Er hat nur noch wenige Wochen Zeit, Herr Kollege Pfisterer. Es wird zwar bestritten, ob er es je kann, aber wir wollen versuchen, es ihm von hier aus zuzurufen.
Wir werden in der Region unsere Beiträge zu leisten haben in der Tat auch in den nächsten Wochen, Herr Kollege Fischer , weil das eine existenzielle Frage der Rhein-Neckar-Region ist,
und wir werden ihn auch daran messen, ob der Bund seine Verantwortung ähnlich wahrnimmt, wie er sie nach den Einbrüchen bei der EXPO-Finanzierung wahrgenommen hat. Bisher hören wir aus dem Bundeskanzleramt nur Hinweise auf die unternehmerische Eigenverantwortung der Deutschen Bahn AG. Lieber Herr Fischer, ich weise Sie darauf hin, dass die Investitionen des Bundes in die Schienenausbaumaßnahmen, getragen und durchgeführt über die Bahn, ausschließlich auf der Basis von Mitteln aus dem Bundeshaushalt erfolgen.
Das heißt also: Es geht nicht um privat verfügbare Gelder, sondern es geht um öffentliche Gelder und damit um staatspolitische und strukturpolitische Verantwortung ebenso wie um unternehmerische Einsicht.
Der Bund investiert jedes Jahr zwischen 4 Milliarden  und 5 Milliarden  in die Schieneninfrastruktur nicht Privatgeld, sondern Bundesgeld. Deshalb ist es hanebüchen, wenn sich der Bundeskanzler in Person seit rund zwei Jahren ich sage das als Mannheimer und Baden-Württemberger um eine Aussage in dieser Frage herumdrückt. Das kann nicht hingenommen werden. Es ist eine Frage dessen, was die Deutsche Bahn AG in einer Ausgewogenheit von unternehmerischer Verantwortung und gesamtstaatlicher Verantwortung zu tun, zu lassen und zu leisten hat.
Ich weise darauf hin, dass die Deutsche Bahn AG zu 100 % bundeseigen ist. Deshalb meine Bitte an die SPDFraktion, weil wir alle heute von hier aus die Dinge anpacken und tun wollen, die notwendig sind: Versuchen Sie, sehr rasch in Berlin einen Termin zu planen und möglicherweise auch mithilfe von Herrn Widder, der unserer Partei, der CDU, nicht angehört, etwas zu bewegen, und zwar möglichst in den nächsten Wochen. Es duldet keinen Aufschub mehr.
Meine Damen und Herren, ich glaube, ich habe dieses Thema, das für viele Kolleginnen und Kollegen, die nicht aus Mannheim und nicht aus der Rhein-Neckar-Region sind, in den Details möglicherweise weder von Bekanntheit noch von großem Interesse ist, auf den politischen Kern gebracht.
Ich wage eine Prognose, weil ich optimistisch bin und weil ich auch der Deutschen Bahn AG zurufen will: Schätzen Sie die Lage in der Region richtig ein! Da formieren sich Bürgerinitiativen. Ich gehöre selbst zwei Bürgerinitiativen an. Der Kollege Seltenreich arbeitet hier ebenfalls mit. Herr Mehdorn wird als Rentner erleben müssen, dass es mit seiner Idee von der Wabe, die schneller fliegen kann als der Schall, nichts wird. Jeder, der die Stimmung in meiner Heimatregion anders einschätzt, fährt nicht gegen eine Milchkanne, sondern gegen eine politische Wand. Deshalb mein Appell von hier aus: Drehen Sie um, Herr Mehdorn! Drehen Sie, liebe Freunde von der SPD, Herrn Schröder um; dann wird sich alles zum Besten entwickeln. Hoffen wir, dass wir in den nächsten Wochen eine Entscheidung bekommen, die Baden-Württemberg, der Rhein-NeckarRegion und der Stadt Mannheim endlich nützt.
