Protokoll der Sitzung vom 17.10.2002

hat man nun mehrere Behälter, mehrere Bottiche; ich drücke das einmal so aus. Ich habe vorhin schon von den neueren gesprochen. Sie hätten allein, für sich genommen, schon gereicht.

Dann hat man aber einen anderen, einen früheren Bottich gehabt. In diesem Bottich war bis zu einem bestimmten Strich, einem Eichstrich, eine bestimmte Menge von Wasser enthalten. Diese Menge von Wasser hat nicht mit der notwendigen Menge von Wasser übereingestimmt. 330 Kubikmeter hätten darin sein sollen. Wenn man den Bottich bis zum Eichstrich gefüllt hat, waren es nur 296 Kubikmeter.

Das war aber – jetzt komme ich auf das zurück, was ich vorhin gesagt habe – insofern nicht schädlich, als außerhalb dieses Bottichs ein anderer Bottich, die so genannte Sprühmittelreserve, immer zur Verfügung stand und laut Betriebshandbuch auch zugeschaltet werden sollte. Dieser Bottich hatte eine Füllmenge von 100 Kubikmetern. 296 Kubikmeter und 100 Kubikmeter ergeben zusammen 396 Kubikmeter und damit mehr als 330 Kubikmeter. Das ist der Tatbestand: Wir hatten in einem von mehreren Sicherheitssystemen faktisch mehr als die 330 Kubikmeter, die wir gebraucht hätten.

Jetzt haben wir bzw. der Betreiber mit unserer Zustimmung zunächst einmal als unmittelbare Maßnahme gesagt: Dann füllen wir den Bottich doch über diesen Eichstrich hinaus voll auf, sodass in ihm gleich 330 Kubikmeter zur Verfügung stehen. Das wurde gemacht. Er hatte noch so viel Volumen nach oben. Er wurde ganz simpel über den Strich hinaus aufgefüllt. Wir haben dann aber gesagt: Im Rahmen der nächsten Revision – diese Revision hat im Sommer dieses Jahres stattgefunden – sollte man wieder auf den Eichstrich heruntergehen und die Sprühmittelreserve außerhalb dieses Bottichs gleich integrieren, sodass die Menge, die dort zur Verfügung steht, in Zukunft ohne einen Schaltvorgang, sondern unmittelbar diesem Bottich hinzugefügt wird. Genau das ist mittlerweile geschehen.

Man kann also sagen: Wir haben das Ereignis zunächst einmal analysiert. Wir haben zum Zweiten unmittelbar schon im November letzten Jahres die Füllmenge erhöht. Das ging rein volumenmäßig. Im Übrigen ist dann im Sommer die Sprühmittelreserve integriert worden, und dann waren natürlich die Betriebshandbücher entsprechend anzupassen.

Nur damit man sich einmal eine Vorstellung machen kann: Wir haben im Umfeld der ganzen Ereignisse von Philippsburg die Betriebshandbücher der baden-württembergischen Kernkraftwerke auf alle möglichen Differenzen, Unstimmigkeiten oder was auch immer überprüft. Im Falle des KWO sind das beispielsweise sechs Meter Akten. Den aufgezeigten Fall haben wir bezüglich der Bereinigung von Widersprüchlichkeiten im Betriebshandbuch bereits abgeschlossen.

Das waren die Maßnahmen, die wir insgesamt ergriffen haben.

Vermutlich gibt es Zusatzfragen. Deswegen bleibe ich gleich einmal stehen.

Zusatzfrage, Herr Abg. Hauk.

Wie erklärt sich die Landesregierung, dass das KWO noch läuft, obwohl doch von den Grünen in den vergangenen Wochen in besonderer Form erhebliche Sicherheitsmängel dargestellt wurden?

(Oh-Rufe von der SPD)

Hätte der Bundesumweltminister nicht die Möglichkeit oder sogar die Pflicht gehabt, das KWO abschalten zu lassen, wenn diese Sicherheitsmängel tatsächlich vorhanden gewesen wären?

Wie erklärt man sich, dass es zu der Entscheidung kam, die Betriebszeit um zwei Jahre zu verlängern? Das kann man schon erklären.

(Abg. Schmiedel SPD: Na, dann mal los! – Abg. Zeller SPD: Waren Sie dabei? Waren Sie bei der Verhandlung dabei? – Weitere Zurufe)

Nein, nein. – Das kann man schon erklären. Ich darf Sie einmal an die Landtagssitzung vom 28. Juni 2000, wenn ich das Datum richtig im Kopf habe, erinnern. Damals hat der Ministerpräsident dieses Landes genau den besagten Brief von Herrn Goll an das Bundeskanzleramt, in dem das alles schon stand, vorgelesen. Das ist öffentlich zugänglich. Wer sich erinnern oder wer das Protokoll nachlesen kann, der kann das gern tun.

Damals ist bestritten worden, dass dieser Brief geschrieben worden sei oder irgendeine Relevanz hätte.

(Abg. Fleischer CDU: So ist es!)

