Es geht weiter mit dem Konflikt um den stellvertretenden Parteivorsitz. Das wird dann auch nicht durch Führungsstärke des Parteivorsitzenden Oettinger gelöst, sondern man schafft einen zusätzlichen Vertreterposten.
Jetzt geht es weiter mit der Eskalation. Im Nachgang zum Christopher Street Day gibt es einen harten Konflikt mit der Kirche. Nachdem dieser Vorgang bereits ein halbes Jahr zurückliegt, kommt er auf einmal hoch, obwohl – das haben zumindest meine Telefonate mit den Betroffenen ergeben – beide Seiten kein Interesse hatten, dass der Vorgang an die Öffentlichkeit kommt. Da die Äußerungen zwar mit Sicherheit unerträglich und unzulässig sind – es ist in der Sache völlig unakzeptabel, dass ein Minister sich in innerkirchlichen Angelegenheiten dermaßen im Ton vergreift –, sie aber in kleiner Runde erfolgten und die Betroffenen eigentlich nicht wollten, dass es an die Öffentlichkeit kommt, habe ich den Schluss daraus gezogen, das nicht hochzuziehen. Dazu hatte ich ganz einfache Gründe: Wenn wir schon in kleiner Runde nicht mehr ganz offen reden und da auch einmal ausrasten dürfen, ist das schlecht für die politische Kultur. So etwas muss möglich sein, wenn wir uns dafür entschuldigen und es zurücknehmen. Deswegen habe ich es nicht hochgezogen, und ich stehe auch vollständig dazu.
Es ist dann eigentlich aus Ihren eigenen Reihen eskaliert. Nachdem die Rücktrittsforderung aus den eigenen Reihen kam, wusste jeder politische Profi: Der Käs ist gegessen. Wie war das? Der Fraktionsvorsitzende Mappus gibt zuerst eine sehr laue Erklärung ab und sagt: Es ist Angelegenheit des Ministerpräsidenten, wie er das Kabinett zusammensetzt. Das war wirklich keine Erklärung, die von Unterstützung sprühte. Es kommt dann zum Rücktritt von Renner an
einem Tag mit völlig widersprüchlichen Meldungen. Zuerst wird das Präsidium einberufen und gesagt: Das wird abgesegnet; es ist in Ordnung; Renner bleibt im Amt. Wenige Stunden später wird das Gegenteil gemacht. Auch da war wieder ein Hin- und Herschwanken, keine Entschlussfreudigkeit.
Erst da muss dann der Fraktionsvorsitzende Mappus nachträglich sehr massive Loyalitätserklärungen hinterherschieben.
Was zeigt das? Das zeigt, dass in der CDU ein heftiger Richtungskampf um die Linie tobt. Wir haben das heute noch einmal bei dieser ganzen Fragebogendiskussion gesehen: Es ist der Versuch von Oettinger, einerseits in die modernen urbanen Milieus einzudringen – dazu waren Leute wie Renner wichtig –,
aber zugleich den Spagat mit den vermeintlich konservativen Oberschwaben hinzubekommen, obwohl wir – das darf ich als Oberschwabe sagen – auch nicht rückschrittlicher sind als andere Leute auf der Welt.
(Abg. Mappus CDU: Ein bisschen arg wirr, Herr Kollege! – Gegenruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜ- NE: Sie können halt nicht folgen!)
Das ist überhaupt nicht wirr. Das ist genau das, was sich bei Ihnen abgespielt hat. Das zeigt klar den Richtungskampf in der Union.
Wenn ich dann noch schaue, was in der Sache passiert ist, sehe ich: In der Bildung macht der Ministerpräsident wirklich eine Kehrtwende. Wir haben darüber gesprochen. Aber das dann auch zu unterfüttern und dem bei den Ganztagsschulen einen finanziellen Unterbau zu geben, damit kann sich der Ministerpräsident schon in seiner Fraktion nicht mehr durchsetzen und kann das nur mit dem ehrenamtlichen Jugendbegleiter machen.
(Abg. Fleischer CDU: Jetzt sagen Sie doch mal was zu den Studiengebühren! – Heiterkeit bei Abgeord- neten der CDU)
(Abg. Mappus CDU: Ich glaube, Sie sind auf der falschen Baustelle unterwegs! – Gegenruf der Abg. Ursula Haußmann SPD: Bleiben Sie doch ruhig, Herr Mappus!)