Meine Damen und Herren, ich möchte gern den bereits erwähnten Herrn Oberbürgermeister Gerhard Widder aus Mannheim zu diesem Tagesordnungspunkt als Zuhörer begrüßen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Man muss Herrn Mehdorn schon fast dankbar sein für seine Vorliebe für zugespitzte Formulierungen, so zum Beispiel, als er über die Anbindung Mannheims vor einigen Monaten gesagt hat, man könne ja nicht jede Milchkanne mitnehmen. Das war der Moment, als die letzten gutwilligen Menschen aufgewacht sind und klar wurde: Die Herren von der Chefetage der Bahn halten gegen jegliches Sachargument und um jeden Preis im wahrsten Sinne des Wortes daran fest, an den Menschen der Region vorbei diesen Bypass zu bauen. Von daher ist es ein gutes Zeichen, dass wir heute ein eindeutiges Signal aus dem Landtag von Baden-Württemberg schicken, dass wir nicht zulassen werden, dass der Schienenverkehr der Zukunft mit hoher Geschwindigkeit an den Menschen vorbeifährt und die Leute an der Seite stehen lässt.
Wenn die Herren von der Bahn nicht als Provokateure aktiv sind, beweisen sie sich in dieser Debatte gern auch als Märchenonkel. So haben sie in diesen Tagen die Märchengeschichte in einer schönen Hochglanzbroschüre vorgestellt. Die Broschüre heißt: Baden-Württemberg und die Bahn. Da kann man wunderbare Geschichten nachlesen, die sehr schön klingen, an denen aber in der Substanz wenig dran ist. Ich möchte von diesen Märchenmotiven heute drei herausgreifen und kurz kommentieren.
Das erste Motiv ist das Märchen vom Goldesel. Das lautet so: Die Bahn ist bereit, über Baden-Württemberg den Geldsegen auszugießen und das Land mit vielen schönen Bahninvestitionsprojekten zu bedienen. Allein der Lückenschluss, die Neubaustrecke zwischen Frankfurt und Stuttgart, soll 1,6 Milliarden  nach Baden-Württemberg bringen. Das ist alles schön und gut. Die Bahn verschweigt in dem Zusammenhang, dass es erstens nicht um ihren Geldsäckel geht, sondern um öffentliche Steuergelder, die die
Bahn investieren will, und sie verschweigt zweitens auch, dass die Neubaustrecke sehr viel billiger und besser zu haben wäre, wenn sie Mannheim direkt anbinden und nicht an der Stadt vorbeifahren würde. Das käme uns um 350 Millionen  billiger.
Das zweite gern bediente Märchenmotiv ist das Märchen vom Aschenputtel, und zwar in dieser Form: Die Region Rhein-Neckar ist das Aschenputtel. Es wird sehr gerne und mit bedauerndem Unterton darauf zurückgegriffen, dass das Problem lediglich ein Anliegen der Lokalpatrioten im Rhein-Neckar-Kreis und besonders von Mannheim sei. Das Thema sei geeignet, Emotionen und Ängste zu schüren, und letztendlich sei die ganze Angelegenheit Ausdruck einer Region mit einem schwach entwickelten Selbstbewusstsein. Die Bahn will uns gerne zur Seite stehen und unseren Mut und unser Selbstbewusstsein stärken.
