Ich denke, bei aller Übereinstimmung, dass Bachelor- und Master-Studiengänge richtige Studiengänge sind, müssen wir uns der Verantwortung den jungen Menschen gegenüber bewusst sein und dürfen nicht die Dinge über Bord werfen, die sich bewährt haben, solange wir auf der anderen Seite Abschlüsse haben, die die Feuerprobe noch nicht bestanden haben. Das sind wir den jungen Menschen schuldig.
Damit bin ich beim Anlass unseres Antrags. Minister Frankenberg hat im letzten Jahr da war er noch nicht sehr lange im Amt in einem Focus-Interview davon gesprochen, dass sich die Magisterabschlüsse nie richtig durchgesetzt hätten, dass das Spitzenimage des Diploms an deutschen Grenzen bereits zu Ende sei und dass im Ausland für fast alles und fast jeden ein Diplom vergeben werde. Wir haben diese Argumente aufgegriffen, weil sie für uns den Eindruck erweckt hatten so war es dann auch in der Öffentlichkeit dargestellt worden , mit diesem Schlechtreden des Bisherigen und dem Schönreden des Neuen sollten die Hochschulen dazu gezwungen werden, möglichst schnell ihre Diplom- und Magisterstudiengänge über Bord zu werfen und Bachelor- und Master-Studiengänge einzuführen. Wir hielten dies für ein Beispiel des Konflikts zwischen Hochschulautonomie und politischer Willensbildung. Die Hochschulen haben die neuen Strukturen abgewogen und ausgewogen eingeführt, und der Minister ist mit seinen Äußerungen übers Ziel hinausgeschossen.
Als er dann unsere Anfrage mit ruhigem Kopf beantwortet hat, wurden die Aussagen wesentlich differenzierter. Er hat sich auch sehr differenziert dazu geäußert, dass es keinen Staatsdirigismus geben soll. Dies hat er sicher auch aus seiner langjährigen Erfahrung als Universitätsrektor so abgewogen dargestellt, denn er weiß wie wir, dass Hochschulabschlüsse nicht nur eine Frage des Titels sind, sondern in der internationalen Bewertung auch entscheidend ist, an welchen Hochschulen die entsprechenden Abschlüsse abgelegt werden. Das wird für den Bachelor und den Master genauso gelten, wie das in der Vergangenheit für den Magister und das Diplom gegolten hat. Er weiß auch aus seiner Universitätsrektorenerfahrung, wie viele deutsche Wissenschaftler aus Deutschland auswandern und im Ausland mit den bisherigen Abschlüssen hervorragende Positionen einnehmen können.
Deshalb sind die Äußerungen des Ministers inzwischen sehr viel vorsichtiger, und die Hochschulen konnten in abgewogener und ausgewogener Art und Weise ihre Studiengänge ausbauen. Wenngleich der Minister jetzt öffentlich nicht mehr von Dirigismus spricht und den Dirigismus nicht mehr öffentlich macht, ist die Ministerialbürokratie trotzdem dirigistisch geblieben. Sie regieren nach wie vor in die Autonomie der Hochschulen hinein. Bei den Bachelor- und Master-Studiengängen auf der einen Seite und den Diplom- und Magisterstudiengängen auf der anderen Seite wird das deutlich. Denn Bachelor- und Master-Studiengänge werden, sofern sie den Eckdaten entsprechen, ohne Probleme genehmigt; bei Veränderungen bisheriger Studiengänge, bei Neuerungsvorschlägen für bisherige Studiengänge mauert das Ministerium. Da werden Prüfungsordnungen abgelehnt.
Das ist nur ein Beispiel dafür, wie schwer es offensichtlich dem Ministerium fällt, den Hochschulen tatsächlich Autonomie zu geben, ein Beispiel für die vielen Klagen, die wir von den Hochschulen hören über Regelungswut, über Verordnungen, über das Berichtswesen, das überhand nimmt und das die Hochschulen mehr beschäftigt, als ihnen lieb ist und das bei gleichzeitigem Rückgang des parlamentarischen Einflusses auf das, was in den Hochschulen, was bildungspolitisch im Land Baden-Württemberg geschieht.
