a) Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD Gesetz zum Ausbau und zur qualitativen Weiterentwicklung des Betreuungsangebots für Kinder in Baden-Württemberg Drucksache 13/1106
b) Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des Sozialministeriums Vorschulische Kinderbetreuung Drucksache 13/131
c) Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Sozialministeriums Ausbau der Kinderbetreuung für Kinder unter drei Jahren sowie flexibler Ganztagsangebote für Kindergarten- und Grundschulkinder Drucksache 13/345
d) Große Anfrage der Fraktion der SPD und Antwort der Landesregierung Zukunft der Kinderbetreuung in Baden-Württemberg Drucksache 13/435
e) Große Anfrage der Fraktion GRÜNE und Antwort der Landesregierung Kinderbetreuung in BadenWürttemberg Drucksache 13/680
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Als ich vor 15 Jahren zum ersten Mal im Gemeinderat der Stadt Schwäbisch Hall zu Gast war, wurde das Thema Erweiterung der Kindergartenöffnungszeiten diskutiert. Die Kindergartenöffnungszeiten sollten von bislang von 8:00 Uhr bis 12:00 Uhr auf 7:30 Uhr bis 12:30 Uhr erweitert werden. Wir haben es zwar geschafft, diese Kindergartenöffnungszeiten mehrheitlich durchzubekommen, aber nur gegen den vehementen Widerstand der CDU, die ausdrücklich erklärt hat das ist gerade einmal 14 Jahre her und geschah in einer so weltoffenen Stadt wie Schwäbisch Hall , man wolle die Öffnungszeiten gerade nicht in einer Form gestalten, die die Frauen womöglich noch animierte, arbeiten zu gehen.
Da muss ich sagen, meine Damen und Herren: Das erklärt vieles von dem, was Ihre Position ist. Wir wissen ja, wie lange die CDU in diesem Land regiert. Das erklärt letztlich auch, warum wir diese Position bei der Kinderbetreuung haben, die wir heute und derzeit in Baden-Württemberg haben.
Weil wir jetzt bei diesem Thema sind, sage ich noch etwas dazu. Wir sind ja quasi in der dritten Runde. Wir sind jetzt bei der Kinderbetreuung hier in Baden-Württemberg. Erlauben Sie mir daher noch ein paar kurze Vorbemerkungen, und zwar zunächst einmal wieder aus meinem Wahlkreis, aus Schwäbisch Hall.
Dort ist es so, meine Damen und Herren, dass 60 % aller Sozialhilfebezieher allein erziehende Frauen sind. Das muss man sich vor diesem Hintergrund mit dieser miserablen Kinderbetreuung bei uns in Baden-Württemberg einmal vorstellen. Das ist schon eine geschlechtsspezifische Diskriminierung. Ausgerechnet Frauen leiden unter dieser Situation.
Zweite Vorbemerkung: In demselben Atemzug, in dem hier permanent der Facharbeitermangel beklagt wird, lassen wir es zu, dass die am besten ausgebildete Frauengeneration sich in diesem Land quasi totläuft, indem sie für andere Aufgaben, sage ich einmal, nicht die Möglichkeit hat, Familie und Beruf zu verbinden.
Zum Thema Chancengleichheit durch Kinderbetreuung und Kindertagesbetreuung ist hier schon viel gesagt worden.
Letztlich komme ich zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Sie betrifft natürlich genau diesen Bereich. Frau Rastätter hat heute schon die Verweigerung von Frauen angesprochen, Kinder zu bekommen, weil die Frauen darin erhebliche Probleme für ihre Zukunft und für ihre wirtschaftliche Absicherung sehen. Die Anzahl und die Größe der Familien gehen immer weiter zurück. Wenn man aber ins europäische Ausland schaut, dann merkt man, dass dort, wo die Kinderbetreuung hervorragend ist, wo es eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf gibt, Geburtenraten erzielt werden so sage ich einmal mathematisch , auf die wir hier nur neidisch schauen können.
Meine Damen und Herren, die SPD legt mit dem heute in Erster Beratung zu diskutierenden Gesetzentwurf eines Kindertagesbetreuungsgesetzes ein umfassendes Konzept zur Weiterentwicklung des Betreuungsangebots für Kinder in Baden-Württemberg vor.
Meine Damen und Herren, seien Sie bitte etwas ruhiger und verlegen Sie ihre Gespräche nach draußen, damit der Redner besser verstanden werden kann.
Danke schön. Ich möchte noch darauf hinweisen, dass dieser Gesetzentwurf das Ergebnis eines intensiven Dialogs ist. Wir haben als Fraktion ein
Jahr lang in beinahe jedem Wahlkreis hier in Baden-Württemberg unseren Gesetzentwurf vorgestellt und mit Erzieherinnen, mit Eltern, mit kommunalen Vertretern sowie mit Einrichtungsträgern diskutiert. Insofern ist das ein ganz neues Verfahren gewesen, wie wir mit so einem Entwurf zunächst einmal in die Bevölkerung gegangen sind, bevor wir dieses Papier hier vorgestellt haben und letztlich zur Abstimmung stellen.