Wahrlich, der Bahn mangelt es nicht an Selbstbewusstsein. Aber ich glaube, es mangelt ihr deutlich mehr an der Fähigkeit zum Hinschauen und zum Zuhören, denn sonst hätte sie schon lange gemerkt, dass die Problematik weit über die regionalen Interessen der Region hinausgeht. Natürlich ist eine wichtige Region betroffen. Es geht um den siebtgrößten Ballungsraum in Deutschland. Hier leben über zwei Millionen Menschen und haben hier ihre Arbeitsplätze. Aber die Betroffenheit geht weit über die regionalen Interessen hinaus. Nicht umsonst meldet sich in diesem Zusammenhang der Landtag von Rheinland-Pfalz zu Wort. Nicht umsonst kommen Proteste aus dem Saarland. Sie kommen von Verkehrsexperten. Sie kommen von Industrie- und Handelskammern, kürzlich auch von der Industrie- und Handelskammer in Südbaden. Es ist kaum zu übersehen, dass es hier nicht bloß um einen wichtigen Bahnhof in einer großen Stadt geht, sondern um den zweitgrößten Bahnknoten Deutschlands und um die wichtigste Drehscheibe des Bahnverkehrs im Südwesten. In Mannheim steigen täglich 70 000 Menschen zu oder um. Von daher kann man dieses Thema beim besten Willen nicht zu einer Frage des Lokalkolorits von Mannheim machen.
Das dritte Märchenmotiv ist das Märchen vom Luftschloss oder von dem Turmbahnhof auf der grünen Wiese. Im Mai wurde während der schon angelaufenen Vorbereitungen zum Raumordnungsverfahren plötzlich eine neue Variante wie ein Kaninchen aus dem Hut gezaubert. Sie lautet: Wir können ja an dem Bypass zusätzlich einen neuen Bahnhof bauen. Damit soll der Region offensichtlich der Bypass, der so schwer verdaulich ist, schmackhafter gemacht werden. Bemerkenswerterweise hat die Bahn gar nicht vor, ihre Luftnummeridee in konkrete Planungen zu gießen und in das Raumordnungsverfahren einzuspeisen. Sie hat auf Nachfragen jetzt auch zugegeben, dass sie keine Planungsunterlagen nachreichen wird. Das soll eine Vision für das Jahr 2015 sein. Wir wissen ja von der Landesregierung, was wir von den Visionen in diesem Zeitraum zu halten haben.
Ein Bahnhof auf der grünen Wiese wäre sowohl ein verkehrspolitischer Humbug als auch ein massiver Nachteil
für die schon existierenden und funktionierenden Bahnhöfe in Mannheim und in Heidelberg. Er würde nicht zu einer Verbesserung für die Kunden führen, sondern es käme zu einer weiteren Verschlechterung durch Fahrzeitverlängerungen und zusätzliches Umsteigen einmal ganz zu schweigen von dem Flächenverbrauch, der damit zusätzlich verbunden wäre.
Von daher möchte ich noch eine Bemerkung zu Ihnen, Herr Reichardt, machen: Wo liegt jetzt eigentlich der Schlüssel des Handelns? Schauen wir jetzt auf Herrn Schröder und nach Berlin, wo natürlich eine politische Verantwortung besteht? Sie haben zu Recht darauf hingewiesen: Es geht hier um öffentliche Steuergelder. Deswegen werden wir auch unsere Fähigkeit zum wirtschaftlichen und sparsamen Umgang mit diesen Steuergeldern durchsetzen. Aber zunächst einmal liegt der Schlüssel des Handelns hier im Land,
beim Regierungspräsidium Karlsruhe, wo das Raumordnungsverfahren losgehen wird. Hier werden die Planungsunterlagen zu prüfen sein, hier wird die Stichhaltigkeit der zugrunde gelegten Annahmen zu prüfen sein, hier werden die Alternativen in ausreichender Tiefe zu bewerten sein. Hier wird es nicht nur darum gehen, betriebswirtschaftliche Kalkulationen zu überprüfen. Vielmehr müssen auch die Auswirkungen struktureller, ökonomischer und ökologischer Art bewertet werden.
