Wir hoffen dennoch, dass wir in dieser spät stattfindenden Debatte dem Anliegen des Datenschutzes gerecht werden können.
Selbstverständlich. Warten Sie es doch ab; ich habe jetzt gerade einmal zehn Sekunden gesprochen. Ich bin immer offen für Kritik, aber dann bitte nach meiner Rede.
Wie wichtig der Datenschutz ist, zeigt erneut eine Veröffentlichung in der heutigen Ausgabe der Welt: Da kritisiert der Bundesdatenschutzbeauftragte, dass das Bundesamt für Finanzen unzulässig Daten und Dateien aus dem Bereich des Steuerrechts gesammelt hat.
Datenschutz ist ein wichtiges Thema, und wir finden es gut und wichtig, dass jetzt auch die entsprechenden bundesund europarechtlichen Bestimmungen in das Landesdatenschutzgesetz eingegangen sind und der Schutz der Persönlichkeitsrechte entsprechend hoch geachtet wird.
Zum Glück führen wir nicht mehr die Debatten der Achtzigerjahre, bei denen der Datenschutz auf der einen Seite erst noch durchgesetzt werden musste und auf der anderen Seite oft auch politisch instrumentalisiert wurde, um entsprechende Zielrichtungen zu verfolgen.
Wie ist der Zweiundzwanzigste Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz zu bewerten? Zum einen denken wir, dass die festgestellten Verstöße nicht böswillig, vorsätzlich oder mutwillig herbeigeführt wurden, sondern dass es eben auch noch einen beachtlichen Anteil an Unachtsamkeit oder Nichtbefassung mit der Materie gibt. Letzten Endes konnten die beanstandeten Verstöße, die weder in gravierendem Ausmaß noch in großer Zahl vorliegen, auch entsprechend abgearbeitet werden.
Es wird eben stets einen Interessenkonflikt geben zwischen den Persönlichkeitsrechten des Einzelnen und anderen, gesellschaftspolitischen Weichenstellungen wie dem Schutz der Allgemeinheit oder dem Umgang mit den neuen Medien, mit dem Internet. Hier werden wir auch in der näheren
Zukunft immer wieder Diskussionen aushalten müssen. Ich denke, das ist auch ein Thema, mit dem wir uns intensiver beschäftigen sollten. Datenschutz darf kein Selbstzweck sein, sondern Datenschutz ist eine Möglichkeit, die politische Gestaltungskraft weiter auszuformen. Aber klar muss sein, dass wir zum Beispiel gerade nach den Ereignissen im vergangenen Jahr die Bestimmungen zur inneren Sicherheit entsprechend voranbringen müssen.
Es ist wichtig, hier die politische Gestaltungskraft gegenüberzustellen. Unsere Erfahrungen aus der Rasterfahndung, aus der Terrorismusbekämpfung bestätigen uns, denke ich, auch darin, dass wir auf der einen Seite den Datenschutz ernst nehmen, auf der anderen Seite aber auch Einschränkungen für Einzelne haben. Das ist im Übrigen wichtig. Ich möchte nicht in einem Staat leben, wo letzten Endes die garantierten Rechte nicht mehr ausgeübt werden können. Wir brauchen auch die entsprechende Überwachung.
Deswegen ist es wichtig, dass die Einbürgerungsbehörde auch weiterhin Auskunftsmöglichkeiten gegenüber den Asylantragsbehörden hat, dass es einen entsprechenden Datenaustausch zwischen Asylbehörden und Verfassungsschutz gibt und dass im Bereich der inneren Sicherheit mit unseren neuen Maßnahmen der Videoüberwachung oder der verlängerten Speicherung von Daten von Sexualstraftätern, die ja nach dem Polizeigesetz möglich ist, auch die Kriminalität bekämpft wird.
Die Bewertungen des Datenschutzbeauftragten sind interessant, müssen aber auch durchaus in einer politischen Sichtweise betrachtet werden. Wir nehmen die Anregungen im Datenschutzbericht ernst. Wir stellen aber auch klar, dass wir unsere politische Gestaltungskraft weiterhin aufrechterhalten wollen und dass wir im Sinne des Schutzes der Allgemeinheit unsere Politik ausgestalten wollen.
Da möchte ich gerade aus meinem Beruf als Arzt auf einen Punkt zu sprechen kommen, der im Datenschutzbericht sehr deutlich kritisiert wurde.
