Protokoll der Sitzung vom 30.01.2002

(Abg. Inge Utzt SPD: Rückwärtsschlingerkurs!)

Lassen Sie mich abschließend noch etwas zur Aufgabe des Innenministeriums als Kommunalressort sagen. In vielfältiger Weise ist es für die Kommunen und Landkreise und für unsere kommunale Selbstverwaltung zuständig. Finanzpolitisch zwar weniger bedeutsam, jedoch politisch mit einer gewissen Brisanz versehen sind Themen, die wir in den nächsten Monaten angehen werden: Änderung der Gemeindeordnung, um die Möglichkeiten der unmittelbaren Bürgerbeteiligung zu verstärken, Änderung des Sparkassengesetzes, des Kommunalabgabengesetzes und des Finanzausgleichsgesetzes, um nur einige zu nennen.

Eines möchte ich betonen: Die CDU-Fraktion bemüht sich um einen gerechten Interessenausgleich zwischen Land, Landkreisen und Kommunen. Das ist gerade bei finanziellen Fragestellungen und in Zeiten knapper Kassen nicht immer ganz einfach. Ein Blick über den Zaun zeigt jedoch, dass unsere Städte und Gemeinden nicht so schlecht dastehen, was im Schwäbischen eigentlich das höchste Kompliment ist, das man verteilen kann.

Die CDU-Fraktion wird sich auch in Zukunft um ein gutes Verhältnis zu unseren Kommunen und Landkreisen bemühen und ihre Interessen auf Bundes- und auf europäischer Ebene gut vertreten. Wir bekennen uns nachdrücklich zur Partnerschaft mit den Kommunen und sind bereit, weitere Aufgaben zu übertragen und Reglementierungen zurückzunehmen, um der staatlichen kommunalen Selbstverwaltung noch mehr Substanz zu geben.

Abschließend danke ich unserem Innenminister, Staatssekretär Rech und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ministerium für ihre engagierte Arbeit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält Frau Abg. Grünstein.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine verehrten Damen und Herren! Die innere Sicherheit wird auch in Zukunft, besonders auch nach dem 11. September, das zentrale Thema der Innenpolitik sein. Die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger ist die Grundlage für unsere freiheitliche Gesellschaft. Die SPD-Landtagsfraktion hat deshalb auch in diesem Haushalt, wie bereits in den vergangenen Jahren, einen ihrer politischen Schwerpunkte auf die Stabilisierung der inneren Sicherheit gelegt.

Bereits während der Amtszeit des SPD-Innenministers Frieder Birzele

(Abg. Hauk CDU: Das liegt aber schon lange zu- rück!)

haben wir bewiesen, dass unseren Worten immer auch Taten folgen. Unter seiner Verantwortung wurden von 1992 bis 1996 1 600 neue Stellen bei der Polizei geschaffen. Gerade in den letzten fünf Jahren, Herr Hauk, hat die Belastung der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten aber weiter zugenommen. Auf das Extremste zugespitzt hat sich dies seit dem 11. September letzten Jahres. Dass unsere Polizei nach eigenem Bekunden so langsam auf dem Zahnfleisch läuft, kann man fast täglich der Presse entnehmen. Ich erspare mir, jetzt weitere Zitate vorzulesen, wie das heute so oft passiert ist.

(Beifall bei der SPD Abg. Kretschmann GRÜ- NE: Herzlichen Dank, Frau Kollegin!)

Die Note fünf bis sechs würde der Vorsitzende der GdP hier der Landesregierung geben. Millionen von Überstunden dürfen doch kein Dauerzustand bei der Polizei sein. In einzelnen Bereichen hat sich die Belastung der Beamtinnen und Beamten in nur fünf Jahren verdreifacht. Infolge des 11. Septembers schränken erhöhter Objektschutz, Sonder

einsätze und verstärkte Ermittlungen die Verfügbarkeit der Polizei in alarmierender Weise ein.

(Abg. Alfred Haas CDU: Wegen der NPD!)

