Protokoll der Sitzung vom 30.11.2005

Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. – Danke. Gegenprobe! – Danke. Stimmenthaltungen? – Dem Gesetz wurde mehrheitlich zugestimmt.

Damit ist Tagesordnungspunkt 4 erledigt.

Meine Damen und Herren, bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, darf ich Ihnen mitteilen, dass Herr Landesbischof July heute dem Landtag seinen ersten offizi

ellen Besuch abstattet. Er hat auf der Tribüne Platz genommen. Herzlichen Gruß Ihnen, Herr Landesbischof July.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Herr Landesbischof July ist am 10. Juli 2005 von der Synode der Evangelischen Landeskirche in Württemberg zum Bischof gewählt worden. Sein Amt hat er am 1. September angetreten.

Herr Landesbischof, ich danke Ihnen herzlich für Ihren Besuch. Der Landtag von Baden-Württemberg freut sich auf eine gute, konstruktive und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Ihnen.

Wir wünschen Ihnen in Ihrem hohen Amt viel Erfolg und Gottes Segen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Meine Damen und Herren, die Kollegen haben ihre Beratungen im Ausschuss Ländlicher Raum und Landwirtschaft über das Gesetz zur Neuordnung des Naturschutzrechts rechtzeitig abgeschlossen.

Ich kann daher jetzt Tagesordnungspunkt 5 aufrufen:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Neuordnung des Naturschutzrechts und zur Änderung weiterer Vorschriften – Drucksache 13/4768

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses Ländlicher Raum und Landwirtschaft – Drucksache 13/4872

Berichterstatter: Abg. Teßmer

Das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

Herr Abg. Kiefl, Sie erhalten das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir bitten heute um Zustimmung zu einer modernen Novellierung unseres Landesnaturschutzgesetzes von 1975. Wir waren damals unserer Zeit eigentlich schon voraus, und wir sind überzeugt, dass wir mit der heutigen Novelle ein modernes Naturschutzrecht für Baden-Württemberg schaffen, das den Erfordernissen der heutigen Zeit gerecht wird.

Ich darf die Leitlinien, welche diese Novelle bestimmen, kurz skizzieren:

Zum Ersten erfolgt natürlich in dieser Novelle die Umsetzung der Standards nach dem Bundesnaturschutzgesetz. Daran sind wir gehalten; das ist für uns selbstverständlich.

Zum Zweiten ist ebenso selbstverständlich, dass alles, was mit FFH und Vogelschutzrichtlinie zu tun hat, umgesetzt wird. Es ist ebenso selbstverständlich für uns, dass wir die höheren Standards, die wir schon bisher gegenüber dem Bundesnaturschutzgesetz hatten, beibehalten.

Wir werden einige neue Grundsätze einführen, die unsere baden-württembergische Handschrift in der Naturschutzpo

litik nochmals verdeutlichen. Ich möchte ein Beispiel dafür nennen: Das Flächenmanagement, das heißt die Nutzung des Innenbereichs, bevor wir dann neue Baugebiete im Außenbereich ausweisen, ist eine solche baden-württembergische Handschrift.

Wenn wir jetzt vom Außenbereich reden, nenne ich gleich das Ökokonto für den Außenbereich. Bisher gab es das nur nach den baurechtlichen Vorschriften im Innenbereich. Wir versprechen uns dadurch schnellere Genehmigungsverfahren und vor allen Dingen eine Effizienz- und Akzeptanzsteigerung.

Zum nächsten Stichwort, Akzeptanz: Das ist auch eine Grundlinie unseres baden-württembergischen Naturschutzrechts, die wir mit dieser Novelle erreichen wollen. Wir setzen auf hohe Akzeptanz bei den Bürgern, insbesondere auch bei den Landnutzern, die ja schließlich direkt mit den Auflagen konfrontiert werden. Das heißt, wir wollen sie überzeugen, und wir wollen den Vertragsnaturschutz gegenüber den hoheitlichen Auflagen nach dem Prinzip der Freiwilligkeit in den Vordergrund stellen. Das zuletzt genannte Instrument bleibt natürlich nach wie vor erhalten. Aber es wäre viel leichter, nur auf hoheitliche Auflagen, auf hoheitliche Akte zu setzen. Darum sind wir auch ganz stark für den Vertragsnaturschutz nach dem Prinzip der Freiwilligkeit. Er soll bei uns eine große Rolle spielen.

Der Hintergrund dafür ist ganz einfach folgender: Es nützt nichts, wenn wir ein modernes Naturschutzrecht schaffen, dieses aber nur auf dem Papier steht und ein Naturschutzrecht der Landesregierung ist. Wir wollen, das sich alle Bürger damit identifizieren.

(Abg. Teßmer SPD: Auch die Gemeinden!)

