Das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern nach § 5 bleibt unberührt. Für die Aufnahme gemeindefremder Kinder ist ein angemessener Kostenausgleich sicherzustellen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Land ist in der Pflicht zu handeln. Wir brauchen eine für alle Beteiligten tragfähige gesetzliche Regelung, die die bestehenden Benachteiligungen ausräumt. Wir wollen die Regierungsfraktion beim Wort nehmen.
Sie haben in der letzten Plenarsitzung vor der Sommerpause, am 30. Juni, angekündigt, dass, wenn es eine relevante Anzahl von Kindergärten gibt, die keine Förderung bekommen, Sie eine gesetzliche Regelung treffen werden. Es zeigt sich durch eine große Anzahl von Briefen von Wald- und Waldorfkindergärten, dass es eine relevante Anzahl von Fällen gibt, in denen die Wohnortgemeinden keine Finanzierung übernehmen.
In einer Pressekonferenz, die wir in der letzten Woche hatten, haben die Waldorfkindergärten aufgezeigt, dass 16 Waldorfkindergärten im Land die Wohnortgemeinden an
Liebe Kolleginnen und Kollegen auch der Regierungsfraktionen, das ist eine relevante Anzahl von Fällen.
(Beifall bei den Grünen und der FDP/DVP sowie Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Nein! – Abg. Sakellariou SPD: Unserem zuzustim- men!)
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir stehen im Wort, zu handeln. Das heißt aber nicht, dass wir gleichzeitig dem Gesetzentwurf der Grünen zustimmen müssten.
Von meinen beiden Vorrednern ist nahezu nichts Falsches gesagt worden. Ich will einfach den Blick auf unseren Weg werfen, den wir in dieser Zeit gegangen sind.
Wir haben 2002 beraten und im April 2003 ein aus unserer Sicht gutes, vor allem schlankes Kindergartengesetz verabschiedet. Es hat sich in den überwiegenden Fällen bewährt. Für uns war bei dieser Gesetzesberatung hilfreich, dass wir Partner hatten, die auf Freiwilligkeit gesetzt haben. Frau Lösch hat gerade auf die Rahmenvereinbarung hingewiesen, die mit Bestandteil der Umwandlung der Kindergartenförderung war.
Wir haben uns vorgenommen, sozusagen die Moderation zu übernehmen. Wir haben bei den Moderationsgesprächen und bei den Debatten – das können Sie alles nachlesen – immer deutlich gemacht, was die überörtlichen Kindertageseinrichtungen angeht, dass dann, wenn ein Kind von seiner Wohngemeinde in einen Kindergarten einer anderen Gemeinde geht – in einen Kindergarten, eine Kindertageseinrichtung, einen Betriebskindergarten, einen Universitätskindergarten –, die Wohngemeinde dem Kind bitte schön den Kindergartenbeitrag mitgeben soll. Das haben wir immer wieder gesagt. Das war auch Konsens mit den Beteiligten: den kommunalen Landesverbänden, den Kirchen, den freien Trägern. Wir haben diese Dinge, wie Sie alle wissen, im Konsens erarbeitet.
Dass es auch bei uns Fragen gab, ob das letztlich wirklich funktioniert, bestreite ich gar nicht. Wir haben uns ja mehrfach darüber ausgetauscht.
Ich habe vorhin fast den Eindruck gehabt: Nachdem Sie die Probleme immer vorausgesagt haben, haben Sie sie auch herbeigeredet.
Ich will jetzt keinen Streit provozieren. Es gab viele, die sich bemüht haben, mit den richtigen Leuten zu sprechen, um eine Lösung zu finden.
Wir sind auch den vielen Gemeinden sehr dankbar, die unsere Empfehlung bzw. dieses Gesetz so umgesetzt haben, wie wir es hier besprochen hatten und wie es moderiert war. Wir haben aber auch immer gesagt – das wissen Sie auch –: Wenn die Dinge nicht funktionieren, werden wir eine Gesetzesänderung vornehmen. Das war unsere Drohkulisse. Die haben wir bis in diese Tage hinein aufrechterhalten. Wir haben das allerdings auch Schritt für Schritt mit den kommunalen Landesverbänden abgestimmt, weil diese ja auch immer wieder gesagt haben: „Die Problemfälle sind lösbar; wir wollen sie lösen.“ Es gibt dort dankenswerterweise engagierte Persönlichkeiten, die mit vielen Bürgermeistern und vielen einzelnen Gemeinden gesprochen haben, um die Probleme zu regeln. Wir sind sehr dankbar, dass sich viele Gemeinden daran gehalten haben.
