Protokoll der Sitzung vom 19.12.2001

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Meine Damen und Herren, der Kommunale Investitionsfonds bedarf im Doppelhaushalt und in den nächsten Jahren einer ständigen und sachgerechten Feinsteuerung. Wir haben jetzt die Altenbetreuungseinrichtungen und die Förderung der Pflegebetten aufgebaut. In den beiden Haushaltsjahren haben wir eine Steigerung um 40 %. Wir geben 58 Millionen Euro und 60 Millionen Euro, damit der Sozialminister gemeinsam mit den Kommunen und den freien Trägern in den beiden nächsten Jahren erste Schritte hin zum Ziel „10 000 Pflegebetten mehr“ unternehmen kann.

(Abg. Seimetz CDU: Sehr gut!)

Ich baue darauf, dass wir im Kommunalen Investitionsfonds, nachdem in Vergangenheit und Gegenwart der Schwerpunkt Schule prägend war, in den nächsten Jahren neue Schwerpunkte bekommen werden und dass wir zeitgerecht und in enger Abstimmung mit den Kommunen dort die Schwerpunkte setzen, wo der Bedarf gestiegen ist: Pflegebetten stehen in den nächsten Jahren im Mittelpunkt.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Verehrte Kolleginnen, liebe Kollegen, wir kündigen eine Nachschiebeliste an. Die Regierungskoalition wird dem Landtag im Januar wenige Änderungsanträge vorlegen, die

dafür sorgen, dass der Haushalt zeitgerecht bleibt. Wir setzen die Steuerschätzung vom November in vollem Umfang um. Wir passen die kommunale Finanzmasse und das FAG gemäß den Verhandlungen und Vereinbarungen mit den Kommunen an. Wir fügen unser Betreuungskonzept in vollem Umfang ein. Auch der neue Tarifvertrag für die Zusatzversorgung der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst wird von uns nicht verzögert. Er findet Eingang in den Haushalt. Im Januar wird der Haushalt so angepasst, dass jede Mehrausgabe, die haushaltsrechtlich bedeutsam ist, von uns eingeführt und eine Deckung dafür vorgeschlagen wird.

Klar muss sein: Die Steuerschätzungen mit um 360 Millionen DM und um 400 Millionen DM geringeren Steuereinnahmen in den beiden Jahren waren für uns eine große Herausforderung. Dabei haben wir es uns nicht leicht gemacht. Andere Länder stecken geringere Steuereinnahmen schlichtweg in mehr Schulden und decken sie so. Wir haben ein Mischkonzept: Wir wollen, dass ein Teil der wegbrechenden Steuereinnahmen durch weniger Ausgaben gedeckt werden kann. Aber ein Teil der Steuereinnahmen, die wegbrechen, wird nicht ganz ausgleichbar sein. Wir kommen um eine gewisse Erhöhung der Nettoneuverschuldung nicht herum.

Ein einziger Vergleich – Sie brauchen darauf gar nicht einzugehen –: Nordrhein-Westfalen geht einen fahrlässigen, einen leichten, einen billigen und für die nächste Generation teuren Weg. Nordrhein-Westfalen erhöht seine Schulden in diesem Haushaltsjahr 2001. Baden-Württemberg macht in diesem Jahr 1,8 Milliarden DM neue Schulden. Nordrhein-Westfalen, nicht einmal doppelt so groß wie Baden-Württemberg, macht nicht 1,8 Milliarden DM mal zwei, sondern Nordrhein-Westfalen macht 9,5 Milliarden DM neue Schulden allein in diesem Jahr.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der CDU, u. a.: Größenwahn! – Abg. Dr. Reinhart CDU: Das ist ja unglaublich! – Abg. Drexler SPD: Wieso klatschen Sie da Beifall? – Gegenruf des Abg. Wieser CDU – Abg. Dr. Reinhart CDU: Herr Drexler, wir wollen Protest von Ihnen hören! Wo ist Ihr Protest? Ihr könnt nicht mit Geld umgehen! – Unruhe)

Meine Damen und Herren, ich glaube, dass dieses Land und diese Regierung damit ihrer Verantwortung für die Stabilität der Währung und für die Handlungsfähigkeit künftiger Haushalte nicht gerecht werden. Natürlich geht es um Baden-Württemberg, Kollege Drexler; aber ob wir gut oder schlecht sind, entscheidet der Vergleich. Wir behaupten, dass wir im Vergleich zu anderen Ländern weiterhin gut dastehen und dass Baden-Württemberg wegbrechende Steuereinnahmen nicht beliebig in höhere Schulden steckt. Unser Weg, die Gratwanderung zwischen Schulden, Investitionen und Einsparungen, ist der richtige Weg, und er ist von uns erfolgreich beschritten worden.