Das ist die Patientenchipkarte. Wir denken, dass dadurch, dass durch eine Sammlung und Vernetzung der Informationen Behandlungstherapiedaten mit welchen Arzneimitteln ein Patient behandelt wird, welche Allergien er hat zentral erfasst werden und dann vom Arzt abgerufen werden können, eine hervorragende Möglichkeit besteht, die Patientensicherheit zu verbessern. Wir sind froh, das sich der Datenschutzbeauftragte um dieses Thema kümmert und dass er auch versucht, uns vernünftige Ratschläge zu geben. Allerdings darf aufgrund der Bedenken eine solche
Möglichkeit nicht verhindert werden. Denn wir glauben, dass wir dadurch das Gesundheitswesen wirklich qualifiziert weiterentwickeln können und damit auch etwas für die Patientensicherheit tun.
Datenschutz darf nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss sich in den gesamten Kontext der politischen Überlegungen einfügen. Das Primat der Politik bleibt weiterhin bestehen.
Wir sind froh, dass mittlerweile zahlreiche behördliche Datenschutzbeauftragte eingestellt wurden bzw. geplant ist, dafür weitere Stellen zu schaffen. Wir glauben, dass die berechtigten Interessen des Datenschutzes in die Kommunen durchgedrungen sind und dort auch verantwortungsvoll mit dem Datenschutz umgegangen wird.
Wir möchten weiterhin in einen konstruktiven Dialog mit dem Landesbeauftragten für den Datenschutz eintreten. Wir danken ihm und auch seinen Mitarbeitern ausdrücklich für die geleistete Tätigkeit. Dies ist ja der letzte Bericht, den Herr Schneider vorlegt. Wir glauben, dass er einen sehr erheblichen Beitrag dazu geleistet hat, dass das Thema Datenschutz wesentlich unideologischer betrachtet wird, weniger politisch, ohne die großen Auseinandersetzungen der Vergangenheit, und dass er dadurch etwas ganz Wesentliches erreicht hat, nämlich dass man sich wirklich mit gutem Gefühl mit dem Datenschutz beschäftigen kann und versucht, ihn in die politischen Überlegungen mit einzubringen. Herzlichen Dank dafür!
Die CDU-Fraktion dankt dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und ist weiterhin für Diskussionen offen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist auffallend das ist meine zweite Rede zum Thema Datenschutz , dass wir uns im Ausschuss eigentlich immer sehr einig sind. Wir danken immer dem Datenschutzbeauftragten, Herrn Schneider
da ist er , lassen es aber an den Konsequenzen mangeln. Denn die Regierungsfraktionen sind auf dem einen Ohr taub.
Herr Schneider hatte dringend eine Ausweitung des Stellenplans seines Amtes um eine Stelle gefordert. Wie uns im Ständigen Ausschuss berichtet wurde, hat auch das Innenministerium versucht, dafür eine weitere Stelle zu bekommen. Das ist aber nicht gelungen. In der Begründung dafür hieß es, die Dienststelle des Landesbeauftragten für den Datenschutz sei von Stellenkürzungen ausgenommen worden.
Jetzt frage ich Sie aber: In welchem Bereich da müssen Sie einfach nur in Ihr privates Umfeld zurückgehen hat sich in den letzten zehn Jahren alles so verändert wie im
Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien? Wenn Sie zehn Jahre zurückdenken und Ihre damalige Arbeitsumgebung mit der heutigen vergleichen, wenn Sie sehen, dass wir in den öffentlichen Verwaltungen versuchen, betriebswirtschaftliche Strukturen einzuführen, dass wir einen Unterausschuss Neue Steuerungsinstrumente haben, dass wir Begriffe wie Benchmarking und Balanced Scorecard benutzen, dass wir also zunehmend vernetzen und zunehmend unter Kostendruck effizient und effektiv arbeiten wollen, stellen Sie fest, dass dem Bereich des Datenschutzes eigentlich unsere größte Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte, da hier eine ungeheure Ausweitung der Kapazitäten vonseiten der Investitionen und vonseiten der Strukturen stattfindet.
Wenn wir uns jetzt ansehen, wie das in den Stellenplänen im Vergleich zu den anderen Bundesländern aussieht, dann muss man sagen: Baden-Württemberg ist in diesem Bereich leider nicht Spitze. Das leider nicht Spitze ist auch deshalb ein Problem, weil ein wirtschaftlich so starkes Land wie Baden-Württemberg ja auch eine Vorbildfunktion wahrzunehmen hat. Das bedeutet: Wenn wir im Bereich des behördlichen Datenschutzes keine Maßstäbe setzen, dann bekommen wir große Probleme, diese Maßstäbe auch im nichtöffentlichen Bereich einzuhalten. Diese Maßstäbe sind aber ganz wichtig. Denn Datenschutz ist in einer Dienstleistungsgesellschaft eines der stärksten Argumente zur Kundenbindung. Wir befinden uns in einer Gesellschaft, die sich immer mehr zur Dienstleistungsgesellschaft entwickelt. Deshalb müssen wir auch darüber nachdenken wir sollten das aktiv moderieren und nicht nur nachlaufend organisieren , wie wir den Datenschutz effektiver und besser organisieren können.