Dabei ist herausgekommen, dass erstens ganz einmütig beklagt wurde, dass wir hier im Land Baden-Württemberg ganz erhebliche Betreuungsdefizite haben. Zweitens gibt es eine ganz erhebliche Verunsicherung bei allen Beteiligten in diesem Bereich, weil sie gar nicht wissen, wie es letztlich weitergeht. Wir wissen genau: Das Kindergartengesetz hat ein Verfallsdatum zum 31. Dezember dieses Jahres.
Aber was danach kommen soll und wie sich die Zukunft sowohl der Träger als auch der Erzieher und Erzieherinnen, als auch natürlich der Eltern und derjenigen, die in diesem Bereich planen müssen die jungen Mütter oder diejenigen, die erst dorthin kommen wollen , gestaltet, bleibt offen. Insofern haben wir hier einen Stillstand und Verunsicherung. Das ist natürlich das Gegenteil von dem, was wir brauchen, wenn wir eine vernünftige Kinderbetreuung haben wollen.
Obwohl wir nun schon Mitte des Jahres 2002 haben, ist noch nicht einmal in Ansätzen erkennbar, in welche Richtung es gehen soll, wie eine partnerschaftliche Lösung in dieser Hinsicht gefunden werden soll.
In kaum einem anderen Bereich der Landespolitik ist der Stillstand unerträglicher und die Konzeptionslosigkeit der Landesregierung offenkundiger als bei diesem wichtigen Thema Kinderbetreuung, was wiederum schwerpunktmäßig die Frauen trifft. Ich meine, letztlich ist das ja eine konsequente Geschichte im Blick auf die gesamte Landespolitik zu dieser Thematik.
Die SPD-Fraktion will, dass endlich Schluss ist mit dieser konzeptionslosen Politik. Wir legen deshalb heute dieses umfassende Kinderbetreuungsgesetz vor, das alle Betreuungsangebote für Kinder von null bis 14 Jahren umfasst und für alle Tageseinrichtungen sowie für die Tagespflege endlich einen verlässlichen Rahmen schafft.
Wir wollen in den nächsten drei Jahren 35 000 neue Betreuungsplätze für Kinder schaffen, darunter 10 000 neue Plätze für Kleinkinder und rund 25 000 neue Betreuungsplätze für Schulkinder.
Letztlich haben wir zu registrieren, dass unsere Initiativen in dieser Hinsicht hektische Betriebsamkeit bei den Regierungsfraktionen ausgelöst haben.
Wir sind darüber natürlich sehr erfreut. Jetzt schauen wir einmal, was daraus wird. Wir haben ja bis jetzt nur die Ankündigung bekommen, dass am 23. Juli wohl irgendein Gesetzentwurf von der Landesregierung beschlossen werden soll. Noch wissen wir nicht, was da kommen soll. Wir sind gespannt. Aber eines kann ich Ihnen sagen: Große Hoffnungen machen wir uns nicht.
Das kann ja gar nicht sein. Ich rede heute zum ersten Mal. Wie kann das dann die gleiche Leier sein?
Noch einmal kurz zu den inhaltlichen Schwerpunkten: Wir wollen zunächst einmal den Ausbau des Betreuungsangebots. Da sind wir einhellig einer Meinung. Zweitens wollen wir das ist ganz wichtig die Sicherung der pädagogischen Qualität. Denn eines ist sicher: Wir haben heute den ganzen Vormittag lang darüber gesprochen, wie wichtig und wie bedeutend es ist, den Bildungsauftrag in die Kindergärten hineinzutragen.
Dann habe ich natürlich auch die Pflicht, das Personal, welches sich mit diesem Kleinkindbereich und mit diesen Kindern bis 14 Jahren befasst, so qualifiziert auszubilden, dass die Kinder zur Vorbereitung auf die Schule etwas davon haben.
Dazu brauchen wir natürlich nicht nur entsprechend qualifizierte Leute, sondern auch die Festschreibung von solchen elementaren Dingen wie dem Raumbedarf, um diese Kleinkindbetreuung wirksam durchführen zu können.
Dass ausgerechnet das reiche Baden-Württemberg das kann man gar nicht oft genug betonen beim Kinderbetreuungsangebot im bundesweiten Vergleich eine absolute Schlusslichtposition hat, das würde mir an Ihrer Stelle sehr zu denken geben.
Ich will das einmal auflisten: Zum Stichtag 31. Dezember 1998 das ist die aktuellste Vergleichsstatistik, die uns zur Verfügung steht