Protokoll der Sitzung vom 13.12.2001

Meine Damen und Herren, jetzt komme ich zum dritten Punkt. Das ist der Bereich des Aufzeigens von Schwachstellen. Da geht es mir auch um die rechtliche Stellung der Frauenvertreterin. Auch dazu zitiere ich wieder aus dem Bilanzbericht, weil er schließlich heute zur Diskussion ansteht. Das gilt beispielsweise im Bereich des Beteiligungsund Beanstandungsrechts. Über 80 % der Frauenvertrete

rinnen werden nicht regelmäßig und gar 34 % der Frauenvertreterinnen nie bei Personalratsentscheidungen beteiligt.

(Abg. Rita Haller-Haid SPD: Unglaublich!)

Letztendlich schätzen 72 % der Frauenvertreterinnen die Unterstützung ihrer Arbeit durch die Dienststellenleitung als mittelmäßig oder gering ein. Da muss man doch merken oder tatsächlich feststellen, dass da nicht alles zur Zufriedenheit läuft. Frau Lichy, statt Handreichungen, Loseblattsammlungen oder Best-Practice-Modellen brauchen wir, um die unbefriedigende Situation der Frauenvertreterinnen endlich zu klären, eine Präzisierung im Gesetz. Wir brauchen so schnell wie möglich eine Novellierung des Landesgleichberechtigungsgesetzes.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

In ihm ist endgültig zu klären, dass die Frauenvertreterinnen grundsätzlich an Vorstellungsgesprächen zu beteiligen sind.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Abgeordnete, ich darf Sie bitten, zum Ende zu kommen. Ihre Redezeit ist überschritten.

Einen Satz möchte ich gerne noch sagen. Eine Formulierung wie „Die Beteiligung an Maßnahmen, die die Belange weiblicher Beschäftigter betreffen“ ist totaler Quatsch in Zeiten von Gender Mainstreaming, was ja bedeutet, dass alle Entscheidungen Auswirkungen auf Männer und Frauen haben.

Zum Thema Gender Mainstreaming, meine Herren und Damen: Ich finde, dass man sich da nicht so anstellen darf, wie Sie das tun. Denn wir haben heute schon viele Begriffe wie Benchmarking, Ranking usw. gehört.

Jetzt noch eine letzte Bemerkung an die Damen und Herren von der CDU.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Abgeordnete, kommen Sie bitte zum Ende.

In Berlin haben Sie dem neuen Bundesgleichstellungsgesetz zugestimmt. Deshalb bitte ich Sie: Treiben Sie hier eine rasche Novellierung des Landesgleichstellungsgesetzes voran! Sonst verdienen das Gesetz, so wie es jetzt aussieht, und auch der Bilanzbericht von 65 Seiten, der wirklich das Ergebnis einer Fleißarbeit ist, nicht mehr als die Bewertung: Man hat sich bemüht.

Danke schön.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort erteile ich Frau Staatssekretärin Lichy.

(Abg. Bebber SPD zur CDU: Jetzt müsst ihr aber klatschen!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete! Gerade sind schon ein paar Jahrestage zitiert worden; heute gibt es noch einen anderen Jahrestag. Denn vor fast genau sechs Jahren, am 21. Dezember 1995, wurde das Landesgleichberechtigungsgesetz verkündet. Damals gab es die Koalition von CDU und SPD. Am 1. Januar 1996 ist das Gesetz dann in Kraft getreten.

Mein gesetzlicher Auftrag war es nun, am Ende der abgelaufenen Legislaturperiode eine Bilanz zu ziehen und darzulegen, was Fakt ist, was das Gesetz bewirkt hat, wo es eventuell Schwachstellen hat, wohin wir uns entwickelt haben, was das Gesetz gebracht hat und wohin wir uns weiter entwickeln wollen. Dazu möchte ich jetzt ein paar Fakten, und zwar durchaus positive, nennen, ohne dass ich Sie mit Zahlen langweilen möchte. Denn ich denke, dass Sie, nachdem Sie den Bericht so detailliert zitiert haben, ihn auch alle gelesen haben.

(Abg. Hauk CDU: Ehrlich gesagt, ich nicht!)

Ein positiver Faktor ist zunächst einmal, dass das Gesetz eine Rechtsgrundlage für die Gleichstellung von Frauen und Männern geschaffen hat. Das Gesetz hat damit die Chancengleichheit nicht nur zu einem Grundsatz, sondern auch zu einem Ziel und zu einer Aufgabe für über 5 000 Dienststellen mit fast 250 000 Beschäftigten gemacht.

(Abg. Birzele SPD: Das war schwer genug durch- zusetzen!)

Es ist gut, dass es durchgesetzt wurde. Aber ich sage Ihnen jetzt, was sich entwickelt hat und was sich noch besser entwickeln sollte.

Man muss einem Gesetz – das ist bei jedem Gesetz so – eine gewisse Laufzeit zugestehen. Ich kann ein Gesetz nicht schon kritisieren, wenn es in Kraft tritt und ich noch keine Daten und Fakten habe.

