Protokoll der Sitzung vom 30.11.2005

Meine Damen und Herren, bei allem Positiven hat der Gesetzentwurf leider auch Schwachstellen, die zu Anträgen der Opposition geführt haben. Wir haben diese Anträge nur im Ausschuss gestellt. Wir hätten sie hier genauso wieder stellen können, aber wir wissen ja, wie es diesen Anträgen ergeht.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Die armen Anträge! – Abg. Walter GRÜNE: Da brauchst du sie im Ausschuss auch nicht zu stellen!)

Denn Ihre ablehnende Haltung ist deutlich geworden.

Aber nun zu den Schwachstellen. Der vorgesehene Mindestanteil von 10 % der Landesfläche für den Biotopverbund ist unseres Erachtens zu gering, um die gesetzlich festgelegten Ziele des Biotopverbunds nachhaltig zu sichern.

(Abg. Walter GRÜNE: Sehr gut! – Abg. Kiefl CDU: Das entspricht dem Bundesrecht!)

Wenn das dem Bundesrecht entspricht, Herr Kollege Kiefl, dann rechne ich Ihnen vor, wie wir leicht auf diese 10 % in unserem Land kommen.

(Abg. Kiefl CDU: Wir haben schon viel mehr!)

Aber Sie müssen auf den Gesetzestext achten. Der Biotopverbund soll eine Wirkung entfalten, und für diese Wirkung muss ausreichend Fläche zur Verfügung gestellt werden. Das ist unser Anliegen, und deswegen stellen wir die Forderung, 15 % einzuführen.

(Abg. Fleischer CDU: Und noch mehr! Und noch mehr! – Stellv. Präsident Birzele übernimmt wieder den Vorsitz.)

Die baden-württembergischen Naturparke sollten nach Auffassung der SPD der Vorgabe des Bundesnaturschutzgesetzes entsprechen. Mit der hier gewählten Definition, die nahezu ausschließlich auf Tourismus und Regionalentwicklung ausgerichtet ist, haben Sie sich um Erfordernisse des Natur- und Landschaftsschutzes herumgemogelt.

Wir begrüßen die Einrichtung des Ökokontos. Die freie Handelbarkeit muss allerdings überschaubar und kontrollierbar bleiben. Wir fordern deshalb eine deutliche Verkleinerung des Raumes für Kompensationsmaßnahmen. Wenn in die Großlandschaft ausgewichen werden kann, wächst die Gefahr des Zuwachsens der Ballungsräume.

Schließlich, meine Damen und Herren, beklagen wir die Unverbindlichkeit von Landschafts- und Grünordnungsplänen. Sie müssen endlich in die Bauleitplanung eingehen. Das Gleiche gilt für die Landschaftsrahmenpläne, die bei der Aufstellung von Regionalplänen nicht zwingend berücksichtigt werden müssen. Unsere Verbesserungsvorschläge wurden im Ausschuss leider abgelehnt.

Meine Damen und Herren, das vorliegende Gesetz bietet die Voraussetzung für verbesserten Naturschutz im Land.

(Abg. Drautz FDP/DVP: Sehr richtig!)

Für die Umsetzung muss der entsprechende politische Wille dazukommen, der leider bislang nicht vorhanden war, Herr Kollege.

(Abg. Drautz FDP/DVP: Oh! – Abg. Teßmer SPD: Wir bringen es gerade denen in Berlin bei!)

Wir fordern Sie, Herr Minister Hauk, und die beiden die Regierungskoalition tragenden Fraktionen dazu auf, sich künftig an die Zielsetzungen und Grundsätze des neuen Gesetzes zu halten. Weil grundsätzlich der Rahmen für verbesserten Naturschutz im Land geschaffen wurde, stimmt die SPD-Fraktion trotz der aufgezeigten Mängel der Novelle zu.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Herr Abg. Drautz.

(Abg. Walter GRÜNE: Richie, hast du deinen Än- derungsantrag dabei?)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Naturschutz berührt alle Menschen. Wie bei kaum einem anderen Gesetz haben die Beratungen und Anhörungen praktisch bis zur jetzigen Plenarsitzung gedauert. Dabei ist festzustellen, dass das Naturschutzgesetz keineswegs im Eiltempo beraten wurde und heute verabschiedet wird. Der Beratungsverlauf zeigt aber das stete Ringen der Koalitionsfraktionen um einen gerechten Ausgleich der Belange von Natur und Menschen.

Meine Damen und Herren, das vorliegende Naturschutzgesetz ist alles andere als einfach die Übertragung von Bundesrecht in Landesrecht. Natürlich sind wir den Vorgaben des Bundesrechts gefolgt,

(Zuruf des Abg. Walter GRÜNE)

wie es das Recht zu Recht verlangt. Anders als im Bundesrecht, das fast ausschließlich mit Vorgaben und Verboten handelt, haben wir versucht, bei der Umsetzung den Menschen als integralen Bestandteil von Natur und Umwelt zu sehen. Die Grünen im Land wollen eine Verschärfung des Bundesrechts. Wir wollen das nicht.

(Heiterkeit bei der SPD – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Schade! Schade! – Abg. Marianne Won- nay SPD: Ganz überraschend! – Abg. Teßmer SPD: Was wollen Sie denn?)