(Beifall bei der CDU)

Aber ein Teil unseres Deckungskonzepts heißt: Die globale Minderausgabe wird erhöht. Wir haben im Jahr 2003 eine globale Minderausgabe in Höhe von 138 Millionen Euro;

zu ihr wird noch ressortspezifisch ein Betrag von 130 Millionen Euro hinzukommen. Das ergibt im Jahr 2003 eine globale Minderausgabe von 270 Millionen Euro.

Damit dieser Betrag nicht allein von den Haushaltsreferenten der Ministerien zu konkretisieren ist, richten wir im Frühjahr die seit längerer Zeit geplante Haushaltsstrukturkommission ein. Ihr Auftrag ist klar: Zum einen soll sie die globale Minderausgabe auflösen, indem sie konkret sagt, wo gespart werden kann – die Politik und nicht die Verwaltung entscheidet, wo die globale Minderausgabe greift –, und zum anderen bereitet sie die nächsten drei Haushalte in der Verantwortung der CDU-FDP/DVP-Regierungskoalition und eine weitere Absenkung der Schulden hin zu null vor.

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Da dürfen wir ge- spannt sein!)

Wir kündigen unsere Vorschläge für den Sommer nächsten Jahres an und laden Sie ausdrücklich zu einem Ideenwettbewerb um gute Vorschläge, wie man einsparen kann, heute und in den nächsten Monaten parallel zu uns ein.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wer einen Doppelhaushalt in unsicherer Zeit aufstellt, tut sich mit der Prognose zu den mittelfristigen Steuereinnahmen schwer. Wir erwarten, dass die Mai-Steuerschätzung im nächsten Jahr noch nichts Gutes verheißt, weil wir davon ausgehen, dass die wirtschaftliche Rezession im Jahr 2002 anhalten und die Steuervorauszahlung der Wirtschaft nach unten gehen wird. Weil wir glauben, dass alle Steuerarten im nächsten Jahr stagnieren werden, richten wir uns auf eine nochmals schlechter werdende Steuerschätzung im Frühjahr des nächsten Jahres ein.

Aber 2003/2004 wird es zu einer Belebung kommen. Deswegen stelle ich hier eine Frage in den Raum. Wenn das Haushaltsjahr 2003 auf einer maßvollen oder eher restriktiven Steuerschätzung aufgebaut worden ist und eine Reihe von Sparvorschlägen beschlossen worden sind, kommt die Frage auf: Was passiert, wenn es im Jahr 2003 nach unserer Erwartung zu einem Steuerwachstum kommt?

Hierfür schlagen wir Folgendes vor: So, wie wir bei wegbrechenden Steuereinnahmen um etwas mehr Schulden nicht herumkommen, müssen wir für die Jahre ab 2003 schon jetzt festlegen, dass steigende Steuereinnahmen nicht zu mehr Ausgaben führen, sondern jede zusätzliche Mark Steuereinnahmen in den Jahren 2003 und 2004 in der mittelfristigen Finanzplanung zu einer Absenkung der Eckwerte bei neuen Schulden führen muss.

(Beifall bei der CDU)

Steuermehreinnahmen gehören dem Finanzminister und dürfen nicht der beliebigen Verteilung hier im Saal unterliegen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit komme ich zu einem Punkt, über den im Januar zu beraten ist. Wir stehen vor der Fortschreibung der Mifrifi. Die mittelfristige Finanzplanung erlegt uns Prognosen auf, wie es in den Jahren 2004 und 2005 weitergehen soll. Die CDU-Fraktion im