Zunächst einmal wurden 171 Frauenförderpläne erstellt.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Die Daten und Fak- ten liegen schon lange auf dem Tisch, Frau Staats- sekretärin!)

Ja, genau. – Die Frauenförderpläne haben Ziel- und Zeitvorgaben. Sie sind nicht nur statistische Pläne, sondern haben Ziel- und Zeitvorgaben zum Abbau der Unterrepräsentanz von Frauen. Zur Unterstützung der Dienststellen und zur Umsetzung der Frauenförderpläne bei den verantwortlichen Dienststellenleitungen sind 1 000 Frauenvertreterinnen, 1 000 Stellvertreterinnen und 4 266 Ansprechpartnerinnen bestellt worden. Ich möchte diesen Frauen auch an dieser Stelle dafür danken, dass sie sich in all den Jahren sehr bemüht und sehr eingesetzt haben

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

ich komme noch zu den Fakten –, um die Chancengleichheit im Sinne des Gesetzes voranzutreiben.

Ich habe Ihnen heute einen Bilanzbericht zu geben, und da war dies alles gefordert. Deshalb sage ich dazu ein paar Sätze.

Zur Evaluation der Ergebnisse ist auch eine Berichtspflicht festgelegt, habe ich gerade gesagt. Der Bilanzbericht umfasst den Zeitraum von 1996 bis 2000 mit einer Vielzahl von Datenquellen und Sondererhebungen. Nur drei Beispiele: Von den Ressorts wurden die Frauenförderpläne im jeweiligen Zuständigkeitsbereich ausgewertet. Das Sozialministerium hat bei den Frauenvertreterinnen eine Umfrage durchgeführt. Von den 1 000 Frauenvertreterinnen haben sich 421, also fast die Hälfte, beteiligt. Für die Zusammenstellung der Kennzahlen wurden Sonderauswertungen des Statistischen Landesamts sowie Sondererhebungen der Ressorts und des Landesamts für Besoldung und Versorgung herangezogen.

Sie haben auch Kritik vorgebracht, die zum Teil nicht berechtigt ist. Denn es ist im Grunde nicht Auftrag eines Gesetzes, und es war auch kein gesetzlicher Auftrag, mit dieser Darstellung im Detail schon wissenschaftliche Untersuchungen zu Einzelbereichen in Auftrag zu geben oder in einzelnen Dienststellen aufgetretene Umsetzungsschwierigkeiten zu dokumentieren. Das ist im Rahmen des gesetzlichen Auftrags gar nicht gefordert gewesen.

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Aber im Gegensatz zu dem, was Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, hier vor einem Jahr gesagt und zitiert haben, ist das, was ich damals gesagt habe, auch heute noch richtig.

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Damals war die Bilanz noch nicht fertig. Deshalb konnte ich damals auch nicht über die Bilanz diskutieren. Heute ist nun der richtige Zeitpunkt, um darüber eine sachliche Diskussion zu führen.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Wo sind hier die Schwachstellen?)

Ich werde Ihnen das gleich sagen.

Fakt ist: Das Gesetz zeigt Wirkung. Man kann natürlich bei jeder Statistik – das haben Statistiken so an sich – nur die negativen Zahlen herausziehen. Aber ich nenne Ihnen ein paar positive Zahlen.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Die kennen wir!)

Der Fortschritt ist messbar. Der Bilanzbericht zeigt nämlich unter anderem, dass der Frauenanteil in allen Bereichen gestiegen ist.

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Er liegt mit 47,4 % weiblichen Beschäftigten bei allen Dienststellen knapp unter der 50-%-Marke. In einigen Bereichen – nämlich im gehobenen Dienst – ist die 50-%Marke bereits überschritten.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Sagen Sie einmal etwas zu den Führungskräften!)

Weiterer Handlungsbedarf – Frau Haußmann, das sage ich gerade; ich sage doch gar nicht, dass alles gut sei – besteht

(Staatssekretärin Johanna Lichy)

im Bereich der Leitungsfunktionen, vor allem in Behörden mit naturwissenschaftlichem und technischem Schwerpunkt.

Fakt ist aber auch, dass bei der Personalentwicklung, bei der Personalplanung eine geschlechterdifferenzierte Auswahl und ein Prozess in Gang gekommen sind und zum bestimmenden Thema wurden. Dass es sich dabei um einen langfristigen Prozess handelt, ist uns doch allen klar. Man kann nicht erwarten, dass innerhalb von nur fünf Jahren jede Unterrepräsentanz abgebaut wird.

Ich möchte Ihnen aufzeigen, dass das Gesetz auch in anderen Bereichen greift. Mittlerweile sind über 50 % der Referendare weiblich. Im Eingangsamt des höheren Dienstes sind inzwischen 30 % Frauen, und auch 40 % der Absolventen der Führungsakademie sind Frauen. Diese Altersstruktur, diese Ausgangsbasis ist eine gute Chance, dass wir hinsichtlich der Förderung der Frauen weiter vorankommen.

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)