Zu den ökologischen Auswirkungen noch eine Anmerkung. Der Bypass würde nicht nur in finanzieller Hinsicht teuer zu stehen kommen, sondern er würde auch den größtmöglichen ökologischen Schaden anrichten. Dieser 14 Kilometer lange Streckenabschnitt, der von niemandem außer dem Hause Mehdorn gewünscht wird, verliefe durch drei Landschaftsschutzgebiete. Zwei davon sind mit dem hohen Schutzstatus eines FFH-Gebiets, also mit europäischem Schutz, versehen. Dieser Streckenabschnitt würde die drei Naturschutzgebiete beeinträchtigen. Dies hätte auch zur Konsequenz, dass derjenige, der einen schnellen Lückenschluss zwischen Frankfurt und Stuttgart will, nicht darauf setzen kann, dass wir uns ein jahrelanges juristisches Tauziehen um die ökologischen Belange in dieser Region erlauben können.
Zum Schluss eine Empfehlung an die Herren von der Bahn: Wenn Sie Prestigezugobjekte, die mit Hochgeschwindigkeit ihre Kreise drehen, so gern haben, dann stellen Sie sich das doch als Modelleisenbahn in Ihre Spielzimmer, und lassen Sie uns in der Realität an einer Bahn der Zukunft arbeiten, die die Menschen mitnimmt und sie nicht im Regen stehen lässt.
Meine Damen und Herren, unter den Gästen auf der Zuhörertribüne gilt mein besonderer Gruß dem Wirtschaftsminister der Republik Ghana, Herrn Dr. Kofi Konadu Apraku.
Herr Minister Dr. Apraku hält sich auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung bis morgen zu einem Informationsbesuch in der Bundesrepublik Deutschland auf.
Herr Minister, ich darf Sie hier im Landtag von BadenWürttemberg sehr herzlich begrüßen und Ihnen weiterhin einen angenehmen und vor allem informativen Aufenthalt in unserem Land wünschen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der heute vorliegende Entschließungsantrag, der gemeinsam von allen vier Fraktionen dieses Hauses eingebracht wird, dient dem Schulterschluss im Land BadenWürttemberg und dem Schulterschluss mit den ebenfalls betroffenen Bundesländern Rheinland-Pfalz, Saarland und Hessen. Insofern bedauere ich etwas, Herr Kollege Reichardt, dass Sie der Versuchung nicht haben widerstehen können,
mit billiger Polemik Wahlkampf zu betreiben, obwohl heute genau das Gegenteil notwendig ist, nämlich ein Zusammenrücken im Land Baden-Württemberg.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen Abg. Reichardt CDU: Wo die Verantwor- tung sitzt, das ist wichtig! Abg. Hauk CDU: Das ist doch ganz wichtig! Es gibt eine Bahn, und es gibt einen Bund!)
Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass wir ganz bewusst auch Ziffer 5 in die Entschließung aufgenommen haben. Ziffer 5 enthält einen Appell an die Bundesregierung und an den Deutschen Bundestag, keine Finanzmittel bereitzustellen, die den Interessen des Landes Baden-Württemberg, der Region und der Stadt Mannheim zuwiderlaufen.
Das ist im Bewusstsein dessen aufgenommen worden, welche Bedeutung Mannheim als Eisenbahnverkehrsknoten für uns alle im Land Baden-Württemberg hat. Ich kann Ihnen versichern, dass wir auch in der nächsten Woche, wenn unsere Fraktion in Berlin sein wird, in einem Gespräch der Verkehrspolitiker im BMVBW in aller Deutlichkeit unsere Position vertreten werden. Da brauchen Sie keine Sorge zu haben.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CDU Abg. Hauk CDU: Das ehrt Sie auch, dass Sie das so sehen! Zuruf des Abg. Fischer SPD)
Ich mache auch darauf aufmerksam: Die SPD-Abgeordneten der Region Rhein-Neckar haben bereits am 28. März 2000 die Mannheimer Erklärung herausgegeben. Darin ist in dem heute angesprochenen Sinn auch sehr deutlich Stel
lung bezogen worden. Auch da haben wir keinerlei Nachholbedarf und haben keine Ratschläge von Ihnen, Herr Kollege Reichardt, nötig. Wir sind ganz allein darauf gekommen.