Protokoll der Sitzung vom 18.07.2002

Frau Kipfer,

(Große Heiterkeit Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der SPD)

vielleicht wären Sie eine bessere Verbraucherministerin. Denn die Verbraucherministerin, Frau Künast, hat vor zwei Tagen ihren absoluten Bankrott dadurch erklärt,

(Abg. Dr. Lasotta CDU: So ist es!)

dass ihr nichts anderes übrig blieb, als an die Verbraucher zu appellieren, weniger Fleisch zu essen oder gar kein Fleisch mehr zu essen

(Abg. Walter GRÜNE: Nein, „Qualitätsfleisch“ hat sie gesagt!)

so eine Presseaussage , weil sie offensichtlich nicht in der Lage ist, den Verbraucherschutz zu garantieren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP Abg. Walter GRÜNE: Das ist ja lächerlich! Zuruf der Abg. Birgit Kipfer SPD)

Ich bin gleich fertig. Wir werden ausführlich darüber diskutieren, aber heute nicht mehr, weil ich das Theater hier nicht mehr mitmache. Das grenzt wirklich langsam an Theater.

(Abg. Walter GRÜNE: Sie hat gesagt, sie sollen Qualitätsfleisch essen! Was haben Sie gegen Qua- litätsfleisch?)

Fünftens: Was wir brauchen, ist als Allererstes da gehen wir hoffentlich einig ein Reinheitsgebot für Futtermittel, das wir in Baden-Württemberg bereits über unser altes HQZ, nicht erst über das jetzt verbesserte, vorgeschrieben haben

(Abg. Walter GRÜNE: Na ja! Abg. Teßmer SPD: Da durfte Gen drin sein, Herr Kollege! Abg. Walter GRÜNE: Da durfte Soja aus Brasilien drin sein! Ist das HQZ?)

und jetzt bei dem neuen ganz deutlich gemacht haben.

Sechstens und letztens: Wenn es nicht gelingt, dass der Umbau, der jetzt in der EU richtigerweise vom Grundsatz, ohne Details vorgenommen wird,

(Abg. Walter GRÜNE: Sehr gut! Künast!)

national sauber begleitet wird, dann werden wir das gilt es zu verhindern erleben, dass die vier wichtigsten Dinge unserer Agrarpolitik auf der Strecke bleiben: die bäuerliche, die flächendeckende Landwirtschaft, damit die Land

schaft, die wir offensichtlich mehr wollen als die Kalorien, und damit, wenn wir Rohstoffe aus aller Welt ohne Standards zukaufen, natürlich auch die Sicherheit, die Gesundheit und das Vertrauen der Verbraucher.

Schlussbemerkung, damit man merkt, welcher Wandel hier wirklich vollzogen wird: Hier in diesem Haus haben unsere Vorgänger vor 50 Jahren um mehr Kalorien gekämpft, weil sie nur Lebensmittelscheine für 900 Kalorien am Tag hatten. Das fördert ja den Lustgewinn nicht zwingend. Heute kämpfen wir dafür, dass wir von den Kalorien wegkommen. Heute haben wir ganz andere Zielsetzungen. Wer sich das einmal vor Augen hält, der wird begreifen, was sich hinter diesem Umbau der Agrarpolitik verbergen muss.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich dem Kollegen Teßmer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die vielen geschlossenen Höfe, die sich im Augenblick in einer Notlage befinden, hätten einmal die Diskussion heute erleben sollen. Damit haben wir niemandem geholfen. Schauen wir jetzt einmal wirklich nach vorn. Vielleicht wird uns dann noch vom Minister geholfen.

(Abg. Drexler SPD: Der gibt doch seine Rede zu Protokoll!)

Punkt 1 ist: Unser bisheriges Fragen nach mehr Kontrollen mit leider sehr viel Vertrauen in die eigenen Kontrollorgane ist missbraucht worden zum Teil aus Unkenntnis, zum Teil aber auch aus Profitgier. Das heißt, in Zukunft muss klar sein: Derjenige, der regiert, muss die Kennzeichnungspflicht so ausgestalten, dass draufsteht, was drin ist. Was nicht draufsteht, darf auch nicht drin sein. Das ist eigentlich selbstverständlich. Aber es war dennoch anders möglich. Deswegen darf es nicht heißen: „Ich darf so lange entsorgen, wie der Grenzwert es zulässt“, sondern es muss heißen: „Ich darf überhaupt nicht entsorgen.“ Darauf müssen wir uns einigen.

Herr Minister, Sie wissen auch: Kontrolle ist Landessache. Da hat das Land vielleicht aus Gutgläubigkeit; da will ich überhaupt nichts unterstellen eben nicht das Erforderliche getan.

