Aus der Erkenntnis des Ausschusses heraus ist das Wirtschaftsministerium an der Verlagerung der Messe nicht beteiligt gewesen.
Auch Herr Schmiedel hat bereits im September im Ausschuss geäußert, es sei unbestritten, dass die Landesregierung nicht mit am Verhandlungstisch gesessen habe. Das hat sich schon einmal anders angehört. Der Ausschuss hat aber auch gezeigt, wie geschmeidig und anpassungsfähig bei der Opposition argumentiert wurde:
Erst war es ein Messeraub. Man hat dann die eigene Beweisnot festgestellt und ist dazu übergegangen, der Regierung vorzuwerfen, dass sie sich zu passiv verhalten habe und schon eher etwas für den Messestandort Sinsheim hätte tun müssen. Dies zeigt mir überdeutlich, wie abwegig und absurd der Vorwurf des Messeraubs war. Es hat keine Abwerbung seitens der Stuttgarter Messe- und Kongressgesellschaft, sondern eine lang andauernde Verhandlung unter gleichberechtigten Partnern gegeben,
(Lachen bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Kretschmann GRÜNE – Abg. Göschel SPD: Und ohne Beteiligung des Wirtschaftsministeriums?)
in deren Verlauf Herr Schall seine freie unternehmerische Entscheidung zur Verlagerung der Messen getroffen hat. Mich hat Herr Schall völlig überzeugt.
Er hat zwar im Planungsstadium gegen die neue Landesmesse gekämpft. Zugleich war ihm aber auch klar, dass es, wenn sie tatsächlich gebaut würde, zu einer völlig neuen Bewertung der Lage kommen müsste. Die Rede war von einer Sogwirkung der neuen Messe. Ich vertraue eher auf einen schöpferischen Unternehmergeist – denn Herr Schall ist Unternehmer – als auf staatliche Direktiven.
Das, meine Damen und Herren, unterscheidet die FDP auch grundsätzlich von der SPD, die den Staatsglauben immer in den Vordergrund stellt.
Auch in diesem Fall muss nach Ansicht der SPD das Staatsministerium beteiligt gewesen sein. Anders ist es offenbar überhaupt nicht vorstellbar. Nicht unternehmerischer Geist, sondern das Ministerium musste beteiligt sein.
Die Regierung hat sich an den Verhandlungen zwischen der Schall-Gruppe und der SMK nicht beteiligt. Sie wurde lediglich als Gesellschafter von der SMK in Grundzügen über den aktuellen Verhandlungsstand informiert. Die Sinsheimer Messen haben sich so positiv entwickelt, dass sie überall an Kapazitätsgrenzen gestoßen sind.
Meine Damen und Herren, Herr Schall stand und steht unter dem massiven Druck seiner Aussteller, hier zu Verbesserungen zu kommen. Schon 2001, als der Bau der Halle 6 notwendig wurde, war für die Firma Layher fraglich, wie lange der Expansionskurs von Messen aufgrund der Rahmenbedingungen noch anhalten könne. Wenn das Land damals nicht den Bau der Halle gefördert hätte, wäre man bereits im Jahr 2002 vor die Notwendigkeit gestellt worden, Sinsheim als Messestandort aufzugeben.
Man hätte dann natürlich, wie von Herrn Kretschmann in einer Sitzung angedeutet, die Förderung der Halle 6 zum damaligen Zeitpunkt infrage stellen können. Ich möchte aber wissen, welche politischen Diskussionen wir damals bekommen hätten, wenn wir einen erfolgreichen privaten Messeveranstalter mit besten Prognosen nicht gefördert hätten
oder wenn Herr Schall den Messestandort Baden-Württemberg verlassen hätte. Der Vertrag zwischen Schall und der SMK liegt im Interesse der Landesmesse. Er liegt zugleich im Landesinteresse, weil die Schall-Messen auf diese Weise für den Standort Baden-Württemberg nachhaltig gesichert werden. Die Regierung hat sofort erkannt, dass bei einer Komplettverlagerung massive Nachteile für den Messestandort Sinsheim bis hin zur Gefahr einer völligen Stilllegung drohen würden und dass dies dem Regionalkonzept zuwiderlaufen würde.
(Abg. Kretschmann GRÜNE: Das hat sie in Kauf genommen! – Abg. Göschel SPD: Das hat sie doch billigend in Kauf genommen!)
Bei allen Überlegungen dürfen aber wirtschaftliche Zusammenhänge nicht außer Acht bleiben. Lassen Sie mich daher noch kurz auf das aktuelle Rettungskonzept eingehen.
Zunächst muss Herr Schall seine Rechtsbeziehungen mit der Layher-Gruppe klären. Dies liegt ja klar auf der Hand. Lieber Herr Schmiedel, ich weiß, dass Sie das jetzt nicht verstehen wollen. Die Landesregierung hat sich in der Vergangenheit nicht aktiv an Verhandlungen zwischen Schall und der SMK beteiligt, und sie wird es auch in Zukunft nicht tun. Sie hat mit nur 50 % Anteil bei der SMK auch keine Mehrheit, um den aktuellen Rettungsplan durchzusetzen.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Landesregierung im Zusammenhang mit der vom Messeveranstalter Schall angekündigten Verlagerung von Messen nach Stuttgart pflichtgemäß gehandelt hat. Dies gilt insbesondere auch für die andauernden Bemühungen um ein angemessenes Zukunftskonzept für das Sinsheimer Messegelände, in die sich das Land unterstützend einbringt.
