Natürlich muss ich noch einen Satz zu der Geschichte mit der Agrarwende sagen, lieber Herr Walter. Ich bin immer bereit, über eine Fortentwicklung der Landwirtschaft zu diskutieren, weil wir uns mit diesem Thema auseinander setzen müssen. Dabei gibt es Faktoren, an denen man nicht vorbeikommt. Das ist die EU-Osterweiterung, und es ist besonders die Frage – sie beschäftigt mich sehr –, wie wir im Zuge der Agrarpolitik der Welthandelsorganisation und der Liberalisierung der Märkte mit Agrarprodukten aus der ganzen Welt fertig werden. Aber man darf bei der Agrarwende – auch das habe ich immer wieder gesagt – nicht so tun, als ob das Bisherige nichts gewesen sei.
In Baden-Württemberg – das kann man einfach beispielhaft sagen – haben wir Anfang der Neunzigerjahre unter Gerhard Weiser Agrarumweltmaßnahmen ergriffen und stehen damit beispielhaft da. Nur Bayern gibt für Agrarumweltmaßnahmen noch Mittel pro Hektar in der gleichen Größenordnung wie Baden-Württemberg aus. Das sind auch nicht irgendwelche Maßnahmen, bei denen man Bauern Gelder in die Schuhe schiebt, sondern die Agrarumweltmaßnahmen sind ganz konsequent mit Auflagen verbunden, die einen umweltgerechten Anbau sichern.
Deswegen kann ich zu Frau Künast sagen: Ich bin dafür, dass wir weiterdenken. Aber bringen Sie den ganzen von SPD, Grünen und PDS regierten Tross einmal auf den Stand von Baden-Württemberg! Dann können wir „guten Morgen“ sagen, und dann reden wir über alles weiter.
Dann haben Sie vom ökologischen Anbau gesprochen. Sie sehen die Bemühung der Landesregierung, dafür zu sorgen, dass auch in Baden-Württemberg ökologischer Landbau betrieben werden kann. Ich habe mich auch dazu bekannt. Allerdings habe ich immer gesagt: Zunächst geht es bei den Fördermaßnahmen darum, den Marktzugang zu erleichtern. Ich glaube, wir sind uns darin einig: Am Markt müssen sich die ökologischen Produkte selbst bewähren. Dort liegt der Schlüssel wieder beim Verbraucher. Wir können nicht über den Marktzugang hinaus dafür Sorge tragen, dass die ökologischen Produkte am Markt preisgleich abgegeben werden. Am Markt müssen sie sich selbst beweisen und behaupten.
Am Ökosiegel der Frau Künast habe ich nicht generell oder a priori die Harmonisierung kritisiert. Ich bin dankbar für das, was europaweit gemacht wird. Ich habe nur die Sorge, dass unser zugegebenermaßen höherer Standard an Ökoanbau in Baden-Württemberg durch das Ökosiegel nivelliert wird. Ich habe die große Sorge, dass die Möglichkeit, Teilbereiche einer landwirtschaftlichen Produktion mit dem Ökosiegel zu bedenken, zu einer riesengroßen Menge führt, die dem Verbraucher nicht nützt, sondern schadet, weil er bei all den anderen Tricks, die es mit so genannten Ökosiegeln eben auch gibt – das gibt es im großen Handelsbereich auch –, letztlich nicht mehr zurechtkommt.
Ich sage Ihnen kurzum: Gegenwärtig laufen weitere Untersuchungen. Seit gestern Abend haben wir im Blick auf Birnen und Wachstumsregulatoren Gott sei Dank auch neue Klarheit aus Berlin. Seit gestern ist klar: Das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin hat auf unsere Bitten hin noch einmal eine toxikologische Bewertung von Chlormequat in Birnen und Karotten vorgelegt.
Die neuen Grenzen, ab denen mögliche gesundheitliche Risiken bestehen, werden bei Chlormequatrückständen in Birnen bei einem Wert von 0,6 Milligramm pro Kilogramm – das läge deutlich unter den 3 Milligramm, aber etwas über dem europäischen Wert –, in Karotten bei einem Wert von 1,2 Milligramm pro Kilogramm gesehen. Bei Mepiquatrückständen – das hat mich allerdings überrascht; denn da gilt die Nulltoleranz – wird tatsächlich von 3,6 Milligramm pro Kilogramm ausgegangen.
Wenn diese Werte überschritten werden, ist zwar noch keine konkrete Gesundheitsgefahr gegeben, aber gesundheitliche Risiken können nicht mehr mit Sicherheit ausgeschlossen werden.
Nachdem ich das gestern auf dem Tisch hatte, war ich außerordentlich dankbar, dass wir von vornherein mit 0,5 Milligramm gehandelt haben.
Sie sehen: Das ist eine Meldung von gestern Abend. Das bedarf der Absprache mit dem zuständigen Bundesministerium und den anderen Landesministerien. Wir befinden uns da in einem laufenden Prozess. Es geht darum, dass man dabei den Kopf bewahrt, besonnen bleibt, nicht in Kriegsgeschrei verfällt und das, was wir im Interesse unserer Verbraucher tun müssen, tun können, sachlich und nüchtern auch im zuständigen Ausschuss jeweils aufarbeitet.
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Aktuelle Debatte ist damit beendet.