Das sind Themen, die uns sicher noch lange und oft beschäftigen werden und über die wir jetzt auch noch lange reden könnten. Ich will dies nicht tun. Wir sind ja von der Präsidentin gebeten worden, uns kurz zu fassen, und wir wollen ja auch den Verzicht auf eine Redezeitfestlegung dazu nutzen, nicht nur über der bisher festgelegten Redezeit, sondern auch unter ihr zu bleiben.
Deshalb möchte ich schließen mit einer Aussage dazu, wie unser parlamentarischer Antrag weiter behandelt werden soll. Wir halten den Antrag mit dieser Aussprache für erledigt, auch den Beschlussteil, nachdem der Minister den ursprünglich befürchteten Staatsdirigismus nicht in die Tat umsetzt, sondern es den Hochschulen überlässt, ihre Studiengänge zu entwickeln. Wir denken, das ist in den Hochschulen in guten und in den richtigen Händen. Damit ist unser Antrag erledigt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das zugrunde liegende Thema Einführung der Bachelor- und Master-Abschlüsse in unseren Hochschulen ist ein zentrales Thema der Bildungspolitik. Es geht im Kern darum, wie sich unsere Bildungspolitik rechtzeitig auf die Anforderungen einer international immer stärker vernetzten Welt einstellt, ohne bewährte Traditionen aufzugeben. Dies ist die entscheidende Gratwanderung in der Bildungspolitik. Wir in Baden-Württemberg liegen hierbei an der Spitze. Nach Baden-Württemberg kommen die meisten Studentinnen und Studenten aus dem Ausland.
Es gibt zwei Grundsatzziele der jetzigen Reform und deren konkreter Umsetzung an den Hochschulen, der heute diskutierten Einführung des gestuften Modells der Bachelor- und Master-Abschlüsse. Diese zwei Grundsatzziele sind:
Erstens: die Verkürzung der Grundstudienzeiten und ein Sich-Einstellen auf lebenslanges Lernen. Wir müssen der Entwicklung Rechnung tragen, dass 30 % eines Jahrgangs ein Studium an unseren Hochschulen aufnehmen, aber nur ein Bruchteil davon, nämlich 5 %, die Wissenschaftslaufbahn einschlägt. Das muss zwingend Konsequenzen haben.
Das zweite Grundsatzziel sind der Anschluss an die internationale Hochschullandschaft und die Verstärkung des Studentenaustauschs.
Wenn es einen Bereich gibt, in dem wir durch Internationalisierung nur gewinnen können, dann ist das mit Sicherheit in der Hochschulpolitik der Fall. Die Einführung der Bachelor- und Master-Studiengänge erfolgt, wenn überhaupt, eher zu spät als zu früh. Diese Chance muss zusammen mit den Universitäten und selbstverständlich unter Berücksichtigung deren Autonomie umgesetzt werden.
Fakt ist aber, dass alle Experten diese Entwicklung befürworten und ihre Notwendigkeit sehen. Ich freue mich, dass die SPD heute ihre Bedenken zumindest relativiert hat.
Entscheidend ist und darin besteht der Handlungszwang; das muss hier festgehalten werden : Der Wissenschaftsrat hat schon beginnend 1966 und dann immer wieder, vor allem am 21. Januar 2000 dargestellt, dass in wichtigen Fachbereichen der deutsche Diplomabschluss an ausländischen Universitäten nicht die erforderliche Akzeptanz genießt.
Zweitens: Die internationale Zusammenarbeit im Sinne einer Steigerung der Attraktivität der deutschen Hochschulen für ausländische Studierende und die Eingliederung in den Arbeitsmarkt lassen sich nur verbessern, wenn wir klare und transparente Strukturen in diesem Bereich bekommen. Die Kultusministerkonferenz, wahrlich kein Hort allein der
In Abstimmung mit der Landesrektorenkonferenz hat das Wissenschaftsministerium deshalb Empfehlungen erarbeitet, die den Landesuniversitäten als Leitlinie für die Einrichtung gestufter Studiengänge nach dem Bachelor- und Master-Modell dienen sollen. So wird also alles mit den Universitäten und nicht gegen sie gemacht, und dies mit Erfolg. Im Bundesgebiet findet das Bachelor- und MasterModell große Akzeptanz, denn die Hochschulen machen von diesem Angebot regen Gebrauch. Inzwischen gibt es nach Auskunft der Hochschulrektorenkonferenz bundesweit rund 800 Studiengänge, und davon wen wundert es? in Baden-Württemberg überproportional viele. 62 neue Studiengänge wurden zum Wintersemester 2001/02 an den baden-württembergischen Hochschulen und Berufsakademien eingeführt.
