Aber eines gehört auch zur Ehrlichkeit, Herr Oettinger, und dazu hätte ich mir schon einige klarere Worte gewünscht: Die Bundesregierung hat 1998 einen Schuldenberg von 1,5 Billionen DM übernommen,
und zwar von einer CDU-geführten Bundesregierung. Wir haben damals fast jede vierte Mark der Steuereinnahmen für die Zinszahlung ausgeben müssen.
In den letzten vier Jahren hat der Bund einen harten Konsolidierungspfad beschritten. Er hat im Bundeshaushalt 15 Milliarden dauerhaft eingespart. Er hat im Vergleich zur Finanzplanung der ehemaligen Bundesregierung deutliche Einsparungen vorgenommen und die Nettoneuverschuldung des Bundes massiv zurückgeführt.
Es ist bezeichnend, dass Sie, Herr Oettinger, kein Wort darüber verloren haben, was Ihre CDU-Granden im Bund alles für die nächste Wahl versprechen.
Die Ökosteuer soll abgeschafft werden. Niemand weiß, wie dann die notwendigen Ausgaben zu tragen sind. Ein Familiengeld soll eingeführt werden, übrigens auch mit unabsehbaren Folgen für den Landeshaushalt, nämlich mit über 1 Milliarde Verlusten für den Landeshaushalt von BadenWürttemberg. Das Vorziehen der Steuerreform wird gefordert. All das sind Versprechungen, die nicht erfüllt werden können, weil ihre Realisierung nicht zu finanzieren ist. Es ist bezeichnend, dass die CDU jetzt einen finanzpolitischen Schlingerkurs fährt und sagt: Vielleicht haben wir es doch nicht so gemeint, vielleicht müssen wir doch abwarten.
Das heißt, Sie haben für den Bund keine klaren Konzepte und ziehen sich darauf zurück, von Baden-Württemberg aus Eichel anzugreifen. Ich halte das für eine billige Position. Sie müssen erst einmal klar machen, wie Sie insgesamt in Baden-Württemberg die Nettoneuverschuldung zurückführen wollen. Wir wollen in einen Wettbewerb der Ideen eintreten, Herr Oettinger. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie ein paar Vorschläge gemacht hätten.
Ich kann Ihnen eines sagen: Wenn wir in Baden-Württemberg, wenn wir in der Bundesrepublik Deutschland die öffentlichen Haushalte in Ordnung bringen müssen, dann müssen wir den konsequenten Konsolidierungskurs der Bundesregierung fortschreiben. Wir müssen ihn durch einen nationalen Stabilitätspakt unterstützen. Auch dazu haben Sie nichts gesagt. Ich würde mir wünschen, dass sich Bund und Länder zusammen mit den Kommunen auf einen solchen nationalen Stabilitätspakt einigen, wie dies in Österreich geschehen ist. Es gibt da interessante Vorbilder, die zeigen, dass es möglich ist, dass sich alle staatlichen Ebenen darauf einlassen, zu sagen: Jawohl, die Brüsseler Vorgabe betrifft nicht eine Diskussion zwischen Eichel und Brüssel, auf die man in Baden-Württemberg parteipolitisch einsteigen kann, sondern betrifft die Gesamtverantwortung des Staates auf allen staatlichen Ebenen. Lassen Sie uns in eine Debatte über einen nationalen Stabilitätspakt einsteigen, der klare Vorgaben macht und auch mit der notwendigen Stringenz Defizitziele setzt und auch die Kommunen mit ins Boot holt.
Ich halte es für diskussionswürdig, einen Stabilitätspakt anzustreben. Das ist dann auch wirklich aller Bemühungen wert, Herr Oettinger, und kein parteipolitisches Aufeinander-Einschlagen. Nein, alle Ebenen haben die Verantwortung.
Dazu noch ein letztes Wort. Wenn wir den Stabilitätspakt anstreben, braucht er Stringenz für die Zielvorgaben aller Ebenen. Er sollte aber auch da könnte Österreich ein gutes Beispiel sein Vorgaben darüber enthalten, wie die Ausgabenverantwortung und die Finanzverantwortung bei neuen Aufgaben zwischen den verschiedenen Ebenen geregelt werden. Auch da gibt es das Beispiel Österreich mit dem Konsultationsmechanismus. Lassen Sie uns darüber reden.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schmid hat den nationalen Stabilitätspakt angesprochen. Wenn er darunter versteht, dass sich Bund, Länder und Gemeinden zu einer Defizitbegrenzung und zu einem dauerhaft ausgeglichenen Haushalt verpflichten und darauf verzichten, den schwarzen Peter hin und her zu schieben, wenn das mit nationalem Stabilitätspakt gemeint ist, ist das so weit in Ordnung.