Wir sind aber auch – das muss ich klar sagen – von einigen Bürgermeistern enttäuscht, die sich eben nicht daran gehalten haben. Wir sind erst recht enttäuscht, nachdem am 20. April eine gemeinsame Vereinbarung unterzeichnet wurde, in der es genau um eine Lösung für die gemeindeübergreifenden Einrichtungen ging. Diese Empfehlungen für die kommunale Praxis sind von einer Reihe von Bürgermeistern trotzdem nicht beachtet worden. Das kritisieren wir in aller Deutlichkeit.
Ich habe mir vorgenommen, eine Liste zu erstellen, damit die Bürgermeister, die sich jetzt ärgern, dass wir das Kindergartengesetz wieder ändern, einmal sehen, wer das eigentlich verursacht hat. Das sind nicht wir. Vielmehr sind es diese wenigen Kommunen selbst, die uns dazu provozieren, das Gesetz zu ändern.
Wir haben bis in diese Tage hinein auf die Freiwilligkeit gesetzt. Am 4. November hat der Ministerpräsident persönlich dieses Thema bei den kommunalen Landesverbänden noch einmal angesprochen und sie gefragt, wie sie denn die Situation sehen. Dort ist zum ersten Mal auch in aller Deutlichkeit gesagt worden, dass das Setzen auf Freiwilligkeit leider nicht erfolgreich war und dass Regelungsbedarf besteht.
Ich will hier eine Korrektur anbringen, liebe Frau Lösch, was die 600 Kinder aus dem Umland der Stadt Stuttgart angeht. Die sind nicht von jetzt auf nachher nach Stuttgart gekommen, sondern sie sind zu großen Teilen – wahrscheinlich in der gleichen Zahl – schon vor der Änderung des Kindergartengesetzes dort betreut worden.
Die 600 Kinder waren Stuttgart zugerechnet. Stuttgart hat für diese 600 Kinder aus den 394 Millionen € Geld bekommen.
Das muss man den Stuttgartern einmal sagen. Es ist unglaublich, was die Stuttgarter hier veranstalten. Die Stadt hat das Geld in der Tasche. Diese Kinder sind keine Kostgänger, denn sie haben der Stadt das Geld gebracht, und das hat sie immer noch. So ist die Sachlage.
(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Da gab es doch ei- nen Rechtsanspruch darauf, und den gibt es jetzt nicht mehr!)
Entschuldigung! Das Geld für diese Kinder hat die Stadt Stuttgart, und jetzt tut sie so, als hätte sie das Geld nicht. Das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen.
(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Aber nicht mehr für das nächste Jahr! Das stimmt doch nicht! – Gegen- ruf des Abg. Rückert CDU: Doch!)
Um das abschließend zu sagen: Die kommunalen Landesverbände haben, wie eben erwähnt, zugesagt, dass es zu einer Regelung kommen muss. Wir werden nun in aller Ruhe – allerdings mit entsprechendem Zeitdruck – mit den kommunalen Landesverbänden einen Gesetzentwurf erarbeiten.
(Abg. Rückert CDU: Frau Lösch, ich kläre Sie gern auf, wie das ist! – Abg. Röhm CDU: Frau Lösch glaubt Ihnen das!)
Spätestens am 1. Dezember wird es hierzu einen Fraktionsentwurf von CDU und FDP/DVP geben, sodass das Gesetz noch rechtzeitig in Kraft treten kann.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir sind ja unter uns. Deswegen brauche ich nicht alles zu wiederholen. Das hat man nun davon, wenn man ein schlankes Gesetz macht, das sich auf Subsidiarität und auf ein bestehendes Bundesgesetz – das KJHG – bezieht, und dazu noch gemeinsam Rahmenvereinbarungen erarbeitet: Letztendlich halten sich dann ein paar wenige – das muss man wirklich sagen – an all dies nicht, weil es nicht bis ins letzte Detail gesetzlich geregelt ist.
Deswegen ist ganz klar: Wir haben das Gesetz natürlich schon mit der Intention gemacht, Finanzverantwortung und
Aufgabenerledigung in eine Hand zu geben. Deswegen gibt es die pauschalierte Zuweisung der Gelder an die Kommunen, und die Kommunen sind in der Verantwortung für die Bedarfsplanung.
Nun wird Bedarfsplanung leider häufig rein quantitativ – sprich: habe ich soundso viele Plätze? – missverstanden. Der laut Bundesgesetz bestehende Anspruch der Eltern auf Wunsch- und Wahlrecht, auf Pluralität der Angebote und auf Subsidiarität, das heißt Vorrang des freien bzw. privaten Trägers, wird auf kommunaler Ebene schlicht und einfach nicht wahrgenommen. Dies gilt längst nicht in allen Fällen; das ist überhaupt keine Frage.