der Erziehung... dienen.
Der zweite Grund, weshalb eine gesetzliche Regelung dringend notwendig ist, ist das am 1. Oktober 2005 in Kraft getretene Bundesgesetz zur Weiterentwicklung der Kinderund Jugendhilfe, kurz KICK genannt. Dieses KICK enthält unter anderem Regelungen, die das am 1. Januar dieses Jahres in Kraft getretene Kindertagesbetreuungsausbaugesetz flankieren.
§ 69 Abs. 5 SGB VIII wurde so verändert, dass das Land für einen angemessenen Kostenausgleich zu sorgen hat, wenn ein Kindergarten gemeindefremde Kinder aufnimmt. Ganz neu ist in diesem Bundesgesetz verankert:
Das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern nach § 5 bleibt unberührt. Für die Aufnahme gemeindefremder Kinder ist ein angemessener Kostenausgleich sicherzustellen.