Ich komme nun noch zu der angedrohten Verfassungsklage, weil auch in dem jetzt vorliegenden Antrag der CDU auf diesen Tatbestand noch einmal hingewiesen wird, nämlich auf die Frage der Zuständigkeiten und darauf, ob, wie Herr Scheuermann vorhin gesagt hat, der Artikel 68 des Grundgesetzes ein Papiertiger sei.
Unabhängig von der Zeitschiene und dem Zeitbedarf, den wir haben, löst eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht die Probleme nicht. Die Bundesregierung erfüllt ihren grundgesetzlichen Auftrag, indem sie zum Netz- und Betriebserhalt hohe Investitionsmittel zur Verfügung stellt. Das im Grundgesetz angeführte Verkehrsbedürfnis erhält durch diese Erwähnung allerdings, Herr Scheuermann, keinen automatischen Vorrang, denn die Ausrichtung am Gemeinwohl lässt auch die Berücksichtigung anderer Belange, nämlich die Berücksichtigung eines Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes, zu. Insofern ist Artikel 87 e des Grundgesetzes auch dadurch erfüllt, dass die Bedingungen für einen funktionierenden Schienenverkehr durch ausreichende Investitionsmittel für die Schieneninfrastruktur und die Voraussetzungen für den Zugang anderer Wettbewerber zum Netz geschaffen werden.
über einen höheren Anteil an den Regionalisierungsmitteln, um den Interregioverkehr im bisherigen Umfang zu ermög
lichen und weiterzuentwickeln. Insoweit haben die Ergebnisse der Dresdner Konferenz positive Aspekte gebracht. Das wird von uns unterstützt. Hier gibt es ein natürliches Konkurrenzverhältnis zwischen Land und Bund. Aber hier stehen wir auf der Seite des Landes.
Wir kritisieren aber den Zeitverzug bei der notwendigen Vorbereitung zur Berücksichtigung neuer Angebote beim Fahrplanwechsel Ende 2002. Schon jetzt muss diese Zeitspanne als äußerst kritisch angesehen werden. Um nicht wiederum ohne Alternativen dazustehen und dann auf Angebote der DB AG zurückgreifen zu müssen, sind eine schnelle Klärung der möglichen Angebotskonzepte und eine anschließende Angebotseinholung notwendig.
Ich verstehe ja, dass man nicht ausschreiben wollte. Das kann ich vielleicht noch nachvollziehen. Aber dass man keine Verhandlungen und keine Gespräche geführt und keine entsprechenden Angebote unter Vorbehalt eingeholt hat, das ist meines Erachtens nicht nachvollziehbar.
Wir plädieren für Wettbewerb auf der Schiene. Wir sind sicher, dass wir durch die Belebung der Konkurrenz auch zu besseren und kostengünstigeren Ergebnissen für unser Land kommen werden.
Herr Kollege Kaufmann, Sie haben es geschafft, die festgelegte Redezeit um exakt 100 % zu überschreiten.
(Heiterkeit – Abg. Kaufmann SPD: Ich gelobe Besserung, Herr Präsident! – Zuruf des Abg. Scheuermann CDU)
Ich stelle fest: Die Zwischenfrage von Herrn Hauk wäre bei den Rednern der Regierungsfraktionen angebracht gewesen. Von ihnen wurde gar nicht zu dem Antragsthema, sondern zu einem Entschließungsantrag der CDU und der FDP/DVP geredet, der heute Morgen auf unserem Tisch gelandet ist. Das war ein völlig anderes Thema.
Diese Berichterstattung hier war so peinlich, dass Sie offenbar gar nicht mehr darauf eingehen wollten.
Das Thema war eigentlich ein ganz anderes. Das Thema ist doch: Oberschwaben sieht rot. Rot ist nämlich die Farbe
des Nahverkehrs. Die Farbe Blau des Fernverkehrs ist verschwunden. Südlich der Linie Stuttgart – Ulm finden Sie praktisch keinen Fernverkehrszug mehr. Von früher acht ist einer übrig geblieben. Statt acht Direktverbindungen von Friedrichshafen nach Stuttgart sind nur noch drei vorhanden. Wenn man dort unterwegs ist – Sie haben offenbar die Zeitungen gelesen –, dann kommen sogar die schwarzen Oberbürgermeister und machen mit den Grünen gemeinsame Sache, weil sie sagen: „Es ist ein Unding, dass man nicht einmal mehr Züge reservieren kann. Wenn nächstes Jahr das neue Tarifsystem kommt, bekommen wir für unsere Strecke keine Frühbucherrabatte mehr.“ Dasselbe droht ihnen auf der Schwarzwaldbahn.
Die Antwort liegt auf dem Tisch. Sie haben locker-flockig 30 Millionen DM in ein Angebot versenkt, das schlechter ist als vorher – mehr Geld für weniger Leistung – und das am 1. Januar 2003 weg ist. Dann steht möglicherweise gar nichts mehr auf dem Gleis. Diese völlig ungewisse Zukunft haben Sie mit Ihren Rangierfahrten von einem Abstellgleis zum nächsten mit verantwortet – nur ja nichts anfangen, überall in Baden-Württemberg Spitze sein. Beim Straßenbau sind Sie mutig. Wenn es einmal darum geht, ein paar Mark in die Hand zu nehmen, um Bahnverkehr zu bestellen, weisen Sie immer mit allen fünf Fingern auf den Bund. Das ist Ihre Schienenverkehrspolitik.
Sehen Sie sich einmal an, welche logischen und rechtlich konsistenten Argumentationen in der „wunderbaren“ Stellungnahme des Ministeriums zu dem Antrag enthalten sind. Da heißt es unter Ziffer 2 Buchst. b:
Eine Ausschreibung entfallender Interregioverkehre durch die Landesregierung ist deshalb aus rechtlichen Gründen nicht möglich.
Unter Ziffer 2 Buchst. c der Stellungnahme – das ist der direkt anschließende Absatz – lese ich aber: Das Land wäre allerdings bereit, wenn der Bund das Geld zur Verfügung stellt, trotzdem auszuschreiben. Übersetzt heißt das: Das Land ist zu Rechtsbruch bereit, wenn der Bund dafür bezahlt.
Überprüfen Sie einmal Ihre Argumentation. Vor drei Monaten lautete sie: „Wir können nicht ausschreiben, weil es erstens keinen Anbieter gibt, zweitens das Grundgesetz dagegen steht und uns drittens das Regionalisierungsgesetz verbietet, das Geld für solche Zwecke auszugeben.“ Das ist alles von A bis Z – von eins bis drei – Unfug. Es gibt erwiesenermaßen Angebote von Konkurrenzunternehmen, die Sie aber nicht zur Kenntnis nehmen wollen.
Natürlich dürfen Sie auch dann, wenn der Bund im Allgemeinen die Verantwortung für ein bestimmtes Thema hat, sagen: Wir machen das. Dann wird Sie der Bund nicht daran hindern. Sie sind nicht gehindert, höchstens durch Ihre eigene Politik.