Ein gutes Beispiel Genius Loci ist die Universität Karlsruhe, deren geistes- und sozialwissenschaftliche Bachelor-Studiengänge einen hervorragenden Zuspruch der Studierenden finden. Wenn wir schon die Ehre haben, in Karlsruhe zu tagen, dann sollten wir der Universität hier auch einmal ein Dankeschön sagen.
Herr Minister Frankenberg, Sie haben nicht nur unsere volle Unterstützung, sondern wir bitten Sie, den eingeschlagenen Weg energisch weiterzugehen. Deshalb sind die Vorwürfe der SPD gegen den Minister, auch wenn sie heute relativiert wurden, nicht nachvollziehbar. Wenn es einen Punkt gibt, an dem die SPD mithelfen kann, dann ist es der, die noch vorhandenen Akzeptanzschwierigkeiten in der Wirtschaft zu überwinden.
Wir haben ja die Situation, dass die Wirtschaft Bachelorund Master-Abschlüsse generell befürwortet, es aber im einen oder anderen praktischen Fall noch Schwierigkeiten gibt. Wenn Sie dort mithelfen wollen, sind Sie herzlich eingeladen.
Die SPD spricht in ihrem Antrag vom Staatsdirigismus. Natürlich ist es gut, wenn sich Sozialdemokraten gegen Staatsdirigismus aussprechen. Das kann man nur begrüßen. Aber Anzeichen von Staatsdirigismus gibt es nicht. Im Gegenteil, die Einführung der Bachelor- und Master-Studiengänge ist einvernehmlich erfolgt.
Erstens: Der jetzige politische Weg des Wissenschaftsministeriums, diese Studiengänge mit den Universitäten energisch voranzutreiben, ist richtig und muss weiterhin beschritten werden.
Drittens, zur SPD: Helfen Sie mit, dass die Bachelor- und Master-Studienabschlüsse im Interesse unserer Studentinnen und Studenten allein um die geht es nämlich in unserem Land schnell umgesetzt werden. Wenn Sie das nicht
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP Abg. Teßmer SPD: Das sagt der Richtige! Zuruf des Abg. Drexler SPD)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bis zur Rede von Frau Bregenzer befürchtete ich, wir führen hier eine Geisterdebatte, und zwar insofern, als wir uns gegen etwas wehren, was real überhaupt nicht vorhanden ist. In der Zwischenzeit haben Sie in Ihrer Rede jedoch deutlich gemacht, dass von Dirigismus oder Zwangsdirigismus, von staatlichen Vorgaben oder vom Zwang zur Umsetzung bei der Einführung von Bachelorund Master-Abschlüssen überhaupt keine Rede sein kann. Sie haben auch zur Kenntnis genommen, dass dies nicht gegen den Willen der Hochschulen geschieht. Insofern ist die Sache für mich damit schon in Ordnung.
Es ist aber nicht in Ordnung, dass das neue Hochschulrahmengesetz, das ja von Ihrer Parteifreundin, der Bundesministerin, maßgeblich gestaltet worden ist, meine Damen und Herren, die Regeleinführung von Bachelor- und Master-Abschlüssen vorsieht. Wenn der Vorwurf von Zwangsdirigismus bei der Einführung dieser Abschlüsse also überhaupt berechtigt wäre, dann mit Sicherheit nicht bei der bürgerlich-liberalen Regierung in Baden-Württemberg, sondern bei Rot-Grün in Berlin damit auch das ganz klar ist.