Wem darf ich für die Fraktion GRÜNE das Wort erteilen? – Herr Abg. Kretschmann, Sie erhalten das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch ich will zunächst meinem Namensvetter Winfried Scheuermann für die faire Verhandlungsführung im Untersuchungsausschuss danken. Ich war zum ersten Mal Mitglied eines Untersuchungsausschusses, und im Gegensatz zu meinem Parteifreund Fischer betrachte ich einen Untersuchungsausschuss nicht als Kampfinstrument, sondern als Untersuchungsinstrument.
Damit dies nicht nur leere Worte bleiben, möchte ich deutlich sagen: Den Vorwurf, den wir vor Einsetzung des Untersuchungsausschusses gegen die Landesregierung erhoben haben – sie hätte bei der Verlagerung der Messen von Sinsheim nach Stuttgart Regie geführt –, konnten wir nicht aufrechterhalten. Er wurde durch die Untersuchungen so nicht bestätigt. Die Regie hat klipp und klar der Geschäftsführer der SMK, Herr Kromer, geführt. Herr Kollege Schmiedel hat ja schon zitiert, dass sich unter dem Tarnbegriff Kooperation die aktive Abwerbung der Sinsheimer Messen durch Herrn Kromer ergeben hat.
Das Ergebnis der Untersuchung ist zweitens: Die Landesregierung hat die Verlagerung der Schall-Messen von Sinsheim nach Stuttgart ausdrücklich ermutigt und aktiv unterstützt. Mit dem Bau der Landesmesse und dem Einstieg des Landes als Betreiber in den Messemarkt hat es die Regierung zu ihrem Interesse gemacht, dass das große, neue Gelände auf den Fildern gut ausgelastet wird. Das ist der eigentliche Grund für die Abwerbung der Messen aus Sinsheim.
In den Akten zum Untersuchungsausschuss ist dies an verschiedenen Stellen dokumentiert. So heißt es im Vermerk
des Staatsministeriums vom 11. November 2004 zur Vorbereitung des Gesprächs von Staatssekretär Böhmler mit Herrn Schall – ich zitiere –:
Das Land investiert mit einem Betrag von 243 Millionen € erheblich in den künftigen Messestandort auf den Fildern und wird künftig mit 50 % an der Stuttgarter Messegesellschaft beteiligt sein. Unser Ziel muss es deshalb sein, dass die Messe auf den Fildern optimal ausgelastet wird und im Betrieb zumindest schwarze Zahlen schreibt.
Vor diesem Hintergrund hat die SMK ihr operatives Geschäft ausgeführt. Der Geschäftsführer, Herr Kromer, hat uns im Untersuchungsausschuss gesagt – das ist jetzt, glaube ich, ganz wichtig –:
So hat Herr Kromer also mit der grundsätzlichen Unterstützung der Vertreter des Landes sein Möglichstes getan, um die Stuttgarter Messe zu füllen – eben auch mit anderen Messen aus Baden-Württemberg. Das ist nicht Herrn Kromer vorzuwerfen, sondern der Landesregierung und ihrer nicht durchdachten zentralistischen Messepolitik.
Es ist aber auch ein Ergebnis des Untersuchungsausschusses, dass bei der konkreten Abwerbung der Sinsheimer Messen die Landesregierung die SMK nicht nur grundsätzlich, sondern konkret und zielführend unterstützt hat. Das möchte ich verdeutlichen.
Dem früheren Ministerpräsidenten Teufel war es eigentlich völlig klar, dass es um Abwerbung ging. Er hat den Kern sofort erfasst und Folgendes gesagt – diese Formulierung war für uns übrigens der Ausschlag, um die Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses mit zu beantragen –:
klar werden. Ich kann unmöglich ein Gespräch über die Abwerbung von Messen von Sinsheim nach Stuttgart führen. Das müssten andere tun. Ich bin Ministerpräsident genauso für Sinsheim wie für Stuttgart.
Das zeigt, dass da mit doppelten Karten gespielt wurde, und, Herr Kollege Schüle, der Antreiber im Staatsministerium war Abteilungsleiter Kühner, der zugleich Mitglied des Aufsichtsrats der SMK war.
Eine Kooperation böte die Chance, die wichtigsten und größten Messen aus Sinsheim und von anderen Standorten nach Stuttgart zu holen. Wir könnten damit die neue Landesmesse besser auslasten und den Messe
platz Stuttgart stärken. Wir haben deshalb auch die Geschäftsleitung der SMK im Vorfeld ermutigt, das Gespräch mit Schall zu suchen. Eine Kooperation mit der Schall-Gruppe wäre für die Landesmesse eine außerordentlich große Chance, ihre Marktposition deutlich zu verbessern. Wir sollten alles tun, um diese Entwicklung zu fördern.
Ich denke, damit ist klar belegt, dass das Staatsministerium in Person von Herrn Kühner, Aufsichtsratsmitglied, aktiv die Abwerbungsabsichten von Herrn Kromer unterstützt hat. In der Untersuchungsarbeit des Ausschusses war aufschlussreich, dass die Anweisung von Herrn Teufel – das hat Herr Böhmler vorgetragen – je nachdem, ob er den Abteilungsleiter oder den Aufsichtsratsvorsitzenden meint, ganz unterschiedlich war. Es ist genau über diese Konstruktion gelaufen, dass Herr Kühner in seiner Funktion als Aufsichtsrat die Politik von Herrn Kromer unterstützt hat.