Was machen wir denn jetzt mit den Landwirten? Sie sind ja gar nicht schuld. Aber sie sind die Einzigen, die die Zeche bezahlen sollen. Das sehe ich nicht ein. Vielleicht hat der eine oder andere in den letzten drei Tagen einmal gesehen, was es bedeutet, wenn jemand seine Milch nicht verkaufen darf und jetzt zu Hause sitzt und 48 Stunden auf das Ergebnis einer Kontrollprüfung wartet. Da kann ich nur sagen: Da sind wir auch gefordert. Da dürfen wir nicht nur sagen, dass in Berlin oder in Brüssel jemand etwas falsch gemacht hat.

Herr Fischler hat ganz Recht, wenn er sagt, die Überproduktion müsse gestoppt werden. Das, was wir nicht brauchen, brauchen wir auch nicht zu finanzieren. Da sind wir uns ja einig.

Herr Drautz, Modulation eröffnet doch auch eine Chance. Das Geld kommt doch zurück.

(Zurufe der Abg. Drautz FDP/DVP und Walter GRÜNE)

Also müssen wir diese Chance doch auch wahren.

Vorletzter Punkt: Es darf nicht sein, dass Dinge, die bei Kontrollen herauskommen, nicht gemeldet werden. Es kann doch nicht sein, dass durch ein Zufallsgutachten einer Versicherung für die Firma Hipp herauskommt, dass dort ein Fehler geschehen ist. Wir müssen die Meldepflicht so gestalten, dass alles, was herauskommt, umgehend an die Ministerien gemeldet wird, damit dann auch kontrolliert und gehandelt werden kann. Wir müssen das Vertrauen der Verbraucher wieder zurückgewinnen.

Es ist nicht meine Aufgabe, Frau Künast zu verteidigen. Aber wenn sie etwas sagt, dann muss man den ganzen Satz hören. Sie sagte: „Wer Vertrauen haben will und wer den Kontrollen nicht traut, darf eigentlich kein Fleisch mehr essen.“ Es ist ein großer Unterschied,

(Zuruf des Abg. Kiefl CDU)

wenn nur der zweite Teil des Satzes in der Zeitung steht. Dann fehlt die erste Hälfte. Wer genau weiß, wo sein Fleisch erzeugt worden ist, der kann das nach wie vor essen.

(Abg. Walter GRÜNE: Das hat sie gesagt, genau!)

Aber es darf nie wieder vorkommen, dass ein Landwirt in Baden-Württemberg guten Glaubens Futter kauft meist sogar teureres und dann etwas hineingemischt bekommt, was in Holland oder in Belgien nachträglich hergestellt wurde und zur Hälfte in Irland produziert worden ist.

(Beifall bei der SPD Zuruf des Abg. Dr. Lasotta CDU)

Daran sind wir alle einzeln nicht schuld. Unsere Landwirtschaft braucht aber wieder Vertrauen.

Ganz am Schluss noch eine kleine Bemerkung vom scheidenden Professor Golter. Er hat ganz richtig gesagt: „Der Bauer der Zukunft ist Unternehmer.“ Und dann hat er am Schluss gesagt: „Die Interessen der Landwirte sind künftig am besten im Wirtschaftsministerium aufgehoben.“

(Anhaltender Beifall bei der SPD Vereinzelt Hei- terkeit Zuruf des Abg. Dr. Lasotta CDU Weite- re Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Drexler: Herr Dr. „Mailänder“ muss jetzt reden!)

Ich erteile das Wort Herrn Minister Stächele.

(Abg. Drexler SPD: Jetzt der Herr „Mailänder“ von der Regierung! Abg. Walter GRÜNE: Sie überlassen nie der FDP/DVP das Landwirtschafts- ministerium! Unruhe)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! An sich wollte ich einige grundsätzliche Dinge vortra

gen. Aber gerade die letzte Wortmeldung des Kollegen Teßmer sowie auch das, was Frau Kollegin Kipfer gesagt hat, veranlassen mich doch, noch einmal das Thema Kontrollen aufzugreifen. So kann das ja nicht stehen bleiben.

(Abg. Teßmer SPD: Was denn?)

Wenn ich mich recht erinnere, ist die ganze Geschichte mit Nitrofen in Mecklenburg-Vorpommern entstanden.

(Abg. Kiefl CDU: So ist es!)

Die Behörde, die über Monate hinweg verschlampt hat, zu unterrichten, war eine Bundesbehörde.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU Abg. Teß- mer SPD: Als die es gewusst hat, hat sie kontrol- liert!)

Herr Teßmer und Frau Kipfer, machen Sie es sich doch nicht so einfach. Kaum waren die ersten Meldungen über Nitrofen da, kam die Meldung von Frau Kipfer: „Stächele macht es falsch“ oder „Stächele tut nichts“.

(Abg. Drexler SPD: Ja, wer ist denn Minister?)