Richtig ist, dass wir die Einführung von konsekutiven Studiengängen darum geht es ja letzten Endes als eine wirklich interessante Alternative zu werten haben. Das ist nicht nur unsere Meinung, sondern darauf hat der Wissenschaftsrat wiederholt hingewiesen, darauf hat die Kultusministerkonferenz hingewiesen, und darauf hat die Hochschulrektorenkonferenz hingewiesen. Es gibt die berühmte Sorbonne-Deklaration, es gibt den Bologna-Prozess usw. usf. In folgenden Punkten lassen sich die Argumente pro Bachelor- und pro Master-Abschluss relativ leicht zusammenfassen: Wir müssen in einer Zeit der Globalisierung eine bildungspolitische Antwort auf diese Globalisierung finden, und diese Antwort ist eben eine Internationalisierung der Wissenschaften und auch eine Internationalisierung der Abschlüsse.
Wir wissen ganz genau, dass der akademische Grad Diplom bei uns in Deutschland und in Europa einen hervorragenden Ruf hat. Das ist völlig unbestritten.
Aber wer zum Beispiel mit dem Wissenschaftsausschuss vor drei Jahren in Kalifornien war, der weiß, dass man schon in Kalifornien oder in Malaysia mit dem Begriff Diplom relativ wenig anfangen kann.
Schauen Sie sich die Stellungnahmen der Wirtschaftsverbände zum Diplom an: Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie. Die kommen zu dem Ergebnis, dass der Diplomingenieurabschluss bei uns hoch qualifiziert und hoch anerkannt ist, aber in Malaysia und in den USA so die Wirtschaftsverbände im Grunde eben nicht mehr verwertbar ist. Also müssen wir auch zu einer Internationalisierung der Abschlüsse kommen.
Ich glaube, konsekutive Studiengänge haben den Vorteil, dass die Anzahl der Studienabbrecher zurückgeführt werden kann. Das ist ganz logisch: Man macht einen ersten, berufsqualifizierenden Abschluss und setzt dann etwas obendrauf, und zumindest die Erfahrungen aus dem angloamerikanischen Raum zeigen ja, dass 80 % der Studierenden mit dem Bachelor-Abschluss in den Arbeitsmarkt hineingehen und nur ein geringer Teil ein Interesse daran hat, eine wissenschaftliche Laufbahn im klassischen Sinne zu absolvieren. Das zeigt ganz deutlich, dass solche gestuften Abschlüsse im Interesse der Studierenden und der Studienabsolventen sind, aber natürlich auch im Interesse der Wirtschaft.
Besonders wichtig ist die Frage der Master-Abschlüsse Frau Bregenzer, da haben Sie Recht für die Fachhochschulen. Ich möchte sehen, was im internationalen Wettbewerb aus unseren Fachhochschulen geworden wäre, hätten wir ihnen nicht nach langem Kampf zugebilligt, den Master-Abschluss zu verleihen. Sie haben aber auch völlig Recht: Wenn wir jetzt schon den Master-Abschluss für die Fachhochschulen haben, dann müssen wir schauen wir sind auf gutem Weg dazu , dass dieser Master-Abschluss bei den Fachhochschulen nach einer Evaluierung auch die Möglichkeit für den Eintritt in den höheren Dienst bietet. Da haben Sie völlig Recht.
Ich sage nochmals ich will es kurz machen : Es kann keine Rede davon sein, dass diese Landesregierung und diese Koalitionsfraktionen in irgendeiner Form staatliche Vorgaben machten, Anordnungen erließen oder Zwangsmaßnahmen einleiteten, wie das zumindest aus der Fragestellung hervorging. Es ist auch nicht so, dass man diese neuen Studienabschlüsse ohne weiteres hopplahopp bekommen würde. Sie haben es gelesen: Die Hochschulen können einen Antrag auf Einführung dieser Abschlüsse stellen, wenn sie dies wollen. Dann werden diese Abschlüsse zunächst einmal für einen bestimmten Zeitraum, nämlich für fünf Jahre, genehmigt, anschließend wird evaluiert, und erst dann gibt es eine unbefristete Erlaubnis.