Zur Nachtzeit ist nach den Erhebungen der GdP im letzten Jahr eine Streifenwagenbesatzung für durchschnittlich 22 000 Bürgerinnen und Bürger zuständig. Oder anders gesagt: Circa vier bis fünf Beamte sorgen bei Nacht für die Sicherheit von 40 000 bis 50 000 Menschen und das in der Regel auf einer immens großen Fläche.

(Abg. Alfred Haas CDU: Die Schily-Ermittler!)

Baden-Württemberg liegt im Vergleich der Bundesländer bei der Polizeidichte im letzten Viertel. Hinzu kommt die zunehmende Überalterung der Polizeibeamten. In wenigen Jahren müssen wir mit einer großen Pensionierungswelle rechnen.

Das alles und noch viel mehr hat die SPD dazu veranlasst, in den nächsten fünf Jahren zusätzlich 320 Stellen für den Polizeibereich zu beantragen. Es ist klar, dass das Geld kostet. Aber die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger sollte es uns wert sein.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben in unserem Finanzierungskonzept auch die notwendigen Mittel dafür bereitgestellt. Wir wollen nämlich nicht, dass die Verfügbarkeit der Polizeistreifen und Ermittlungsdienste für die Bürgerinnen und Bürger immer schlechter wird. Es darf auch nicht sein, dass sich wegen Personalmangels die Bearbeitungszeiten für Ermittlungsverfahren weiterhin so verlängern, dass es in manchen Fällen sogar zur Verjährung kommt. Und wir wollen schon gar nicht, dass die Einsätze und die Ermittlungen der Polizei durch die schleppende Modernisierung der Informations- und Kommunikationstechnik weiter behindert werden.

Die Landesregierung hat in ihrem so genannten Antiterrorsofortprogramm lediglich 200 zusätzliche Stellen zur Ausbildung im mittleren Polizeivollzugsdienst vorgesehen.

(Abg. Dr. Lasotta CDU: Das ist doch aber auch eine Menge Geld!)

Diese Beamten müssen aber erst ausgebildet werden und stehen daher nicht sofort zur Verfügung.

Ein zentraler Punkt des Sicherheitskonzepts der SPD ist deshalb,

(Abg. Hauk CDU: Greencard für Polizisten! Zu- ruf des Abg. Alfred Haas CDU)

neben zusätzlichen Beamten wenn Sie zuhören, Herr Kollege Haas, werden auch Sie es begreifen unverzüglich auch Polizeiangestellte einzustellen, die die Beamtinnen und Beamten von vollzugsfremden Aufgaben entlasten, sodass sich diese wieder ihren eigentlichen Aufgaben zuwenden können. Nur dadurch erreichen wir eine sofortige und spürbare Verbesserung bei der polizeilichen Präsenz.

Jährlich zusätzlich 220 Ausbildungsstellen im gehobenen Polizeivollzugsdienst sowie 100 Stellen für Polizeiangestellte jeweils für die Jahre 2002 und 2003, so lautet deshalb unser Antrag.

Dass Ihr Sofortprogramm, Herr Innenminister, den Namen nicht wert ist, den es trägt, beweist auch die Schlappe bei der Stellensuche nach Experten für den Verfassungsschutz.

(Abg. Hillebrand CDU: Ha, ha!)

Die 15 zusätzlichen Stellen hören sich großartig an, wäre da nicht der k.w.-Vermerk zum 31. Dezember 2003.

(Beifall des Abg. Braun SPD)

Herr Innenminister, ich bin sicher, Sie stimmen mir darin zu: Der k.w.-Vermerk lässt das so genannte Sofortprogramm wie eine Seifenblase platzen und damit zu einem Programm ohne Wirkung werden.

(Beifall bei der SPD Abg. Hauk CDU: Das Pro- blem ist: Die sind alle beim Verfassungsschutz von Nordrhein-Westfalen oder bei der NPD!)