Auch die Gemeinden, natürlich. Es soll nicht nur ein Papier der Landesregierung bleiben.

(Abg. Teßmer SPD: Ist es aber noch!)

Ein weiterer Punkt: Wir wollen die Eigentumsrechte des Einzelnen – ich weiß, dass dies ein schwieriger Punkt ist – in ein vernünftiges Verhältnis zur Sozialpflichtigkeit des Eigentums bringen. Wenn ich es richtig sehe, sind wir die Ersten, die – in § 58 des Landesnaturschutzgesetzes – ein solches Instrument, eine solche Formulierung gefunden haben. Ich füge ganz offen hinzu: Wir hätten in diesem Zusammenhang schon gern noch ein bisschen mehr getan. Aber es geht nicht an, dass wir Haushaltsfragen über das Naturschutzrecht regeln. Wir gehen aber davon aus, liebe Kolleginnen und Kollegen – da weiß ich mich auch mit der Regierung, mit unserem Minister einig –, dass die Regierung alles tun wird, um dann, wenn es eben darum geht, hohe Auflagen ausgleichen zu müssen, die notwendigen Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen.

Dazu sage ich noch etwas ganz offen: Hoffentlich wissen wir alle: Wenn wir in Zeiten knapper Kassen leben, wenn die Mittel schon nicht in dem Umfang zur Verfügung stehen, wie wir es gern hätten, müssen wir eben auch mit den Auflagen behutsam umgehen.

Alles in allem: Diese Novelle ist eine moderne Novelle. Wir bleiben, wenn ich den Vergleich zwischen den Bundes

ländern richtig sehe, noch unter den ersten drei, sind mit der Umsetzung von Bundesrecht in Landesrecht also mit an der Spitze der Bundesländer. Ich hoffe, dass sich alle Bürger und die Kommunen das neue Naturschutzrecht für BadenWürttemberg wirklich zu Eigen machen und dass auch entsprechend verfahren wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Drautz FDP/DVP)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Caroli.

(Stellv. Präsidentin Beate Fauser übernimmt den Vorsitz.)

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

(Zurufe: Frau Präsidentin!)

Inzwischen hat sich eine Änderung ergeben. Ich berichtige mich: Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Was hat sich da ge- ändert? – Vereinzelt Heiterkeit)

Er ist gegangen, sie ist gekommen.

In Verantwortung für künftige Generationen hat der Staat nach der Landesverfassung die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen. Deshalb war die Novelle des Landesnaturschutzgesetzes auch dringend geboten, sind doch internationale Verpflichtungen wie beispielsweise Natura 2000 zu verankern und ist doch vor allem das Rahmengesetz der Schröder-Regierung umzusetzen, was eigentlich schon im April dieses Jahres hätte geschehen müssen.

Der erkennbare Fortschritt in diesem Gesetzentwurf geht auf die Vorgaben des Bundesgesetzes zurück und leider nicht auf politische Einsicht in der Regierungskoalition. Wir werden deshalb in Zukunft die Behandlung des bisherigen Stiefkindes Naturschutz durch die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen an den jetzt im Gesetz verankerten Zielsetzungen und Grundsätzen messen. Dies sind Zielsetzungen und Grundsätze, die wir uneingeschränkt teilen.

Mit der Einführung neuer Schutzgebietskategorien verlässt Baden-Württemberg endlich seinen Alleingang, leistet mit dem Biosphärengebiet Münsingen seinen ersten Beitrag zu international gängigen Großschutzgebieten und akzeptiert damit endlich, was woanders längst selbstverständlich ist.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Teßmer SPD: Sehr richtig!)

Ohne UNESCO-Anerkennung würde das Gebiet allerdings zur Lachnummer und hätte nicht die touristische Attraktivität, die für die Menschen in der Region große Entwicklungschancen bieten würde. Wir fordern Sie deshalb auf, Herr Minister, meine Damen und Herren von CDU und FDP/DVP, bei der Umsetzung des Biosphärengebiets die UNESCO-Kriterien zu beachten.

Riesige Chancen für den Naturschutz, der den Menschen und der Natur nützt, bietet jetzt die Ausweisung des ersten Nationalparks. In anderen Flächenländern sind das längst allgemein akzeptierte Erfolgsmodelle.

(Abg. Kaufmann SPD: Genau!)

Geben Sie endlich Ihre ideologisch bedingte Ablehnung auf, und machen Sie sich auf die Suche nach einem geeigneten Gebiet.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Kiefl CDU: Was für ein Gebiet?)

Meine Damen und Herren, bei allem Positiven hat der Gesetzentwurf leider auch Schwachstellen, die zu Anträgen der Opposition geführt haben. Wir haben diese Anträge nur im Ausschuss gestellt. Wir hätten sie hier genauso wieder stellen können, aber wir wissen ja, wie es diesen Anträgen ergeht.