Was ich allerdings einfordere, ist, dass bei einem nationalen Stabilitätspakt auch ein Mindestmaß an Seriosität vorhanden ist. Wenn der Bundesfinanzminister er wurde bereits angesprochen , nur um den blauen Brief aus Brüssel abzuwehren, auf die Idee kommt, sein Sparziel, die Nullnettoneuverschuldung, bereits im Jahr 2004 erreichen zu wollen, kann ich nur sagen: Wer so etwas behauptet, muss davon ausgehen, dass er im Jahr 2004 nicht mehr Finanzminister ist, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU Abg. Drexler SPD: Was ist das für eine Logik! Zuruf des Abg. Birzele SPD)
Das Zweite ist: Ich lasse nicht zu, dass bei einem nationalen Stabilitätspakt die Lasten einfach nach unten gedrückt werden, dass der Bund die Lasten auf die Länder und auf die Kommunen abwälzt. Dies darf nicht sein. Die Länder dürfen bei dieser Operation nicht über den Tisch gezogen werden.
Ein Drittes muss zur Seriosität gehören: Man muss schon genau hinschauen, wer im Augenblick mit seinen Hausaufgaben zumindest schon begonnen hat und wer dies nicht gemacht hat.
dass sich ausgerechnet der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen massiv gegen einen solchen nationalen Stabilitätspakt wehrt. Das wundert einen überhaupt nicht, wenn man weiß, dass Länder wie Baden-Württemberg, Hessen oder auch Sachsen längst auf dem richtigen Weg sind. Aber wenn ich höre, dass Nordrhein-Westfalen die Verschuldung von 6 auf 11 Milliarden DM erhöht, also fast verdoppelt hat,
kann ich nur sagen: Baden-Württemberg ist in dieser Frage auf dem richtigen Weg, andere, SPD-regierte Bundesländer befinden sich aber auf dem Rückwärtsmarsch.
Zur Seriosität gehört übrigens auch, einmal genau hinzusehen, wie sich das Steueraufkommen besser gesagt: der Steuerrückgang in den vergangenen Jahren entwickelt hat. Da werden Sie feststellen, dass der Steuerrückgang beim Bund bei 2,5 %, bei den Ländern aber bei 5,7 % liegt. Allein an dieser Zahl wird deutlich, dass die Länder und Gemeinden von den Steuerrückgängen am stärksten betroffen sind. Auch dies muss entsprechend berücksichtigt werden.
Noch eines gehört zur Seriosität: Das Kieler Institut für Wirtschaftsforschung sagt, dass ohne eine grundlegende Reform der Wirtschafts-, der Sozial- und der Arbeitsmarktpolitik der Haushaltsausgleich im Jahr 2004 nur bei einem Wirtschaftswachstum von 3,5 % möglich sein werde.
Was schließe ich daraus? Wer wirklich einen Beitrag zu einer dauerhaften Haushaltskonsolidierung leisten will, der muss jetzt auch in Berlin seine Hausaufgaben machen und die Sozialversicherungssysteme, die Arbeitsmarktpolitik und die Wirtschaftspolitik gründlich reformieren. Sonst ist dieses Ziel nicht erreichbar.
Ich akzeptiere überhaupt nicht einen Stabilitätspakt, der davon ausgeht, dass zunächst einmal Lasten, die bisher der Bund zu tragen hatte, einfach auf die Länder und auf die Gemeinden herabgedrückt werden. Was haben wir beim Verkauf der UMTS-Lizenzen erlebt? Der Bund hat die vollen 100 Milliarden DM Erlös kassiert,
hat sie zum Teil auch zur Haushaltskonsolidierung verwendet, aber die damit verbundenen steuerschädlichen Wirkungen sind ausschließlich bei den Ländern und bei den Gemeinden gelandet. So kann es aber nicht gehen, meine Damen und Herren.
Nein, ich lasse es nicht zu, dass es bei diesem nationalen Stabilitätspakt unehrlich zugeht. Ich lasse es nicht zu, dass hier getrickst wird, sondern ich will, dass der Bund seiner Verantwortung gerecht wird und nicht Lasten auf Dritte abdrückt. Ich sage Ja zu einem solchen Stabilitätspakt, aber es muss eine saubere, eine seriöse Grundlage da sein.
Baden-Württemberg ist das allerletzte Land, das sich in dieser Frage den schwarzen Peter zuschieben lassen muss. Auch dies werde ich nicht zulassen. Denn Baden-Württemberg Günther Oettinger hat die Zahlen bereits genannt hat schon heute wesentliche Hausaufgaben gemacht und hat für das Jahr 2006 ein klares Ziel. Wir werden unser Ziel im Jahr 2006 erreichen
nein, nicht 2004, sondern 2006 , und damit haben wir eine ganz wichtige Voraussetzung unsererseits für diesen nationalen Stabilitätspakt geliefert.
Wenn ich dann noch hinzurechne, dass das Land BadenWürttemberg jedes Jahr 2,2 Milliarden in den Finanzausgleich einbringt, dann glaube ich, dass diese beiden Vorgänge Grund genug sind, um zu sagen, dass Baden-Württemberg bereits in der Vergangenheit seine Hausaufgaben gemacht hat, dass es sie aber erst recht auch in der Zukunft machen wird. Baden-Württemberg hat eine Menge geleistet. Jetzt sind erst einmal die anderen an der Reihe.