Es gibt den Vorschlag von Herrn Schneider, im Bereich des Datenschutzes den öffentlichen Bereich und den nichtöffentlichen Bereich zusammenzulegen. Hier könnte man sinnstiftend Synergien schaffen. Denn in dem, was in der Privatwirtschaft draußen läuft die neuen Entwicklungen, die wir nachlaufend in unsere Verwaltungen hineinzubringen versuchen , steckt ein ganz großes Synergiepotenzial, dem wir uns widmen sollten. Wir könnten hier auch in solchen Bereichen neue Maßstäbe setzen.
Ich möchte das einmal so beschreiben, dass wir im Moment einen Datenschutz haben, der durch Kritik und Beanstandung nachlaufend ist. Sehr viel effektiver und effizienter wäre aber ein vorausschauend organisierter Datenschutz. Der Datenschutz braucht auch die Möglichkeiten dazu, sich vorausschauend organisieren zu können.
In anderen Bundesländern ist das Thema Datenschutz-Audit für Behörden ein Thema. Da wird von zwei Seiten gearbeitet: Es wird von oben gearbeitet, indem vonseiten der Regierungsstellen Vorgaben gemacht werden. Es werden aber auch Angebote von unten geschaffen, um den Datenschutz zur Selbstverständlichkeit werden zu lassen.
Mir ist sehr oft aufgefallen, dass es bei der Einführung von neuen Technologien auch im Bereich der Verwaltung, im Bereich des Wissenschaftsministeriums große Probleme gibt, diese Datensysteme in Betrieb zu nehmen. Im Datenschutzbericht steht auch öfter etwas darüber, welche Pro
bleme dann letzten Endes nachlaufend behoben und welche Schäden repariert werden müssen. So gesehen, ist die Geschichte der Videoüberwachung in Mannheim weiß Gott kein Paradestück. Denn hier wurde quasi mit Learning by Doing ein Jahr lang gegen den Datenschutz verstoßen,
allerdings mit einer Sache, bei der man mit ganz einfachen Schritten, eingebaut in ein Pflichtenheft für den Ablauf einer solchen Maßnahme, die Probleme, die hinterher entstanden sind, hätte lösen und die Kosten und die Zeit, die verloren gegangen sind, datenschutzrechtlich einwandfrei hätte sparen können.
Thema 11. September: Es steht ja der Spruch im Raum: Datenschutz ist Täterschutz. Ich würde sagen: Kein Datenschutz ist Täterschutz, und Datenschutz ist Opferschutz. Wenn Sie den Datenschutzbericht gelesen haben, wissen Sie, dass Herr Schneider ja nicht die einzelnen Maßnahmen, sondern nur die Form, wie sie durchgeführt werden, kritisiert und beanstandet. Das heißt, wir sind da gefordert, eine Art Dialogorientierung zu schaffen. Deswegen plädiere ich noch einmal dafür, eine Konstruktion zu finden der Innenminister wird gegebenenfalls sagen, dass dagegen verfassungsrechtliche Bedenken bestünden , die den nichtöffentlichen und den öffentlichen Bereich zusammenbringt.
Der starke Staat, der die Kontrolle ausübt, öffentliche Sicherheit durch Maßnahmen des Staates und die Ausübung des Gewaltmonopols sind das eine. Aber ein wirklich starker Staat ist jener, hinter dem seine Bürger stehen und auf den sie vertrauen können. Wenn wir sehen, wie sich die Anforderungen an den Staat verändern und wie wichtig es ist, die Bürger immer mehr in die Verantwortung einzubeziehen, müssen wir sagen: Datenschutz ist ein ganz wichtiges Vehikel, diese vertrauensbildenden Maßnahmen zu schaffen und zu stützen.
Deshalb noch einmal der Appell von unserer Seite: Lassen Sie uns überlegen, wie wir mit den begrenzten Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen, den Datenschutz optimieren können. Nehmen Sie zur Kenntnis, dass die Stellenbesetzung beim Landesbeauftragten für den Datenschutz im Vergleich zu anderen Bundesländern schlecht ist. Nehmen Sie auch zur Kenntnis, dass der Datenschutz in anderen Bundesländern besser organisiert ist. Auch hat es das Engagement von Leuten wie Herrn Schneider verdient, dass wir dem Datenschutz ein Augenmerk widmen und auch Maßnahmen ergreifen, die nach vorn gerichtet sind.