Wir kommen noch zur Behandlung der Anträge. Frau Kollegin Kipfer hat vorhin vorgeschlagen, die Anträge Drucksachen 13/474, 13/476 und 13/469 an den Ausschuss Ländlicher Raum und Landwirtschaft zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.
Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt und Verkehr – Straßenverkehr entwickeln – Mobilität sichern – Drucksache 13/392
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: fünf Minuten für die Begründung des Antrags und fünf Minuten je Fraktion für die Aussprache.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Straßenverkehr hat für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg und dessen Wettbewerbsfähigkeit eine hohe Bedeutung. Wir haben ihn deshalb in den Mittelpunkt eines ersten Antrags zur Verkehrspolitik gerückt.
Die CDU-Landtagsfraktion setzt dabei entsprechend dem Generalverkehrsplan des Landes auf einen kontinuierlichen Aus- und Neubau von Schiene, Straße, Luftverkehr und Wasserstraßen sowie auf eine – das ist wichtig – optimale Vernetzung der verschiedenen Verkehrsträger.
Nachdem ich gerade den Kollegen Palmer im Blick habe – er mich wahrscheinlich auch; nein, er bekommt es gar nicht mit –, füge ich hinzu: Dabei lassen wir es aber nicht zu, dass der Straßenverkehr gegen den Schienenverkehr ausgespielt wird. Beide Systeme müssen zu ihrem Recht kommen. Die Zahlen und Fakten auch in diesem Bereich sprechen für sich.
Aber wir wollen uns heute mit dem Straßenverkehr befassen, das heißt Straßenverkehr entwickeln, Mobilität sichern. Schon aus diesem Titel lässt sich entnehmen, dass es uns um eine moderate Weiterentwicklung des Straßenverkehrs, um die Sicherung von Mobilität geht. Diese Forderung erheben wir aber nachdrücklich.
Die CDU hat in ihrem Wahlprogramm ein Sonderprogramm für den Landesstraßenbau angekündigt. Wir haben Wort gehalten und werden in den kommenden Jahren fünfmal 100 Millionen DM zusätzlich ausgeben.
Die Mittel für Investitionen steigen dadurch um 50 %. Ich denke, auch das ist ein guter Ansatz, um in einer Zeit wie heute zu investieren. Das kommt auch unserer Bauwirtschaft zugute.
Wir haben damit den 1998 begonnenen Kurswechsel im Landesstraßenbau fortgesetzt. Nachdem die SPD für den Nachtragshaushalt 1999 Anträge auf Erhöhung gestellt hat – ich war damals noch nicht dabei –, hoffe ich, dass Sie von der SPD heute unserem Anliegen zustimmen werden.
Besonders erfreulich ist es, dass die Mittel für den Unterhalt auf 100 Millionen DM verdoppelt wurden und sich der Erhaltungszustand unserer Landesstraßen dadurch erheblich verbessern wird. Wir machen uns nichts vor: Sie haben es zum Teil auch nötig.
Dabei ist besonders zu erwähnen, dass durch unser Sonderprogramm viele Ortsdurchfahrten und Ortsumgehungen gebaut werden. Damit kann eine erhöhte Verkehrssicherheit und durch die Entlastung der dort wohnenden Menschen von Lärm und Abgasen ein so genannter Doppelwert erzielt werden.
Hatten wir 1992 dafür noch 620 Millionen DM zur Verfügung, so sind es nach den neuesten Entwürfen des Bundes zum Haushalt 2002 gerade mal noch 320 Millionen DM – ohne Refinanzierung.
Man wundert sich angesichts dieser Zahlen schon, wie der Bundesverkehrsminister zu der Aussage kommt, man habe eine „Spitzenausstattung“ bei den Verkehrsinvestitionen. Das Zukunftsinvestitionsprogramm, das aus den UMTSGeldern finanziert wird, läuft bis 2003 und finanziert nur zu zwei Dritteln diese Maßnahme. Wie es danach weitergehen soll, bleibt das Geheimnis der Bundesregierung. Wir erwarten, dass die von Herrn Struck vorgeschlagene Verlängerung des Programms noch vor der Bundestagswahl geklärt wird.
Das Antistauprogramm, das von der Bundesregierung mehrfach verkauft wurde und mit rund 1,45 Milliarden DM pro Jahr ausgestattet ist, ist noch nicht einmal angelaufen. Ob es 2003 überhaupt pünktlich anlaufen kann, ist fraglich, nachdem, wie Sie ja wissen, die Vergabe des Mautsystems gerichtlich gestoppt wurde.
In diesem Zusammenhang erheben wir die zentrale Forderung, dass die Einnahmen aus der Lkw-Maut – wir reden von zirka 6 bis 9 Milliarden DM abzüglich der Kosten – auf Dauer der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung zur Verfügung stehen sollen. Das von der Pällmann-Kommission festgestellte Finanzierungsdefizit aller Verkehrsträger – wir wollen nicht nur auf die Straße abheben – in Höhe von 7,5 Milliarden DM kann damit zumindest entscheidend verringert, wenn nicht sogar behoben werden.
Jetzt kommt noch ein negativer Höhepunkt der letzten Tage und Wochen. Das war mit Sicherheit der Vorgang, bei dem man mit einer vorläufig geplanten Umschichtung der Bahnmittel die Beschleunigung laufender Straßenbauprojekte durchziehen wollte, und dann die grüne Ideologie über die Vernunft gesiegt hat – leider. Das war Verkehrspolitik nach dem Motto: „Stauen statt bauen“.