Meine Damen und Herren, Lebensqualität und sozialer Zusammenhalt können nur gewährleistet werden, wenn die Menschen im Mittelpunkt der Umweltpolitik stehen. Menschen, die sich in ihrer Heimat wohl fühlen, leisten freiwillig mehr für die Natur und die Umwelt als Ökobürokratie und staatliche Verbotspolitik.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Teßmer SPD: Sollen jetzt wieder alle in der Welt herumreisen?)

Deshalb setzt die FDP/DVP-Fraktion auf persönliche Verantwortung und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Nur Menschen, die die Natur kennen und mit ihr vertraut sind, haben aus eigenem Erleben eine positive Beziehung zur Natur und schützen sie besser, als unkontrollierte Verordnungen dies je erreichen können.

(Beifall der Abg. Renate Götting FDP/DVP – Abg. Kretschmann GRÜNE: Sind Sie jetzt gegen ein Na- turschutzgesetz, oder was soll das, was Sie da la- bern?)

Wir haben in den bisherigen Agrarumweltprogrammen das Prinzip der Freiwilligkeit und des Vertragsnaturschutzes wie kein anderes Bundesland – vor allem mit finanziellem Aufwand wie kein anderes Bundesland – gefördert. Wir waren erfolgreich. Die Anerkennung und Akzeptanz dieser Umweltprogramme ist bemerkenswert.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir für die Nutzung von Natur und Umwelt klare und verbindliche ökologische Regeln setzen. Innerhalb dieses Rahmens wollen wir für den Naturschutz freiwillige Maßnahmen und insbesondere den Vertragsnaturschutz in den Vordergrund stellen. Menschen sollen nicht als Störenfriede aus der Natur verdrängt, sondern in die Erhaltung und Pflege der Natur eingebunden werden.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Die FDP/DVP hat deshalb auch die Änderungsanträge der Opposition – insbesondere der Grünen – abgelehnt. Die Grünen wollen zum Beispiel, dass 15 % der Landesfläche zu einem Biotopverbund entwickelt werden.

(Abg. Walter GRÜNE: Guter Vorschlag! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Was spricht dagegen?)

Meine Damen und Herren, wir wollen das nicht. Wir wollen, dass Biotopverbünde dort entstehen, wo sie sinnvoll und wichtig sind. Wir wollen uns dabei nicht mit Zahlen, sondern mit Fakten auseinander setzen.

(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: So ist es! Richtig!)

Wenn dabei freiwillig mehr Naturschutz und mehr Biotopverbünde entstehen, dann haben wir unsere Ziele erreicht.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Am besten auf dem Mond! Da gibt es noch gar keine! – Gegenruf des Abg. Teßmer SPD: Guter Vorschlag! – Heiterkeit)

Wir wollen, dass Naturschutz künftig nicht als Last, sondern als Chance begriffen wird. Mit dem handelbaren Ökokonto wird die Ökologie auch einen ökonomischen Nutzen haben.

Die FDP/DVP-Landtagsfraktion verkennt dabei auch nicht die zum Teil massiven Probleme der Landwirtschaft. Die Ausweisung von Landschaftsschutzgebieten, die damit verbundene Einschränkung der landwirtschaftlichen Nutzung, das Verbot von Baumaßnahmen und die Regelung der Anbauweisen führen oft zu erheblichen Wertverlusten. Mit § 58 des Naturschutzgesetzes wollen wir dem Rechnung tragen und haben eine Ausgleichsregelung formuliert und auch unter Haushaltsvorbehalt gestellt.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Walter GRÜNE: Aha! Da haben wir es wieder! – Lachen der Abg. Marianne Wonnay SPD)

Das Wort erhält Herr Abg. Walter.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich muss dem Kollegen Kiefl Recht geben: Wir haben jetzt endlich ein modernes Naturschutzgesetz auf Bundes- und auf Landesebene vorliegen. Nachdem der frühere Umweltminister Klaus Töpfer und die frühere Umweltministerin Angela Merkel an dem damaligen Bundeskanzler Kohl gescheitert sind, ist es Jürgen Trittin gelungen, nun endlich ein Gesetz vorzulegen, das dem 21. Jahrhundert gerecht wird.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Dem Trittin ist noch nie was gelungen! Der hält nur auf!)

Ja, ich glaube, dem Trittin ist in wenigen Jahren mehr gelungen als der FDP in 40 Jahren, in denen sie mitregiert hat.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Der hat einen Haufen geplaudert, aber nichts gemacht! – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Darum seid ihr ja so grandios wiedergewählt worden!)

Ihr seid auch nicht gewählt worden, also seid ruhig.

(Heiterkeit – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Aber besser als ihr!)

Zum Verfahren habe ich schon in der ersten Lesung etwas gesagt. Ich möchte jetzt hier nicht nachkarten. Ich hätte mir gewünscht, dass wir uns mehr Zeit nehmen, nachdem das Gesetz schon sehr lange von der Landesregierung verschleppt worden war. Trotzdem möchte ich mich damit nicht mehr beschäftigen. Das ist jetzt Vergangenheit. Ich möchte mich mit den Inhalten auseinander setzen.

Der Kollege Caroli hat es schon angesprochen: Obwohl das Gesetz auf Bundesebene sehr viele Vorgaben enthält, die sehr gut sind, gibt es auch Schwachstellen, beispielsweise den ebenfalls schon erwähnten Biotopverbund. Nachdem aufgrund des Drucks der Europäischen Kommission mehrmals nachgemeldet werden musste, sind in Baden-Württemberg mittlerweile etwa 17 % der Landesfläche als FFH-Gebiete ausgewiesen.