Die weltweit gesuchten Experten interessieren sich nämlich nicht für solche befristeten Stellen; sie gehen dorthin Sie sagen es , wo sie bessere Aussichten haben,

(Abg. Hauk CDU: Sie werden NPD-Landesvorsit- zender von Nordrhein-Westfalen! Gegenruf des Abg. Bebber SPD: Mecker hier nicht rum!)

und Baden-Württemberg hat das Nachsehen. Zeigen Sie also Mut, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP/DVP, und höhere Einsicht und stimmen Sie unserem Antrag auf Aufhebung der k.w.-Vermerke zu, die übrigens sämtliche Stellen des Antiterror-Stellenpools betreffen!

Wir fordern darüber hinaus den vollen Ersatz für Erziehungsbeurlaubungen im Polizeibereich und außerdem ein Sonderprogramm, das die Situation von Tarifangestellten bei der Polizei verbessert.

Dass der Katastrophenschutz in unserem Land selbst eine Katastrophe ist, hat nicht einmal der Herr Kollege Heinz abstreiten können.

(Abg. Heinz CDU: Aber ich habe es nicht so aus- gedrückt wie Sie! Wenn man andere Länder an- schaut, ist es dort noch schlimmer!)

Die bitteren Erfahrungen des 11. September zeigen uns, dass wir unsere Bemühungen auch hier wieder deutlich verstärken müssen; ich denke, da sind wir uns einig. Die von Ihnen vorgesehenen zusätzlichen Stellen stehen aber wiederum unter dem Vorbehalt des Wegfalls Ende 2003. Damit kann man keine sinnvollen Sicherheitsplanungen anstellen.

Deshalb fordern wir auch hier die Aufhebung der Befristung. Dies würde die Bewältigung der Antiterroraufgabe spürbar erleichtern.

Auch die Feuerwehren brauchen mehr finanzielle Unterstützung, um im Gesamtkonzept der Katastrophen- und Gefahrenabwehr ihre Aufgabe erfüllen zu können. Sämtliche Experten sind sich einig, dass dem Feuerwehrwesen in Baden-Württemberg ein jährlicher Betrag von rund 51 Millionen € zur Verfügung stehen muss. Deshalb muss das Land das jeweilige Aufkommen aus der Feuerschutzsteuer mit Haushaltsmitteln entsprechend aufstocken. Den fehlenden Differenzbetrag in Höhe von rund 3,4 Millionen € pro Jahr haben wir von der SPD-Fraktion als Ausgleich beantragt.

Wir alle wissen doch, dass die Kommunen am Ende ihrer Kräfte sind. Sie brauchen Unterstützung vom Land, um den ihnen auferlegten Aufgaben noch wirklich gerecht werden zu können. Der Innenminister würde da sicher gern zustimmen; aber er darf ja nicht, weil die Landesregierung ausgerechnet diese Aufgabe für nicht so wichtig hält.

(Zuruf des Abg. Heinz CDU)

Auch unserem Antrag auf Verstärkung des Landesbeauftragten für den Datenschutz um eine Planstelle müssten Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, logischerweise zustimmen; denn Sie haben dies in Ihrer Koalitionsvereinbarung selbst so festgeschrieben.

(Abg. Birgit Kipfer SPD: Na also! Abg. Hauk CDU: Schritt für Schritt!)

Nicht nur die rasant gestiegene Ausweitung der Informations- und Kommunikationstechnik in der Landesverwaltung, sondern auch die Ausweitung der Datenverarbeitungsmöglichkeiten der Sicherheitsbehörden verlangen als Gegengewicht im Interesse eines ausgewogenen Grundrechtsschutzes eine effektive Beratung und Kontrolle durch den Datenschutzbeauftragten.

Weitere zentrale innenpolitische Bereiche sind für die SPD Zuwanderung und Integration. Wir wollen diese Themen sachlich diskutieren und wirklich voranbringen. Das sind für uns keine Punkte, die in einen Bundestagswahlkampf gehören,

(Abg. Hauk CDU: Nein, darüber reden wir nicht!)