Landtag von Baden-Württemberg und unsere Regierungskoalition halten dabei ohne jede Einschränkung unbedingt an dem Ziel der Nettoneunullverschuldung im Jahr 2006 fest. Wenn sie überhaupt bei irgendeiner öffentlichen Hand Deutschlands möglich wird, werden wir dafür sorgen, dass sie auch in Baden-Württemberg erreicht werden kann.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Wenn im Haushalt des Jahres 2003 die Nettoneuverschuldung bei 885 Millionen Euro liegen wird, wird in den Jahren 2004 und 2005 die spannende Frage sein, mit welchen Stufen wir das Ziel im Jahr 2006 erreichen. Wir werden das Konzept der mittelfristigen Finanzplanung im Januar vorzulegen haben. Es wird Stufen enthalten, und ich wiederhole mich: Die Nettoneunullverschuldung im Jahr 2006 ist für uns kein Plakat, sondern ein ernsthaftes und ehrgeiziges Programm, das wir mit den besten anderen Ländern erreichen wollen. Wir setzen dafür in der Strukturkommission in den nächsten Monaten eine große Zahl von Ideen, von Gedanken und von zumutbaren Sparvorschlägen mit Sicherheit in die Tat um.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Manche fragen: Warum? Ganz einfach: weil zum Beispiel die Bewertung „Triple A“ nur mit einem strengen Sparkurs erreichbar ist. Die „Stuttgarter Zeitung“ hat gestern ausgeführt: „Baden-Württemberg bekommt wieder einmal gute Noten.“ Das klingt nicht schlecht. Die Ratingagentur Standard & Poor’s untersucht die Zahlungsfähigkeit der Länder. Ich zitiere wörtlich:

Bestnote „AAA“ für die langfristige Kreditwürdigkeit des Landes Baden-Württemberg und Bestnote „A-1+“ auch für die Sicherheit der kurzfristigen Verbindlichkeiten.

Wörtlich heißt es weiter – das ist nicht aus dem CDUWahlprogramm, keine Aussage unseres Generalsekretärs, keine Aussage von mir, sondern stammt von der Ratingagentur Standard & Poor’s; etwas Objektiveres gibt es nicht,

(Abg. Drexler SPD: Das wäre auch schlimm!)

etwas Objektiveres ist nicht einmal Ihr Redebeitrag nachher –:

(Lachen bei Abgeordneten der SPD und der Grü- nen)

„Baden-Württemberg ist eine der reichsten Regionen in Deutschland und weltweit“... Und weiter: „Die starke wirtschaftliche Basis sollte das Land befähigen, auch weiterhin Wachstumsraten zu erzielen, die über dem bundesdeutschen Durchschnitt liegen.“

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Drexler SPD: Ja, hoffentlich!)

Deswegen vertrauen die Agenturen und die Banken unserer Politik und unserer Regierungsarbeit. Sie vertrauen darauf, dass unsere mittelfristige Haushalts- und Finanzplanung stabil aufgebaut ist. Da dies nur mit weniger Schulden

möglich ist, da das Ziel der Nullverschuldung ein Bestandteil unserer Politik ist, glaube ich, dass die Nullverschuldung der richtige Weg ist,

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Warum hat eigentlich der Finanzminister keinen Ton dazu gesagt?)

damit Deutschland und Baden-Württemberg weiter kreditwürdig bleiben und günstige Zinsen auf dem Schuldenund Kreditmarkt erzielen können.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Wenn man das Ziel der Nullverschuldung anpeilt, ist ein Blick auf die Benchmark notwendig. Ich glaube, dass dabei neben Baden-Württemberg drei Länder erfolgreich sind: Bayern, Sachsen und Hessen.

Die mittelfristige Finanzplanung von Bayern weist in den entscheidenden Jahren 2004 und 2005 noch 230 Millionen bzw. 110 Millionen Euro an neuen Schulden aus.

Die Mifrifi von Hessen weist in den beiden genannten Jahren noch 560 Millionen bzw. 460 Millionen Euro an neuen Schulden aus.

Sachsen befindet sich mit 76 Millionen bzw. 51 Millionen Euro in den beiden Jahren ebenfalls auf einem guten Kurs.

(Zuruf des Abg. Moser SPD)

Deshalb muss und wird unser Ehrgeiz dahin gehen, dass Baden-Württemberg im Schulterschluss mit den besten anderen Ländern, mit den besten öffentlichen Körperschaften den Weg hin zu weniger Schulden geht, einen Weg, der eine Perspektive für künftige Haushaltsjahre und einen Beitrag für eine stabile europäische Währung darstellt.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Nur nebenbei: Schauen Sie sich einmal die Regierungen in Bayern, Hessen, Sachsen und Baden-Württemberg an.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Sachsen kriegt Ra- batt!)

Nicht von ungefähr befindet sich die Haushaltspolitik dort, wo die Union regiert, in besserer Hand als bei jeder anderen Regierung, zumal wenn sie rot-rot oder rot-grün gefärbt ist.