(Heiterkeit bei den Grünen und der SPD – Beifall bei den Grünen – Lachen bei Abgeordneten der CDU – Abg. Wieser CDU: Und Sie laufen in der Wüste ohne Kompass herum! – Unruhe)
Ich sehe da jedenfalls keinen führungsstarken Ministerpräsidenten. Ich sehe einen, der gern Themen-Hopping macht, der einmal räsoniert, dass man mit 40 nicht mehr richtig leistungsfähig sei. Aber es folgt nichts daraus. Ich sehe einen, der dann eine Debatte darüber anzettelt, dass wir unsere Kinder später in die Schule schicken sollten. Aber es folgt nichts daraus. Das sind alles nur Luftballons, die Sie steigen lassen, denen nichts folgt.
Ich sage: Dieses Land wird nicht mehr richtig regiert. Das ist alles nur Modernisierungsrhetorik und keine Modernisierung. Ich finde, Sie lassen eines vermissen, nämlich Format.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Pfiste- rer CDU: Warum leben wir dann gerne in Baden- Württemberg?)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben gerade ein breites Spektrum von Zustimmung, Mitgefühl und Unterstützung für den ausscheidenden Sozialminister bis hin zu stilverletzender Ablehnung erlebt. Rot-Grün war bei diesem Thema letztendlich im Angriff gegen uns einig. Aber die Richtungen haben überhaupt nicht gepasst.
(Abg. Kretschmann GRÜNE: Rot-Grün gibt es hier nicht! – Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Ursula Haußmann: Wie hätten Sie es denn gern?)
Zweitens, Kollege Kretschmann: Ich gebe ja zu, dass in der Christlich-Demokratischen Union ein durchaus breites Meinungsspektrum zu vielen Sachfragen besteht.
Ich schaue mir nun Ihre Partei an, die bei der Wählerschaft gerade einmal 8 % oder 10 % erreicht und dann mit Oswald Metzger auf der einen Seite von Planwirtschaft zu Marktwirtschaft kommt und mit Joschka Fischer und Ströbele zu anderen Themen kommt, und sehe: Sie erzielen ein Fünftel
oder ein Sechstel unseres Stimmenanteils, haben aber weit mehr Debattenstreit als wir, wenn es um Sachfragen geht.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das ist doch gut! – Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)
(Lebhafter Beifall bei der CDU – Beifall bei Abge- ordneten der FDP/DVP – Abg. Fleischer CDU: So ist es! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Mit schein- heiligen Veranstaltungen kennen Sie sich ja aus!)
da Sie im Grunde genommen nicht bei der Tagesordnung sind, sondern eine Generaldebatte zu allen Fragen der Landespolitik anzetteln wollen.
Erstens: Ganztagsschule. Wer heute die Zeitung liest – das ist mein Rat an Sie –, wird dort sehen, dass es Kommentare zu der Tatsache gab, dass wir in der gesamten nächsten Legislaturperiode die Zahl der Lehrerstellen halten wollen und dadurch bei sinkender Schülerzahl der Aufbau von Ganztagsbetreuung auch mit hauptamtlichen Lehrkräften möglich wird.
Ich sage das deswegen, weil Kollege Kretschmann, der normalerweise ein ernsthafter Kollege ist, mit seinem Vorwurf, wir würden die Ganztagsschule ankündigen und es folge nichts nach, schlichtweg die Unwahrheit sagt.
Wir wollen die Wahlfreiheit der Eltern, von Mutter und Vater, und keinen Zwang, und wir bauen unser Angebot im Rahmen unserer finanziellen Möglichkeiten aus. Dazu gehört für jede Unterrichtsstunde das Hauptamt – der Lehrer –, und dafür wird der Spielraum in den nächsten fünf Jahren sichtbar und wird der Beschluss der Regierung noch im Februar dieses Jahres erfolgt sein.
Zweitens: Auch die Debatte zum Schuljahresbeginn gehen wir sehr differenziert an. Wenn Sie beim Neujahrsempfang im Rathaus dabei gewesen wären