Ich kann mich daran erinnern, wenn ich das richtig im Kopf habe, dass der Fraktionsvorsitzende der SPD oder sonst irgendein Abgeordneter der hiesigen Opposition – –

(Abg. Schmiedel SPD: Das ist aber ein bisschen un- genau! Da ginge es schon noch genauer! „Irgend- wer“, „irgendwann“ – das ist doch keine Aussage! – Zuruf des Abg. Zeller SPD – Unruhe)

Gut. Dann lese ich es Ihnen vor. Einverstanden?

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Es hieß:

Um Obrigheim geht es überhaupt nicht. Obrigheim ist der kleinste und der älteste Meiler. Meinetwegen könnten Sie ruhig Strommengen von einem neuen, wirtschaftlichen Kraftwerk auf den alten Meiler Obrigheim übertragen. Aber ich frage mich, wer so schwachsinnig sein sollte, einen solchen Antrag zu stellen, und wer so schwachsinnig sein sollte,

schwachsinnig! –

diesen Antrag dann auch noch anzunehmen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und des Abg. Pfister FDP/DVP – Abg. Pfister FDP/DVP: Wer hat das gesagt?)

(Minister Müller)

Das war der Fraktionsvorsitzende. Man kann das insofern sagen, als das ja eine Replikrunde auf den Ministerpräsidenten war, und da redet üblicherweise der Fraktionsvorsitzende.

Jetzt geht es aber immer noch weiter:

Das ist doch eine völlig hirnrissige Diskussion, die Sie hier führen, was Herr Goll mit Herrn Schröder morgens um zwei beim Rotwein bespricht. Das können Sie einpacken. Das ist völliger Quatsch.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und Abgeordne- ten der FDP/DVP – Zurufe von der SPD – Unruhe)

Das steht im Landtagsprotokoll.

Also: Wir wussten, dass es diesen Brief gibt. Wir haben ihn vorgelesen. Das ist ganz simpel. Sie haben seine Existenz bestritten. Ihre eigene Basis ist damit beruhigt worden. Da war natürlich die Erwartung groß, dass es jetzt, kaum dass die Bundestagswahl vorbei ist, zum Abschalten kommt.

(Zuruf des Abg. Döpper CDU)

Aber es gab eben diesen Brief, und jetzt war ein gegebenes Wort des Bundeskanzlers da. Entweder Sie wussten es an der Basis nicht, oder Sie wollten es nicht wissen. Herr Trittin hat es jedenfalls augenscheinlich gewusst.

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Denn in der Zwischenzeit sind eine Reihe von Bemühungen unternommen worden, um einen neuen Tatbestand zu schaffen, um von dieser Zusage herunterzukommen. Das ist jetzt eine politische Interpretation von mir, aber sie ist ja nicht ganz unplausibel. Man hat davon gesprochen, dass wir beispielsweise seit dem 11. September 2001 eine völlig neue Situation hätten.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Haben wir ja auch!)

Man hat dieses Thema instrumentalisiert, und zwar in genau den Tagen, in denen die Auseinandersetzung zwischen der SPD und den Grünen stattgefunden hat. Da hat man uns übrigens auch angewiesen, in dem Gerichtsverfahren, das sich ja noch immer um KWO dreht, bestimmte Rechtspositionen zu vertreten, die nicht unserer eigenen Auffassung entsprechen. Das waren Weisungen, mit denen wir konfrontiert worden sind. Zu dem Thema Weisungen und dazu, zu was man uns anweisen kann und zu was nicht, könnte ich auch noch etwas sagen. Aber ich bleibe jetzt einmal bei diesem Punkt.

Man hat uns angewiesen, in dem Gerichtsverfahren bestimmte Positionen der Klägerseite gegen KWO zu übernehmen.

(Abg. Schmiedel SPD: Die Frage von Hauk war völ- lig anders!)

Das alles war die Vorgeschichte.

Man hat einerseits den Versuch gemacht – wie soll man sagen? –, zu verschweigen, dass es die Vereinbarung des Herrn Bundeskanzlers mit Herrn Goll gab. Umso größer war andererseits natürlich der Frust der Beteiligten, als sie

Kenntnis davon bekommen haben. Das hat dazu geführt, dass es jetzt eine heftige Auseinandersetzung gegeben hat.

Um jetzt konkret auf die Frage zurückzukommen, Herr Kollege Hauk: Wenn es wirklich durchgreifende Sicherheitszweifel gäbe, dann dürfte man – und zwar sowohl unter dem Gesichtspunkt Flugzeugabsturz als auch unter dem Gesichtspunkt des Ereignisses, von dem wir hier sprechen – eine solche Geschichte gar nicht weiter betreiben.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Pfister FDP/ DVP)

Deswegen sage ich: Inzidenter ist mit dieser Zweijahresentscheidung auch etwas über die Zuverlässigkeit des Betreibers gesagt worden

(Abg. Fleischer CDU: So ist es!)

und wird damit der instrumentalisierte Charakter dieser Diskussion offenkundig.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Fleischer CDU: So ist es! – Abg. Küb- ler CDU: Jetzt kommt der Punkt!)